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"...Als wir mit HammerFall anfingen, interessierte sich niemand für uns und unsere Musik. Plötzlich bekamen wir einen Plattenvertrag..."
«Crimson Thunder» wird, wie seine drei Vorgänger «Glory To The Brave», «Legacy Of The Kings» und «Renegade», am 28. April 2023 in einer schicken Box wiederveröffentlicht. Mit «Hearts On Fire» enthält die Scheibe zudem einen Hit, welcher von den Schweden noch immer als Rausschmeisser bei jedem Konzert gespielt wird. Es war aber nicht nur diese Nummer, welche sich auch die schwedische Curling-Mannschaft als Song aussuchte, sondern die eher schwerfällige Titelnummer, der mächtige Opener «Riders Of The Storm» und die Hymnen «The Unforgiving Blade» sowie «Hero's Return», welche aus dem vierten Werk von HammerFall etwas ganz Besonderes machten.
In der damaligen Besetzung mit Oscar Dronjak (Gitarre), Joacim Cans (Gesang), Stefan Elmgren (Gitarre), Magnus Rosén (Bass) und Anders Johansson (Drums) festigten die Schweden ihren hervorragenden Ruf und stiegen in der Beliebtheitsskala der Fans weiter nach oben. Die Shows wurden aufwändiger, grösser und sind auf dem folgenden Live-Album «One Crimson Night» festgehalten. Einiges änderte sich aber auf «Crimson Thunder» im Vergleich zu seinem Vorgänger. Woran sich Oscar in diesem Zusammenhang noch erinnere, wollten wir wissen, und der redselige sowie freundliche Gitarrist zog Revue zu seinem vierten Studio-Album.
MF: Welche Erinnerungen verbindest du mit «Crimson Thunder»?
Oscar: Oh, da gibt es einige, wie lange haben wir Zeit (lacht)?! Wir begannen damals im Mai mit den Aufnahmen. Es war das erste Mal, dass wir in unterschiedlichen Studios arbeiteten. Wir begannen in den "Wisseloord Studios" in Holland. Dort nahmen wir das Schlagzeug auf. Dann wechselten wir in die "Twilight Studios" von Blind Guardian, und den Rest nahmen wir bei Andi Deris in seinem "Mi Sueno Studio" auf Teneriffa auf. Für uns war dies eine grosse Veränderung, aber es hat sich toll angefühlt. Während des kompletten Aufnahmeprozesses war ich anwesend. Es war interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Studios sind. Auch wenn wir in keinem schlechten Studio zuvor waren, besitzt das "Wisseloord" einen grossen Namen. Dort haben nicht nur grosse Metal-Bands aufgenommen, sondern auch andere Genres liessen sich dort ihre Alben veredeln. Am meisten erinnere ich mich an die Eishockey-Weltmeisterschaft (lacht). Anders, Joacim und ich sind immer noch sehr grosse Eishockeyfans.
Vergiss nicht, das war 2003 (grinst). Das Internet..., nun gut, es war vorhanden und hat immer wieder seinen Dienst verrichtet (lacht). Manchmal mehr wie ab und zu weniger (grinst). Wir versuchten, den Spielen im schwedischen Radio zu folgen. Es dauerte ein paar Tage (lacht), bis wir den Sender fanden. Keine Ahnung, was das Problem war (grinst), aber wir verbrachten viel Zeit damit, den Spielen zu lauschen. Okay, das war dann erst bei den Finalspielen (lacht). Das Schöne heute ist, dass vermeintlich kleinere Teams bei den Weltmeisterschaften bedeutend besser abschliessen, da bei den grossen Teams viele Spieler noch in der NHL beschäftigt sind. Wer hätte damit gerechnet, dass die Deutschen in das Finale der Olympischen Spiele kommen würden? Als ich das hörte, konnte ich es kaum glauben (lacht). Habt ihr auch mal gewonnen (grinst frech)? Ihr gewinnt gegen uns in der Vorrunde, aber dann fehlt euch die Power, um uns in den Finalspielen zu besiegen. Aber ihr habt eine grossartige Mannschaft. So oft ich kann, schaue ich mir Hockeyspiele an.
MF: Kommen wir aber wieder zum Album zurück (Oscar grinst), Michael Wagener hat euch verlassen, und zum ersten Mal sass Charlie Bauerfeind an den Reglern. Wie war das für euch?
Oscar: Das war ein völlig anderes Arbeiten in ganz vielen Dingen. Klar, das Studio von Michael Wagener war fantastisch. Dort haben unzählige grosse Truppen aufgenommen. Ich war in unterschiedlichen Aufnahme-Tempeln, aber das war ein sehr grosser Komplex. Alles war perfekt organisiert, und unterschiedliche Leute unterstützten Michael. Er ist Deutscher, lebt aber in Amerika. Er ist kein Amerikaner, aber von ihnen beeinflusst (grinst). Bevor wir «Renegade» aufnahmen, war ich nur einmal in den Staaten (lacht). Alles war bei ihm für mich sehr neu (grinst). Aber es hat unglaublichen Spass gemacht, und wir verbrachten eine grossartige Zeit mit ihm. Es war eine einzigartige Erfahrung, mit ihm arbeiten zu dürfen, und eine grosse Ehre für uns, mit ihm aufnehmen zu können, da wir alles grosse Accept-Fans sind (Wagener war der erste Gitarrist bei Accept und hat diverse Alben produziert). Für uns war das ein "big deal". Mit Charlie..., persönlich wusste ich, wohin ich mit HammerFall gehen wollte. Das war nicht erst bei «Crimson Thunder» der Fall, sondern schon vorher.
Ich sah, wie wir seit unseren Anfangstagen gross geworden waren, und auch wenn wir immer tun konnten was wir wollten, kannten wir unsere Grenzen. Unsere ersten beiden Alben haben wir zusammen mit Fredrik Nordström aufgenommen. «Renegade» klang im Vergleich dazu anders, ein bisschen amerikanischer. Nicht die Songs, sondern die Produktion. Wir wussten, wie wichtig Charlie für Blind Guardian oder Helloween war. Das Lustige war..., ich wusste zunächst nicht, dass Charlie zwei meiner absoluten Lieblings-Alben einer hervorragenden Truppe produziert hatte…, Heavens Gate! Speziell das zweite Werk «Living In Hysteria» ist unglaublich gut geworden. Wären sie vier Jahre früher gestartet und hätten sie ihren Stil weiterverfolgt, wären sie mindestens so erfolgreich geworden wie Helloween. Das ist meine persönliche Meinung. Charlie hat sie bei diesem Album unterstützt. Er ist ein richtiger Deutscher. Okay, nicht zu 100% (lacht), aber er besitzt diese deutschen Eigenschaften, die zu uns passen.
Michael war eher "free flowing", während Charlie genau auf den Punkt kam, wie etwas klingen sollte. Er ist ein richtiger "mad man" und war sicherlich jeden Tag vierzehn Stunden im Studio. Wenn du aufgestanden bist, sass er schon an den Reglern. Gingst du ins Bett, hat er noch immer gearbeitet. Er ist ein kompletter Workaholic, und auch wenn wir die Aufnahmen auf drei Studios aufteilten, war er immer dabei. Es war für uns eine sehr gute Erfahrung, und seine Unterstützung war unglaublich. Charlie hat uns diesen Sound geschaffen, den wir uns wünschten. Er brachte uns dahin zurück, wo wir auf «Renegade» nicht zufrieden waren, denn da mochten wir den Schlagzeugsound nicht. Er hörte sich nicht so kraftvoll und heavy an, wie er hätte klingen sollen. Versteh mich nicht falsch. Ich liebe die Produktion, so wie sie ist (lacht). Aber mit Charlie konnten wir uns wieder dem Schlagzeugsound widmen, den wir wollten. Zurück zu dieser Kraft und Schwere.
MF: Wie gross war der Druck für euch, einen Nachfolger zu «Renegade» zu komponieren? Immerhin habt ihr von den schwedischen Charts aus Platz #1 erreicht und eine goldene Schallplatte erhalten.
Oscar: Wie ich schon erwähnt habe…, ich hatte eine klare Vorstellung in meinem Kopf, wie «Crimson Thunder» klingen sollte. Als wir mit HammerFall anfingen, interessierte sich niemand für uns und unsere Musik. Plötzlich bekamen wir einen Plattenvertrag. Diese Einstellung, dass niemand ausser uns an uns glaubte, liess uns immer das Beste komponieren, wozu wir in diesem Moment fähig waren. Damals interessierte sich niemand für Heavy Metal. Niemand hatte Erwartungen an uns, aber plötzlich gelang uns dieser Durchbruch, zu dem uns auch «Renegade» verhalf. Wir konnten eine neue Fangruppe für uns gewinnen und sie für uns begeistern. Plötzlich interessierten sich Teenager für HammerFall, eine Band, die sie vorher nicht kannten und so den Zugang zum Heavy Metal fanden. Darauf bin ich heute am meisten stolz. Wir haben für so viele Leute die Augen für Heavy Metal geöffnet. Was kann es Schöneres geben? Wie oft habe ich schon gehört, dass mir Fans sagen: "HammerFall war meine erste Metal-Band und jetzt höre ich diese und jene Truppe!"
Sie sind zu Metalheads geworden, und das macht mich sehr glücklich. Wir haben die Tradition weitergeführt (grinst zufrieden). Als wir mit «Crimson Thunder» begannen, wusste ich, wohin unser Weg führen sollte. Weisst du Martin, ich habe nie einen Song für irgendjemand anderen geschrieben, sondern nur für uns. Ich schreibe nicht, um andere auf unsere Seite zu ziehen, wie ein Plattenlabel oder Fans. Es ist jedoch sehr schön, wenn die Leute mögen, was wir tun. Bei «Crimson Thunder» hatte ich einen Masterplan in meinem Kopf und meinem Herzen. Darum fühlte ich auch keinen Druck, sondern schrieb frei aus meinem Bauch heraus. Wie immer (lacht), versuchten wir, die besten Songs zu schreiben, die zu dieser Zeit möglich waren (lacht). So einfach wie es klingt, ist es auch (lacht). Das war immer unser Mantra. Schreibe die besten Lieder, nimm sie auf und lass uns das bestmögliche Album veröffentlichen.
"...die ganze Idee stammte vom Curling-Team und ihrem Sponsor. Für uns war es purer Spass..."
MF: Wie kam es dazu, dass ihr «Hearts On Fire» für das schwedische Curling-Team aufgenommen habt?
Oscar (lachend): Das war ein paar Jahre später für die Olympischen Spiele 2006. Wir spielten die Tour und veröffentlichten ein Video zu «Hearts On Fire». Dazwischen kam ein weiteres Album heraus. Ich denke, der Track gehört noch immer zu unseren Markenzeichen und ist eine der besten Nummern, die wir geschrieben haben. Als wir angefragt wurden, ob wir dies für das Curling-Team machen würden, sagten wir sofort zu, da wir alle grosse Sportfans sind. Sie fragten: "Können wir «Hearts On Fire» nehmen?" und wir antworteten: "Klar, welchen Song ihr auch immer wollt" (lacht). Es hat unglaublichen Spass gemacht, dieses Video zu drehen, aber wir hatten eigentlich nichts damit zu tun. Klar fragten sie uns, wie wir das Skript finden und wie wir dies und jenes beurteilen würden, doch die ganze Idee stammte vom Curling-Team und ihrem Sponsor. Für uns war es purer Spass.
MF: Wer hatte die Idee für die "Special Edition" mit dem Comic-Buch?
Oscar: Das war Ian Oidium aus Deutschland. Er kontaktierte uns und wollte einen HammerFall-Comic erstellen. Er schickte uns das Manuskript zu, aber wir hatten kaum etwas mit dem Comic zu tun, das war alles seine Idee. Was er in seinem Kopf hatte und wie er es umgesetzt hat, ist richtig cool geworden. Dieser Comic hat die Augen vieler anderer Leute für uns geöffnet. Es war eine einzigartige Sache (grinst). Niemand hat dies zu dieser Zeit gemacht, und es war eine brillante Idee.
MF: Vermisst du denn heute solche "Special Editions"?
Oscar: Nicht wirklich, doch damals hatte es seinen Platz. Heute..., der physische Markt ist viel schwieriger geworden. Seit zehn Jahren geht er nur noch den Bach runter. Eine andere Firma hat uns aber für einen weiteren Comic kontaktiert. Sie arbeiten auch mit anderen Bands zusammen, die dem Heavy Metal Konsens entsprechen. Das würden wir gerne wieder machen. Wir haben «Riders Of The Storm» nie als Single veröffentlicht. Damals war es der Opener auf dem Album und ist noch heute bei unseren Fans sehr populär. Wenn wir den Song live spielen, herrscht immer eine besondere Atmosphäre. Es ist ein Lyric-Video für diesen Track geplant, für das remasterte und remixte «Crimson Thunder» Album. Im Hintergrund zum Text soll das Comic zu sehen sein.
MF: In meinen Augen habt ihr nie einen besseren Opener als «Riders Of The Storm» auf einem Album platziert. War euch bewusst, welche Geheimwaffen ihr, zusammen mit «Hearts On Fire» (das noch immer den Abschluss eurer Konzerte bildet), da komponiert habt?
Oscar: Ich bin noch immer sehr stolz auf «Riders Of The Storm», und es macht noch immer unheimlichen Spass, es live zu spielen. Das grösste Kompliment für diesen Song haben wir aber von Tobi Sammet von Edguy erhalten. Er meinte, dass «Riders Of The Storm» dem perfekten Lied sehr, sehr nahe kommt. Das hat mich sehr stolz gemacht.
MF: Würdest du heute noch etwas an «Crimson Thunder» ändern?
Oscar: Nein, absolut nicht! Damals haben wir das Album so gut wie möglich kreiert. Wir haben nicht nur ein paar Tage daran gearbeitet, sondern Monate dafür aufgewendet. Klar kann man heute Dinge anders sehen. Aber es ist ein Testament aus dieser Zeit und zeigt, wie wir waren. Das ist ein wichtiger Punkt, den man nicht ändern sollte. Ich bereue nichts, darum muss auch nichts geändert werden (grinst).
MF: Ich danke dir für deine Zeit und das Gespräch…
Oscar: …keine Ursache, es hat Spass gemacht, mit dir zu plaudern.
MF: Sollten wir uns am "Riverside Festival" sehen, dann bringe ich dir ein Hockey-Shirt der Schweizer Nationalmannschaft mit…
Oscar: …das ist eine wirklich grossartige Idee! Ja, bitte mach das (lacht laut). Wir lieben es, in der Schweiz zu spielen. Deutschland und die Schweiz haben uns immer fantastisch unterstützt. Ich kenne den Grund nicht, aber ihr Schweizer seid immer zu uns gestanden. Die Verkäufe und die Chart-Platzierungen waren immer sehr gut. Keine Ahnung wieso, doch ihr liebt uns, und wir lieben euch ebenso (lacht). Pass auf dich auf und bis bald.