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"...Das ist mit Nichts zu ersetzen. Das kann man niemandem erklären, der dies noch nicht selber erlebt hat..."
25 Jahre Shakra heisst nicht nur ein Vierteljahrhundert toller Hard Rock, sondern verbindet diese Band auch mit meiner Wenigkeit. Etwas früher startete ich mit meiner journalistischen Tätigkeit, und die Emmentaler waren eine meiner ersten Bands, die ich mit meinen Outputs versuchte zu unterstützen. 25 Jahre bedeutet nicht nur unzählige Konzerte, sondern auch ebenso viele Gespräche, welche weitaus mehr waren als nur reines Geschwafel. Bedeutet auch, dass man vielleicht mit einer Combo härter ins Gericht geht, als mit anderen (wenn ja, dann sorry for that!). In diesen mehr als zweieinhalb Jahrzehnten gab es einiges, was bei den Schweizern passierte. Waren es Besetzungswechsel, zwölf Studioalben oder teils auch unterschiedliche Sounds. Interviewpartner Thom Blunier (Lead-Gitarre) steht seit diesen 25 Jahren zusammen mit Thomas Muster (Rhythmus-Gitarre) und Roger Tanner (Drums) auf der Bühne und wird heute durch Sänger Mark Fox und Bassist Cyril Montavon (ehemals Maxxwell) ergänzt.
Bodenständig, ehrlich und wie immer sehr kritisch ging es im Gespräch mit Thom zu und her. Wie so oft, sieht der Gitarrist die Welt nicht in rosa, sondern mit vielen Schattierungen und geht selbstkritisch mit sich und seiner Band "ins Gericht". Genau dies macht ihn aber so authentisch und menschlich. Weil er eben keine einstudierten Promo-Slogans vom Stapel lässt, sondern sich bodenständig, nachdenklich und kritisch gibt. Dies immer mit dem nötigen Schalk im Nacken. 25 Jahre bedeuten auch Freundschaften, die aus unterschiedlichen Dingen auseinander brachen. Wie es dazu kam, warum Thom die Gitarre in die Hand nahm und wie er zum Produzent wurde, das wird in diesem Interview ans Tageslicht gebracht.
MF: Thom, du hast einen sehr eigenen Ton beim Gitarrenspielen…
Thom: …es gibt Leute, die das ähnlich sehen wie du. Ich bin ein grosser Fan von John Norum (Europe) und seinem Ton. Es ist aber "huere cool" wenn du meinst, ich hätte auch einen (grinst). Ich arbeite daran, da dies für mich persönlich extrem wichtig ist. Nur schnelles Spielen…, ich bemerkte, wie dies für mich sehr schnell sehr langweilig wurde. Als ich jung war, gingen viele Gitarristen ans G.I.T. in die Staaten. Das war eine renommierte Plattform, um sich das Gitarrenspielen anzueignen. Als diese Jungs zurück kamen, merkte man, wie sie alle alles gleich spielen und dies sehr schnell. Anhand dieses Strickmusters trug dieses Spiel für mich keine Seele in sich. Ich hörte mir früher viel Blues an. Diese Gitarristen sagen dir mit einem Ton viel mehr, als andere mit 80'000 Tönen. Dieses "viel mit einem Ton sagen", das war meine Wurzel. Ich versuchte mit wenig sehr viel zu sagen. Das ist und war meine Herausforderung (grinst). Es könnte sein, dass es Leute gibt die denken: "Blunier spielt immer das Gleiche, oder sehr langweilig". Aber! Das schnelle "Gewichse" auf den Saiten ist mir zu seelenlos.
MF: Wie bist du zur Musik gekommen?
Thom: Zur Musik bin ich über das Gitarrenspielen gekommen. In der siebten Klasse wollte mein bester Freund Unterricht nehmen. Seine Mutter fragte mich, ob ich nicht Lust hätte mitzugehen. So ging ich den weiten Weg von zehn Kilometern nach Langnau und lernte dort, wie man eine Gitarre spielt (lacht). Meine Schwester lieh mir Geld, damit ich eine Occasion-Gitarre kaufen konnte. Plötzlich hatte mein Kumpel mehr Freude am Eishockeyspielen und wechselte die Gitarre gegen den Hockeystock aus. Es schien, dass die Mädels mehr Freude an den Hockeyspielern hatten (grinst). Ich blieb aber bei Frau Steck, da sie mich beeindruckte, wie sie Gitarre spielen konnte. Das war aber noch nicht die Zeit, in welcher ich von der Musik völlig geflasht war. Dies passierte erst, als im Betrieb meines Vaters Jungs, die viel älter waren als ich, am Wochenende am Jammen waren. Sie fragten mich, ob ich nicht Lust hätte mitzumachen. Ich kaufte mir eine billige elektrische Gitarre und einen kleinen Amp. Die Jungs waren doppelt so alt wie ich, aber dies war das Startsignal für die Musik und mich. Aus dieser Konstellation heraus entstand die Band Tattoo. Trueber Mundart-Rock (grinst). Wir waren ein bisschen härter als Patent Ochsner, mit Einflüssen aus den siebziger Jahren wie den Rolling Stones. Eric Clapton war damals der massgebende Einfluss gewesen. Er zeigte mir, wie ich spielen wollte.
MF: Entstand aus Tattoo Ruckus?
Thom: Korrekt. Es war eine bittere Geschichte. Sam, der Schlagzeuger, war wie ein Vater zu mir. Sein Bruder war Keyboarder, und beide haben mich auf eine Art erzogen. Die beiden wurden wie zu Bezugspersonen. Plötzlich merkte ich, dass Sam unserer Entwicklung nicht mehr stand halten konnte. Ich wollte in eine rockigere und wildere Richtung und musste deshalb einen neuen Trommler suchen. Somit habe ich Freundschaften zerstört, aber musikalisch musste es weiter gehen. Jeder brachte dann sein eigenes "Ich" in die Band ein. Es dauerte einen Moment, bis ich Pete Wiedmer fand. Er brachte gleich seinen Bruder an der Rhythmus-Gitarre mit. Die beiden waren die typischen achtziger Jahre Hard Rocker (grinst). Wir konnten in Deutschland eine Platte aufnehmen, und Ruckus mussten mit vielen Labels ihre nicht immer guten Erfahrungen sammeln (grinst). Vieles wurde versprochen und kaum was gehalten. Damals gab es noch keine Mails, sondern nur das Telefon.
MF: Wieso schliesslich der Namenswechsel von Ruckus zu Shakra?
Thom: Wir hatten die Möglichkeit, eine Support-Show für Krokus zu spielen. Dabei betrachteten wir das Konzertplakat. "Krokus und Ruckus" (lacht). Es fiel uns wie Schuppen von den Augen (grinst). Klar wussten wir, dass die beiden Namen ähnlich klingen. Der Bandname stammt von Monika, meiner Frau. Ruckus ist ein Ami-Ausdruck für ein Spektakel oder das Geschrei von Kindern. Das gefiel uns, aber wir dachten zu wenig darüber nach, dass es eine Ähnlichkeit mit Krokus aufweist. Wieso auch, die Jungs spielten in Amerika, und wir bewegten uns im Emmental (lacht). Als wir uns auf dem besagten Plakat sahen, wussten wir, das macht keinen Sinn. Er war suboptimal und musste geändert werden. Wir holten uns Rat bei Chris von Rohr, der gerade mit Gotthard in Amerika war. Wir schickten ihm ein Tape und waren der Meinung, das klingt nicht nach Truebschachen, was Pete da sang. Das tönt wie eine Platte, die man sich kauft. Chris sah das anders, was mich im ersten Moment enttäuschte. Nach einigen Nächten wurde dieses Statement zu einer Antriebsfeder, um noch besser zu werden. Chris hat uns dabei geholfen, einen neuen Namen zu finden. Die Wahl entschied sich zwischen Karma und Shakra. Zwei Truppen nannten sich schon Karma, und darum schrieben wir Chakra in Shakra um. Für mich war es ein fliessender Wechsel. Für Thomas Muster, der in den letzten Tagen von Ruckus zur Band stiess, wie auch für Roger Tanner…, übrigens, unser damaliger Trommler wollte sonntags anstelle einer Probe lieber auf das Motorrad steigen. Da wir alle berufstätig waren, blieb der Sonntag fixiert zum Üben. Es gab für mich keine Alternative…, somit stieg Roger bei uns ein, der uns beim Wettbewerb "Beste Band des Kantons Berns" sah. Er hatte die Drumsticks schon an den berühmten Nagel gehängt, liess aber verlauten, sollte er nochmals Schlagzeug spielen, dann nur bei uns. Er kam zum Vorspielen, und bereits nach drei Takten wusste ich, den gebe ich niemals mehr her. Das war pure Magie. Durch die Line-up Wechsel mit Tanner und Muster war es gleichzeitig ein guter Zeitpunkt, auch den Bandnamen zu wechseln. Für das Projekt war es ein Neustart, für mich persönlich nicht.
MF: Wie kam es zum Demo-Tape, welches den Fans so zum ersten Mal Musik von euch zugänglich machte?
Thom: Genau (grinst), die Lieder habe ich bei uns im Proberaum aufgenommen. Wir hatten für unsere Demo-Produktionen immer eine Unmenge an Geld bezahlt. Das war stets sehr fragwürdig. Klar hat es auch an uns gelegen und nicht nur an den Produzenten. Als Nobody geht man unwissend in ein Studio und verlangt, dass derjenige im Studio dir sagen wird, was du zu tun hast. Das war nicht so. Eine Band muss abliefern, wenn sie aufnehmen will. Das Demo entstand, weil wir wussten, was wir wollten. Wir verschickten die Kassette, unter anderen auch an Point Music, die uns unter Vertrag nahmen. Zuerst wollten sie die Demo-Songs so wie sie waren veröffentlichen. Die mussten aber noch überarbeitet werden (grinst). Wir hatten ein Label, ein Budget und einen Vorschuss. Auf 16-Spuren wurde das erste Werk aufgenommen. Analog! Bedeutet, wenn man scheisse spielt, «alles nochmals von vorne» (lacht).
MF: Das Debüt-Album, «Moving Force», «The Live Side» und der erste Line-up Wechsel folgte, als euch Roger Badertscher verliess. Nach «Powerride» auch Pete Wiedmer. Wie hast du diese Momente erlebt? Ihr habt euch immer als verschworene Einheit präsentiert, die nicht gleich beim ersten Stolpersteinchen einen Mitmusiker auf die Strasse stellt.
Thom: Das war eine harte Zeit! Roger war mein Trauzeuge und schon immer ein Freund. Wenn man zum ersten Mal zusammen auf eine Tour geht, in einem Nightliner, damals mit Wishbone Ash, das schweisst enorm zusammen. Wir waren Vorband, spielten als Erste, gingen auf die Bühne und hatten dann sehr viel Zeit. Das ist Klassenfahrt hoch 77 (grinst). Roger führte sein normales Leben, hatte einen Job als Elektriker und die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln. Beim Bassspielen wollten wir noch immer ein bisschen mehr, als er abliefern konnte. Wir setzten ihn unter Druck, dass er mehr üben sollte. Irgendwann sagte Roger: "Das wird mir zu viel. Bis hierher war alles okay, aber es ist besser, wenn ihr euch einen anderen Bassisten sucht". Das war kein schöner Moment, aber nachvollziehbar. Irgendwann fanden wir Oli Linder, der unsere Erwartungen erfüllte und wir zusammen eine super Zeit verbrachten. Pete war schon genug gestraft im Leben, da ihm ein Bein fehlte. Mit knapp dreissig Jahren bekam er dann den ersten epileptischen Anfall. Er war echt angeschlagen und vergass teils seine Texte. Wir fuhren zu Shows, und er hatte einen Anfall im Bus. Er wollte es nicht wahr haben, dass der Zustand mehr als nur kritisch war. Auch wenn er innerlich sicher wusste wie es um ihn stand und dass es unmöglich wurde für ihn, weiter zu touren.
MF: Wie war es für dich? Eine Möglichkeit mit neuen Leuten noch besser zu werden oder der Verlust von langjährigen Freunden. Was hat da überwogen?
Thom: Da spielen sehr viele Aspekte eine Rolle. Es gab möglicherweise vom Spielerischen her bessere Bassisten als Oli. ABER! Am Ende ist es das Gesamtpaket, das stimmen muss. Passt es menschlich? Ist er zuverlässig? Da war Oli der Geeignetste. Es dauert immer einen Moment, bis man sich findet und bis es sich wieder so anfühlte, wie vorher. Speziell Bassisten sind ein viel zu oft unterschätztes Mitglied in einer Band. Bei Mark…, ich hat gewisse Klangbilder in den Ohren, wie Pete den Track sang. Das es anders klingt ist logisch und wird zu einem Prozess, der seine Zeit braucht.
"...Die Kritik zum Weiterkommen hat ihm eher einen Riegel vorgeschoben, denn motiviert..."
MF: Du hast Mark erwähnt. Er verliess die Truppe, wurde durch John Prakesh ersetzt und kam wieder zurück.
Thom: Alleine diese Wechsel zu stemmen ist ein Fulltime-Job (lacht). Für einige Fans war der Wechsel von Pete zu Mark schon ein Nackenbrecher. Pete besass eine charismatische Stimme. «Powerride» war ein sehr cooles Album und der Massstab für den Nachfolger in Form von «Rising». Dieses Erbe zu übernehmen war für Mark definitiv nicht einfach. Aber wir haben gekämpft, uns durchgebissen und wurden dafür belohnt. Mark besitzt eine "huere geili" (Deutsch: "sackstarke") Stimme. Da ging eine neue, andere Dimension auf. Der Grund, wieso er uns verlassen hat, ist bekannt. Er war plötzlich in einem anderen Film. Väterchen Alkohol nahm Einzug. Wir hielten dagegen, waren sture Böcke und wollten ihn von allem Guten überzeugen. Dieser Schuss ging nach hinten los, und die Konsequenz war, dass wir einen neuen Shouter suchen mussten. Die Hoffnung war fast gestorben. Die Zeit des Suchens war lange, und du weisst, wir probierten einige, auch namhafte Sänger aus, aber es funkte einfach nicht. Dies hatte nichts mit den Qualitäten der jeweiligen Sänger zu tun. Aber die Stimme X passte nicht zu Shakra. Unsere Identität sollte bleiben und nicht verändert werden. Irgendwann stand John auf der Matte. Damals war ich noch ein bisschen auf dem Ami-Trip und hörte tagein, tagaus Alter Bridge. Diese Attitüde packte mich völlig, und ich war der Meinung, dass wir diese Shakra-Merkmale mit John mit einer leicht neuen Prise würzen könnten. So entstand «Back On Track», versehen mit einer leichten amerikanischen Metal-Attitüde. Da kriegte ich das Gefühl: "Doch, das kann klappen" (grinst). Vielleicht würde damit noch ein Türchen mehr auf gehen. Die Motivation war in der kompletten Truppe sehr gut. Es war eine coole Zeit mit John. Plötzlich merkte er, dass die Band kein Selbstläufer ist. Es gibt immer Arbeit, diesen steinigen Weg zu gehen. Wir waren nicht Nummer 1 in den USA oder Deutschland, sondern in der Schweiz mit «Powerplay», dem Nachfolger von «Back On Track». Das war für uns sehr geil! John hat wahrscheinlich gehofft, dass er mit diesem Aufwand…, sein Aufwand und der Ertrag standen für ihn nicht im Einklang. Was ich verstehe, bei all den Autofahrten aus der Ostschweiz ins Emmental und den Staus. Wir waren kritisch, haben die Shows analysiert und Verbesserungsvorschläge gebracht. Das hat ihn irgendwann verunsichert. Dies war nicht förderlich. Die Kritik zum Weiterkommen hat ihm eher einen Riegel vorgeschoben, denn motiviert. Es ist nicht einfach mit den beiden Thoms (Thom und Tom) in dieser Truppe (grinst). Wir sind keine Ferienheimtypen, sondern wollen uns stetig verbessern und können echt Arschlöcher sein, wenn nach einer Show alle im Publikum klatschen und wir hinter der Bühne einzelne Szenen kritisieren. Dies muss man beissen können.
MF: Mark kam wieder zurück, für viele eine Überraschung?!
Thom: Wie schon mancher vor ihm, hat John gesagt: "Es ist okay für mich" (grinst). Ich begann mit der Suche nach einem Ersatz. Für Thomas Muster war klar, das wird schwierig. Nochmals einen neuen Sänger finden und dieser Band ein zu Gesicht verleihen..., aufhören war für mich keine Option. Die absolute Lösung fand ich jedoch nicht. Thomas wälzte dann schon früh die Idee, dass man Mark zurück holen soll. Für mich war dies aber keine Option. Ich hatte mit Mark abgeschlossen (lacht). Wir waren am Diskutieren, aber ich brauchte meine Zeit. Mark und Thomas waren bereits am Komponieren neuer Lieder. Schliesslich kam erneut Chris von Rohr ins Spiel. "Es gibt nur einen Sänger für Shakra, und das ist Mark Fox", war seine klare Meinung. "Kommt alle zu mir an einen Tisch, und dann besprechen wir die Situation." Ich zierte mich sehr lange davor. Das Treffen bei Chris fand zuerst ohne mich statt. Sie waren sich bald im Klaren, mussten nur noch mich überre…, zeugen (grinst). Beim nächsten Treffen war ich dabei und fragte mich: "Was habe ich zu verlieren?" Mark wollte sich noch mit mir unter vier Augen unterhalten. Ich merkte, dass er sich verändert hatte, und wir starteten den Versuch.
MF: Der letzte der dann ausstieg war Dominik Pfister…
Thom: …er liess schon früh verlauten, dass er sich wieder auf seine Gitarre konzentrieren will. Wir proben viel, und dabei geht vielleicht die Wertschätzung ein bisschen über Bord. Wir konnten ihn aber wieder ins Boot holen. Zwei Jahre später entschied er sich definitiv für den Ausstieg. Das Touren war für ihn nicht nur toll. Wir haben uns im Guten getrennt, und Thomas' Gedanken waren dann schnell bei Cyril gelandet. Er spielte bei uns schon vor, als Roger Shakra verliess. Cyril brauchte ein paar Tage Bedenkzeit und sagte dann zu. Es ging ans Lernen von dreissig Songs, da die ersten Konzerte vor der Türe standen.
MF: Wie bist du zum Produzent geworden?
Thom: Das Problem war, dass wir bei unseren Studioaufenthalten viel Geld auf den Tisch legten und das Gefühl nicht los wurden, unter Druck ein Produkt zu machen, das einerseits ein grosses Investment forderte, aber andererseits ein schlechtes Resultat erzeugte. Die Idee entstand aus der Not, weil wir mit den Endresultaten nicht zufrieden und glücklich waren. Das Geld, welches eine Produktion damals verschlang, war nicht mehr vorhanden.
MF: Wie stehst du heute zur Produktion des «Fall»-Albums, das eher düster ausgefallen ist?
Thom: Das war eine Station auf diesem, unserem Weg. Vielleicht ist es ein Fehler von mir, dass gewisse Einstellungen auf dem Pult mit der Zeit langweilig werden. Man denkt: "Jetzt muss alles anders und neu sein" (grinst). Komplett auf null, von vorne beginnen, und schon befindest du dich selber in düsteren Zeiten. Die ersten Probleme mit Mark kamen ans Tageslicht. «Fall» war ein Message zum ganzen Bandgefüge. Der düstere Sound und Stimmung mit diesen Tracks, das war Programm. Es musste so klingen.
MF: Gibt es Alben auf die du nach wie vor stolz bist, aber auch solche, bei denen du gewisse Dinge anders machen würdest?
Thom: Bis zu den Alben mit John hat es bei allen Scheiben Parts, die man besser machen kann. Man vergleicht die eigene Arbeit mit den Werken, die man selber hört. Ich kann nicht zaubern, und es war zu den jeweiligen Zeitpunkten das Maximum, das ich heraus holen konnte. Es gibt viele Leute, welche bei den ersten beiden Scheiben noch heute völlig geflasht sind. Wegen dieser Roughness und Unbekümmertheit. Hätte ich keinen Zuspruch bekommen, hätte ich nicht weiter produziert. Der Fehler war, dass ich alles immer noch besser machen wollte. Irgendwann bewegte ich mich aber schrittweise zurück. Das war bei «Fall» und auch schon ein bisschen bei «Infected» der Fall. Da gab es einige Dinge, welche sich nicht so cool anhören (grinst) und bedingt durch das Ausprobieren. Tüftelt man zu viel…, weniger kann ab und zu mehr sein (grinst). Bei den Scheiben mit John hatte ich hingegen das Gefühl, dass ich einen Schritt nach vorne gemacht habe.
MF: Wenn du zurück blickst, welches waren die schwierigsten Momente in diesen 25 Jahren?
Thom: Das Streiten, egal, um was es geht. Klar, das passiert in jeder Truppe und Beziehung. Die Menschheit ist konfliktsuchend, und das setzt mir zu. Disharmonie, ungutes Klima und Missgunst, das ist für mich echt schlimm. Das war immer so, wenn man sich von einem Mitglied trennen musste, aus welchen Gründen auch immer. Der Prozess bis die Abnabelung stattgefunden hat und der neue Musiker integriert ist. An solchen Dinge sind andere Combos schon zerbrochen. Die Geschichte mit Mark, das Kommen und Gehen.
MF: Was waren die Höhepunkte?
Thom: Highlights sind für mich immer gute Shows. Platz 1 in den Charts ist cool, aber das ist bloss der Weg zu einem noch cooleren Gig. Damit man das Ambiente, zum Beispiel im Z7, hinbekommt. Es gibt nichts, was eine solch emotionelle Stimmung toppen kann. Auch als wir 2004 die DVD «My Life My World» im Z7 aufgenommen haben, das ist mit Nichts zu ersetzen, und man kann dies niemandem erklären, der sowas noch nicht selber erlebt hat. Aus diesem Grund spielst du Musik, und das ist der Lohn, der Zahltag für alles. Eine gute Scheibe einzuspielen ist mit unheimlich viel Arbeit und vielen Zweifeln verbunden. Diese Unzufriedenheit und Unsicherheit, nicht zu wissen wie das Album von den Fans aufgenommen wird, ist eine ganz unschöne Sache. Es wird erst schön, wenn sie zum Konzert kommen und Spass haben (grinst zufrieden).
MF: Dann auf die nächsten 25 Jahre, viel Spass auf der Bühne, ein stabiles Line-up und tolle weitere Scheiben!