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"...wenn man mal auf einer Tournee Dreck gefressen und Shows vor zwei Nasen sowie einem Hund gespielt hat, weiss man, ob man wirklich dafür lebt..."
Konnten COMANIAC in der jüngeren Vergangenheit mit unermüdlichem Touren und der Veröffentlichung von drei sehr guten Alben schon mächtig Staub aufwirbeln, so folgt nun mit dem vierten Album «None For All» am 13. Oktober 2023 endlich wieder ein Lebenszeichen von Comaniac, und dieses Werk wird Euch vor lauter Genialität in den Wahnsinn treiben, liebe Leute! Besteht also ein passenderer Zeitpunkt, um den Sänger und Gitarristen Jonas alias Schmirgel mit kniffligen Fragen, wie einen Emmentaler Käse, gehörig zu löchern?! Here we go!
MF: Ich hatte vor langer Zeit schon mal das Vergnügen mit dir ein Interview zu führen. Vieles hat sich bei dir geändert, so zum Beispiel dein Wechsel ins Lager der Profi-Musiker! Hat sich dieser Schritt für dich gelohnt, und wie sieht dein Leben als Profi-Musiker aus?
Jonas: Ich sehe es als grosses Kompliment, mich als Profimusiker wahrzunehmen. Ich denke, wir haben als Band einen grossen Prozess in Richtung Professionalität durchgemacht, besonders im Bereich der Musikqualität und Zielstrebigkeit. Wir sind jedoch, ehrlich gesagt, immer noch weit davon entfernt, mit der Musik Geld zu verdienen. Gerade durch die Zeit mit Corona und deren Folgen für die Musikbranche, hat sich da zusätzlich einiges zugespitzt. Unsere Motivation ist und bleibt die Leidenschaft für die Musik.
MF: Ihr konntet als Supporting-Act auf einigen Tourneen mit namhaften Bands wie Metal Church, Dr. Living Dead! und Vektor dabei sein. Hat sich dies für euren Bekanntheitsgrad ausgezahlt?
Jonas: Wir durften fest von den Tourneen profitieren. Schliesslich sind es Kontakte und Präsenz in den Medien, die uns als Band voran bringen. Realistisch gesehen sind jedoch die langfristigen Erfolge nicht durch eine Tournee bestimmt. Eine kontinuierliche Entwicklung in den Bereichen Eigenständigkeit und Innovation sowie die Veröffentlichung neuer Musik sind, neben den oben genannten Faktoren, genauso entscheidend. Durch die Tourneen wurde uns jedoch eines klar: Wir leben für Live-Shows, und wir sehen uns bestätigt darin, unser Leben weiterhin voll und ganz der Musik zu widmen. Ich glaube erst, wenn man mal auf einer Tournee Dreck gefressen und Shows vor zwei Nasen sowie einem Hund gespielt hat, weiss man, ob man wirklich dafür lebt. Eine Tour kann sich neben jeder Menge Rock'n'Roll aber auch mal von ihrer dunklen Seite zeigen.
MF: Für eine ausgezeichnete Liveband wie euch war der Break während der Pandemie sicher sehr einschneidend. Was habt ihr mit der plötzlich vorhandenen Zeit angestellt?
Jonas: Sie war auf jeden Fall einschneidend und ist es immer noch. Wie bereits oben angetönt, befindet sich die Live-Szene weiterhin in einem etwas komatösen Zustand. Das merken wir vor allem an den erschwerten Bedingungen, für Live-Konzerte gebucht zu werden, was gerade showfreudige Bands wie uns sehr hart trifft. Das hat vor allem mit der wachsenden Cancel-Kultur zu tun und der Feststellung, dass weniger Geld und auch weniger Risiko bei den Veranstaltern vorhanden ist.
Wir selbst hatten neben dem Besetzungswechsel am Bass (Tom folgte auf Joel) viel Zeit, an unserem Sound zu feilen. Im unterdessen professionell eingerichteten "Sonic Screwdriver Studio" unseres Gitarristen Valentin haben wir unzählige Wochen an neuen Ideen gefeilt. Es war ein richtiges Soundlabor, eine wunderbare Zeit.
"...Es war sehr hart, dies alles "den Bach runter gehen" zu sehen..."
MF: War diese konzertfreie Zeit ein finanzielles Desaster für euch?
Jonas: Am meisten hat es uns getroffen, dass das damals erschienene «Holdox»-Album (2020) im Corona-Strudel untergegangen war. Wir haben über ein Jahr darauf hingearbeitet, mit diesem Album an den bisherigen Erfolgen anzuknüpfen. Und Liveshows sind unser stärkstes Standbein, wenn es um Werbung geht. Es war sehr hart, dies alles "den Bach runter gehen" zu sehen. Natürlich war es ein finanzielles Desaster. Die Auslagen konnten wir bei Weitem nicht beheben, aber dass das Album keine grosse Beachtung erhielt, war für uns die deutlich bitterere Pille.
MF: Ist der Posten des Bassisten mit einem Schleudersitz verbunden oder warum gibt es bei euch auf dieser Position immer wieder Wechsel?
Jonas: Ich glaube rückblickend habe ich erst gemerkt, welch grosse Lücke Ray als Gründungs-Mitglied mit seinem Ausstieg 2019 hinterlassen hat. Wir waren vier Freunde, die miteinander gewachsen sind. Eine langjährige Freundschaft ist ein Faktor, der emotional verbindet und den man sich nicht "erarbeiten" kann. Ich glaube, wir haben grosse Erwartungen an jedes Mitglied. Da kann es den "Neuen" leider schon mal zu viel werden.
Stef, Vali und ich machen bereits seit sieben Jahren zusammen Musik, und wir wissen genau, wie wir ticken. Das macht es leider nicht immer leicht, einen Platz in diesem Gefüge zu finden. Ich denke, es ist jedoch wichtig hervor zu heben: Ein Abschied war nie böse gemeint, aber ehrlich. Wir leben jedoch alle nur einmal und da soll man die eigenen Ziele kompromisslos verfolgen, wie auch immer diese Ziele aussehen. Bei uns ist es nun mal die Band.
MF: Jonas, als hervorragender Frontman musst du immer wieder Kritik für deinen Gesang einstecken. Wie fest nagt sowas an dir?
Jonas: Es wäre gelogen zu sagen, dass das nicht an mir nagt. Es gibt ja dieses Sprichwort, man sei als Team genau so gut wie das schwächste Glied. Aber wer mich kennt, weiss, was mich an der Musik am meisten motiviert: Entwicklung und Mut zu Neuem. Der Gesang hat sich von Album zu Album entwickelt, und ich habe gelernt, was mir gefällt und was nicht. Ich glaube, mit dem neuen Album habe ich den Sweet-Spot gefunden, wo meine Stimme in der Musik optimal zum Tragen kommt.
MF: Auf den vorangegangenen Alben regierte der straighte Thrash Metal. Mit dem neuen Material seid ihr extrem breit aufgestellt und sehr facettenreich. Woher kommt dieser Sinneswandel?
Jonas: Es mag etwas skurril klingen, aber als "Insider" habe ich genau diese Entwicklung angestrebt. Es ist für mich kein "Sinneswandel", ich kann diese Wahrnehmung aber sehr gut nachvollziehen. Jedes Album hat für mich einen "Kernsong", auf dem ich musikalisch in neue Gefilde vorstossen wollte. Progressive Elemente? Erste Gehversuche sieht man bei «…And There Is No Job» auf dem ersten Album. Gesangsharmonien? «Bow Low» auf dem zweiten Album war da ein wichtiger Meilenstein. Eine cleane Gitarre oder Streichinstrumente? Auf «Bittersweet» vom dritten Album hatten wir damit bereits viel experimentiert. Ich glaube wir haben gelernt, bewusst unsere Stärken einzusetzen und so einen harmonischen Stil zu entwickeln.
MF: Sind eure musikalischen Einflüsse 2023 andere als früher?
Jonas: Ja, auf jeden Fall. Nach dem "Thrash 'til death" Motto zu Beginn der Bandkarriere haben wir uns bis heute immer mehr vom progressiven Metal-Genre inspirieren lassen.
"...Ich hätte heute meine Stimme bestimmt nicht überall so eingesetzt, wie ich es damals gemacht hatte..."
MF: Die musikalische Darbietung auf allen Alben war bisher über jeden Zweifel erhaben und wurde sogar speziell gelobt. Beim Gesang gab es einige kritische Stimmen, die auf «None For All» im Keim erstickt werden. Wie ist es dir gelungen, eine solche Meisterleistung an den Tag zu legen?
Jonas: Der grösste Teil, denke ich, kam von "learning by doing". Es beansprucht Zeit, die eigenen Stärken und Schwächen zu erfassen. Meine Experimentier-Freudigkeit ist nicht bei allen gut angekommen, und rückblickend kann ich das voll und ganz nachvollziehen. Ich hätte heute meine Stimme bestimmt nicht überall so eingesetzt, wie ich es damals gemacht hatte.
Genauso wichtig, neben dem Ausprobieren und Üben, ist und war das Hör-Training, was mir einen enormen Entwicklungsschritt ermöglichte. Es klingt vielleicht schon fast etwas esoterisch, aber mit dem Reflektieren und dem "Spüren" der eigenen Stimme öffnen sich ganz neue Türen.
MF: Für welche weiteren Einflüsse hat es noch Platz im Comaniac Kosmos?
Jonas: Ich glaube es ist einfacher zu benennen, welche Türen verschlossen bleiben. Alles Künstliche, alles Mechanische und alles Elektronische interessiert uns nicht. Musik ist Leben, und Musik bedeutet Emotionen.
MF: Mit dem neuen Album «None For All» wird ein moderater Kurswechsel vollzogen. Wie schwer ist die Gratwanderung, alte Fans bei Stange zu halten und neue dazu zu gewinnen?
Jonas: Grundsätzlich sehr schwer, aber wir haben mit der Zeit gelernt, dieser Frage keinen allzu grossen Raum mehr zu gewähren. Musik machen wir, weil uns dies erfüllt. Ich glaube nur ehrlich gemachte Musik kann auch andere Leute faszinieren. Solange wir also ein Produkt für eine spezifische Konsumentengruppe erzeugen möchten und unsere Wünsche dabei vernachlässigen, ist das Wirtschaft. Musik soll aber Kunst sein.
MF: Am Freitag, den 20. Oktober 2023, findet für das neue Album «None For All» die Plattentaufe im KiFF in Aarau statt. Habt ihr noch weitere Promo-Dinge geplant?
Jonas: Auch für dieses Album sind wir selbst aktiver Teil der Promo. Wir haben bisher weltweit viele Reviews des Albums und Interview-Anfragen, die wir zurzeit persönlich bearbeiten sowie einige internationale Radiostationen, die unsere Musik spielen. In der Schweiz werden wir zudem einige Radioauftritte haben und hoffen natürlich auch auf Zeitungsberichte. Schliesslich haben wir mit vier Alben, rund acht Tourneen und zehn Jahren Bandgeschichte einiges zu erzählen.
Daneben arbeiten wir eng mit unserem Label "Metalworld" und dessen Promo-Agentur zusammen, um eine möglichst vielseitige Präsenz zu erwirken. Showtechnisch sind wir ebenfalls aktiv, da werden nach der Plattentaufe die einen oder anderen Ankündigungen kommen. Wir haben gemerkt, dass wir zurzeit besser dran sind, die Promo in eigenen Händen zu haben, als dies vollumfänglich einem Label zu übergeben.
Während unseren ausgiebigen Label-Verhandlungen mussten wir aber leider feststellen, dass die Prioritäten vieler Labels zurzeit woanders liegen, als wir uns das erwünschen. Umso mehr sind wir auf Social Media, Live-Konzerte und die Mund-zu-Mundpropaganda unserer Fans angewiesen, sprich das Album in die weite Welt zu tragen.
MF: Wann findet die nächste Tour von Comaniac statt?
Jonas: Das hängt von vielen Faktoren ab, und deshalb kann ich zurzeit leider nichts Konkretes dazu verraten. Unser Ziel ist aber selbstverständlich, möglichst zügig auf die Plattentaufe hin eine Tour zu starten und wenn möglich das Album mit mehreren Touren zu bewerben.
MF: Wo kriegt man euer neues Album und generell News von und über Comaniac?
Jonas: Am besten natürlich live an einer Show von uns, nach Wunsch handsigniert. In der Schweiz empfiehlt es sich, entweder über unsere Homepage oder Bandcamp zu bestellen oder über die Metalworld Bigcartel Page. Da kriegt man auch einmalige Bundles sowie Vinyl und CDs. Das Album ist zudem bei den wichtigsten Record Stores wie dem "Outsider Metalshop Olten" oder natürlich über Cede.ch erhältlich. Weltweit kann man das Album zudem über einige Undergroundvertriebe in Deutschland, Dänemark und USA sowie auch über Amazon ordern.
Vielen Dank an Jonas für die eloquenten Antworten, und es macht jedes Mal einen riesigen Spass mit ihm ein Interview zu führen! Ihr könnt mir glauben, dass Euch das neue Album «None For All» aber sowas vom Hocker hauen wird! Aus diesem Grund heisst es für alle geschmackssicheren Metalfans: Freitag, den 20. Oktober 2023 dick mit roter Farbe im Kalender markieren und gleich viermal unterstreichen! Für alle Fans sollte die Plattentaufe von Comaniac für «None For All» an diesem Tag im KiFF in Aarau einen Pflichttermin darstellen!