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"...Eine Gitarre reicht. Zu oft kommt man sich ins Gehege. Einen anderen Klampfer zu finden, der dynamisch durchspielt, während ich soliere, ist nicht einfach..."
Das Kapitel Krokus scheint beendet zu sein, Unisonic schlummern im Winterschlaf, und solange wie Helloween wieder mit Sänger Michael Kiske und Gitarrist Kai Hansen am Arbeiten sind, hat der Innerschweizer Mandy Meyer viel Zeit, um nicht zu sagen sehr viel Zeit. Der Gitarrist, der durch Krokus, Gotthard, Asia, Katmandu, Unisonic und Cobra berühmt wurde, gilt als grosser Künstler an den sechs Saiten. Wieso also dieses Talent verkümmern lassen? Aus diesem Grund geht Mandy mit seiner neuen Truppe Gotus an den Start. Zusammen mit seinen beiden ehemaligen Krokus-Bandmitgliedern Tony Castell (Bass) und Patrick Aeby (Schlagzeug), Alan Guy (Keyboard) und dem aktuell sicherlich begehrtesten Sänger Dino Jelusick, den man von seiner Truppe Animal Drive, der Kooperation Dirty Shirley mit dem ehemaligen Lynch Mob- und Dokken-Gitarristen George Lynch und als einen der Shouter des Trans-Siberian Orchestra kennt. Wie es zu Gotus kam, was die Idee dahinter ist und welche Zukunftspläne Mandy schmiedet (auf der Bühne zu sehen am 24.10.2020 in der Hall Of Fame in Wetzikon und am 29.10.2020 in der Mühle Hunziken in Rubigen), könnt Ihr in den folgenden Zeilen lesen.
MF: Wie kam es zu Gotus?
Mandy: Eigentlich eine spontane Geschichte. Für mich war klar, dass es eine Truppe sein muss, die rockt. Mittelmass kam für mich nicht in Frage, da wäre ich lieber zu Hause geblieben. Es sollte etwas Spezielles sein, mit einem Wahnsinnssänger. Durch Dino kam alles ins Laufen.
MF: Wie entstand der Bandname?
Mandy: Auch das war eine spontane Sache. Ich sah Ghosts und war begeistert. Gotthard und Krokus, da muss doch was zu machen sein (lacht). Ich versuchte eine Mischung zu kreieren und diese mit dem Unisonic-Logo zu präsentieren. Ein Cocktail der letzten Bands, in denen ich spielte (lacht). Die Idee vom damaligen Logo, mit diesen Strichen, stammte von mir. Die erste Gotus-Version war aber schon fast ein bisschen zu SS-mässig, das mussten wir entschärfen (lacht)…
MF: …das wäre dann schon ein Querverweis zu KISS…
Mandy: …genau, und die Jungs wurden dafür angeschwärzt, obschon Simmons und Stanley eine jüdische Herkunft haben und der "S" ja eigentlich einen Blitz darstellen sollte. Tja, auch das kommt wahrscheinlich von den Ägyptern (lacht), die Symbolik die dahinter steckt. Seien es Bands oder Hotels oder McDonalds, das Business braucht angeblich ein Logo, an das sich die Leute erinnern können. Das ist eine interessante Geschichte, wie sich die Logos im Unterbewusstsein verankern. Ich las vor einiger Zeit wie es zum Logo von McDonalds kam. Was die Rundungen für eine Bedeutung haben. Das mütterliche und die Erinnerungen an die Mutterbrust, das ist echt kein Witz. In einer Sendung wurde erklärt, dass dies im Unterbewusstsein ein angenehmes Zeichen ist und Hunger macht.
MF: Kommen wir weg vom Hunger und gehen wieder zurück zu Gotus. Du wirst in dieser Truppe Coverversionen von Gotthard, Krokus, Unisonic, Katmandu und Cobra spielen? Songs, welche du geschrieben hast.
Mandy: Stimmt, aber sehr wenig von Krokus. Der Rest ist sicherlich von Cobra und Gotthard, aus der Zeit, in welcher ich bei den Jungs spielte. Von Dirty Shirley haben wir auch einen Track eingeübt. Zudem spielen wir «Rockin' In A Free World», der geht immer, macht Spass und hat eine gute Message. Es war nicht einfach ein Programm zusammen zu stellen, da der Sänger nicht immer zur Verfügung stand. Uns lief ein bisschen die Zeit davon. Die Möglichkeit den einen oder anderen Song noch zu üben oder das Set umzustellen, hatten wir leider nicht. Erst nach ein paar Konzerten werden wir feststellen was funktioniert und wo was an welcher Stelle angepasst oder ausgewechselt werden muss. Durch Corona ist eh alles schwieriger geworden. Hätte ich gewusst, dass sich alles so entwickelt, mit diesem Virus, dann hätte ich die Handbremse gezogen und gesagt: "Leute, das macht keinen Sinn." Als wir mit der Planung für die Konzerte starteten, gingen wir davon aus, dass COVID 19 so schnell wieder vorbei ist, wie der Scheiss kam. Es ist echt eine komische Situation. Du kennst Ursus & Nadeschkin? Die sind mit dem Zirkus Knie unterwegs und alle Besucher haben eine Maske auf. Für die Künstler ist es im Moment sicher kein Traum auf die Bühne zu gehen. Erinnerst du dich noch? Michael Jackson hatte auch schon seine Maske auf, und viele haben sich darüber lustig gemacht.
MF: Bleibst du bei den "Covers" oder wird es auch neues Material geben von Gotus?
Mandy: Es gibt viele Dinge, die in der Schublade liegen. Lieder die aufgenommen wurden, aber nicht mit Gotus. Es ist sicher eine Option, die aber momentan keinen Sinn macht. Es ist eine schwierige Zeit und da fragt man sich: "Braucht es denn neues Material?". Aus diesem Grund war der erste Track, den wir als Video veröffentlichten, nicht einer der bekannten. Sondern, wir haben mit dem Unisonic-Song «Souls Alive» etwas ausgewählt, das Gotus repräsentiert. Ich bin der Meinung, das ist ein besserer Start, anstelle eines typischen AC/DC-artigen Tracks. Mit Dino hat das Lied sehr gut funktioniert. Wieso sollten wir einen typischen Hit-Song aufnehmen? Das ist völlig langweilig. Der erste Track sollte ein bisschen abstrakt sein, mit Tempowechseln, und genau das finde ich sehr cool bei diesem Song! Klar hatten wir noch andere Optionen. Aus diesem Grund folgt als nächstes eine Ballade. «Reason To Live» von Gotthard, ein Lied, das immer ein Schattendasein führte, aber in meinen Augen ein sehr guter Track ist. Dino singt ihn verdammt gut…
MF: …wie schwer ist es mit Dino zusammen zu arbeiten, da er noch bei anderen Bands singt?
Mandy: Er hat Zeit, da in Amerika kaum was läuft. Klar Trans-Siberian Orchestra ist für ihn eine Einnahmequelle, aber was heute fehlt ist eine Band wie Iron Maiden, oder Metallica. Das wäre für ihn bedeutend interessanter. Ansonsten sitzt er im Tourbus und bekommt sein Gehalt. So ganz easy ist das Leben nicht für ihn. Er kommt aus Kroatien, ist mit all den Amis zusammen und übt im schweinekalten Nebraska (Lacht), da gibt es sicher schönere Dinge. Wir versuchen den Blick nach vorne zu richten, auch wenn es im Moment gerade eher schwierig ist. Ich habe das Gefühl, dass viele Leute nicht unbedingt Bock haben in einen Club zu gehen und sich eine Show anzusehen. Die Menschen werden tagtäglich über neue Infizierte informiert. Als könnte ein Satellit von oben zählen, wer sich gerade angesteckt hat. Dabei ist die Dunkelziffer in meinen Augen um einiges höher. Weisst du, ob Gotus nun eine Band oder ein Projekt ist… Ich will eine geile Truppe um mich haben, mit der ich auftreten kann. Die Qualität muss stimmen. Vielleicht besteht die Möglichkeit eine CD zu produzieren. Wir müssen abwarten und schauen, wie uns die Leute wahr nehmen. Uns liegen Offerten von Japan vor und aus Italien. Dort will uns Serafino (Präsident von Frontiers Music) unter Vertrag nehmen. Aber seien wir ehrlich. Alle müssen ihre Rechnungen bezahlen können. Ob es in der heutigen Zeit noch Sinn macht einen Tonträger zu veröffentlichen? Ich weiss es nicht. Man wartet auf den richtigen Moment, um die Lieder zu releasen, aber wann ist der richtige Zeitpunkt? Wann nehmen die Leute eine Truppe wahr und sehen sie nicht als erzwungenes Produkt aus der Schweiz, welches im Nichts versinkt? Ausser bei deinen Kollegen (lacht), du verstehst, was ich meine? Bei Gotthard wurde sehr viel in Bewegung gesetzt, damit man in Deutschland Fuss fassen konnte. Aber sind diese oder ähnliche Mittel noch vorhanden? Es ist schwierig, und wir werden sehen wohin es mit Gotus geht. Zuerst bin ich gespannt, wie wir bei den kommenden Konzerten von den Leuten aufgenommen werden (24.10.2020 Hall Of Fame in Wetzikon / 29.10.2020 Mühle Hunziken in Rubigen).
MF: Wie hast du deine Bandmitglieder gefunden?
Mandy: Tony, Patrick und Alan kannte ich schon lange. Wir spielten immer wieder zusammen und wussten, wie wir funktionieren. Es gibt nur eine Handvoll Bassisten und Schlagzeuger, die zusammen eine Einheit sind. Die musst du zuerst finden. Es macht keinen Sinn, irgendwelche Mucker aus den Staaten einzufliegen. Musiker, die in drei bis vier Truppen spielen… Wo liegt das Hauptaugenmerk und worauf will man sich konzentrieren? Plötzlich spielst du einen Break von einem anderen Song der anderen Band (lacht).
MF: Wird es bei Gotus einen zweiten Gitarristen geben?
Mandy: Nein! Ich bin kein Fan von zwei Gitarristen und will nicht in diese AC/DC-Richtung. Eine Gitarre reicht. Zu oft kommt man sich ins Gehege. Einen anderen Klampfer zu finden, der dynamisch durchspielt, während ich soliere, ist nicht einfach. Ich sah dies bei Steve Lukather. "Verdammt nimmt dem zweiten Gitarristen das Volumen weg, wenn Lukather soliert" (lacht).
MF: Mit Katmandu und speziell Cobra hattest du extrem geile Bands am Start. Wieso hat der Durchbruch mit diesen Truppen damals nicht geklappt?
Mandy: Das Marketing und vielleicht der letzte Schliff haben gefehlt. Vielleicht war es das Management… Schau, Krokus hatten auch immer Probleme mit ihren Managern. Mit Katmandu lagen wir voll in der Grunge-Phase. Seien wir ehrlich, es gibt sehr wenige Bands, die wirklich ganz gross wurden. Wie Metallica oder die Foo Fighters. Dazu musst du die richtigen Leute kennen und das aus der Schweiz zu händeln, ist verdammt schwierig. Bei Cobra hatten wir dieses Memphis-Ding (lacht). Höre ich mir die Scheibe heute an, erinnere ich mich an die Air-Condition und das Chlorwasser der Swimmingpools (lacht). Die Südstaaten im Sommer. Wir hatten aber auch Glück. Tommy Keiser (Bassist von Cobra) und ich sind in diesem Delta-Blues eingetaucht, dort wo all die Blueser ihre Sporen hinterliessen. Wir zwei sind da mit unserem Heavy Metal eingefahren, und die Leute fanden es geil (lacht). "Endlich knallts wieder!" (lautes Lachen). Memphis ist wie Solothurn, ein Dorf. Einfach flacher und verstreuter (lacht).
MF: Was sind die Pläne mit Gotus?
Mandy: Wir wollen auf die Bühne und rocken! Wenn alles gut läuft, das Set mit anderen Songs ergänzen und vielleicht auch ein Album in Angriff nehmen. Ähnlich wie es Leo mit seinen CoreLeoni getan hat. Die geilen, alten Tracks von früher wieder auf die Bühne bringen. Lieder von Cobra wie «First Strike», «Danger Zone» oder «Fallen Angel». Ich bin echt gespannt, wie wir angenommen werden und was passieren wird, wenn Dino aufdreht (lacht). Das Auge hört mit (lacht). Er ist ein genialer Musiker und spielt auch sehr gut Klavier.
MF: Besten Dank für die Zeit und das Interview…
Mandy: …danke dir. Martin, pass auf dich auf und bis bald!