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16. September 2022, Zürich – Hallenstadion
By Mona
Wenn einer der vielen Lieblingsnamen aus der Szene für eine Show im Hallenstadion angekündigt wird, schlägt das metallene Herz natürlich höher. Doch gleich zwei? Das ist ein wahrer Adrenalinschub. Die lange Vorfreude war gigantisch, denn ein Duo wie Amon Amarth und Machine Head - zwei Bands die nicht nur für starke Musik, aber auch für starke Shows bekannt sind - ist ein echter Genuss. Und dann noch die Göteborger von The Halo Effect mit dabei? Mein Trip nach Zürich ist also fett im Kalender eingetragen.
Angekommen, muss ich ein paar Mal blinzeln. Es zu lesen ist das eine, es aber sehen dann doch etwas anderes. Es ist schon eine grosse Überraschung, als ich den Ort des Geschehens betrete. Seitlich ins Stadion rein gelassen dank Fotobändel, sehe ich etwas echt Ungewohntes. So klein habe ich dies echt noch nie erlebt. Es stand zwar wohl irgendwo "Club Hallenstadion" geschrieben, doch auf weniger als die Hälfte reduziert ist es schon ungewöhnlich klein hier drin. Putziger wird die harte Mucke dadurch glücklicherweise nicht.
The Halo Effect
Der Abend wird mit solidem Gothenburg (Melodic Death) Metal eingestimmt und das sehr gekonnt. Die im Jahr 2021 von ehemaligen In Flames Mitgliedern gegründete Band, benannt nach einer aus der Sozialpsychologie bekannten kognitiven Verzerrung, ist natürlich bestens mit dem Genre vertraut und bietet einen unglaublichen Sound. Mikael Stanne, welcher dem ersten In Flames Album die Stimme leihen durfte, punktet als Frontmann auch mit natürlichem Charme und vielleicht auch etwas Bescheidenheit. Er setzt sichtlich eine gute Laune auf, die er mühelos auf alle Metaller im Raum überträgt. Freudig und energiegeladen plaudert er auch ein wenig. Das Publikum ist trotz guter Laune aber noch etwas zurückhaltend. Fast dünkt es mich, als sei nicht allen bewusst, wer da eigentlich vor ihnen steht. Mag täuschen.
Auch ist das Setting höchst ungewohnt, denn ich war ja auch davon überrascht, wie klein das Hallenstadion für den heutigen Abend zurecht gemacht wurde. Dennoch wirkt das Publikum noch nicht aufgewärmt genug und die Bühne fast ein wenig zu gross für diese Band. Es mag aber auch im Kopf sein, immerhin haben The Halo Effect erst letztes Jahr ihren ersten Longplayer heraus gebracht. Wenn der Dark Tranquillity Frontmann aber vor einem steht, ist es immer ein Erlebnis. Jedoch ist schon klar, für wen die Mehrheit des heutigen Publikums ins Hallenstadion gepilgert ist. Schade, wenn man bedenkt, welch kraftvollen Sound die relativ neue Band zustande bringt. Es mag auch daran liegen, dass der Sound ab Album irgendwie ein bisschen deftiger klingt..., wir werden es wohl nie erfahren.
Machine Head
Bisher durfte ich die Amerikaner nur einmal live erleben, und es ist eine meiner besten Konzerterfahrungen. Sackstarker Sound, der richtig "brätscht" (Deutsch: knallt) und äusserst talentierte Musiker, welche auch noch unverschämt fotogen sind. "Machine Fucking Head" klingt es laut durch das verkleinerte Stadion, und sogleich kommen Erinnerungen an eine der besten Liveshows auf. Kaum den ersten Ton gehört, kickt der Headbang-Modus ein. Etwas unpraktisch im Fotopit, doch so geht Metal!
Den Opener gibts gleich vom neusten Album, danach folgen ältere Songs, gut aus verschiedenen Jahren zusammen gestellt. Unter freudigem Lärm von hinten rocken Robert Flynn und seine Jungs die Bühne. Besonders der angenehm "schreiende" Frontmann zeigt mit natürlich versprühter Authorität, wer jetzt das Steuer übernommen hat. Für kleines Gequatsche bleibt natürlich auch Raum im Set. Wie gewohnt, lässt Rob F einige "F-Bombs" fallen, aber das gehört zum Powerpaket Machine Head einfach dazu. Wie schon beim letzten Mal, als ich die Truppe live erleben durfte, geistert ein Ausdruck in meinem Kopf herum: die Musik "ohrfeigt" einen. Und genau wie damals, habe ich nichts dagegen einzuwenden. Um dies zu untermalen, wird auch ordentlich Feuer benutzt. Diesmal mit einem deutlich kürzeren Set, doch nicht weniger qualitativ. Wie Fische im Wasser bewegen sich die Musiker, als ob die Bühne ihr einziges, wahres zu Hause wäre.
Und so geht das! Eine Ansage zur Pandemie und Mental Health Issues durfte natürlich ebenso nicht fehlen. Eine düstere, konzertlose Zeit, in der Musiker so einiges Neues in ihren Studios zauberten - und vieles davon leider auch von der Zeit inspiriert. «Darkness Within» wurde zwar lange vorher geschrieben, doch das Depressive passt wie die Faust aufs Auge. Die davor gehaltene Motivationsrede hätte für mich persönlich lieber in etwas mehr Spielzeit umgewandelt werden können, doch es tut irgendwie auch gut, solch "harte Jungs" mal über Emotionen sprechen zu hören. Seine Energie auf der Bühne wurde einmal mehr unter Beweis gestellt und dies wirkte sich deutlich auf das Publikum aus. Das Publikum scheint nun auch bestens aufgewärmt zu sein, um die bereit stehenden Vikinger zu empfangen - wortwörtlich.
Setliste: «Becøme The Firestorm» - «Imperium» - «Ten Ton Hammer» - «I Am Hell» - «Aesthetics Of Hate» - «Darkness Within» - «Now We Die» - «From This Day» - «Davidian» - «Halo»
Amon Amarth
Nun aber wird die Zeit reif für die schwedischen Giganten. Diesmal wird die Bühnengrösse garantiert bis zum letzten Millimeter genutzt. Wer Amon Amarth schon einmal live erleben durfte, weiss genau, wovon ich spreche. Gleich zu Beginn schmücken grosse Kriegerstatuen die Bühnenränder. Mitten auf der Bühne das grossartige Drum-Setup mit Treppchen, Hörnern und Maske. In den Augenlöchern der Maske entsprechend Screens. Die Produktion ist eindeutig von der ganz grossen Sorte, und es überrascht einmal mehr heute Abend, dass das Hallenstadion dermassen verkleinert wurde. Gleichzeitig sind andere Shows am Laufen, auch mehrfach verschobene, daher schliesse ich darauf, dass dieser Konzert-Tempel die einzige verfügbare Venue war, die diese Masse an Pyrotechnik aufnehmen kann. Durch die starke "Konkurrenz", welche die anderen Konzert-Locations belegt, hätte das Stadion wohl nicht ausverkauft werden können. Auf den Auftritt der Band dürfte dies aber wohl kaum einen negativen Einfluss gehabt haben.
Es wird heiss, es wird intensiv, und es wird gross! Die gewaltigen Growls des überaus sympathischen Johan Hegg brauchen nicht lange, um jedem und jeder im Raum klar zu machen, dass er das Steuer definitiv übernommen hat. Zusammen mit seinen sympathischen und talentierten Bandkollegen bringt er auf mühelos kraftvolle Weise das metalhungrige Publikum durch den letzten Drittel des Abends. Das achte Studioalbum wurde gerade mal im August veröffentlicht, doch es findet mehrheitlich eine Art «Best Of» den Weg auf die Setliste. Die Kriegerstatuen (Spoiler: bloss aufgeblasen) verlieren plötzlich Luft, um irgendeinmal den Hecks gigantischer Kriegerschiffe zu weichen.
Atemberaubende Lichter unterstützten die Show mindestens genauso überzeugend wie das viele Feuer auf der Bühne. Der grosse Banner im Hintergrund zeigt einen Vikingerkampf, und irgendwann sind auch die Schiffe weg. Kurze Zeit später (ebenfalls aufgeblasen) wippt eine riesige Seeschlange hin und her. Die visuelle Untermalung ihres Viking Metal haben die Herren im Griff, genauso wie ihr starkes Spiel. Die Partystimmung steigt von Minute zu Minute an, und selbst beim eindeutigen Ende mit der Zugabe «Twilight Of The Thundergod» könnte die Feier locker weiter gehen. Ungewohnt früh endet der brachiale Konzertabend, doch mit genau der Laune, die man sich nach einer gelungenen Show wünscht.
Setliste: «Guardians Of Asgaard» - «Raven's Flight» - «The Great Heathen Army» - «Deceiver Of The Gods» - «Crack The Sky» - «Heidrun» - «War Of The Gods» - «Put Your Back Into The Oar» - «Cry Of The Blackbirds» - «Pursuit Of Vikings» - «First Kill» - «Shieldwall» - «Raise Your Horns» - «Twilight Of The Thundergod»