Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
27. Oktober 2022, Pratteln – Z7
By Rockslave
Der letzte Besuch der britischen Prog-Metaller im Z7 liegt schon drei Jahre zurück, und der Hauptgrund dafür muss nicht mehr näher erläutert werden. Allerdings war es so, dass begleitend zur damaligen Tour die schnieke Live-Box «Re-Visited Live!» am Merchstand erhältlich und dies gleichzeitig das Abschiedsgeschenk des damaligen Frontmanns Paul Manzi als bis dahin viertem Sänger der Band war. Er entschloss sich, nach einer Dekade, weiter zu ziehen, und was bei anderen Bands zu Kontinuitäts-Problemen führen kann, war hier zum Glück nicht der Fall. Zumindest wurde dies von den Fans der Neo-Progger insofern goutiert, als dass alle Sanges-Künstler jeweils ablieferten und das kompositorische Kern-Duo mit Clive Nolan (Keyboards, Backing Vocals) und Mick Pointer (Drums) stets die entsprechende Qualität an Songs bereit stellte. Früher näher bei den alten Marillion angesiedelt, wandelte sich der Sound im Verlauf der Jahre etwas, blieb dem Genre aber treu und näherte sich mitunter an Shadowland, einer früheren Band von Nolan, an. Die aktuelle Tour brachte nebst dem brandneuen wie hammermässigen neuen Werk «The Theory Of Molecular Inheritance» auch den Einstand von keinem Geringeren als Damian Wilson (Ex-Threshold).
Dieser Wechsel hin zu Shouter Nummer fünf fand zwar schon im Sommer 2020 statt, und die Band gab damals folgendes zu Protokoll: "Wir kennen Damian seit etwa 25 Jahren, und die Idee, dass er für Arena singt, war in der Vergangenheit tatsächlich eine Möglichkeit, aber die Umstände liessen dies damals nicht zu. Da Paul nun aber beschlossen hat, weiter zu ziehen, scheint sich der Kreis zu schliessen, und die Zeit ist jetzt reif!" Und wie sie das war, denn Damian hatte Threshold und sich selber in den vergangenen Jahren auf ein neues Level angehoben. Der direkte Sprung in die Gegenwart zeigt nun letztlich, trotz nicht vermeidbaren Nebengeräuschen auf dem Weg dahin, eine versöhnliche "win-win" Situation für beide Bands. Die Freude bei Arena über den schon länger gewünschten Zuzug dürfte jedoch noch etwas grösser sein, aber der aktuelle Stellenwert von Glynn Morgan bei Karl Groom & Co. ist unbestritten, und hier wartet man ja gespannt auf das neue Album. Das hatten Arena freilich schon mit im Gepäck, denn es war am heutigen Abend noch keine Woche her, seit es erschienen ist. So lag es nahe, dass mit dem Opener «Time Capsule» gleich ein neuer Song ausgewählt wurde und sich Damian damit umgehend auszeichnen konnte. Die Anzahl der Besucher war überschaubar, leider muss man sagen, aber Prog Metal fristet ja seit je her, ausser bei Dream Theater, ein Schattendasein im kommerziellen Sinne, aber das dürfte die Zunft der Kenner und Die-Hard Progger kaum bis gar nicht stören.
Man ist gerne unter sich und legt dafür auch mehr "Fansein" in die Waagschale. So wurden Arena zu Beginn entsprechend "frenetisch" begrüsst, insbesondere Mr. Wilson. Da, wie 2019 schon, auch diesmal keine Support-Band aufspielte, rätselten oder freuten sich die Fans auf die anstehenden Soundperlen gleichermassen, je nachdem wer sich vorher bei setlist.fm schlau gemacht hat oder eben gerade nicht. Bei mir reichte schon der Anfang, um gleich eine Gänsehaut zu kriegen! Verdammt klang das geil, und bei allem Respekt für Paul Manzi und seine Vorgänger, aber Damian scheint nun definitiv angekommen zu sein. So war es für ihn als Profi natürlich kein Problem, sich die ihm bisher noch nicht geläufigen Songs adäquat drauf zu packen und mit dem unnachahmlichen Timbre seiner genialen Gesangsstimme zu versehen. So ging die Reise los durch den Backkatalog, und interessanterweise dominierte das Album «The Visitors» (1998) immer noch mit nicht weniger als fünf Songs, dicht gefolgt vom neuen Opus und «The Seventh Degree Of Separation» (2011). Die Prog-Nerds unter dem Publikum hörten natürlich genau zu, was da geboten wurde, und je länger das Ganze andauerte, wurde der Applaus stetig lauter, und das lag an der ganzen Band, Ausgabe 2022 oder seit 2020 so zu sagen.
Auch wenn die bisherigen Sänger andere Stimmlagen hatten, und zum Beispiel Paul Wrightson (der mitunter «The Visitor» eingesungen hat) eine Mischung aus Fish (mehr) und Peter Gabriel (weniger) war, überzeugte Damian mit seinen Interpretationen auf ganzer Linie. Der geneigte Progger konnte sich geistig locker wie leicht in dieses Sound-Universum fallen lassen und einfach nur geniessen. Das Sezieren der Setliste von wegen was fehlte oder nicht, folgte auf dem Fusse, und was zumindest mich angeht, so fehlen mir fast immer die geilen und alten Schoten des Debüts wie «Out Of The Wilderness» oder natürlich das eigentlich unverzichtbare Epos «Solomon». Am Ende der fast zweistündigen Show der Extraklasse waren sich aber alle einig, dass hier nur das Prädikat "Weltklasse" verliehen werden konnte. Das Tüpfelchen auf dem berühmten "i" war dann das schöne Mediabook des neuen Albums, das ich mir nachher am Merchstand noch so gerne abgegriffen habe. So darf es mit Arena ruhig und möglichst noch lange weiter gehen, und ich bin natürlich jetzt schon mächtig gespannt, was Threshold bald heraus hauen werden. Die Erwartungen sind, wie der heutige Konzertabend, schlicht gigantisch!
Setliste: «Time Capsule» - «Rapture» - «Bedlam Fayre» - «How Did It Come To This?» - «The Butterfly Man» - «Paradise Of Thieves» - «The Equation (The Science Of Magic)» - «A Crack In The Ice» - «Salamander» - «A State Of Grace» - «The Ghost Walks» - «Life Goes On» - «(Don't Forget to) Breathe» - «The Tinder Box» - «The Visitor» -- «Enemy Without» - «Crying For Help VII»