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17. März 2023, Zürich - Komplex 457
By Mona
Dass die Mona nach Zürich pilgert, wenn die epische Apokalypse ansteht, ist ja wohl klar. Die zwei Ausnahmebands Apocalyptica (FI) und Epica (NL) haben zudem einen altvertrauten Opener mit im Gepäck: Wheel (FI). Das Line-up verspricht somit eine musikalische Extase vom Feinsten. Mit dabei meine Kamera und eine grosse Portion Vorfreude. Die lange Schlange schwarz gekleideter Gestalten vor dem Club ist machtvoll genug, mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das alte Konzert-Ich fühlt sich vollkommen anwesend. Ebenso sind dies ein paar altbekannte Gesichter der hiesigen Metal Magazin Unterwelt. Schliesslich mit der lichtstarken Linse bewaffnet, gehts ziemlich pünktlich zum Startschuss des Abends.
Wheel
Schön ist es, die finnische Prog Metal Formation wieder in Action zu sehen! Zu Hören bekomme ich aber nicht gerade das, was ich von den Herren gewohnt bin. Einmal wieder mein liebes Komplex, hach, was hab' ich es doch vermisst. Leider zu Anfang gar nicht gut abgemischt, wie schon so oft in diesem Raum, wird auch das Publikum nur mässig warm mit dem kurzen, aber soliden Set. Sehr zum Leiden der schönen Finessen im Instrumentenspiel und auch in den Vocals des sympathischen James Lascelles. Auch ich bin aufgrund des dürftig angemischten Sounds nur bedingt in Feierlaune und kann den Auftritt nur feiern, da ich weiss, wie es sonst klingen könnte.
Dennoch bin ich froh, dass das Publikum grundsätzlich dem Opener offen gegenüber steht, und so ist die kurze Setlist nicht etwa zur Qual der hier Versammelten geworden, wie es etwa der Fall ist, wenn die Band so überhaupt nicht ankommt. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass viele der heute Versammelten die progressiven Klanglandschaften als etwas gewöhnungsbedürftig empfinden. Mir fehlt es im Publikum an Begeisterung, die diese genialen Typen verdienen. Gegen Schluss des Sets wird der Klang ein wenig besser und somit auch für den Rest der Besucher spürbar geniessbarer. Ich persönlich bin mit der Wahl des Supports sehr zufrieden.
Epica
Das Bühnenbild wird umgebaut und wir bekommen eine grosse Lichteffekt-Kulisse zu sehen. Zuerst war ich sicher, dass Epica den Abend beenden würden, doch zu meiner Freude wurde heute in "gegen-alphabetischer Reihenfolge" entschieden. Diese Tour ist natürlich perfekt, um Fans zu überraschen. Wiederum pünktlich wird die Show durch die talentierten Herren eingeleitet, der hübsche Rotschopf Simone Simons lässt erst einmal ein Minütchen auf sich warten. Der Effekt ist gross, und nicht nur die Songs sind der Knaller. Die visuelle Untermalung zeigt die wahre Grösse dieser Produktion, und man wundert sich, weshalb dies nicht im Hallenstadion stattfindet. Mit ihrer verzaubernden Bühnenpräsenz reisst die Sopranistin Jung wie Alt mit, auch wenn ihre Bandkameraden und die Projektionen stark abzulenken vermögen.
Zwar dünkt es mich doch einmal mehr, dass die Mehrheit des männlichen Publikums wohl eher wegen den äusserlichen Qualitäten der Holländerin angepilgert kam, doch verübeln kann ich es ihnen jedenfalls nicht. Hübsch geschminkt und in tollem Bühnenkostüm versprüht sie die gute Laune und die grosse Freude, die Tour endlich erleben zu dürfen. Ja, eine weitere C-bedingte Verschiebung. Doch das Warten hat sich gelohnt. Für mein persönliches Empfinden ist die Band in ganz besonders guter Form, und ich bin überzeugt, dass dies einer der stärksten Auftritte von Epica sein dürfte. Nicht nur die hübsche Frontdame ist in Form, auch der stets topmotivierte Bassist Rob van der Loo versprüht Power, die mich im Pit total ansteckt. Die Mähne ist sowas von in Bewegung!
Eine weitere Kanone in den Reihen Epicas ist natürlich der Bandgründer. Mark Jansen beherrscht nicht nur die 6-Saiter, er growlt überzeugender als je zuvor und beschert mir während des Sets so manche wohlige Gänsehaut. Zu meiner grossen Freude handelt es sich nicht bloss um eine subjektive Wahrnehmung, denn auch das lustige Grüppchen um mich herum teilt die Meinung, es sei ein wirklich sackstarkes Konzert heute Abend und vielleicht einer der besten Epica Auftritte ever.
Besonders angetan vom beinahe löwenartig rüberkommendem Gebrüll, braucht es fast ein wenig Zwang, mich auch noch auf die anderen Ausnahmetalente auf der Bühne zu fokussieren. Isaac Delahaye, der Lead-Gitarrist ist in ebenso guter Laune und er versprüht förmlich die Magie. So vollgepumpt mit Energie habe ich mich schon sehr lange nicht gefühlt. Für zusätzliche gute Laune sorgt der wohl grösste Entertainer in der Band, Keyboarder Coen Janssen, welcher mal sein Keyboard dreht oder mit lustigen Schöpfungen kreativer Instrumentenbauer am Bühnenrand die Sau raus lässt. Auch der gezwungenermassen eher statisch situierte Drummer Ariën van Weesenbeek ist sehr aktiv in seiner Rolle, und das Powerpaket Epica kann das Set nicht lange genug halten. So geht Konzertstimmung. Es ist voll und heiss im Komplex, es wird gejumpt, geheadbangt und getanzt, nach Möglichkeit mitgesungen. Von der ersten bis zur letzten Sekunde ist der Saal einfach geladen. So muss das sein!
Setliste: «Alpha-Anteludium» - «Abyss Of Time-Countdown To Singularity» - «The Essence Of Silence» - «Victims Of Contingency» - «Unleashed» - «The Final Lullaby» - «Fools Of Damnation» - «The Skeleton Key» - «Rivers» - «Code Of Life» - «Cry For The Moon» - «Beyond The Matrix» - «Consign To Oblivion
Apocalyptica
Die Stimmung dürfte kaum zu toppen sein, denn Epica trieben den Puls der Masse heftig in die Höhe. Dass die Finnen die Co-Headliner sind, ist noch nicht wirklich spürbar - leider. Die Mehrheit scheint (optisch zumindest) wegen Epica hier zu sein, und auch die Front Row scheint mir fast nur aus Epica Fans zu bestehen. Umso mehr freue ich mich auf die Cello-Künstler. Die gute Laune droht weiter zu steigen. Mit freundlichen Sprech-Einlagen, sympathischem Lächeln und ihrem leichten, trockenen Humor packen mich diese Jungs immer, und auch heute ist es nicht anders.
Mit dabei ist deren Tour-Sänger Franky Perez, welcher die paar Songs mit Lyrics sehr überzeugend interpretiert und das Publikum gekonnt zum Mitmachen animiert. Auch die Finnen haben visuelle Untermalung anzubieten, doch die Augen wandern abwechslungsweise zu den Hauptakteuren. Eine Metallica Nummer oder zwei ist natürlich Pflichtprogramm bei Apocalyptica, immerhin waren es die Cello-Cover dieser Band, mit denen alles angefangen hat.
Oh, und geheadbangt wird am Cello selbstverständlich auch. Mit der wundervollen Haarpracht muss das einfach sein, und es ist immer wieder von Neuem interessant, der Kombination aus Headbangen und dem Cello-Spiel zuzusehen. Und jedes Mal verliebe ich mich ein Stückchen mehr in diese Band. Apocalyptica waren für mich schon immer ein Gesamt-Highlight, aber die Herren Toppinen Kivilaakso scheinen sich, was die Aufmerksamkeit des Publikums angeht, ein klein wenig zu konkurrieren.
Der im Vergleich zunächst unscheinbare Paavo Lötjönen ist ebenfalls ein sympathisches Unikum auf der Bühne. Er zieht sich etwa mal zurück, um den langhaarigen Jungs die Show zu überlassen, und diese bringen sie jedes Mal gekonnt. Die Sibelius-Absolventen werden seit Jahren schon von Schlagzeuger Mikko Sirén begleitet, und das Viererpack ist perfekt eingespielt. Die Dynamik unter den Musikern empfinde ich einmal mehr als liebevoll, etwas neckisch und absolut umwerfend. Auch diese Band strahlt eine Aura wie Laune aus, die sich kaum mit Worten beschreiben lässt, und somit halten sie meiner Meinung nach mühelos mit Epica mit. Gepaart mit etwas Humor und einer Portion Schönheit (diese Oberflächlichkeit erlaube ich mir jetzt einfach mal), kann nichts schief gehen.
Immer noch glaube ich zu vernehmen, dass die Mehrheit der hier Versammelten wegen Epica nach Zürich gekommen ist. Nichtsdestotrotz mangelt es nicht an wohlverdientem Beifall für den Metal, den die vier Typen mit ihren akustischen Cellos zustande bringen. Es wird viel geheadbangt, es mangelt aber nicht an ruhigeren Momenten zum Verweilen und Zurücklehnen - oder in meinem Fall in eine Art musikalischer Trance zu verfallen, etwa bei «En Route To Mayhem». Die bereits perfekte Stimmung konnte tatsächlich nochmal gebessert werden, sofern dies möglich ist. Auch der berühmtberüchtigte und furchtbare Soundmix des Komplex war ausnahmsweise mal abwesend genug. Schade einmal mehr um die Opener.
Mein absolut einziger Kritikpunkt am heutigen Konzert ist die Tatsache, dass der neue Song «Rise Again» mit Simone Simons es nicht auf die Setliste schaffte. Der Gesamteindruck ist jedoch top, und mit verschwitztem Gesicht gilt es relativ früh für einen Konzertabend, sich auf den Nachhauseweg zu machen. Das Lächeln, welches diese Energiebombe einer Co-Headliner-Tour mir aufs Gesicht gezaubert hat, kann man mir nicht wegnehmen, bis ich schlussendlich mit etwas verkaterten Nacken einschlafe.
Setliste: «Ashes Of The Modern World» - «Grace» - «I'm Not Jesus» - «Not Strong Enough» - «Rise» - «En Route To Mayhem» - «Nothing Else Matters» - «Inquisition Symphony» - «Shadowmaker» - «I Don't Care» - «Seek & Destroy » - «Farewell» - «In The Hall Of The Mountain King»