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"...ERNTE soll die Gedanken teilen, dass wir in der Tat ernten, was wir säen. Dies sind tief persönliche Gedanken von Witch N. und mir..."
Einen sehr guten Jahrgang in Sachen heimischem Black Metal stellte das Jahr 2021 dar. So ist auch mit der Band ERNTE ein sackstarker Newcomer zum Ende des Jahres mit dem Album «Geist und Hexerei» gewaltig durchgestartet. Aus diesem Anlass möchte ich natürlich so einiges von Witch N. und V.Noir wissen, und so starten wir zu dieser Befragungsrunde!
MF: Bei shEver hast du dich von 2003 bis 2012 dem Sludge Doom verschrieben. Mit ASHTAR gibt es dagegen eine unheilvolle Mischung aus Black Metal, Sludge und Doom zu hören. Mit ERNTE frönt ihr derweil dem derben Black Metal. Brauchst diese Abwechslung, um deine Vielseitigkeit auszuleben?
Witch N.: Es ist weniger eine bewusst gesuchte Abwechslung, sondern viel eher eine natürliche Entwicklung meinerseits. Anfang der 2000er Jahre war ich fasziniert und angetan von der Kompromisslosigkeit der wenigen, damals existierenden extremen Doom und Sludge Bands. Noch heute liebe ich die Kombination aus dreckigen Riffs wie ultrakrassem Gesang und lasse mich gern von einer neuen Band positiv überraschen, aber Sludge Doom als Stil langweilt mich meist, da hier im Moment für mich nicht mehr viel Innovatives kommt. Immer schon hatte ich auch ein Flair für Black Metal. Dieses begann ich mit ASHTAR auch kreativ auszuleben, und mit ERNTE kann ich das nun noch viel stärker tun, weil V. Noir sehr klassische Black Metal Songs schreibt. Auch die wenigen Songs, die ich bisher für ERNTE verfasst habe, sind viel stärker im Black Metal verwurzelt als diejenigen für ASHTAR.
MF: Wie war dein musikalischer Werdegang, V.Noir?
V. Noir: Vor über zwanzig Jahren gründete ich meine erste Band mit dem Namen PARAZIDE. Wir spielten damals noch klassischen Death Metal. Aber nach etwa fünf Jahren live spielen und einem Debüt-Album war dann Schluss. Wir hatten genug, und jeder hatte seine eigenen Vorstellungen vom Weitergehen. Ich konzentrierte mich dann viele Jahre auf das Produzieren von düsteren Dark Ambient-Klängen kombiniert mit Videos und Malereien. Da ich mir aber seit meiner Jugend Black Metal anhörte, liess mich die Vorstellung nie los, einmal selbst eine Black Metal Band zu gründen. Jahre später folgten dann ERNTE. Zwar verfolge ich noch meine anderen Projekte, doch ERNTE sind im Moment der Hauptfokus.
MF: Wo habt ihr euch kennen gelernt, und wie kam es zur Gründung von ERNTE?
V. Noir: Ich gründete ERNTE im Sommer 2019. Zu dieser Zeit waren wir noch zu dritt. Den Gesang übernahm ein deutscher Freund, am Bass war ein Kollege von früher. Bass wie auch Gesang entsprachen aber nicht wirklich meiner Vorstellung, und auch das Engagement kam einfach nicht rüber. Ich wollte mehr, und vor allem mehr Leidenschaft. Zu dieser Zeit hörte ich mir die ASHTAR Platte «Kaikuja» an, die ich bei Witch N. persönlich bestellte. Als ich ihre Stimme hörte, war es um mich geschehen und ich wusste, dieser Gesang ist die Symbiose zu meiner Musik. Gesagt getan: Ich kontaktierte Witch N. mit meinen Demos, und sie willigte kurz darauf ein, die ersten Probeaufnahmen zu machen. Der Rest ist Geschichte, beziehungsweise unser Debüt-Album.
MF: Bei ASHTAR funktioniert ihr hauptsächlich als Duo, ausser bei Live-Auftritten stossen noch zwei Gitarristen dazu. Auch bei ERNTE seid ihr, V. Noir und du, ein Duo. Ist die Duo-Formation deine bevorzugte Band-Konstellation?
Witch N.: Ehrlich gesagt hat sich das einfach so ergeben, ich habe das nicht bewusst gesucht. Es ist meiner Erfahrung nach aber deutlich einfacher und unkomplizierter, zu zweit zu arbeiten als zu viert oder zu fünft. Man hat nur zwei Meinungen und zwei Persönlichkeiten zu berücksichtigen. Die Vorteile gegenüber einer One-Man-Show sind derjenige des Feedbacks und der Kritik, die man als Einzelkämpfer selten ehrlich erhält. Zu zweit ist man auch sehr produktiv und effizient, besonders wenn man die Möglichkeit hat, mehr als nur einmal pro Woche am Material zu arbeiten, was bei ERNTE der Fall ist, da wir ein Home-Studio zur Verfügung haben und uns auch privat oft sehen.
MF: Wie seid ihr auf den Bandnamen ERNTE gekommen?
V. Noir: Eigentlich ist der Name ERNTE per Zufall entstanden. Ich sass da und tippte verschiedene Ideen auf. Dazu muss man wissen, dass ERNTE eigentlich in der Runenschrift geschrieben wird. Auch unser Logo ist in der klassischen Runenschrift gestaltet. ERNTE soll die Gedanken teilen, dass wir in der Tat ernten, was wir säen. Dies sind tiefpersönliche Gedanken von Witch N. und mir.
"...da ich kaum etwas lieber mache als live zu spielen, werden wir ziemlich sicher auf der Bühne zu sehen sein..."
MF: Handelt es sich bei ERNTE nur um ein Projekt oder seid ihr eine richtige Band, die später auch mal live auftreten wird?
Witch N.: ERNTE war nie nur ein Projekt – es ist eine vollwertige Band. Und da ich kaum etwas lieber mache als live zu spielen, werden wir ziemlich sicher auf der Bühne zu sehen sein, wenn das dann wieder in einer vernünftigen Form möglich ist. Wir haben auch schon ein paar Anfragen bekommen, dazu wohl bald mehr…
MF: Mit Vendetta Records habt ihr ein deutsches Label im Rücken. Was erhofft ihr euch von dieser Zusammenarbeit, und werden weitere Alben von ERNTE bei Vendetta Records erscheinen?
Witch N.: Als wir uns entschieden ein Label zu suchen, war Vendetta bereits unter unseren Favoriten. Umso zufriedener waren wir, als wir dann eine Zusage erhielten. Ich habe im Vorfeld von anderen Musikern schon viel Positives über Stefan, den Labelboss, gehört, und auch seine Releases entsprechen meinem persönlichen Geschmack. Es ist ja auch witzig, dass er Anfang 2000er mit eher doomigeren Bands gestartet hat und mittlerweile total im Black Metal angekommen ist.
Ein Label ist insofern hilfreich, als wir einen etablierten Vertrieb und eine gute Promotion haben. Ausserdem profitieren wir auch von seinem Ruf: Es gibt ja Leute, die nach Labels Platten kaufen, und Vendetta hat sich im Black Metal mittlerweile einen ziemlich guten Namen gemacht. Da wir bisher sehr zufrieden sind, werden wir auch unser zweites Album auf Vendetta Records veröffentlichen. Zudem wird es vorab im Frühjahr noch eine 7"-Single geben, welche ebenfalls über Vendetta erscheinen wird.
MF: Wie wichtig sind die Texte im Gesamtkonzept?
Witch N.: Musik und Text bilden für mich immer eine Einheit – sowie ein guter Song nicht beliebig oder banal sein soll, so soll es auch der Text als ein Teil davon niemals sein. Ausserdem bin ich Germanistin und liebe Texte im Allgemeinen. Insofern sind die Lyrics für mich sehr wichtig. Dennoch ist unser Album kein Konzept-Album – meine Texte folgen keinem Gesamtkonzept, sondern sind für jeden Song individuell entstanden.
V. Noir: Ich überlasse die Texte ganz Witch N. und vertraue ihr da auch. Um ehrlich zu sein, bin ich ziemlich schlecht darin, mich mit Worten auszudrücken. Ich bleibe bei den Melodien.
MF: Bei einer Band die True Hellvetic Black Metal spielt, wären da Texte in Deutsch nicht naheliegender anstelle der englischen Texte?
Witch N.: Wenn schon, dann in Schweizerdeutsch, aber ganz ehrlich: Ich kann keine Lyrics in Schweizerdeutsch schreiben, das funktioniert bei mir einfach nicht. Es wäre dann ziemlich bemüht und gesucht, und das wiederum wäre gar nicht "true".
MF: Wird ERNTE in Zukunft euer Hauptfokus sein?
Witch N.: Das wird sich zeigen. Mein Hauptfokus liegt jedenfalls immer auf demjenigen Projekt, für das ich aktuell kreativ bin.
V. Noir: Ja, im Moment ist ERNTE mein Hauptfokus, und es gibt immer genug zu tun, da wir bereits in der Endphase des zweiten Albums sind und ja auch ein drittes folgen soll.
MF: Der Sound auf «Geist und Hexerei» ist eisig kalt und besitzt auch einen leichten Industrial-Touch, was mitunter dem verwendeten Drum-Computer geschuldet ist. Werdet ihr den beibehalten oder seid ihr bereits auf der Suche nach einem Drummer aus Fleisch und Blut?
Witch N.: Wenn wir live auftreten wollen, dann tun wir das natürlich mit einem echten Drummer. Alles andere wäre nicht wirklich cool.
V. Noir: Im Moment wird das Drum weiterhin digital programmiert. Ob es jetzt schlecht oder gut klingt, muss jeder selbst entscheiden, ist Geschmackssache. Ich habe nach unserem Debüt-Album und viel Zeit im Studio eine Menge dazu gelernt. Das neue Drum auf der kommenden Single und auch auf dem zweiten Album klingt wesentlich homogener und ist besser in den Gesamtsound einbezogen.
MF: Habt ihr zum Release des Albums irgendwelche Aktivitäten geplant?
Witch N.: Nicht für die Öffentlichkeit. Das Album hingegen ist bereits am 03.12.2021 erschienen…