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"...eine neue Platte ist eine Momentaufnahme. Es ist in deiner DNA drin, wie man Musik komponiert und spielt..."
Herman Frank…, eine Ikone und dank seinem eigenen Ton, wenn er Gitarre spielt, ein Musiker, den man so in der heutigen Zeit nicht mehr oft antrifft. Aktuell ist sein neustes Solo-Album «Two For A Lie» erschienen und mit Victory ist gerade eine weitere Platte in der Mache. Auf «Two For A Lie» wurde er von seinem langjährigen Sänger Rick Altzi, Bassist Michael Müller (Jaded Heart) und den beiden Neuen Kevin Kott (Schlagzeug) und Michael Pensin (Gitarre) unterstützt. Wieso André Hilgers (Drums) und Heiko Schröder nicht mehr dabei sind, erzählt der wie immer sehr lockere, sympathische und freundliche Hannoveraner im folgenden Interview. Auch wie es zum Albumtitel kam und dass Missverständnisse im Leben hilfreich sein können. Ach ja, so ganz nebenbei…, liebe Leserinnen und liebe Leser. Dieser Musiker weiss noch wie man Songs schreibt, die sich für die Ewigkeit in den Gedankenstuben festkrallen. Kein weiter, höher, schneller, komplexer und verwaschen mit unterschiedlichen Stilen, sondern urwüchsiger und traditioneller Metal, der kein Haltbarkeitsdatum hat, sondern ein Sound, der dank kernigen Riffs, tollen Melodien und der bestens abgewogenen Mischung an Härte nach Vorne rockt.
MF: Wie gehts dir?
Herman: Ganz gut danke, auch wenn ich ein Jahr lang nichts zu tun hatte und somit auch der Verdienst gleich Null war…
MF: …dafür, dass du nichts gemacht hast, hast du aber ein richtig geiles Album veröffentlicht.
Herman: Das war schon letzten Sommer fertig (grinst). Ja, danke, es ist ein schönes, rundes Album geworden. Dir gefällt es auch?
MF: Ja, es hat von zehn möglichen Punkten zwölf erhalten…
Herman: …wie hast denn das gemacht?
MF: Ganz einfach..., so eingetippt!
Herman (schreiendes Lachen): Du bist mein Held. Aber im Ernst, ich hatte schon Angst, dass ich keine neue Scheibe mehr hin kriege. Es wird immer enger mit neuen Liedern. Man braucht stetig neue Ideen. Da frage ich mich öfters, ist das nun das Richtige oder nicht? Aber es hat funktioniert. Bei einigen gings flotter von der Hand, bei anderen habe ich mehr gekämpft (grinst).
MF: Du hast aber wieder alle Lieder selber geschrieben?
Herman: Natürlich! Wenn ich schon alleine in meinem kleinen Studio sitze…, weisst du, bis ich die anderen nach ihrer Meinung gefragt habe, da mache ich es lieber gleich selber. Ich ging eiskalt vor. Statt diese Arien von sechzehn oder siebzehn neuen Tracks auf dem Album, dieses "mehr, mehr, mehr"…, da wollte ich nicht mehr mitmachen. Die Plattenfirma hat auch gesagt, dass der Trend wieder dahin zurück geht, dass man zehn Lieder auf eine Scheibe packt. 45 Minuten, so wie das früher immer der Fall war. In den Zeiten von Spotify…, jeder Song macht drei Studiotage mehr aus. Mache ich fünzehn Kompositionen, dann bin ich fünfzehn Tage länger im Studio. Vielen Dank, Herr Spotify! Es ist einfach eng geworden. Normalerweise habe ich die nicht verwendeten Lieder aufgehoben. Dieses Mal wurde alles gelöscht. Gehe ich in zwei Jahren an ein neues Album und ich erinnere mich noch immer an die Ideen, dann müssen sie gut sein (lacht). Du hast sicher nur Streams der neuen Tracks erhalten? Weisst du, ich kann die Plattenfirmen verstehen. Wem schickt man denn noch eine richtige CD zu? Wie filtert man die richtigen Leute heraus? Ich gebe auch keine E-Mails-Interviews mehr, denn ich möchte mein Gegenüber sehen und mit ihm sprechen können. Sonst macht es keinen Sinn.
MF: Du hast beim letzten Interview gesagt, dass der Druck beim Schreiben immer grösser wird. Für so viel Druck klingt die Scheibe aber sehr entspannt, locker und frisch von der Leber weg.
Herman: Danke, Gott sei Dank siehst du das so. Als ich am Ende das Werk angehört habe, als ich es dann endlich wieder hören konnte (lacht), fand ich auch, dass es wirklich spritzig klingt. Frisch und frech von der Leber weg. Das habe ich immer versucht zu machen, und ich bin froh, dass es wieder so hingehauen hat. Danach suche ich. So ein bisschen diesen Live-Touch. "Eins, zwei, drei vier und dann wird die Bombe gezündet!" (grinst). Wenn die Explosion vorbei ist, bin ich froh, wenn die Band zusammen aufhört zu spielen (lacht). So sind die Lieder geworden. Nicht nach links oder rechts schauen, geradeaus durch und ZACK! Ich bin der Meinung, dass wirklich coole Refrains zu hören sind. Aber wie ich schon immer gesagt habe, eine neue Platte ist eine Momentaufnahme. Es ist in deiner DNA drin, wie man Musik komponiert und spielt. Herman Frank ist Classic Metal. Punkt! Aus! Ich habe keinen Bock, etwas anderes zu spielen oder auszuprobieren. Das will ich nicht, sondern die Musik fabrizieren, die mir persönlich auch Spass macht. Ich bin mir sicher, das hört man der neuen Platte an, dass ich mich nicht verbiege. Wenn dies die Leute auch so empfinden, dann sind die zehn Punkt auch gerechtfertigt (lacht)…
MF: …oder zwölf…
Herman: …dann hast du mitgesungen (lacht)?
MF: Glaub mir, das tue ich niemandem an…
Herman (lachend): …kannst du dir vorstellen, dass ich versucht habe, Rick ganz viele Vocal-Lines vorzusingen (lachend)? Kannst du dir mein Gesicht nachher vorstellen, mit dem ganzen Sauerstoffzelt (lachend)? Aber es hat funktioniert, auch wenn es dieses Mal schwieriger war, da ich nicht zu Rick fahren konnte. Er nimmt seinen Gesang gerne bei sich zu Hause auf, ohne grossen Druck. Es war nervig, dass wir uns nur über Skype und Zoom austauschen konnten. Das Ganze zu organisieren, ohne sich physisch zu sehen, war eine schwierige Situation. Bei den andern war es easy. Kevin Kott war mein neuer Schlagzeuger, Rick hat in mir empfohlen. Ich dachte, Kevin sitzt sicher alleine daheim…, Kevin allein zu Hause (lautes Lachen). Ich dachte, das darf nicht sein (lachend). Er hat sich geehrt gefühlt, dass er bei mir die Drums spielen darf. Für ihn war das eine Hausnummer. Der hat so rein gehauen…, der Junge hat wirklich Talent. Bei den Gitarristen war es so, dass mein letzter Mann, Heiko Schröder, ein Angebot erhalten hat, für eine Entertainment-Firma zu arbeiten. Dies noch bei der Stadt. Das war ein so verlockendes Angebot mit einem Gehalt und ein paar Nullen dran…, Heiko meinte nur: "Sorry, aber ich muss diese Weiche nehmen". Das ist aber auch verständlich. An seiner Stelle hätte ich dieses Angebot auch angenommen. Wenns nicht klappt, kann er immer wieder in die Musik einsteigen. Das muss man respektieren.
Mike Persin lebt auch in Hannover. Dessen Album habe ich vor sieben Jahren produziert. Er war meine erste Wahl, da er cool spielt. Er matcht mit meinem Gitarrenspiel sehr gut. "He's matching pretty good this man" (lachend). Deswegen war Mike für mich gesetzt. Heute finden in einer Truppe immer mehr Wechsel statt. Früher hat man Platten verkauft. Man war jung und es waren diese typischen fünf Freunde, meistens noch aus der gleichen Stadt. Entweder man hatte Erfolg oder die Combo hat sich aufgelöst. Heute verkaufst du kaum noch Alben, so hat jeder Musiker noch eine zweite oder dritte Band am Laufen. Das war bei André Hilgers so. Böse gesagt, manche schauen nach dem schnellen Erfolg. Bonfire haben einfach mehr Auftritte zu bieten, und wenn man Vater wird, muss man schauen, woher die Kohle kommt. Das verstehe ich auch, das ist menschlich. Da herrschte kein böses Blut zwischen uns. Ich fands ganz interessant neue Musiker zu haben. Mülli am Bass…, hey, der ist eine Bank! Der hat alles! Er sieht gut aus, bewegt sich gut und spielt einen Hammer von Bass. Der Typ ist irre! Michael ist wirklich ein sehr netter Kerl. Ich war froh, dass er nochmals dabei war. Rick war eh gesetzt.
"...Sobald zwei oder drei Leute auf der Welt zusammen sitzen, ist die Möglichkeit einer Lüge sehr gross..."
MF: Wie bist du zum Titel «Two For A Lie» gekommen?
Herman: Ich wusste, dass die Frage kommt (lachend). Die Welt erwartet von einem Musiker…, ich bin ja nicht im Club der toten Dichter (lacht). Trotzdem muss man immer wieder sozialkritisch oder politisch-kritisch einen Albumtitel mit einer grossen Meinung dahinter haben. Dieses Mal war es auch so (grinst). «Two For A Lie»…, sobald zwei oder drei Leute auf der Welt zusammen sitzen, ist die Möglichkeit einer Lüge sehr gross. Das passiert schon seit Menschengedenken. «Two For A Lie» würde ich auf die Fahnen von vielen verschiedenen Regierungen schreiben. Was heute manchmal alles abgeht…, der Titel trifft wirklich das Zeitgeschehen. Entstanden ist er aus einem kleinen Unfall. Für den Titel «Venom» bat ich Rick zu singen. Er hat mir seinen Vorschlag ziemlich schlecht gemischt zurück geschickt. Da gibt es eine Zeile die heisst: «Truth or a lie». Ich verstand natürlich «Two For A Lie» (lacht) und fand das wirklich klasse. So kams zum Albumtitel. Jawohl! Zwei brüllen sich an, der eine der Gute, der andere der Böse. Das Bild kannst du aufs T-Shirt und als Albumcover drucken (grinst).
MF: Gibt es textlich einem roten Faden? Mit Titeln wie «Hate», «Danger» und «Stand Up And Fight»…
Herman: …das geschieht unterbewusst. So energiegeladen die Musik ist, ist auch die innerliche Anspannung, dass man irgendwas raus schreien möchte, was Leute für Scheisse bauen oder welcher Blödsinn auf der Welt passiert. Wenn ich Rick was vorträllere, dann sind Worte als Aufhänger dabei. Automatisch solche, die man gut singen kann. «Hate», so ein Wort kannst du perfekt betonen. Wie auch «Danger» (grinst). Manchmal würde ich wirklich gerne mit zwei Fäusten durch die Welt laufen (lacht) und jedem eine Watsche verpassen. Da würde es einige Kandidaten für geben (lacht).
MF: Trotzdem klingt das Album, vom Sound her gesehen, sehr positiv.
Herman: Wir sind ja auch keine Welten-Hasser. Du kannst im Metal nicht "we're walking on the beach" und "love the sunshine" singen (lacht). Wir schlürfen einen Cocktail und kauen uns am Ohrläppchen (lacht). Das passt nicht! Besser man schreit was raus, anstatt man es umsetzt! Beim Umsetzen passieren wirklich blöde Dinge.
MF: Was läuft gerade bei Victory?
Herman: Die Aufnahmen sind im Kasten. Release soll Ende September 2021 sein. Das braucht diesen Vorlauf, damit die Werke das Vinyl pressen können. Die sind angeblich überlastet. Dann sprechen wir uns sicher nochmals?! Wird über AFM veröffentlicht, ich freue mich, und es wird ein Klasse-Album. Vielleicht kann ich dann Doppel-Shows spielen (grinst), Victory und HF (Herman Frank)? Das wäre cool, oder?
MF: Ich bin begeistert von dieser Idee!
Herman: Ich würde dies sofort tun (grinst). Das bedeutet pro Abend drei Stunden spielen. Da muss ich vorher wieder joggen gehen (lacht). Die Frage bleibt, wann es wieder los geht mit den Gigs. Im Moment wird noch immer alles angesagt. Nächstes Jahr wollen dann auf einmal 5'000 Bands auftreten. Das gibt Nachmittags-, Abends- und Late Night-Shows (lacht). Ich hoffe, dass wir Ende Oktober oder anfangs November wieder auf die Bühne steigen können. Das sollte doch realistisch sein? Schade, die Festivals werden mit Sicherheit abgesagt. Da hätten wir ein paar tolle Shows dabei gehabt. Würde ich jetzt eine Auslands-Show spielen, muss ich zehn Tage in Quarantäne. Das macht wenig Sinn. Ach übrigens, zu «Two For A Lie» habe ich meine alten Gitarren und Amps aus dem Schrank geholt. Ich wollte nichts Neues ausprobieren und bin froh, dass es zehn Tracks geworden sind. Weisst du Martin, ich würde unheimlich gerne mit diesen Album live auftreten. Aber es ist echt schwierig, Shows zu bekommen. Rick hat sein Business in Schweden und das macht es nicht leichter, schnell mal eine Tour zu spielen. Es gibt heute zu wenig rein professionelle Musiker, die ihr Geld nur mit der Musik verdienen. Verständlicherweise, wie will man das nur mit dem Sound durchziehen? Das ist mittlerweile zum Problem geworden. Bei Truppen wie Saxon ist das kein Problem. Die haben einen gewissen Erfolg, spielen grosse Tourneen, und da kommt Geld rein. Ansonsten ist es ein Hin und Her. Heute kann ich nicht spielen, weil ich auf die Arbeit muss…, das ist schwierig, gehört aber leider einfach dazu.
MF: Dann wünsche ich dir, dass du bald wieder auf die Bühne kannst, da wirst du vermisst und dass du gesund bleibst!
Herman. Danke dir, ich bin geimpft und hoffe, dass es bald wieder los gehen kann. Bleib gesund, und ich freue mich, dich wieder zu sehen.