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18. November 2021, Pratteln – Z7
Die deutsche Thrash Institution Destruction zeigte dem Virus den gestreckten Mittelfinger und lud zum gemeinsamen Bangen im Z7 ein. Zum ersten Mal sah ich Schmier und sein Abrisskommando ohne den langjährigen Gitarristen und Gründungsmitglied Mike, der kürzlich aus der Band ausstieg. Gespannt war ich, denn mit der Hinzunahme eines zweiten Saiten-Teufels (Damir) 2019 erhielt der Sound einen noch fetteren Anstrich. Auch dank Trommler-Ass Randy Black, der ein Jahr früher bei Destruction einstieg. Die Vorfreude war somit riesengross, und sowas kann oftmals in einem Fiasko enden, sprich man wird von seinen Lieblingen enttäuscht. Nicht so von Schmier, Randy, Damir und Mike-Ersatz Martin!
Pessimist
Als erste Truppe an diesem Abend durften Pessimist, die aus Weil Am Rhein stammen, auf die Bühne. Das Quintett spielte sehr groovenden Thrash Metal, der geprägt war durch das wütende Geschrei von Sänger TZ. Das Coole am Opener war jedoch, dass er sich nicht nur grobmotorische und auf die Doublebass-Drums bolzende wie neue Geschwindigkeitsrekorde aufstellende Songs konzentrierte, sondern hier bedeutend mehr zu bieten hatte. Oldschool hoch drei oder anders gesagt eine gute Mischung aus der Bay Area und den deutschen Thrash Helden. Was mich allerdings überraschte, war die eher maue Bühnenpräsentation. Auch wenn die Haare stetig in Bewegung waren, wäre mehr Action auf der Bühne durchaus positiv aufgefallen. Letztlich ein Auftritt, der musikalisch zwar ansprechend war und mit einer agileren Präsentation deutlich mehr Applaus erhalten hätte.
Fateful Finality
Mit zwei Lead Sängern und einer gehörigen Portion Thrash Metal überzeugten anschliessend Fateful Finality , die sich damit stetig auf der Überholspur befanden. Auch hier schrien sich die Shouter die Stimmbänder blutig. Agierten Pessimist zuvor noch etwas "gehemmt" auf der Bühne, so gingen Fateful Finality bedeutend aggressiver ans Werk und boten auch optisch mehr. Was dem Quartett allerdings fehlte, sind die groovenden Momente, die hier bedeutend zu kurz kamen und der musikalische Angriff somit kaum zu verdauen war. Denn genau in diesen Momenten, heisst wenn Fateful Finality mit Midtempo-Breaks kurz inne hielten, sprang die wahre Brachialität aus den Songs heraus. Trotzdem wusste die Truppe aus Südbaden insgesamt zu gefallen und genoss den Applaus nach ihrem Auftritt sichtlich. Wie gross aber die Unterschiede der beiden Support-Bands im Vergleich zu Destruction waren, zeigte sich schon in Kürze, denn in Bezug auf Bühnenpräsenz, Dynamik und Spielfreude spielten die Thrash Helden in einer ganz anderen Liga.
Destruction
So, und wenn ich jetzt nicht mehr aus dem Schwärmen heraus komme, dann hat das damit zu tun, dass Destruction einen wirklich fulminanten Auftritt aufs Parkett gelegt haben. "Die Mutigen sind hier" bemerkte Schmier und bedankte sich immer wieder bei den Anwesenden für ihr Erscheinen in diesen noch immer "komischen" Zeiten. Die Fans wurden mit einer Thrash Keule vom Feinsten fürstlich belohnt, die Ihresgleichen suchte. Auch wenn dieser Auftritt sicher nicht der Beste sein wird, den das Quartett absolviert, konnte die Spielfreude an diesem Abend auch nicht durch ein auseinander fallendes Schlagzeug gebremst werden. Gestartet wurde mit dem bekannten Intro, welches nahtlos in «Curse The Gods» überging. Von Beginn weg fegten die Jungs wie ein Orkan über die Bühne und liessen nichts anbrennen. Waren es die legendären Schreie von Schmier, das filigrane Spiel von Damir, der mit seinen Grimassen die Lacher auf seiner Seite verbuchte, die agile Bühnenpräsenz von Martin oder das knallharte Drumming von Randy, das Quartett hatte definitiv Hummeln im Arsch. Speziell Randy legt den Thrash Helden einen viel erdigeren und organischeren Sound als noch seine Vorgänger vor. Dabei ist es eine wahre Freude dem Kanadier zuzusehen, sofern man den schlagkräftigen Trommler hinter seinen Becken erspähte. Martin und Damir ergänzten sich hervorragend. Mister Eskic spielte dabei die meisten Solos, und dies mit einer traumwandlerischen Sicherheit und Filigranität. Herr Furia konnte derweil mit seinen Riffs und solistischen Einlagen auf sich aufmerksam machen. Schmier war wie immer der Dirigent des Thrash Orchesters. Seine ehrliche und mitreissende Art hat nichts von ihrem Flair verloren. "Wo sind eure Hände? Dafür gibts den «Mad Butcher»" oder "diesen Song haben wir lange nicht mehr gespielt. Dazu brauchte es 365 Jahre und zwei Gitarren. Hier ist «Reject Emotions»“ waren Ansagen, die ihre Wirkung nicht verfehlten. Genauso wenig wie die beiden Tracks, welche Klassiker vor dem Herrn sind.
Die Mischung machte es aus, und so spielten die Jungs acht Hits aus der ersten Phase der Truppe und gleich viele Titel aus der Nachreunion Zeit. Kein Song fiel ab, auch nicht die beiden neuen Tracks «State Of Apathy» und «Diabolical», die als Appetithäppchen vom kommenden Album geboten wurden. Speziell «Diabolical» war den Anwesenden völlig unbekannt, da dieser Track erst am 17. Dezember 2021 veröffentlicht wird. Diesen Song gleich als erste Zugabe zu spielen, zeugt davon, wie überzeugt die Jungs von dieser Nummer sind. Waren es die Hymne «Thrash Till Death», das unglaublich geile «Inspired By Death» vom letzten Studioalbum «Born To Perish», das oft vergessene «Armageddonizer» oder die Klassiker «Deathtrap», «Live Without Sense» und «Total Desaster», es folgte Hit auf Hit. Dazu veränderte Schmier immer seine Position am Mikrofon, wechselte beim Gesang zwischen sich wie dem Rest ab und liess seine beiden Gitarristen die Plätze auf der Bühne tauschen. Damir liess es sich dabei nicht nehmen, die Fans immer wieder anzutreiben und Randy brillierte mit einem feinen Solo, das von Annihilators «Set The World On Fire» eingeläutet wurde. "Das für euch zu spielen, hat gefehlt. Danke, dass ihr da seid!"
„Wir spielen einen Scheiss-Klassiker, Tommy (der Ur-Trommler befand sich auch im Z7) wo bist du? Wir nehmen nachher noch ein Feierabendbier. Ihr kennt den nächsten Song? "Mit BESTIAL… kündete Schmier den Über-Hit seiner Band an, und die Fans schrien geballt zurück: …INVASION!". So muss ein Gig sein! Destruction liessen absolut nichts anbrennen und legten sich für ihre Fans mit einer geilen Show voll rein. Sie waren heiss und hinterliessen beste Werbung in eigener Sache. Was will man mehr? Selbst mein absoluter Lieblingstrack «Antichrist» befand sich in der Setliste. Danke dafür Schmier! In dieser Form zelebrierte sich die Truppe als beste Thrash Band auf diesem Planeten. Mit dermassen viel Spielfreude, Energie und Dynamik in den Backen gehören die Jungs auf den Thrash Thron, ohne Wenn und Aber! Hier standen keine Egos auf der Bühne, sondern eine verdammte Einheit, die noch mehr zusammenwachsen wird und unbeirrt ihren Weg geht, garantiert! Hat man Mike vermisst? Klar, wer so lange eine Band mitbestimmt hat, gerät nicht so leicht in Vergessenheit. ABER! Schmier hat das Beste daraus gemacht, greift an und hat Musiker um sich geschart, welche am gleichen Strang ziehen. Wie oft habe ich Destruction mittlerweile nun schon gesehen? Keine Ahnung, aber dieser Gig gehört, entgegen meiner Einschätzung zu Beginn, definitiv und mindestens zu den drei besten ever!
Setliste: «Curse The Gods» - «Deathtrap» - «Nailed To The Cross» - «Born To Perish» - «Armageddonizer» - «Mad Butcher» - «State Of Apathy» - «Reject Emotions» - «Thrash Till Death» - «Drum-Solo Randy Black» - «Antichrist» - «Guitar Solo Damir - Martin» - «Inspired By Death» - «Live Without Sense» - «Bestial Invasion» - «The Butcher Strikes Back» -- «Diabolical» - «Total Desaster»