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"...Mit dieser Art von Musik hatte ich überhaupt nichts am Hut..."
«Stairway To Fairyland» war 1999 der Startschuss für Freedom Call, der Truppe um den singenden Gitarristen Chris Bay und den damaligen Schlagzeuger Daniel Zimmermann (spielte zeitgleich bei Gamma Ray). Kontinuierlich stiegen die Jungs die Erfolgsleiter hinauf und begeisterten Fans, speziell auf der Bühne mit ihren Melodic Speed Metal Perlen auf der ganzen Welt. Am 29. März 2025 steht das Quartett nun in der Musigburg in Aarburg auf der Bühne und wird, wie bereits anfangs dieses Jahres beim "ICE ROCK Festival", die Welt kurzerhand in einen besseren Ort verwandeln.
Chris, Gitarrist Lars Rettkowitz, Bassist Francesco Ferraro und Schlagzeuger Ramy Ali haben sich eine treue Fan-Gemeinde erspielt. Mit grossartigen Chören und einer unglaublichen Spielfreude packen sie jeden Besucher und werden dabei mit «Mr. Evil» den «Perfect Day» besingen, mit «Power & Glory» die «Warriors» besiegen, bis es mit den «Tears Of Babylon» zur finalen «Silver Romance» kommt. Doch auch der Bandleader tut sich hin und wieder schwer beim Schreiben neuer Songs. Das und anderes verriet uns Mainman Chris Bay beim gemütlichen Talk per Zoom.
MF: Lass uns ein bisschen über die Zeit mit Freedom Call sprechen. Bald spielt ihr in der Musigburg in Aarburg. Ich freue mich sehr auf euch, denn den Gig am diesjährigen "ICE ROCK" fand ich richtig geil!
Chris: Der hat echt Spass gemacht! Genau wie das letzte Mal (2014), an das ich mich noch gut erinnern kann, speziell wegen des Rindenmulchs im Publikums-Bereich (lacht). Das ist alles hausgemacht, aber das mag ich. Alles was an Perfektion grenzt, finde ich ein bisschen un-rock'n'rollig. Das fühlt sich immer wie eine Bürgermeister-Sitzung an (lacht).
MF: Wie kam es damals zum Bandnamen Freedom Call?
Chris: Martin, come on, das weisst du doch besser als ich (lautes Lachen)! Wenn ich das noch wüsste... (grinst). Es ist ein paar Jährchen her, aber ich kann mich erinnern. Da gab es noch kein festes Line-up für die Band. Es war Daniels und mein Baby und wir arbeiteten jeden Tag daran. In meiner damaligen Zwei-Zimmer-Bude in Nürnberg hatte ich im Schlafzimmer mein Tonstudio. Wir hatten einen Atari mit unglaublichen 1 Megabyte (lacht) Arbeitsspeicher, und der Rest lief alles über Disketten. Mein Schlafzimmer war mit dieser Aufnahme-Technologie gefüllt, sodass aber noch mein Bett Platz hatte.
Daniel und ich sassen am Flughafen in Nürnberg beim Frühstück. Da kam er mit dem Bandnamen um die Ecke: "Das hat was Positives, weil die Musik auch so klingt." Den Namen fand ich gut, denn wenn man eine neue Band gründet, stellt man sich immer vor, wie Millionen von Besuchern beim Konzert "Free-dom-call" schreien. Zwei Silben sind immer ein bisschen plump, aber drei Silben, das hatte schon was (grinst). Natürlich lieben wir alle die Freiheit, denn niemand will in Ketten gelegt werden, und der Ruf danach klingt doch grossartig! Das ist noch immer eine schöne Message, gerade in den heutigen Zeiten.
MF: Die Szene damals war alles andere als bereit für eine Melodic Speed Metal Band, und trotzdem habt ihr diesen Schritt gewagt. Was hat euch dazu bewogen?
Chris: Was? Die wollten diesen Sound nicht? Verdammt! (lacht) Da haben die uns aber ganz schön verarscht! (lachend). Der Einfluss kam mit Sicherheit durch Daniel und Gamma Ray. Mit dieser Art von Musik hatte ich überhaupt nichts am Hut. Ich bin auch kein bekehrter True Metaller, der den ganzen Tag mit seiner Lederkutte herumläuft, sondern war musikalisch viel offener, bedingt auch durch meine Eltern, die sich klassische Musik anhörten. Ich besuchte das musische Gymnasium in Erlangen, dadurch ist man variabler aufgestellt, was die Musik betrifft. Ich wollte mir nicht nur Musik anhören, sondern auch welche machen. Musik ist Kunst und hat sehr viel mit Kreativität zu tun. Da muss man sich auch mal umhören was es alles gibt und nicht nur "hau drauf und Schluss!" (grinst). Dass wir letztlich bei dieser Art von Musik gelandet sind, hängt sicher auch damit zusammen, dass ich eher aus der melodischen Ecke komme.
Es fliessen auch immer wieder klassische Arrangements mit ein, wie Bläsereinsätze, was für viele Metaller ein komplettes "no-go" ist. Aber das war und ist mir vollkommen egal. Anfangs war Daniel für die Metal-Einflüsse zuständig, bedingt durch sein Drumming bei Gamma Ray und sein grösseres Interesse an Metal. Von Judas Priest kannte ich «Breaking The Law» (lacht). Ich bin relativ jungfräulich in den Metal hineingerutscht. Vielleicht war das gar nicht so schlecht, denn sonst wären wir nicht da, wo wir jetzt sind, mit diesem Trademark-Sound, mit dem wir uns durchgesetzt haben und die Leute nach zwei bis drei Takten sagen: "Mensch, das könnten Freedom Call sein!"
MF: Hast du heute noch Kontakt zu Daniel?
Chris: Ja, sporadisch. Der musikalische Faktor ist quasi weggefallen, da Daniel keine Musik mehr macht. Ihm geht es gut, er hat seine Familie und führt ein geregeltes Leben. Schrecklich! (lacht) Nein, Spass! Letztendlich hat er schon immer dazu geneigt und ein Familienleben angestrebt. Er hat die ganze Welt gesehen und ich kann es mehr als nachvollziehen, wenn man diese Option hat und sagt: "Mensch, es ist jetzt mal gut." Muss ich mich jetzt wieder in die enge Bank des Tourbusses quetschen und mit zwanzig anderen, schwitzenden Leuten das Gefährt teilen? Es ist einfach so, man wird älter und anspruchsvoller, und die Unbedarftheit geht irgendwann verloren. "Es ist mir alles scheissegal, Hauptsache der Jacky ist da!" Es kommt der Tag, an dem man es entspannter angehen will und darum kann ich seine Entscheidung bestens nachvollziehen. Dass ich selbst diesen Schritt irgendwann gehen werde, glaube ich nicht, denn dafür ist bei mir zu viel Leidenschaft im Spiel.
MF: Stimmt es, dass dein Grossvater Opernsänger war?
Chris: Karl Erich Brauner, mütterlicherseits, war Opernsänger, unter anderem in Breslau und Berlin. Meine Mutter genoss eine klassische Gesangsausbildung. Sie stand nicht als Solistin auf der Bühne, sondern sang im Chor. Irgendwo scheint da was durchgesickert zu sein (grinst).
"...Nebenbei war ich mit den Jungs von JBO in einer Klasse..."
MF: Was ja auch sehr gut klingt…
Chris: …oh, vielen Dank, Martin! Ich wollte als 7-Jähriger Gitarren-Unterricht nehmen. Nicht meine Eltern wollten das, damit ich beschäftigt bin, sondern ich wollte es unbedingt. Nach zwei Jahren konnte ich den Unterricht nicht weiterführen, weil ich auf ein musisches Gymnasium ging. Nebenbei war ich mit den Jungs von JBO in einer Klasse (grinst), zumindest mit Schlagzeuger Wolfram. Dort lernte ich Klavier spielen. Eine Multi-Instrumentalität ist nichts Negatives (grinst). Meine Mutter hat das immer unterstützt, da sie auch aus einer musikalischen Familie stammt. Mein Vater, als Ingenieur, eher weniger. Als ich sagte, dass ich Rock-Star werde, fand er das nicht so geil (lacht). Zu meiner Entschuldigung kann aber ich sagen, dass ich meinen Eltern nie auf der Tasche gelegen habe. Es gibt viele, die Rock-Star werden wollen und Papa um Geld für die Miete anpumpen. Das habe ich immer selbst hinbekommen.
MF: Deine erste, richtige professionelle Band waren Moon' Doc? Zusammen mit Herman Frank (Victory, ehemals Accept und Sinner) sowie deinem späteren Bassisten Ilker Ersin?
Chris: Ja, genau! Mit ihnen habe ich das erste Album aufgenommen und du hast da den Fanclub geleitet…
MF: …korrekt, da haben wir uns zum ersten Mal bei der zweiten Ausgabe des «Bang Your Head!!!» Festivals getroffen, damals noch in der Halle…
Chris: …ich weiss (grinst). Die Zeit mit Moon' Doc war für mich super aufregend. Ich durfte schon ein paar Jahre früher in diese Szene reinschnuppern, was Herman arrangierte. Zed Yago haben sich irgendwann aufgelöst. Jutta stieg aus, der Name blieb bei Jimmy (Gitarre) und Tatch (Bass). Herman rief mich an und fragte, ob ich mit den beiden etwas machen wolle. Also fuhr ich nach Hamburg und das Ganze dauerte knapp achtzehn Monate. Leider ging es nicht über ein beachtliches Demo-Tape hinaus, das wir immerhin Warner vorgestellt haben. Ich dachte schon: "Jetzt habe ich es geschafft!" (lacht). Unglücklicherweise verlief alles im Sande. Herman kam mit Ilker vorbei, als ich in München lebte. Beide standen auf der Matte und daraus entstanden dann zwei Alben sowie eine Show (lacht).
MF: Kommen wir zurück zu Freedom Call. Welches war für dich das schwierigste Album zum Komponieren?
Chris: Da muss ich sagen, das letzte, also «Silver Romance». Wir hatten Line-up-Wechsel, die Daniel und mich allerdings weniger tangierten. Wir waren das Songwriter- und Produzenten-Team. Es waren auch immer wieder Songs dabei von Cede, unserem Schweizer Legionär (grinst), oder Ilker und Lars. Aber die Haupt-Songwriter waren Daniel und ich. Bei «Silver Romance» war die Pandemie der Grund für die Schwierigkeiten. Ich fing fokussiert mit dem Schreiben an, als wir noch auf Tour zum «M.E.T.A.L.» Werk waren. Wir spielten noch ein paar Shows in Deutschland und wären nach Südostasien, Thailand und Japan geflogen. Die USA waren auch geplant, aber durch COVID platzte alles weg. Der erste Gedanke war: "Och, auch mal ganz nett, nichts zu tun zu haben" (grinst). Jeder von uns rechnete damit, dass dieser Zirkus in ein paar Wochen vorbei sein würde. Dem war leider nicht so.
"...Alles, was ich geschrieben habe, war halbherzig, weil die Perspektive fehlte..."
Wir nehmen uns immer vor, das beste Freedom Call Album zu komponieren. Das war mir zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Alles was ich geschrieben habe war halbherzig, weil die Perspektive fehlte. Ich glaube, dass ich noch nie so viele Songteile gelöscht hatte. Einfach weil ich der Meinung war, dass es schlecht war und nicht Freedom Call würdig. Das bin nicht ich, das ist Käse. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich mich selbst aufgerüttelt habe und sagte: "Jetzt reichts! Es ist Schluss mit dem Rumgejammere!" Dann gings aber auch schnell und sehr motiviert ans Werk. Die Lust etwas Kreatives zu erschaffen, war wieder da. Dieser Songwriting-Prozess war der schwierigste für mich, dranzubleiben und in einen Flow zu kommen.
MF: Wie ist das für dich als Haupt-Songschreiber und Produzent, denn nebenbei machst du auch sehr viel für die Band?! Und kann man deshalb behaupten: Freedom Call sind gleichbedeutend mit Chris?
Chris: Genau!
MF: Wäre es ab und zu schöner, wenn du diese Last auf mehrere Schultern verteilen könntest? Oder bist du eher derjenige, der gerne die Kontrolle über die Dinge hat und weiss, dass es klappt, wenn du es selbst machst?
Chris: Was man selbst macht, das funktioniert (lacht), ein alter Handwerkertrick. Bei uns herrscht keine Diktatur. Ich lasse mich gerne beraten und höre meinen Bandmitgliedern zu. Es gibt eine Agentur, die für uns das Booking erledigt. Ich mache nebenbei noch das Management. Ich denke, man kann das Wort "Management" fürchterlich aufblasen und sich damit ganz wichtig machen (grinst). Es ist überschaubar, wenn man dranbleibt, wie mit allen Dingen im Leben. Ich bin das letzte, verbliebene Original-Mitglied, der Sänger und der Songwriter. Das ist eine andere Situation, als wenn bei einer Band der Sänger geht und nur der Bassist und der Drummer übrig bleiben. Ich will da niemanden diskriminieren, aber bedingt dadurch kann man das Ganze noch immer Freedom Call nennen.
MF: Du hast vorhin erwähnt, dass ihr auch Line-up-Wechsel hattet. Wie schwer ist es, eine stabile Besetzung aufrecht zu erhalten?
Chris: Solche Wechsel kann man in der Regel nicht voraussehen. Keiner steigt mit dem Gedanken in eine Band ein, um sie nach sechs Monaten wieder zu verlassen. Es sind meistens unvorhergesehene Situationen, die eintreffen. Vielleicht hängen sie mit Familien-Zuwachs zusammen, einer neuen Liebe, dem lieben Geld, einem örtlichen Wechsel, oder jemand sucht einen "Journey Point" in seinem Leben und hat die Möglichkeit, den umzusetzen. Da spreche ich meinen grössten Respekt aus gegenüber ehemaligen Bandmitgliedern grosser Bands, bei denen Geld keine Rolle spielt. Die steigen aus und sagen: "Das ist nicht mehr das Leben, das ich führen möchte. Mir ist der Business-Charakter zu mächtig und massiv geworden. Ich möchte wieder dorthin zurück, wo ich hergekommen bin.“ Bei uns sind es eher irdische Gründe.
"...Schatzi, kuck mal zu allem, ich bin dann mal weg!..."
Das kann finanziell sein, dass am Ende des Monats Summe X einfach reinkommen muss und man nicht für fünf Wochen auf Tour gehen und sagen kann: „Schatzi, kuck mal zu allem, ich bin dann mal weg!“ (grinst). Du kannst einem kleinen Kind nicht sagen, dass Papa nun ein oder eineinhalb Monate weg sein wird. Das ist für die Kleinen eine Ewigkeit. Das möchte sich keiner selbst, den Kindern oder der dazugehörigen Mama antun. Dafür habe ich volles Verständnis. Es gibt viele Gründe, warum Musiker heute eine Band verlassen. Das passiert immer und überall.
MF: Als junger Musiker will man nur Musik machen und auf die Bühne gehen. Irgendwann merkt man aber, dass ein Business hinter all dem steckt. Wie war das damals für dich, als du das Geschäft zu spüren bekommen hast?
Chris: Lustig, dass du das gerade sagst. Es ist immer noch so, dass ich einfach nur auf die Bühne will. Aber das andere kann man nicht ganz aussen vor lassen (grinst). Bei uns in der Gegend gibt es eine spezielle Szene für Cover-Bands, die auf hohem Niveau stattfindet. Sagt dir eine Band wie Justice etwas? Da spielt Ramy Schlagzeug und wenn es die Zeit zulässt, spiele ich bei einer Truppe, die sich F.U.C.K. nennt. Das mache ich schon sehr, sehr lange und war dadurch finanziell ein bisschen unabhängiger. Freedom Call ist aber mein Schätzchen, und ich wollte die Band nicht dem Geld opfern, sprich es sollte nicht die Band sein, die bei einer Gage von 100 Euro statt 200 nicht auftritt. Freedom Call waren und sind mir heilig, zudem wollte ich die Band nicht dem Kommerz zum Frass vorwerfen.
Irgendwann dauerten die Tourneen länger. Bis 2004 oder 2005 haben wir mit unseren Shows keinen Pfennig verdient. Die Einnahmen flossen direkt in die Reisekosten. Wir machten uns keine Gedanken über den Verdienst. Wenn uns die Agentur einen Nightliner für eine Tour in die Slowakei buchte, stellten wir keine Fragen dazu, das war uns egal. Wir waren ja Rock-Stars (lacht). Heute schaut man sich das Ganze von einer anderen Seite an. Es war aber nie meine Priorität oder der Anlass, mit Musik Geld zu verdienen. Ich kann allen, die mit dem Gedanken spielen, Musik nur des Geldes wegen zu machen raten: Das wird nicht funktionieren. Es kann passieren, dass dieser Moment eintritt und dann wirst du zum "lucky bastard". Aber in der Regel ist dem nicht so. Durch Fleiss kann man so weit kommen, dass alles hinhaut. Reich wirst du als Rock-Star allerdings nicht (lacht).
"...Reich wirst du als Rock-Star allerdings nicht..."
MF: Seht ihr euch denn eher als Studio- oder Live-Band?
Chris: Absolut als Live-Band! Eigentlich hassen… Okay, das ist ein hartes Wort (lacht), aber Studio… Es hat auch was für sich. Man hat da seine Ruhe, ist im kreativen Flow, aber ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch. Egal, was ich mache, heisst beim Kochen, wenn ich das Motorrad repariere oder wenn ich etwas suche, respektive im Garten arbeite. Ich liebe alles, will jedoch sofort ein Ergebnis sehen oder hören. Es gibt Studio-Tüftler, die wochenlang an einem Beat rumbasteln können.
"Alter, gehts noch?"
Diese Hingabe habe ich nicht. Vielleicht fehlt mir dieses Studio-Gen (lacht)? Diese Geduld und Gelassenheit! Aber vielleicht wird genau durch das unsere Musik lebendiger und nicht so extrem zu Tode produziert. Weil ich sehr schnell sage: "Das passt, ran ans nächste." Andere sagen: "Aber willst du nicht nochmal…?" Nein, passt (lacht). Ich finde, ein Album muss leben. Die ganzen neuen Produktionen sind grossartig gemacht. Da denke ich immer: "Oh Gott, wie machen die das?" Aber letztendlich, wenn ich mich da reinhöre, fehlen mir die Eier oder der Charakter. Alles klingt gut, aber auch sehr ähnlich. Alles tönt fett, fett, fett! Aber dieses ewige Kämpfen des Sängers, des Gitarristen oder des Schlagzeugers, wenn er abgeht, wo ist das geblieben? Das finde ich schade. Andere sehen das anders, weil man das heute einfach so macht. Mir ist das egal, denn ich möchte es gerne anders haben und daran festhalten (grinst).
MF: Wie denkst du, hat sich die Band in den letzten etwas mehr als 25 Jahren verändert?
Chris: Auf meine Person bezogen, ich war fürchterlich nervös. Nicht vor den Shows, dass ich gezittert hätte, sondern grundsätzlich. Alles, was sich um Freedom Call drehte, machte mich nervös. Ich wollte immer nur das Beste. Dann kommt der Faktor Ungeduld dazu und wenn man jünger ist, hat man den Drang, sich als Bandleader zu präsentieren. Oder man meint, Dinge durchsetzen zu müssen, was ich heute teilweise auch bereue. Das ist nichts Dramatisches, aber es gibt Dinge, die ich heute nicht mehr so machen würde. Mit dieser Einsicht lebt es sich viel entspannter. Wir sind alles erwachsene Menschen. Es ist alles ein bisschen gediegener geworden, was sicherlich auch mit dem Alter zu tun hat. Was wir aber nicht verlernt haben, ist Party zu machen (lacht). Ich finde das sehr wichtig. Warum macht man den Scheiss? Wir verdienen keine Millionen damit, verbringen aber viel Zeit zusammen.
"..Es ist sehr intensiv, wenn wir mit unserem roten Spielmobil unterwegs sind..."
Es ist sehr intensiv, wenn wir mit unserem roten Spielmobil unterwegs sind. Unser Sprinter hat mittlerweile 120'000 Kilometer unter den Rädern. Da muss doch ein Spassfaktor vorhanden sein! Wenn nach der Show alle ins Bett gehen und sich dann morgens wieder zum Frühsport treffen, das ist nicht unser Ding. Trotzdem haben wir uns gut gehalten und deshalb sehen wir ab und zu ein bisschen zerstört aus (lacht). Aber Party finde ich wichtig, ohne es mit Drogen und dem ganzen Mist zu übertreiben. Wir geniessen die Zeit, Leute zu treffen und den Luxus, sich immer wieder zu sehen. So wie wir auch dich immer wieder treffen, Martin. Ob das Journalisten sind oder Fans, die zu Freunden wurden, das ist einfach ein schön Gefühl. Das passiert auch am Flughafen von Tokyo, dass man um die Ecke geht, Leute sieht, die man kennt, und zusammen einen Kaffee schlürft. Die Welt wird so kleiner (grinst). Grundsätzlich hat sich nicht viel verändert, nur, dass man ein bisschen älter geworden ist und nicht mehr alles so hitzig sieht. Aber es macht immer noch unglaublich viel Spass und wir freuen uns immer noch, uns zu sehen und loszuziehen.
MF: Ich freue mich dann, euch in Aarburg wieder zu sehen…
Chris: …wir waren da noch nie! Ich habe vom Club gelesen und dachte: "Hey, Musik schreibt man doch nicht mit "G"!" (lautes Lachen). Die Schweizer wieder, Mann, Mann, Mann! (lacht) Wir freuen uns total und das wird bestimmt ein schöner Abend. Ich danke dir für das wie immer nette Gespräch. Bis in Aarburg, mein Lieber!