Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
09. April 2022, Pratteln – Z7
Eines war für mich sonnenklar. Nach zwanzig Monaten Konzertabstinenz musste das Erste eines sein, das vor Spass und positiver Energie nur so strotzt. Schliesslich wusste ich im Vornherein nicht, ob ich so viele Menschen auf einem Haufen überhaupt noch aushalte. Doch bereits beim Betreten des Z7 fühlte ich mich wie zu Hause, und die Menschen in der Halle waren relaxt, happy und ausgelassen. Diese "Ruhe vor dem Sturm" Stimmung war klar den Protagonisten des Abends – Rauhbein und d’Artagnan – zu verdanken, die schon im Vorfeld eine gute Zeit versprachen. Das Gefühl, als die ersten Töne von der Bühne schallten, war nach dieser langen Zeit ohne Live-Feeling schlichtweg berauschend.
Rauhbein
Ohne grossen Pomp und bereits vor der Kulisse des Hauptacts enterte die Truppe um Henry alias "Rauhbein" die Bühne. Sichtlich gerührt über so viel Publikum, das bereits zahlreich erschienen war, griff der bärtige Haudegen in die Saiten. Man spürte beim Publikum die lange Konzertabstinenz ab Minute eins, denn die Menschen waren völlig von der Rolle und mehr als nur dabei. Sie tanzten und grölten, sangen und sprangen, während der Mann auf der Bühne, schlicht im Trägershirt, einen Song nach dem anderen zum Besten gab. Auf der Bühne inszenierten Rauhbein ein Feuerwerk aus traditioneller irischer Musik und Rock. Henry und seine Band machten dabei die Show zu einem wilden Fest mit irischem Temperament. Dies begeisterte die Massen, und das Publikum begeisterte den Sänger. Er wiederholte ganz oft, dass die Stimmung fantastisch sei und er es kaum glauben könne, dass ihm eine grosse Ehre zuteil werde, vor so einem geilen Publikum zu spielen. Die Songs waren teils fetziger Natur, teils im Midtempo-Bereich angesiedelt und oft mit persönlichen Texten angereichert. Natürlich liess er es sich auch nicht nehmen, auf sein Debüt «Steh wieder auf» aufmerksam zu machen, das offiziell erst im Juni diesen Jahres veröffentlicht wird, bereits aber am Merchstand zu kaufen war. Die Party nahm nochmals richtig Fahrt auf, als er den letzten Song ankündigte und aus einem, dank der guten Stimmung, schnell zwei wurden. Keine fünf Minuten nach seinem Auftritt trippelte "Rauhbein" schon durch die Menge, quatschte hier und da mit Fans, während er sich auf dem Weg zum Fanartikelverkauf befand. Einfach nur sympathisch!
D'Artagnan
Die Hauptspielzeit gehörte aber den Rock-Barden von d'Artagnan». Die zu Beginn ihrer Karriere eher als Schlager-Truppe belächelte Kapelle musste damals viel Häme einstecken, in Anbetracht dessen, dass der Sänger Ben Metzner auch als Prinz R. Hodenherz III den Folk-Rockern von Feuerschwanz vorsteht. Diese geniessen seit Jahren einen hervorragenden Ruf in der Szene. In den letzten Jahren und besonders mit ihrer aktuellen Platte «Feuer & Flamme» konnte die Band aber enorm Boden gut machen und hat sich den Ruf als echte Rockband erarbeitet. Dies wurde auch anhand des anwesenden Publikums bestätigt. Traditionelle Metal-Fans in Kutten standen in der ersten Reihe, wobei sie kurz nach Konzertbeginn durch die weiblichen Fans in die zweite Reihe verbannt wurden. Schon beim Intro geriet die Menge in Bewegung, und die Leute sangen die Melodie lautstark mit. Beim Opener «C'est la Vie» brachen die Dämme und die Freude schoss nur so aus den anwesenden Personen heraus. Die Luft im Raum wurde zwar schnell stickig, dennoch hatte man genug Platz, um richtig abzutanzen.
Nach einem Resümee der letzten zwei Jahre ohne Auftritte, passte der Song «Feste feiern» wie die Faust aufs Auge. Obermusketier Ben schien der momentanen Situation noch nicht vollends zu trauen und forderte deshalb fröhlich dazu auf: "Geniesst jeden Moment so, als sei es bereits wieder der letzte." Die Rollen «Glück», «Schmerz» und «Tod» zum Song «Drei Brüder» wurden vom Publikum schon fast zeremoniell den Hauptakteuren auf der Bühne zugeteilt. Und Ben Metzner (Gesang, Dudelsack, Flöte, Tin Whistle), Tim Bernard (Gitarre, Gesang) und Gustavo "Gustl" Strauss (Geige, Gesang) gaben ihn anschliessend unter lautem Applaus zum Besten. An den älteren Stücken wie «Die Nacht gehört dem Tanze» oder «Seit an Seit» wurden schliesslich die älteren Fans von «d'Artagnan» enttarnt, die diese Lieder Wort für Wort mitsangen, während die neueren Musketier Rock Anhänger eher still mitschunkelten. Mit «Tanz in den Mai» wurde bereits ein Song des im Oktober 2022 erscheinenden Albums «Felsenfest» vorgestellt. Bei «Farewell» musste Gitarrist Tim die Rolle der Gastsängerin Patty Gurdy übernehmen, was er eindrucksvoll und mit Bravour meisterte. Auch Ben fiel es sichtlich schwer, die kochende Stimmung in Worte zu fassen.
Als sich im Publikum noch ein Dreierturm bildete (ein Typ, der einen anderen auf der Schulter trägt und auf diesem noch eine Dame) blieb ihm schlichtweg die Spucke weg und er spendete mit der ganzen Live-Band (Bassist Sebastian Baumann, Schlagzeuger Matthias Böhm und Gitarrist Haiko Heinz) Beifall für diese Showeinlage. «Was wollen wir trinken» war dann auch nur eine rein rhetorische Frage an diesem Abend und die Meute vor der Bühne zeigte es den Musketieren gern. Bei diesem Song durfte auch "Rauhbein" nochmals ran, und Tim malträtierte indes eine riesige Trommel in Takt. Um zu beweisen, dass die Nacht wirklich dem Tanze gehört, packte der blonde Sänger nochmals seinen geschmeidigsten Hüftschwung aus und betörte damit besonders die weiblichen Fans in Bühnennähe. Um zu zementieren, dass sie eine Ehrentruppe sind, schlossen sie den Abend mit dem nicht ganz ernst gemeinten Hochzeits-Schmachtfetzen «Ja ich will». Dieses Versprechen gilt nicht nur unter Eheleuten, sondern galt auch für die Fans, die mit einem lauten "Ja, ich will!" garantierten, die neue Platte zum Jahresende zu kaufen. Ganz schön schelmisch! Nach knapp zwei Stunden verstummten die Klänge, die Klingen wurden in redlicher Musketier-Manier gekreuzt und das Publikum klatschte frenetisch Beifall. Das abschliessende Foto mit den Fans durfte natürlich auch nicht fehlen. Ganz unter dem Motto "einer für alle, alle für einen".
Setliste: «Intro» - «C'est la Vie» - «Flucht nach vorn» - «Feste feiern» - «Chanson de Roland» - «Feuer & Flamme» - «Tanz in den Mai» - «Drei Brüder» - «Solang dein Blut» - «Endlich frei» - «Mein Leben lang» - «Wenn Helden tanzen» - «Glücksritter» - «Farewell» - «Wallenstein» - «Tafelrunde» - «Unplugged Medley» - «Strafe muss sein» - «Was wollen wir trinken» - «Seit an Seit» - «Die Nacht gehört dem Tanze» - «Sing mir ein Lied» - «Ja ich will» - «Outro»