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18. März 2023, Aarau – KiFF
By Marco C.
Was war das für ein erhabener Hammer-Abend mit einem Technical Death Metal Gewitter der Sorte "Full in the face" im randvoll gefüllten KiFF (grosser Saal), was ja kein Wunder bei diesem Package ist, haben doch alle vier Bands hochgelobte letzte Veröffentlichungen vorzuweisen. Zu meinem Erstaunen hatten die anwesenden Metalheads und ich im Persönlichen ein weiteres Highlight in Form von Jason Keyser (Origin-Sänger), der für die aktuelle Europa-Tour 2023 von Psycroptic rekrutiert wurde und wie immer impulsiv ablieferte.
Entheos
Der Opener aus Amerika, Santa Cruz, California heizte von Beginn weg dem Publikum, das schon zahlreich im Saal anwesend war, eindrucksvoll und abgeklärt, sprich professionell ein. Ihr moderner, leicht progressiv angehauchter Technical Death Metal kam bei der Meute sehr gut an und wurde durch die Frontfrau, sprich Sängerin Chaney Crabb grandios durch den Gig geführt. Die Songs kamen druckvoll und sauber rüber, was vom Publikum mit Air-Jumps und Circle-Pits honoriert wurde. Die Setliste war grösstenteils mit Material vom letzten Album «Time Will Take Us All» bestückt und einen Knaller nach dem anderen servierte. Nach einer guten halben Stunde Spielzeit verabschiedeten sich Entheos unter tobendem Applaus und ebneten mit ihrer gelungenen Darbietung den Weg für noch bevorstehende Manifestationen der Urgewalt.
Benighted
Und nun war es an den Franzosen aus Balbigny, Auvergne-Rhône-Alpes, die bekannt für ihre knallharte Bühnenpräsenz sind. Der Fronter und Sänger Julien Truchan hatte kaum angezählt und schon ging die Post im in der Zwischenzeit randvoll gefüllten Saal ohne Erbarmen ab. Das Energiebündel musste das Publikum nur einmal dazu auffordern, um in Ekstase von Moshpits und Stage-Diving Hysterien einzutauchen. Man merkte den Franzosen deutlich an, dass da eine erfahrene und eingespielte Truppe ihre Mucke zum Besten gibt. Die ausgewählten Songs wurden frenetisch aus dem Saal mitgesungen und abgefeiert, als gäbe es kein Morgen danach. Diese kraftvolle und ansteckende Brutalität, die teils schon Züge vom New York Hardcore annimmt, beindruckte nicht nur mich, sondern auch die Anwesenden im Aarauer Hexenkessel des KiFF. Es bleibt zu hoffen, dass die Jungs zeitnah wieder einmal als Main-Band mit voller Spielzeit bei uns vorbei schauen, denn dann braucht ihr kein Fitnessstudio mehr.
Psycroptic
Jetzt, wo der Saal so richtig durchgeschüttelt wurde, war es an der Zeit für den lang ersehnten ersten Haupt-Act aus Australien, Hobart, Tasmanien. Bereits vor Spielbeginn der Instrumentalfraktion irrte niemand anderer als eben Jason Keyser über die versifften Bühnenbretter und markierte bereits Präsenz für eine kommende Wand von unbarmherziger Wucht wie Macht. Und los ging es, heisst jetzt gab es kein Halten mehr, geschweige spätestens jetzt musste man behutsam mit der eigenen Kondition umgehen, denn Psycroptic waren bereit! Da wurde einem ein Technical Death Metal-Sahnehäubchen nach dem anderen vor die Fresse geballert, dass einem hören und sehen verging. Das zum grössten Teil gespielte Material stammte aus dem 2022er-Album «Divine Council», was ohne Abstriche zum Besten zählt, was das verkörperte Genre zu bieten hat. Was die Herren an diesem Abend "live on stage" ablieferten, war nicht nur grandios, sondern zeugte von spieltechnischer Erhabenheit und wie, ohne zu übertreiben, Studio-Qualität auf. War das eventuell schon der effektive Haupt-Act am heutigen Abend in dieser denkwürdigen Location?!
Archspire
Nein, denn was die gegenwärtigen, unanfechtbaren Könige im Genre Progressive Technical Death Metal aus Vancouver, British Columbia, Kanada ablieferten, war einfach nur Weltklasse! Jeder einzelne Member der Band ist ein exzellenter Ausnahmekönner an seinem Instrument und ausgewiesener Künstler des Fachs. Archspire hatten die erschöpfte Meute vom ersten, punktgenauen Ton fest im Griff und verliehen ihr Flügel, um damit in den Kosmos der absoluten Perfektion hinauf zu fliegen. Ich habe live selten so eine impulsive Performance, verbunden mit so einer Spielfreude gesehen, wie an diesem Abend. Natürlich bestand die Songauswahl vorab aus «Bleed The Future», dem "Best Technical Death-Metal Album von 2021", was vom völlig durchnässten Publikum auf seine Art mit Moshpits-Marathons enthusiastisch gedankt wurde. Die Vocals von Oliver Rae Aleron waren eine Offenbarung an Stimmungsbögen in allen Segmenten der Gesangskunst, die er neben den Spielereien mit dem Publikum gekonnt in Szene setzen konnte. Die Saiten-Community um die Herren Dean Lamb (Guitar), Tobi Morelli (Guitar) und Jared Smith (Bass) stand mit ihrem virtuosen, perfekt aufeinander abgestimmten Spiel in keiner Weise Oliver Rae Aleron hinterher, und mit Spencer Prewett an den Drums war ein wahres Genie in abartigen Hochgeschwindigkeiten an Blast-Salven am Werk, dass einem als Zuhörer die Spucke wegblieb. Nach etwas mehr als einer Stunde Spielzeit beendeten Archspire mit einer Zugabe ihr Killer-Set, das allen Anwesenden etwas vor Augen führte, nämlich dass um die sympathischen Jungs aus Vancouver aktuell keiner daran vorbei kommt. Somit endete ein unvergesslicher Samstagabend, an den vermutlich jeder der Besucher noch lange zurück denken wird und die heute verlorene Energie für eine der schönsten Nebensachen des Lebens, nämlich der Musik, wieder auftanken kann.