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01. Februar 2024, Rubigen - Mühle Hunziken
By Rockslave
Im Vorfeld dieses letztlich eh kultigen Konzertes lag der Fokus für einmal nicht beim Headliner, sondern bei der Vorband! Diese eher seltene Situation hatte allerdings einen triftigen Grund, denn es handelte sich, für die Schweiz gesprochen und vor allem etwas ältere Rockfans, schlicht um eine Sensation! Die Rede ist von Mud Slick, die mit ihrem brillanten Debüt-Album «Keep Crawling In The Mud» von 1993 einen Hard Rock Hammer erster Güte ablieferten, der locker auf Augenhöhe mit den ersten drei Alben von Gotthard stand. Mitunter produziert von Claudio Matteo (China) hatte man ein Genre-Juwel am Start und die Zukunfts-Aussichten von Mainman und Gitarrist Serge Christen, Lead-Sänger Ronnie Fontana, Bassist Dan Lee und Drummer Buddy Knox standen auf Sturm.
Mud Slick
Manchmal geschehen noch Zeichen und Wunder! Mehr als ein Vierteljahrhundert später, nachdem der zweite und stilistisch missratene Longplayer «Into The Nowhere» (1998) seinem Titel alle Ehre machte und die Band noch im gleichen Jahr der Auflösung zuführte, hütete man den genialen Erstling fortan wie einen Schatz in der heimischen Tonträger-Sammlung. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, diese Killer-Songs jemals live erleben zu können! Doch heuer im Jahr 2024 wurde dies Tatsache, und so stand mit Serge Christen und "Buddy Knox" Heinz immerhin noch die Hälfte des einstigen Ur-Line-ups auf der Bühne der Mühle Hunziken. Überhaupt hätte dafür kein besserer Ort als dieser ausgewählt werden können! Die beiden Alt-Recken, die aktuell noch bei Modern Day Heroes zusammen musizieren, verstärkten sich mit Frontmann Colin Hay (Sad Men's Soul, Kilmister) und Bassist Daniel Schmid. Eigentlich wäre auch noch Gitarrist Chris Lauper (Ex-Krokus) als zweiter Gitarrist und Live-Verstärkung vorgesehen gewesen, doch berufliche Umstände liessen dies leider nicht zu.
Das konnte Mainman Serge, der gesundheitlich eigentlich nicht wirklich auf der Höhe war, jedoch nicht bremsen, im Gegenteil! Ein einziger Blick auf die untenstehende Setliste genügt, um den heute Abend nicht anwesenden Leuten klar zu machen, was sie da verpasst haben! Obwohl nicht alles tight auf den Punkt gespielt war, wurde das Ganze von der grenzenlosen Freude über das Stattfinden dieses Konzertes überstrahlt. Die gespielten Songs stehen allesamt auf dem saugeilen ersten Longplayer und verfehlten ihre Wirkung nicht. Leadsänger Colin lieferte dabei eine mehr als ansprechende Performance ab, und je länger das Konzert dauerte, desto mehr nahm der Dampfer Fahrt auf. Die enthusiastischen Reaktionen des Publikums unterstrichen den kaum mehr zu toppenden Kult-Status dieses denkwürdigen Auftritts. Nach knapp einer Dreiviertelstunde war das Schauspiel zu Ende, und es bleibt schwer zu hoffen, dass man diese Truppe bald wieder live geniessen wie abfeiern kann und womöglich gar neue Songs das Licht der Welt erblicken werden. Welcome back Mud Slick!
Setliste: «License To Touch» - «Girls Are On Fire» - «Money» - «Little Girl Don't Talk To Much» - «Manhunt» - «Slow Down» - «Rain» - «Inside Pressure
Gotus
Nach soviel Kult im Vorlauf hätte an der Stelle wohl jede andere Combo einpacken können, doch mit Gotus stand nicht irgendein Headliner auf den Brettern die die Welt bedeuten, sondern eine der heissesten, neuen Formationen im heimischen Rock-Zirkus mit Frontröhre Ronnie Romero (Ex-Rainbow, Ex-CoreLeoni, Ex-MSG, Ex-Vandenberg, Lords Of Black, Elegant Weapons), Gitarrist Mandy Meyer (Krokus, Ex-Cobra, Ex-Asia, Ex-Katmandü, Ex-Gotthard, Ex-Unisonic), Bassist Tony Castell (Ex-Krokus, Ex-Ain't Dead Yet, Ex-Crystal Ball), Drummer Patrick Aeby (Ex-Genocide, Ex-Krokus, Storace) sowie Keyboarder Alain Guy, der schon früher mal mit Mandy zusammen gearbeitet hat. Nachdem zu Beginn noch Dino Jelusić (Jelusick, Ex-Animal Drive, Ex-Whitesnake) das Mikro schwang, ist nun Ronnie bereits auch auf dem bald erscheinenden, selbstbetitelten Debüt von Gotus (VÖ: 19.01.2024) zu hören. Obwohl sich Dino in seiner Rolle grundsätzlich nicht lumpen liess, passt Tausendsassa Ronnie unter dem Strich halt unbestritten noch ein Quäntchen besser zur Band.
Dass diese Besetzung mit so einem Palmarés zunächst einem bunten Mix der einstigen Wirkungs-Stätten frönt und dies zu einem guten Teil immer noch tut, verwundert an der Stelle nicht. Alleine was Mandy musikalisch in die Waagschale zu legen vermag, ist beträchtlich, und dass das eigene Material all diese Einflüsse in sich trägt, ziemlich nachvollziehbar. Zu meiner grossen Freude finden sich aktuell immerhin noch zwei Songs von Unisonic im Set, die, wäre Sänger Michael Kiske nicht zurück zu Helloween, noch bedeutend erfolgreicher hätten werden können, ja müssen! Dies war früher in den 80ern leider auch Cobra nicht vergönnt, dessen Oberkracher «Travelin Man», nebst weiteren Songs im Set, bereits von den frühen Gotthard veredelt wurde. Spätestens mit «Fire», dem nota bene einzigen Song von Krokus, wurde das instrumentale Feuer in der Mühle definitiv entfacht. Allerdings war der Gitarren-Sound beim Riffen zwischendurch etwas schwachbrüstig, wenn man diese Chose, also bei «Fire», schon mehrmals mit drei Gitarren gehört hat.
Nichtsdestotrotz wurde jeder gespielte Song lauter abgefeiert, und die Profi-Truppe liess dabei nichts anbrennen. Fast feuchte Augen verursachte dagegen das Gotthard Cover «Everything Can Change», wo die Gedanken, auch von den Lyrics her, umgehend hin zum unvergessenen Steve Lee wanderten und kein anderer als Ronnie dies passender hätte performen können. Mit «Without Your Love», «Beware Of The Fire» und der zweiten Zugabe «Take Me To The Mountains» wurden immerhin drei neue Songs des kommenden Albums gespielt, die bestens mit dem Rest harmonierten. Mein Favorit war allerdings der Katmandü Song «Warzone», denn diese Truppe mit dem damals blutjungen Leadsänger Dave King (Flogging Molly, Ex-Fastway) hätte über ein riesiges Potenzial verfügt, aber auch hier versandete das Ganze nach der ersten Scheibe. Deshalb macht so eine Combo wie Gotus durchaus Sinn, wo sich, nebst bewährten Songs aus der Vergangenheit, auch das eigene Material locker daneben behaupten kann. Somit mal sehen und vor allem hören, was die Zukunft hier noch alles bringen wird.
Setliste: «Souls Alive (Unisonic Cover)» - «Fallen Angel (Cobra Cover)» - «King For A Day (Unisonic Cover)» - «First Strike & Danger Zone (Cobra Cover)» - «Travelin' Man (Cobra Cover)» - «Fire (Krokus Cover)» - «Reason To Live (Gotthard Cover)» - «Without Your Love» - «Everything Can Change (Gotthard Cover)» - «Beware Of The Fire» - «Top Of The World (Gotthard Cover)» -- «Sirens (Intro) - Warzone (Cover Katmandü)» - «Take Me To The Mountains»