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18. April 2024, Aarburg – Musigburg
Text & Pics by Oliver H.
Im April macht das Wetter, was es will! So auch an diesem Donnerstag, an dem die Brasilianerinnen von Crypta eigentlich etwas Sonne in die Musigburg hätten bringen sollen, lag am Morgen noch Schnee. Am Abend war es dann nur noch kalt und nass, wobei in der Musigburg schwüle Temperaturen herrschten. Im nicht ausverkauften Lokal warteten Musikjünger jeden Alters darauf, dass es musikalisch etwas auf die Ohren gibt. Die Stars des Abends - der brasilianische All-Female-Vierer Crypta. Als Anheizer hatten sie die Dänen Plaguemace und Nakkeknaekker im Gepäck, die wohl eher ihr Wetter in die Schweiz mitbrachten. Völlig egal, denn im Inneren begann die Stimmung bereits vom ersten Eröffnungs-Act an zu kochen.
Plaguemace
Im Sommer 2019 schrieben die Brüder Andreas und Simon Truelsen in einem staubigen alten Keller der Stadt Horsens (Dänemark) die ersten paar Riffs, aus denen sich später die Death Metal Band Plaguemace entwickelte. Später, das heisst im November 2020, veröffentlichten sie ihre EP «Primal Priest». Sechs Oldschool Death Metal Songs, vorgetragen mit Rock'n'Roll Attitüde und dröhnendem Kreissägen-Sound. Nun durfte der Fünfer einen gelungenen Metal-Abend eröffnen, und mit im Gepäck die kürzlich erschienene Platte «Reptilian Warlords».
Besonders der Sänger fiel durch ordentlichen Bewegungs-Drang auf, denn er nutzte die Bühne der Musigburg vollends aus. Dabei raunzte und grunzte er ins Mikrofon, um dem Sound seiner Hintermannschaft den nötigen Schliff zu verleihen. Optisch erinnerte die Mannschaft aus Dänemark, allen voran der Frontmann, eher an surfende Sonnyboys denn als Members einer Death Metal Band. Das Äussere täuschte allerdings, denn die Truppe spielte vom ersten Ton an feinsten Todesmetal. Der Fünfer stellte fast alle Songs der neuen Platte vor. Die älteren Tracks liessen sie bewusst zu Hause, wie mir Bassist Ruben Brandt später am Merchstand erklärte.
Fronter Truelsen suchte zwischen den Songs immer wieder den Kontakt zum Publikum und erzählte schlecht verständliche Geschichten, wobei der Sound ansonsten einwandfrei war und richtig tief in den Eingeweiden wummerte. Gegen Schluss sprang er sogar noch von der seitlichen Treppe zurück auf die Bühne, was doch ziemlich Kamikaze war. Nach einem Blick zur "Chefin" Lira, die ebenfalls auf den Stufen sass, spielte die Band noch einen letzten Song, um anschliessend den Stab an die Jungmannschaft von Nakkeknaekker zu übergeben.
Setliste: «Cannibalicious» - «Rhythmic Demise» - «Impenetrable Leather» - «Among The Filth» - «Ambrosia»
Nakkeknaekker
Die Rebellion der Jugend war an diesem Abend spürbar, und sie kam in Form von Nakkeknaekker daher, einer Horde dänischer Jugendlicher, die ihre Interpretation von modernem Death Metal mit skandinavischen und amerikanischen Wurzeln spielen. Obwohl der Fünfer erst zwischen 17 und 22 Jahren alt ist, ist die Spieltechnik der Jungs, ihre Erfahrung auf der Bühne und ihr Songwriting alles andere als primitiv. Schon nach den ersten Takten sah man im Publikum die Wertschätzung für die junge Band und das Erstaunen über ihr Können an den Instrumenten.
Die Jungs selbst scheinen dies auch zu wissen, denn sie feuerten die Menge an, näher an die Bühne zu kommen. Besonders das jüngste Bandmitglied, Schlagzeuger Anton "Hajn" Bregendorf, sorgte mit ständigem Aufstehen und Urschreien für die nötige Motivation. Die Songs die Nakkeknaekker zum Besten gaben, sind momentan noch auf gar keinem Medium erhältlich. An Merch gab es bloss zwei Shirts und einen Sticker. Ihr Debüt-Album folgt im Verlauf des Jahres, mehr durften sie mir allerdings nicht verraten. So bretterte das Quintett durch ihre Setliste hindurch, die ihre Wurzeln bei Entombed und Morbid Angel verorten, sich aber nicht scheuen, auch moderne Elemente einzubeziehen. Die rauen und aggressiven Gitarren sowie der donnernde Bass bildeten den perfekten Soundtrack für die morbiden Texte der Band.
Mit zunehmender Spieldauer wurden die Ansagen von Sänger Christoffer Bach Kofoed immer heiserer, sodass sich mancher im Publikum über die Zukunft seiner Stimmbänder unterhielt. Hoffen wir doch, dass der 22-jährige Frontmann nur leicht erkältet war und nicht bereits auf dem absteigenden Ast sitzt, denn dies wäre sehr schade. Es tut extrem gut, dass der Nachwuchs nicht nur bei den Fans, sondern auch bei den Bands gesichert ist. Nach dem letzten Takt musste die Truppe alles in Rekordzeit zusammen kramen, um Platz für den Hauptact des Abends zu schaffen.
Setliste: «Putrified Body Fluid» - «Horizon Of Spikes» - «Shackled To A Corpse» - «Nephilim» - «Unholy Inquisition» - «Absorption» - «Face-Splitting Madness»
Crypta
Die brasilianische Death Metal Band, die 2019 von Luana Dametto und Fernanda Lira (beide Ex-Nervosa) gegründet wurde, setzte 2021 mit ihrem Debüt-Album «Echoes Of The Soul» neue, musikalische Massstäbe. Nun hat der Vierer, vervollständigt durch die Gitarristinnen Tainá Bergamaschi und Jéssica di Falchi, ihr aktuelles Zweitwerk «Shades Of Sorrow» im Gepäck, um es live unters Volk zu bringen. Die Schlagzeugerin Luana Dametto sass schon eine Weile hinter ihren Drums, als die restlichen Ladies von Crypta die Bühne betraten. Krachend legte der Vierer vor einem imposanten Backdrop los. Frontröhre und Bassistin Fernanda Lira nahm hinter ihrem Messer gespickten Mikrofonständer Platz. Ihre typischen Posen und wilden Gesichts-Grimassen liessen nicht lange auf sich warten.
Da Lira etwas an ihr Mikro gebunden war, sorgten die beiden Axt-Schwingerinnen für die nötige Bewegung auf der Bühne. Wenn sie nicht mit Headbangen beschäftigt waren, tauschten sie immer mal wieder ihre Plätze – sehr zur Freude der filmenden Handy-Fraktion, die leider auch deutlich zugenommen hat. In bester Death Metal Manier rockten die vier Damen die Bühne, allerdings nicht in bester Tonqualität. Es war wirklich schade, dass der Crypta-Sound zwar laut, aber nicht immer deutlich zu hören war. Stellenweise fehlten die Vocals, dann waren die Gitarren etwas breiig, was bei den beiden Support-Acts nicht der Fall war. Dies tat der Stimmung allerdings keinen Abbruch, denn die Crowd feierte ihre Heldinnen auf der Bühne trotzdem lautstark ab. Fernanda ganz Profi, sprich sie wusste genau, wie sie sich hinstellen oder was sie sagen musste, um eine Resonanz der Fans zu erhalten.
Aber auch Tainá und Jéssica konnten sich ihre Lorbeeren abholen, wenn sie etwas mehr in Bühnenrand-Nähe kamen. Crypta spielten ihren Set ziemlich nahtlos durch, ohne gross zu verschwinden und für eine Zugabe wieder zu kommen. Sie kündigten den letzten Song des Abends mit einem Lächeln an und zogen diesen knallhart durch. Im Anschluss verbeugte sich der Vierer vor den Fans, und zum Abschied gab es noch etliche Handshakes. Somit war ein weiterer Krawall-Abend Geschichte, und wer sich etwas gedulden mochte, konnte mit den Crypta-Ladies noch ein paar Worte wechseln und ein Erinnerungs-Foto schiessen. Sehr sympathisch diese vier Damen!
Setliste: «The Other Side Of Anger» - «Poisonous Apathy» - «Lift The Blindfold» - «The Outsider» - «Lullaby For The Forsaken» - «Stronghold» - «Limbo» - «Trial Of Traitor» - «Under The Black Wings» - «Dark Clouds» - «Shadow Within» - «Agents Of Chaos» - «Lord Of Ruins» - «From The Ashes»