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17. November 2023, Aarburg - Musigburg
By Tinu - Pics by Rönu
Die Tour nennt sich "Origins 3" und sollte das Motto für die drei soeben neu, sprich wiederveröffentlichten Alben «Don't Toucht The Light», «Fireworks» und «Point Blank» sein, welche Bonfire in den Achtzigern zum Durchbruch und dem Status von anerkannten Stars verhalfen. Mit einem neuen Sänger, dem Griechen Dyan Mair, hat sich Bandleader Hans Ziller nun einen Shouter in die Band geholt, der in meinen Augen bedeutend besser zur Band passt als sein Vorgänger Alexx Stahl. Ein weiterer, ganz grosser Pluspunkt ist Trommler Fabio Alessandrini (Annihilator, Rhapsody), der mit seinem Spiel, welches an Tommy Lee (Mötley Crüe), Brian Tichy (The Dead Daisies) und Ken Mary (Flotsam And Jetsam) erinnert, die Aufmerksamkeit der Besucher mit seiner unglaublichen Stick-Show auf sich lenkte. Das Ganze glich der Wiedergeburt einer Truppe, die wieder so ablieferte, wie ich es mir von einer internationalen Combo wünsche.
Crashtime
Bevor Bonfire die Bühne rockten, standen die Jungs von Crashtime als Opener auf der Stage. Sie spielten dieses Jahr bereits als Support von Vicious Rumors in der Musigburg. Damals, wie auch an diesem Abend, blieb jedoch erneut eher wenig hängen, und als der letzte Ton gespielt war, tauchten die Besucher sehr schnell in laute Diskussionen ein, suchten den Weg zur Bar oder gingen an die frische Luft zum Rauchen. Man muss den Jungs allerdings attestieren, dass sie ihren Classic Metal mit viel Hingabe spielen. Allerdings bleibt von den Songs, ausser dem Wolfsgeheule und der dazu gehörenden, schon bekannten Ansage, jeweils kaum was Handfestes übrig. Der Gag mit dem grossen Plakat, auf dem Crashtime einen Refrain schrieben, um das Publikum zum Mitsingen zu animieren, besass seinen Schalk und half effektiv, dass die Anwesenden aus sich heraus gingen. Am Schluss schien sich das Publikum jedoch nur auf den Headliner fokussiert zu haben.
Dave And The Dudes
Zuerst gehörte die Aufmerksamkeit aber der nachfolgenden Truppe aus der Innerschweiz, denn ab Dave & The Dudes merkte man umgehend, dass sich der musikalische Level änderte. Hier ging es nicht um die Qualität, sondern die Mitreisser-Mentalität, welche die Lieder der Truppe um Sänger Dave Niederberger, den man ja von Fighter V her kennt, mit sich bringen. Der Muskelberg liess es sich nicht nehmen, seine David Lee Roth Spagat-Sprünge vorzuführen. Wie dankbar ihm seine nicht aufgewärmten Muskeln waren, zeigte sich an diesem Abend allerdings deutlich.
Es waren die groovigen und rockigen Momente, welche Dave und seine Combo viel sympathischer erscheinen liessen und was sofort in die Beine des Publikums ging. Apropos Beine, bei der Cover-Version von «Jailhouse Rock» hüpfte der Sänger spontan in die Leute hinein und animierte alle zum Mittanzen. "Danke für eure Einlage, auch wenn diejenige dort hinten etwas gar heftig ausgefallen ist!" bedankte sich der Helvetier beim Publikum. Eine weitere Cover-Version riss das Publikum nochmals mit, als nämlich Bryan Adams «Summer Of 69» gespielt wurde. Cooler Gig einer aufstrebenden Truppe, bei der sich Dave aber noch ein bisschen die Hummeln aus dem Arsch schlagen muss, da seine "Duracell Häschen Attitüde" teilweise zu viel des Guten sein kann.
Bonfire
Danach gehörte die Bühne aber Gitarrist Hans Ziller und seinen Jungs, welche zu einem wundervollen Freudenfest einluden. Woran dies lag? Es war die Band-Konstellation, die mit einer unglaublichen Spielfreude aufwartete, welche jeden Besucher ansteckte. Dazu kam eine Setliste, welche nur aus den drei oben erwähnten Alben bestand. Das kann man gut finden oder sich zumindest fragen, wieso gewisse Hits («Daytona Nights», «Until The Last Goodbye», «Strike Back», «What's On Your Mind», «Day 911») nicht den Weg ins Set fanden. Am Ende präsentierten die Jungs jedoch Hit an Hit und einen rundum gelungenen Gig. Mit Bassist Ronnie Parkes hat die Band seit 2014 einen grandiosen Bassisten in ihren Reihen, welcher seine Töne pumpend ins Publikum pfeffert und jeweils mit einem breiten Grinsen auf der Bühne steht.
Mit Schlagzeuger Fabio sitzt ausserdem ein blonder Jüngling hinter den Kesseln, der mit filigraner Technik und hammerharten Schlägen auf sein Arbeitsgerät eindrischt. Seine Stick-Show, sprich diese drehten sich konstant flink in seinen Fingern oder flogen hoch, sucht Seinesgleichen, und sein Solo bewies, wieso er neben Bonfire auch den nicht einfach zu besetzenden Posten bei Annihilator innehat. Zusammen mit Frank Pané zeigte er seine Fähigkeiten bei einem gemeinsamen Kurz-Duett. Frank war derweil einmal mehr ein Meister seines Fachs. Das kurze, feine Flamenco Akustik-Solo zu Beginn seiner solistischen Darbietung schien nicht von dieser Welt zu sein und initiierte, was der Deutsche in den folgenden Minuten aus seinen Fingern hervor zauberte.
Sind Gitarren-Solos an anderer Stelle langweilig, feuerte Mister Pané ein wahres Freuden-Feuer ab! Waren es Klassik-angehauchte, feinfühlige Parts oder schwindelerregende Momente, der Junge beherrscht einfach alles, was einen Top-Gitarristen ausmacht. Dyan ist zudem eben der neue Mann am Mikrofon, und mit seinen langen Haaren liess er die Mädchenherzen hörbar höher schlagen. Seine kräftige Stimme passt sehr gut zu den Hits von Bonfire, und das Lob von Hans hatte sich der Grieche mit Bravour verdient. "Dyan wird es noch weit bringen, aber leider werde ich dies nicht mehr erleben, da ich ja schon in Rente bin", liess der Bandleader das Publikum lachend wissen. Hans himself trat immer wieder ans Mikro, um Ansagen zu machen.
Dies hatte man in den letzten Jahren noch nicht erlebt. Zum einen verkündete er, dass die Truppe nun schon seit 51 Jahren (!) am Musizieren sei und dass neben den soeben erschienenen, drei "neuen Scheiben" das neuste Werk schon fertig sei. Und als er nach dem letzten, offiziellen Song («Ready 4 Reaction») seinen Sänger, als dieser die Stufen zum Backstage-Bereich schon hochgestiegen war, mit den folgenden Worten zurückholte, hatte der ergraute Gitarrist nicht nur die Lacher des Abends auf seiner Seite, sondern wirkte zudem sehr bodenständig. "Wieso sollen wir hochgehen und auf den Applaus warten? Nur um ganz überrascht wieder herunter zu kommen und die Zugaben zu spielen? Wir spielen sie ja sowieso!"
Hans selber zelebrierte seine seit Jahrzehnten bekannten Riffs und Solos, genoss den Gig sichtlich und überliess das Rampenlicht gerne Frank und Dyan, welche in der Bühnen-Mitte für viel Power und Bewegung sorgten. Zusammen mit Frank wurden dabei die Erinnerungen an das "Accept Ballett Posing" wach. Rein songtechnisch liessen Bonfire nichts anbrennen und starteten mit «Starin' Eyes», «Hot To Rock» und «Never Mind». Schade war dabei nur, dass Hans und speziell Ronnie immer wieder im Dunkeln standen. Da bewies der Lichtmischer nicht gerade ein glückliches Händchen, woran dies auch immer gelegen sein mag?!
Grossartig zeigten sich dafür Sound-Perlen wie «Fantasy», «Bang Down The Door», «Hard On Me» und «Don't Get Me Wrong», bevor es mit «Who's Foolin' Who» zum ersten Mal richtig gefühlvoll wurde. Das Quintett machte keine Gefangenen und spielte sich mit einer unglaublichen Sicherheit, Spielfreude und Lockerheit durch das Set hindurch. Es war richtig schön, die Truppe wieder so abrocken zu sehen. Etwas, das in dieser Qualität schon länger nicht mehr zur Tages-Ordnung gehört. Hoffen wir, dass Bonfire mit dem nächsten Album, das 2024 erscheinen wird, erneut die Bühnen in der Schweiz beglücken werden. Ich werde dann garantiert wieder mit dabei sein, und die heutige Herausforderung, mich zwischen The Darkness im Z7 und Bonfire in der Musigburg zu entscheiden, entpuppte sich zu 101 % als die richtige!
Setliste: «Intro The Rising» - «Starin' Eyes» - «Hot To Rock» - «Never Mind» - «Fantasy» - «Bang Down The Door» - «Hard On Me» - «Don't Get Me Wrong» - «Who's Follin' Who» - «Guitar Solo Frank / Guitar Solo Frank – Drum Solo Fabio / Drum Solo Fabio» - «Tony's Roulette» - «Sword And Stone» - «Longing For You» - «S.D.I.» - «Sweet Obsession» - «American Nights» - «Champion» - «Ready 4 Reaction» -- «You Make Me Feel» - «Don't Touch The Light»