Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
"...Axxis ist unser Baby, das wir seit Jahren vor Krieg und allen möglichen Einflüssen von aussen schützen..."
Seit 35 Jahren ist die Truppe um die beiden Ur-Mitglieder Bernhard Weiss (Gesang) und Harry Oellers (Keyboard) mit einer unglaublichen Stetigkeit im Music-Business aktiv. Axxis hatten auch schwierige Zeiten, doch das "Wiederfinden" mit «Back To The Kingdom» (eine Anlehnung an ihr äusserst erfolgreiches Debüt-Album) war ein Weckruf, der bis heute anhält. Die beiden haben sich mit Bassist Rob Schomaker (2003), Schlagzeuger Dirk Brand (2012) und Gitarrist Matthias Degener (2019) verstärkt und sind nicht nur auf Tonträgern, sondern speziell auch auf der Bühne immer eine mitreissende Truppe. Man erinnere sich nur an den Auftritt in Balingen beim "Bang Your Head!!! Festival", als Berny einen kleinen Jungen zum Mitsingen auf die Bühne holte, der sich dann vor lauter Aufregung auf der Bühne erbrach oder an die immer spassigen und der Situation entsprechenden Ansagen des Sängers. Mit dem Jubiläums-Album «Coming Home» hat der Fünfer nun eine Geburtstags-Torte gebacken, die nicht bunter hätte ausfallen können. Abwechslung wird gross geschrieben, und trotzdem haftet dem 17. Studio-Werk ein bitterer Beigeschmack an.
MF: Wieso der Album-Titel «Coming Home»?
Bernhard: Ich fand den Titel eher schwach, das muss ich ehrlich sagen. Mir schwebte eigentlich etwas Saftigeres vor (grinst). «Coming Home» hatte für mich etwas im Country- und Western-Stil. Rob hatte die Idee und meinte: "Wir fahren jetzt 35 Jahre mit Axxis um die Welt. Immer wenn wir in eine Stadt kommen, kennen wir die Leute des Clubs, die Veranstalter oder die Konzerthalle. Das fühlt sich wie nach Hause kommen an." Speziell auch im Z7 in Pratteln. Der Betreiber Norbert Mandel stammt aus Hamm, und das ist der Wahnsinn, dass er unseren Ur-Trommler Richard Michalski kennt, heisst alles wurde zu einer Familie. Immer wenn wir da ankommen, fühlt es sich an, als wären wir nie weg gewesen. Das ist irre, du weisst, wo die Toiletten und die Duschen sind (lacht). Im Laufe der Jahre spielt man vor Fans, die man zwischenzeitlich persönlich kennengelernt hat. Das macht richtig Bock. Unser Bassist meinte, dass «Coming Home» ein geiler Titel für das Album zu 35 Jahren Axxis sei. Den Sinn dahinter finde ich eine tierisch gute Idee.
MF: Wie steht das grandiose Cover mit den Adlerflügeln, dem Wolfskopf und dem Baby im Zusammenhang mit den Texten?
Bernhard: Wir arbeiteten unsere Texte immer ins Cover ein. Axxis ist unser Baby, das wir seit Jahren vor Krieg und allen möglichen Einflüssen von aussen schützen. Dieser maschinelle Wolfskopf steht für mich für die KI (künstliche Intelligenz), die auf uns zukommt. Zugleich steht er auch als Warrior-Pate für die Zerstörung, welche die Menschen verursachen. Mit dem Lied selbst hat dies aber nicht viel zu tun. «Coming Home" hat eine eigene Geschichte. Da beschäftige ich mich mit den Soldaten des ersten und zweiten Weltkrieges. Viele haben nicht mitbekommen, dass der Krieg vorbei war. Wir recherchierten und waren überrascht, wie viele dies noch nicht wussten. Wir haben den Film "Onoda" gesehen. Der Japaner Hiroo Onoda lebte auf einer Pazifischen Insel und wusste bis 29 Jahre nach Kriegsende nicht, dass dieser schon lange vorbei war. Er hat die Insel so lange verteidigt, bis jemand merkte, dass man den armen Kerl dort völlig vergessen hatte (lacht). Er hat seine Schützengräben ausgehoben und war noch immer bereit, um sein Leben zu kämpfen. Es ist erschreckend, welche Auswirkungen der Krieg hat, auch nach seinem Ende. Auch auf mein Leben, die zweite Generation der Nachkriegszeit.
"...Du bist der Meinung, dass du einen geilen Körper hast, ziehst dich in der Fussgängerzone aus und denkst, alle schauen dich nun an..."
MF: Du hast immer sehr viel Wert auf die Texte gelegt. Wie fühlt sich das für dich in der heutigen Zeit an, wenn die Musik bereits an Stellenwert verloren hat, du dein Innerstes, dein Herzblut niederschreibst und gleichzeitig weisst, dass dies niemanden interessiert?
Bernhard (lachend): Du bist der Meinung, dass du einen geilen Körper hast, ziehst dich in der Fussgängerzone aus und denkst, alle schauen dich nun an. Was aber nicht passiert. "Scheisse, was muss man denn noch tun, um Aufmerksamkeit zu erlangen?" (lacht). Ist jetzt ein schlechtes Beispiel (lautes Lachen), das mir spontan einfiel (lacht noch immer). Diese Entwicklung, da habe ich meine Schwierigkeiten damit. In vielen Bereichen fällt mir auf, dass die Musik nicht mehr wertgeschätzt wird. Speziell in der Corona-Zeit war dies extrem auffällig. Kultur im Allgemeinen wird nicht geschätzt. Wenn es hart auf hart kommt, scheissen alle auf die Kultur. Diese Erfahrungen mussten wir in der COVID-Zeit am eigenen Körper spüren. Nach Corona haben wir noch immer grosse Schwierigkeiten, Leute für die Crew zu finden. Das ganze Business hat sich mehr oder weniger aufgelöst. Auch wenn es sich langsam wieder gefunden hat, blieb vieles auf der Strecke. Die Wertschätzung unserer Musik scheint in der Gesellschaft kaum mehr vorhanden zu sein.
Das war, nicht nur für mich, eine sehr erschreckende Erfahrung. Bei den Texten war das eigentlich schon immer so. Ich will nicht, dass alla erwarten, dass ich nur sinnvolle und gehaltvolle Lyrics komponiere. Rock'n'Roll ist auf seine Art noch immer "Sex, Drugs and Rock’n Roll". Spass haben und Gas geben. Gegen das Establishment sein. "Fight, Revolution". Das finde ich geil. Das war der Grund, wieso ich Rock-Musik gemacht habe. Gegen sauren Regen sein, Umweltschutz unterstützen, gegen die Raketen wettern, wie auch gegen meine Eltern, die Lehrer und meinen Lehrmeister. Ich liess mir die Haare wachsen und konnte damals alle schockieren. War das geil (lacht)! Das kann heute keiner mehr machen. Alle tragen ihre Hipster-Bärte und sehen aus wie Soldaten. Die Individualität geht da völlig verloren. Wo sind die verdammten Punks geblieben? Der Metal selbst ist zu einer Event-Kultur verkommen oder hat sich dahin entwickelt. Da spielt man plötzlich auf Kreuzfahrtschiffen. Als Musiker spielst du in mehreren Truppen oder siehst die Musik als Hobby an. Da sind Axxis noch eine der letzten Combos, die von der Musik leben konnten.
Das alles hat komische Züge angenommen. Ich finde es schade, was du soeben gesagt hast, aber ich muss dir leider zustimmen. Kürzlich hörte ich mir mit Freunden Musik an. Wir haben nicht einen verdammten Song zu Ende gehört. Der Typ hat uns seine ganze Festplatte abgespielt. "Kennst du diesen schon oder jenen und diesen?" Ich entgegnete ihm: "Ist da auch mal ein Gitarrist zu hören, der ein Solo spielt?" Aber die Leute erinnern sich heute nur noch an einen Refrain, und das wars. Was ist das denn für eine Scheisse (verdreht die Augen)? Auf allen Ebenen wird konsumiert und nicht mehr ein ganzes Album genüsslich angehört. Vom Entdecken sprechen wir schon lange nicht mehr. Das finde ich sehr, sehr schade. Damals in meiner Jugend gab es doch nichts Spannenderes, als Dinge in der Musik zu entdecken. Pink Floyd hatten eine Glocke dabei, das kann doch nicht sein? Oder wie machen das Queen mit diesem Einhundertmann-Chor? Die sind doch bloss zu viert! Musik für sich zu entdecken, das war und ist etwas Grossartiges. Dies dann mit anderen Leuten zu teilen und sich auszutauschen, das ist heute leider nicht mehr an der Tagesordnung.
"...Es geht nur noch ums Sammeln von Songs, die Künstler sind den Leuten völlig egal..."
MF: Das Problem besteht aber schon länger. Wer rennt denn heute noch am Tag der Veröffentlichung in den Plattenladen, um sich die neue Scheibe seiner Lieblings-Bands zu kaufen?
Bernhard: Ja, ich weiss. Seit der digitalen Zeit hat sich vieles geändert. Es geht nur noch ums Sammeln von Songs, die Künstler sind den Leuten völlig egal. Da habe ich mit unseren Fans noch Glück, deshalb klage ich auf hohem Niveau. Die beschäftigen sich noch mit der Materie. Spreche ich mit den Fans, welche den Kopf in die Hände legen und sich förmlich in den neuen Tracks baden, ist das eine total geile Erfahrung, wenn ich von ihnen ein sehr ehrliches Feedback zu unseren neuen Liedern erhalte. Dann kommen zwei bis drei Journalisten, die nicht auf uns stehen, und schreiben eine Kritik, bei der ich denke: "Mensch Freunde, das hat doch nichts mit uns zu tun!" Höre ich mir als Melodic Rock Zuhörer eine Slayer-Scheibe an, kann ich doch nicht über das Geballere meckern (grinst). Das sind Slayer, und da muss man deren Brille aufsetzen. Die paar Journalisten brachten es nicht fertig, die Axxis-Brille aufzusetzen.
Einige können sich nicht mehr empathisch in eine Band hinein fühlen und sagen dann: "Das Album ist gut oder schlecht". Vernehmen sie eine Keyboard-Melodie, dann ist dies schon kommerzielle Kacke. Komponiere zuerst mal eine Melodie, die geil klingt. Wie schafft man es, den Leuten eine Melodie vor den Latz zu hauen, welche ihnen nicht mehr aus dem Kopf geht? Das ist doch genial (euphorisch)! In dieser Einfachheit liegt die Würze der Musik. Es ist schwierig, den Track auf den Punkt zu bringen. Sechs Minuten lang dudeln, das kann jeder, aber eine geile Melodie zu finden, ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Wir verzweifeln immer wieder selbst an diesem Versuch. Das kriegen wir nicht immer hin und ist sauschwer. Aber, die Leute hören sich die Musik heute anders an. Auch bei Live-Konzerten, da halten sie ständig ihre Scheiss-Handys in die Höhe. Selbst da geniessen sie den Gig nicht mehr. Da geht es nur noch darum, für sich Daten zu sammeln. "Ich war da", und wie war es denn? "Keine Ahnung, ich habe die ganze Zeit aufs Handy geschaut, das ziehe ich mir nach der Show in aller Ruhe rein". Es ist wie es ist, und dann soll es auch gut sein. Dann ist das eben die Zukunft, aber nicht meine, denn da drauf habe ich keinen Bock!
MF: Du hast nach 35 Jahren Axxis unzählige Interviews gegeben. Gab es da eine Frage, die du immer beantworten wolltest, die dir aber nie gestellt worden ist?
Bernhard (überlegt): Nö, eigentlich nicht. Jede Frage habe ich beantwortet, auch wenn es eine bescheuerte war (grinst). Mit dir, da waren immer sehr interessante Fragen dabei. Das liegt daran, dass du dich mit der Band beschäftigst und sie auch kennst. Kennst du sie nicht und hörst dir die Musik nur oberflächlich an, dann hast du ein Problem. «Coming Home» kam als Single heraus. Wir bringen die Lieder raus, bei denen wir denken, dass sie ein breiteres Publikum erreichen können, damit wir mehr Aufmerksamkeit für das neue Album erlangen. Da schrieb einer: "Axxis haben sich aber ganz schön verändert. Damit können sie im Fernsehgarten auftreten." Ja, geil, da würde ich sehr gerne dabei sein (lacht zufrieden). Kissin' Dynamite und Doro traten dort auch schon auf. Er wollte eigentlich sagen, dass er mit einer solchen Melodic-Kacke nichts am Hut hat. Dann soll er sie sich doch einfach nicht anhören (lachend). Als bestehe die neue Scheibe nur aus «Coming Home», dabei ist sie sehr facettenreich ausgefallen.
"...Die ganzen Laptop-Bands auf der Bühne, da sind wir ja doof, wenn wir noch alles selbst spielen..."
MF: Kommen wir zu etwas anderem, das mich nicht glücklich macht. Axxis wollen sich auflösen?
Bernhard: Das ist das falsche Wort (grinst). Ich habe schon erwähnt, was bei uns abgeht, mit der Wertschätzung und den ganzen KI-Dingen. Das wird zukünftig für Musiker eine harte Schiene. Die ganzen Laptop-Bands auf der Bühne, da sind wir ja doof, wenn wir noch alles selbst spielen. "Mann, sind wir bescheuert!" (lautes Lachen), aber egal. Die komplette Szene hat sich völlig verändert. Harry, der vier Jahre älter ist als ich, hat keinen Bock mehr auf den ganzen Scheiss. "Ich finde keine Leute mehr für die Crew, jeder will das Doppelte verdienen, aber weniger arbeiten oder sagt zwei Tage vor der Tour oder dem Konzert ab." Das ist völlig laienhaft geworden. Er hat nach all den Jahren keinen Nerv mehr und will die Band verlassen. Am 31.12. ist er raus und geht mit 64 Jahren in Rente. Er will diese Zeit geniessen und nix mehr machen. Das kann ich verstehen, auch wenn ich das persönlich scheisse finde.
Seine Entscheidung betrifft auch mich, aber was soll ich machen? Ich kann keinen zwingen, in der Band zu bleiben. Haben wir früher einen Musiker aus der Band geschmissen, weil er keinen Bock mehr auf uns hatte, dann war es besser, wenn er ging. Uns war und ist wichtig, dass wir eine gute Stimmung in der Band haben. Jetzt kann ich mir aber nicht vorstellen, Axxis allein am Leben zu erhalten. Wir sind eine Axxis GbR, die aus zwei Leuten besteht. Wenn einer aussteigt, dann ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Arsch. Mache ich etwas Neues, entsteht eine neue Steuernummer. Ich habe keine Idee, wie ich das allein stemmen soll. Harry hat den ganzen Steuerkram erledigt, während ich eher der Kreative im Team war. Ich habe weder eine Ahnung noch Erfahrung, wie das alles geht. Auch fehlt mir die Zeit dazu. Die Jungs von der Band sagen: "Jetzt wart erst mal ab!"
Ganz ehrlich, es ist besser, jetzt den Leuten zu sagen, dass das was Axxis ausmachte, immer eine Kombination aus mehreren Musikern war, die sich reflektiert haben und daraus etwas entstanden ist, was nun nicht mehr da ist. Axxis werden nicht mehr sein, was sie einmal waren. Das wollten wir mit dem Satz sagen. Nicht dass Axxis sich auflösen, aber aufhören und es nach 35 Jahren zu Ende geht. Und dann? Keine Ahnung, was nachher kommt. Ich werde auf jeden Fall keine GbR mehr ins Leben rufen, denn darauf habe ich keinen Bock mehr. Sicher wird von mir noch zu hören sein, aber ob dies als Axxis sein wird? Ich kriege jetzt schon die Krise, wenn ich die Flüge für uns nach Portugal buche (lacht). Das, was kommt, muss wachsen und gedeihen, was auch immer kommen mag. Es war eine gute Zeit, aber die ist gegessen. Ich könnte eine Axxis Cover-Band ins Leben rufen (lautes Lachen)…
"...Dazu ist vieles zu marktkonform gemacht. So ist das eben in der heutigen Zeit..."
MF: …da würdest du noch viel Geld damit verdienen damit…
Bernhard: …die originalste Cover-Band ever (lacht). Genau, ich kriege dann mehr Gage als vorher (lautes Lachen). Das ist das Verrückte. Die Zeche Bochum ist jedes Wochenende ausverkauft…, mit einer Cover-Band! Da tritt selten eine Truppe auf, die ihre eigenen Songs spielt. Die schaufeln sich so ihr eigenes Grab. Wollen die Veranstalter in zehn oder zwanzig Jahren immer noch mit Cover-Bands ins Rennen gehen? Immer dasselbe? Das kann doch nicht wahr sein! Aber ich denke, genau das wollen die Leute sehen und hören. Das ist schade, dass da nix Neues kommt. Bands wie Kissin' Dynamite, die ich persönlich sehr gut finde, werden niemals die gleiche Kraft entwickeln wie Iron Maiden damals. Leider! Auch nicht Powerwolf, die aktuell sehr gefragt sind. Die werden nie an diese Magie von Iron Maiden heran reichen. Dazu ist vieles zu marktkonform gemacht. So ist das eben in der heutigen Zeit. Da ziehen wir uns lieber selbst aus dem Verkehr, weil das nix für uns ist. Da sind wir zu oldschool. Axxis werden ohne Harry nie mehr so sein, wie sie mal waren. Aber schauen wir mal, was mit uns passiert!? Vielleicht spielen wir Speed Metal (lacht)…, melodischen Speed Metal (lautes Lachen). Wohin mich das Schiff treibt? Wir werden sehen.
MF: Wenn du diese 35 Jahre Revue passieren lässt, welches war für dich die schwierigste Geburt eines neuen Studio-Albums?
Bernhard: Da gibt es eines, und das war «Matters Of Survival» (1995). Da kamen zwei Komponenten zusammen, sprich einmal der Sprung über den Ozean. Wir haben mit Joey Balin bei «The Big Thrill» einen guten Job gemacht. Die Plattenfirma wollte aber noch weiter gehen, und dies mit Uwe als Manager, der schon bei den Scorpions war. Axxis sollten richtig "big" werden, aber das sind wir nicht, wollten es auch nie sein, sondern bloss Musik spielen und Spass dabei haben. Ich hatte keinen Bock darauf, dass eine grösser werdende Truppe nun von einem Management gesteuert wird. Da habe ich schon damals die Krise gekriegt. «Kingdom Of The Night", unser Debüt-Werk, war das erfolgreichste Album von uns, ohne dass wir ein Management hatten. Warum sollten wir nun international werden? «Matters Of Survival»…, da kam dazu, dass sich die komplette Metal-Szene auflöste. Bruce Dickinson ging bei Iron Maiden und Rob Halford bei Judas Priest.
"...Grunge schoss durch die Decke, die Orientierung ging verloren, und keiner wusste mehr, was Metal war..."
Grunge schoss durch die Decke, die Orientierung ging verloren, und keiner wusste mehr, was Metal war. Da kommt der kleine Berny an und meckert: "Ich will aber nicht nach Los Angeles" (lacht). Da wäre ich doof gewesen, das zu sagen. Aber tief in meinem Herzen hat es sich so angefühlt, und klar bin ich nach L.A. geflogen (grinst)! Ich will schliesslich auch mit Keith Olsen ein Album aufnehmen. Aber wenn wir uns dabei dem Markt anpassen sollen, weil die Plattenfirma dies so will, damit hatte ich schon meine Probleme. Jetzt konnte ich aber noch nichts sagen, weil ein Album ja zuerst zu entstehen hat. Es muss passieren, dass ich hinterher sagen kann: "Ich hab' euch gewarnt" (grinst). Hätten wir mal besser nicht so gemacht! Harry und Walter (Pietsch, damaliger Gitarrist) waren davon jedoch voll angetan und fanden dies tierisch! Aber auch mehr geblendet von der Tatsache für drei Monate L.A. unsicher zu machen. Klar hat mich das gelockt. Geil!
Drei Monate in Los Angeles, wer sagt dazu schon nein? Und mit Keith Olsen zusammen zu arbeiten, das ist top. Aber ich wollte keine Grunge-Scheibe einspielen oder besser gesagt, diese Aspekte dieses Sounds in meiner Musik haben. Wir waren deutsch, und das sollte auch immer so klingen. Warum amerikanisch klingen? Das können die Ami-Bands viel besser (lacht). Ich finde es sexy, wenn Helloween oder die Scorpions diesen Akzent in der Musik haben. Das ist der Charme der ganzen Sache. Höre ich mir Julio Iglesias an, dann bekommen die Frauen feuchte Höschen, wenn sie ihn singen hören (lacht). Dies dank seinem Akzent, der ihn sexy macht! Deshalb habe ich nie verstanden, wieso wir als deutsche Truppe amerikanisch klingen sollen. Das Album war deshalb eine schwierige Geburt für mich. Auf der anderen Seite hat es mir danach ein unglaubliches Standing in der Band verliehen. Weil ich gesagt habe: "Passt mal auf Freunde, wir haben das nun so gemacht wie ihr das wolltet, und ich fand das nicht okay!"
Die Fans haben ein bisschen die Orientierung verloren, wie wir auch. Die Plattenfirma verlor den Glauben an Axxis, das kam noch dazu, und das ist auch krass. Die bringen uns dazu, diesen Scheiss zu machen und tun dann so, als ob wir die Deppen im Umzug sind. Danach kam die «Voodoo Vibes» (1997). Das war so ein bisschen der "kiss of death" von der EMI, die keinen Bock mehr auf uns hatten. Deren Team hatte sich komplett ausgetauscht. Da sassen irgendwelche BWLer, die über die Musik entschieden haben. Es war eine ganz komische Stimmung bei der Firma. Am Ende des Tages haben wir dieses Label überlebt, was eine sehr kranke Situation ist. Da siehst du mal, wie sich die Musik-Industrie in den letzten Jahren gewandelt hat. Ich liebe das Privileg sagen zu können, dass wir diese geile Zeit miterlebt haben.
MF: Vielen und herzlichen Dank für das Interview!
Bernhard: Sehr gerne, immer wieder gerne (grinst). Vielen lieben Dank und ich wünsche dir eine wundervolle Zeit.