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08. Dezember 2023, Pratteln - Z7
By Rockslave
Kaum zu glauben, aber wahr, dass ich nach der selbst gewählten Absenz von über einem halben Jahr im Z7 (die sich halt so ergeben hat) im Dezember insgesamt zu gleich drei Gigs aufmarschieren sollte. Nach dem gestrigen Auftakt mit der Southern Rock Legende Molly Hatchet standen heute Abend die Lands-Kollegen Extreme nach dem Open-Air Auftritt von 2017 als kultige wie polarisierende Ami-Band diesmal auf der Indoor-Bühne und führten dabei das brandneue Studio-Album «Six» mit im Gepäck. Somit erfüllte sich meine damals gemachte Anmerkung von wegen neuen Songs, auch wenn dies letztlich noch sechs lange Jahre dauern sollte. Mit The Last Internationale war ausserdem eine interessante Truppe aus New York als Support dabei, die ich zuvor nicht kannte, obwohl sie eigenen Aussagen zufolge schon mal hier in Pratteln aufgespielt hatten.
The Last Internationale
Dies traf dann wohl aber nur für Leadsängerin Delila Paz und Gitarrist Edgey Pires zu, die den Posten der Rhythm-Section, also Bass und Schlagzeug, scheinbar oft wechseln, und schaut man sich zum Beispiel im YouTube Live-Aufnahmen vom letztjährigen Auftritt beim "Hellfest" an, standen, zusammen mit Keyboarder Steve Shakaponk, noch Mandris Shakaponk (b) und Ion Meunier (d) auf der Bühne. Heisst das kreative Duo bei TLI besteht aus Delila sowie Edgey (der ursprünglich aus Portugal stammt), und die beiden sind schon ein paar Jährchen, sprich seit 2013 unterwegs. Gezockt wird emotional aufgeladener Alternative, respektive Indie Rock mit Folk-Sprengseln, der ganz in der energetischen Live-Performance der Protagonisten aufgeht. Im vergangenen Sommer (21. Juli 2022) schaffte die Band in Amsterdam (im monströsen Ziggo Dome) gar einen Support-Slot für KISS zu ergattern. Weitere begleitete Künstler wie Bands waren Neil Young, The Who, Deep Purple, Guns n' Roses, Kings Of Leon, Slash oder One Republic sowie Teilnahmen bei den meisten, grossen Festivals in Europa.
Dass TLI es in der Tat faustdick drauf haben, bewiesen sie auch heute Abend, denn ab der ersten Sekunde an ging die Truppe steil ab und versprühte nichts als die pure Freude an ihrer Performance. Die aktuellen Tour-Begleiter in den Personen von Miguel Marques (b, keyb) und Helena Peixoto (d) waren um einiges jünger, und zusammen lieferten sie einen Killer-Set ab, der selbst mich (von wegen meiner Aversion gegenüber Alternative- und Indie-Sounds) restlos überzeugte. Delila schnallte sich zudem den Bass mehrfach selber um und "verbannte" währenddessen Miguel vor das Keyboard. Helena lieferte unabhängig davon einen permanent fetten Groove ab und stand ihren männlichen Vorgängern und/oder Kollegen in Nichts nach. Schade war aber auch an dieser Stelle, dass die Band die Z7-Bühne, kaum warmgespielt, nach etwas mehr als einem halben Stündchen bereits wieder verlassen musste. Dem sagt man dann unter dem Strich klassisch "Perlen vor die Säue geworfen!"
Setliste: «Intro / A Capella» - «Killing Fields» - «1984» - «Wanted Man» - «Hard Times»
Extreme
Und nun oblag es dem Headliner des heutigen Abends, hier noch einen drauf zu setzen, was dann auch schon bald geschehen sollte. Das Publikum (ich würde mal schätzen, dass das Z7 etwa gut zur Hälfte gefüllt war) zeigte sich bereit und empfing Gary Cherone (v) und Nuno Bettencourt (g/v) als verbliebene Gründungs-Mitglieder sowie Pat Badger (b/v) und Kevin Figueiredo (d), beide seit 2008 dabei, wobei Pat nach dem Break ab 1994 wieder, freudig wie lautstark zugleich. Dazu passte der groovige Opener «It ('s A Monster)» bestens, gefolgt von «Decadence Dance», nota bene beides Tracks ab dem zweiten Album «Extreme II: Pornograffitti (A Funked Up Fairy Tale) von 1990, also dem rentenabsichernden Werk, was ja bekanntlich auf ein natürlich noch etwas später im Set folgendes "nettes Akustik-Liedchen" zurück geht. Das Quartett präsentierte sich in blendender Verfassung wie Spiellaune, und man wähnte sich glatt drei Dekaden früher.
Zum einen wegen der agilen Performance und zum anderen, weil sich unter anderem Nuno auch optisch nach wie vor "jugendlich frisch" präsentierte, was speziell auch auf Gary zutraf. Die Bühnenfläche war, bis auf einen Drum-Riser, grossflächig frei von Amps oder Dekorationen und erlaubte den Musikern so permanente Stellungs-Wechsel. Gary machte zwischendurch einen auf David Lee Roth, einfach ohne dessen Spagat-Sprünge. Gesanglich stiess Mr. Cherone oben weg allerdings ein paar Mal hörbar an seine Grenzen, aber der Mann ist mittlerweile auch 62 Jahre alt. Extreme als Kollektiv liessen sich aber zu keinem Zeitpunkt lumpen und lieferten voll ab. Dieser Enthusiasmus auf der Bühne übertrug sich bald auch auf die begeistert reagierenden Zuschauer. Bezeichnenderweise wurden ab dem neuen Studio-Werk «Six» insgesamt sechs neue Songs in den Set integriert, die sich neben dem deutlich älteren Material locker behaupten konnten.
Als dann ein Stuhl auf die Bühne gestellt wurde, war allen klar, dass nun die Zeit für den kommerziellen Monster-Hit «More Than Words» reif war. Zuvor gab Nuno auf der Akustik-Gitarre und etwas später auch bei «Flight Of The Wounded Bumblebee» auf seinem angestammten Arbeitsgerät eindrücklich Zeugnis davon ab, warum sich der erste Axe-Man Peter Hunt schon ganz zu Beginn der Band-Karriere verabschiedet hatte. Die Mitsing-Qualitäten der Fans zum bekanntesten Song der Amerikaner waren hierzu ganz in Ordnung, aber weit von einem Ekstase-Level entfernt. Sowas geschieht halt, wenn überhaupt noch, immer seltener in der Gegenwart. Nach fast zwei Stunden ging auf jeden Fall ein überraschend gutes Konzert zu Ende, und wer auf diese Mucke steht, war anwesend und verbrachte einen wunderbaren Konzertabend, der, zusammen mit The Last Internationale als sackstarke Vorgruppe, in sehr guter Erinnerung verweilen wird.
Setliste: «Intro - (Soundtrack von "King Kong", 1976)» - «It ('s A Monster)» - «Decadence Dance» - «#Rebel» - «Rest In Peace» - «Hip Today» - «Teacher's Pet/Flesh'n'Blood/Wind Me Up/Kid Ego» - «Play With Me (mit Queens "We Will Rock You" als Intro)» - «Other Side Of The Rainbow» - «Hole Hearted» - «Cupid's Dead (mit Sam Cookes "Cupid" und Ausschnitte von Van Halens "Eruption")» - «Am I Ever Gonna Change» - «Thicker Than Blood» - «Midnight Express» - «Hurricane» - «More Than Words» - «Banshee (mit Queens "Fat Bottomed Girls" als Intro)» - «Take Us Alive/That's All Right» - «Flight Of The Wounded Bumblebee» - «Get The Funk Out» -- «Small Town Beautiful/Song For Love (mit Van Halens "Women In Love..." als Akustik-Intro und Tribut an Eddie)» - «Rise» - «Here's To The Losers (als Outro)