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15. Oktober 2022, Zürich - Hallenstadion
By Rockslave
Knapp eine Woche bevor es mittlerweile fast unfassbare drei Dekaden her war, nämlich am 21.10.1993, seit Deep Purple an gleicher Stelle zum letzten Mal im legendären Mark-II Line-up, sprich mit Gillan, Glover, Paice, Lord und Blackmore auftraten, waren sie nach der zweijährigen Corona-Pandemie endlich wieder zurück. Nicht wenige der Besucher hatten Tickets von 2020 dabei, die ihre Gültigkeit zur nachgeholten Tour vom "aktuellen Studio-Album" «Whoosh!» natürlich nicht verloren. Zudem konnte man trotz der Bestuhlung im Stehplatz-Bereich erfreut feststellen, dass das Konzert praktisch ausverkauft war. Das hätte unter Umständen auch anders aussehen können, denn zum ursprünglichen Termin war die Besetzung der Band noch eine andere, aber die Rock-Götter meinten es letztlich gut mit der britischen Hard Rock Ikone. Als Gitarrist Steve Morse in diesem Sommer bekannt gab, dass er nach 28 Jahren definitiv bei Deep Purple aussteige, um sich fortan um seine krebskranke Frau kümmern zu können, stiess der Nordire Simon McBride als Ersatz dazu. Wobei "Ersatz" masslos untertrieben ist, denn ohne Steve desavouieren zu wollen, hätte nichts Besseres passieren können! Das galt übrigens auch für Jefferson Starship als absoluter Edel-Support.
Jefferson Starship
Es ist überhaupt nicht selbstverständlich, dass Corona-bedingt verschobene Tour-Packages bestehen bleiben, und schon gar nicht, wenn das Ganze um zwei Jahre nach hinten gereicht werden muss. Im Fall der Support-Band von Deep Purple für die "Woosh!"-Tour war es aber so, und deshalb konnte man sich heute Abend auf die Ansage "Ladies and gentlemen..., from San Francisco..., Jefferson Starship" so zu sagen doppelt freuen! Dies umso mehr, als dass ich die amerikanische Kult-Band, die als "Jefferson Airplane" in den 60ern geboren wurde und mitunter 1969 bei Woodstock (!) auftrat, sowie Mitte der 80er unter "Starship" Nummer #1 Hits wie «We Built This City», «Sara» oder «Nothing's Gonna Stop Us Now» produzierte, bisher noch nie live gesehen hatte. Kenner und Altfans fragten sich im Vorfeld mitunter, ob die einstige Leadsängerin Grace Slick noch dabei sei, aber diese zog sich bereits ab 1988, als sie Starship verliess, aus dem Music-Business zurück. Das aktuelle Line-up besteht aus: Multiinstrumentalist und Produzent David Freiberg (84), der unter anderem ja den 1979er Hit-Song «Jane» mitgeschrieben hat, Drummer Donny Baldwin, Bandmember von 1981 bis 1989 und seit 2008 wieder an Bord), Leadsängerin/Gitarristin Cathy Richardson (stiess auch 2008 zur Band), Keyboarder Chris Smith (seit 1998 dabei) und Leadgitarrist Jude Gold, der seit 2012 mittut und bisher auch Solo-Auftritte von Freiberg wie Richardson unterstützte.
Kaum auf der Bühne, legte die Band den Live-Schalter traumwandlerisch um und legte anschliessend einen schlicht begeisternden wie astreinen Auftritt hin, der von der professionellen, instrumental perfekten sowie natürlich wirkenden Performance umgehend an TOTO erinnerte. Da "wackelte" soundmässig zu keinem Zeitpunkt auch nur etwas, und gesanglich harmonierten Cathy wie David vom Allerfeinsten. Beide spielten teilweise noch zusätzliche Gitarren. Mein Highlight war natürlich die bereits erwähnte Song-Perle «Jane», die sich ein gewisser Aldo Nova wohl sehr oft angehört haben musste, bevor dieser 1982, also drei Jahre später, seinen partiell ziemlich ähnlich klingen Klassiker «Fantasy» schuf. Zum Schluss folgte mit «Somebody To Love» noch ein musikgeschichtlicher "Aha-Moment", denn wer diesen bekannten Hit bisher ausschliesslich Mother's Finest zuschrieb, wurde eines Besseren belehrt. Das Publikum wie meine Wenigkeit hätten sich sehr gerne noch mehr von Jefferson Starship angehört. Hoffentlich bald wieder! Einziger und echt ärgerlicher Tiefpunkt war allerdings ein "logistisches Versäumnis" seitens des Veranstalters, das zum grossen Erstaunen der vollständigen Fotographen-Crew dazu führte, dass von der Support-Band keine Fotos aus dem Pit heraus gemacht werden durften! Was zunächst als mögliche Laune der Band oder deren Management aufgefasst wurde, entlarvten entsprechende Tour-Mitschnitte im YouTube auf dem Fusse!
Setliste: «Find Your Way Back» - «Ride The Tiger» - «It's About Time» - «Sara (Starship Cover)» - «Nothing's Gonna Stop Us Now (Albert Hammond Cover)» - «White Rabbit (Jefferson Airplane Cover)» - «We Built This City (Starship Cover)» - «Jane» - «Somebody To Love (Jefferson Airplane Cover)»
Deep Purple
Wie einige andere Künstler und Bands auch, musste die Hard Rock Ikone Deep Purple ebenso in den sauren Corona-Apfel beissen und die geplante «Woosh!» Tournee gleich zweimal verschieben! Ein Szenario, dass es bisher in dieser Ausprägung noch nie gab und sich hoffentlich nie mehr wiederholen wird! Im ungünstigsten Fall hätte so eine Konstellation, je nach Gesundheit der Musiker, katastrophale Ausmasse annehmen können. Etwas davon ist ja leider, wie bereits dem Vorwort zu entnehmen ist, geschehen, aber Letztlich obsiegte der Rock'n'Roll Spirit und ein sehr berühmter Song mit entsprechendem Tiefgang: «The Show Must Go On»! Nichts trifft eigentlich besser auf die britische Rock-Legende zu, die sich seit über einem halben Jahrhundert vor allem durch ihre Live-Auftritte definiert. Dass hierbei die alte Garde, sprich Ian Gillan (77), Roger Glover (77), Ian Paice (74) und Don Airey (74) dies immer noch stemmt und heuer sogar besser wie schon lange nicht mehr, verdient uneingeschränkten Respekt, wie auch die Situation und Entscheidung von Steve Morse. Die Rock-Götter meinen es jedoch nach wie vor gut mit den Altrockern und bescherten ihnen nun mit dem erst 43-Jährigen Ausnahme-Gitarristen Simon McBride die bestmögliche Blutauffrischung. Inzwischen als festes Bandmitglied bestätigt, sprang Simon schon im Frühsommer bei diversen Openair-Auftritten als Ersatz ein und lieferte von Beginn weg ab, und wie! Selbst zunächst eher skeptisch eingestellte Altfans realisierten übereinstimmend, dass Simon genau der nun dringend benötigte Jungbrunnen mit der spielerischen Charakteristik von Gary Moore (R.I.P.) und Joe Satriani ist, der den im Hafen schwimmenden Kahn wieder seetauglich macht!
Die spürbar zugenommene oder sagen wir mal "zurück gekehrte Härte" lässt bereits den legendären Opener «Highway Star» wieder in hellstem Licht erscheinen! Der laute und aggressivere Gitarren-Sound von Simon haucht den alten Schoten spürbar neues Leben ein und überzieht neueres Material mit prickelnder Frische. Während Steve über die Jahre gewissen alten Songs seinen eigenen Stempel aufdrückte, interpretiert Simon das Ganze etwas linientreuer und vermag dabei auch eigene Vibes songdienlich unter zu bringen. Das kommt zum Beispiel «Lazy» oder «Anya» zugute, während bei «When A Blind Man Cries» vor allem Ian Gillan brilliert und man nicht recht weiss, woher der gute Mann diese Kraft und Ausgeglichenheit hernimmt. Auch «Perfect Strangers» schiesst aus allen Rohren und verursacht eine permanente Gänsehaut. Längst hatte sich das zunächst brav sitzende Stuhlvolk vor der Bühne erhoben, antizipierte und sog alles in sich auf. Die Stimmung im Hallenstadion war für (Deutsch-) Schweizer Verhältnisse bemerkenswert gut. Stellte man sich bei «Space Truckin'» ausserdem vor, dass dieser Kult-Song vor einem halben Jahrhundert in Japan gespielt wurde und zu einem der besten Live-Rockalben ever beitrug, musste man an der Stelle einfach in Ehrfurcht versinken, zumal da Mr. McBride noch nicht mal geboren war, unfassbar! Und dieser "junge Mann" dachte sich beim Anschlagen des Haupt-Riffs von «Smoke On The Water» womöglich nicht so viel, respektive kommt sich wohl permanent in einem falschen Film vor. Auf sein Spiel färbt das freilich nicht ab, denn mit jedem Auftritt mehr gewinnt die Chose an Kontur, und hoffentlich folgt noch ein neues (letztes?) Album und eine weitere Tour! Bitte bitte, ja?!
Setliste: «Mars, The Bringer Of War (Intro von Gustav Holst)» - «Highway Star» - «Pictures Of Home» - «No Need To Shout» - «Nothing At All» - «Uncommon Man (mit Guitar-Solo Simon McBride)» - «Lazy» - «When A Blind Man Cries» - «Anya» - «Keyboard Solo Don Airey» - «Perfect Strangers» - «Space Truckin'» - «Smoke On The Water» -- «Hush (Joe South Cover)» - «Bass Solo» - «Black Night»