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08. bis 10. Juni 2023, Interlaken - Flugplatz
Text & Pics by Oliver H. & Axera
Greenfield – bereits die 16. Ausgabe erfolgreich hinter sich gebracht und eine Pandemie überlebt - ein etablierteres Rock- und Metal-Festival gibt es in der Schweiz definitiv nicht. Immer in der ersten Juni-Hälfte verwandelt sich der Flugplatz in Interlaken in ein Meer aus Blech, bunten Zelten und einem nie endenden Strom schwarzgekleideter Menschen. Abgesehen von den regional folkloristischen Eröffnungs-Klängen der Alphorn-Fraktion stehen die weiteren Stunden, ja gar Tage, auf Sturm. Während drei Tagen sägen Gitarren-Riffs Furchen in den Fels, bringen die Drums die Berge zum Beben und diverse Vokalisten brüllen die Blätter und Nadeln von den Bäumen. Bands von Punk, Hardcore, Alternative und Metal reichen sich im Stundentakt das Zepter weiter und bringen die Menge mal mehr und mal weniger zum Ausrasten. Ein bunter Pulk an Menschen lässt es sich gut gehen und feiert ihre Idole während drei Tagen so richtig ab. Interlaken wird kurzzeitig zum Mekka für Freunde der härteren Musik.
The Hollywood Undead
Das musikalische Phänomen hatte am Donnerstagabend die Jungfrau Stage gerockt und verbreitete einen gesunden Mix von Metal, Hardcore und einem Hauch Hip-Hop. Das Wetter passte und auch die Setliste war von alt bis neu bunt gemischt. Nicht nur die Fans haben ihren Teil erfüllt, denn genauso sorgte auch die Band für einen guten Vibe. In der Menge wurde gebounct, getrunken und natürlich auch fleissig auf der Crowd gesurft. Auch Cover-Versionen bekannter Welthits trugen zur ausgelassenen Feierlaune des Publikums bei. The Hollywood Undead lieferten einen sehr guten Start für einen erweiterbaren und noch besser werdenden, coolen Abend. (Axera)
The Hu
Der mongolische Metal eroberte die Welt 2019 im Sturm, als The Hu mit ihrem Album «The Gereg» explodierten. Bereits vor Show-Beginn rief das Publikum «Hu! Hu! Hu! Hu!». Schliesslich marschierte die Band auf die Bühne und stellte sich triumphierend am Bühnen-Rand auf. Im Anschluss bekam das Publikum, was es wollte. «Hunnu Rock», was so viel wie menschlicher Rock heisst. Heavy Metal Melodien mit integriertem, tuwinischem Kehlkopf-Gesang und traditionellen Instrumenten wie die Tovshuur (dreisaitige mongolische Laute), Morin Khuur und Tumur Khuur (Maultrommel). Die sehnsuchtsvollen Melodien des Morin Khuur prägen die meisten Lieder und verwurzeln die Band fest in ihrer Heimat. Es war eine mystische Show von Anfang bis zum Ende, denn durch die teils monotonen Melodien verfielen die Fans beinahe in eine Art tranceähnlichen Zustand. Bei den wilderen Titeln headbangte die Band enthusiastisch, ausser Sänger Gala, der dazu seinen Pferdeschwanz kreisen liess. Zwischen den Liedern versuchte Jaya aufgeregt auf Mongolisch mit dem Publikum zu quatschen, das die unverstandenen Worte mit Begeisterung goutierte. Die universelle Sprache des Metal vermochte auch hier wieder kulturelle Barrieren zu überwinden. Die Band beendete ihr Set mit «This Is Mongol», einem Lied, das die mongolische Natur, Kultur und Spiritualität feiert. Dabei drehte sich Galas Pferdeschwanz noch einmal so sehr, dass er tatsächlich kurz vor dem Abheben war. Nach dem Ende ihres Sets wurden die restlichen Pleks von der Bühnenkante gespickt, und die Band badete standesgemäss im Schluss-Applaus. (Oliver H.)
Papa Roach
Am späteren Abend durften dann auch Weiderholungs-Täter Jacoby Shaddix und seine Papa Roach die Menge befeuern. Gut gelaunt und voller Energie demonstrierten die US-Herren, dass sie noch nicht zum alten Eisen der Szene gehören, sondern absolut ihre Existenz-Berechtigung haben. Eine riesige weisse Kakerlake prangte auf dem schwarzen Backdrop, als die fünfköpfige Band direkt zu «Kill The Noise» auf die Bühne sprang. Offensichtlich beeindruckt von der Energie, die das Publikum trotz brütender Hitze ausstrahlte, liessen Papa Roach kaum einen Moment locker, während sie Klassiker wie «Dead Cell» vom Queen Of The Damned Soundtrack oder «Broken Home», dem Shaddix das Eminem «Lose Yourself» Intro beigefügt hat, vom Stapel liessen. Der Genre-Mix wurde mit Begeisterung fortgesetzt, als sie ihre Cover-Version von «Firestarter» dem verstorbenen Keith Flint von The Prodigy widmeten. Im Nachgang verlangte Shaddix einen Circle-Pit im Metallica-Stil von 1989, während er «Blitzkrieg Bop» der Ramones schmetterte und liess so den Moshpit lautstark näher kommen, als er für «…To Be Loved» auf der vordersten Absperrung stand. Der Überschwang der Band nahm kein Ende, sondern wuchs von Minute zu Minute. Als sie Hits wie «Scars» und «Forever» los traten, kam nochmals richtig Schwung in den Laden, bis dann «Last Resort» das definitive Ende des Gigs markierte. Hut ab vor so viel Spielfreude und Power. Die hätte ich der Truppe im Vorfeld nicht mehr zugetraut. (Oliver H.)
While She Sleeps
Die fünf Jungs aus Sheffield mit ihrer Band While She Sleeps kamen am Donnerstagabend auf der Eiger-Stage zum Einsatz. Zu Beginn von einem Lichterstrobo aus 1000 Farben erschlagen, ging es dann mit dem ersten Song los. Im Fotograben herrschte wildes Knipsen, und einer nach dem anderen versuchte im Laserlicht der Stroboskope, das beste Bild des Abends zu shooten. Die Gesang-Parts von Sänger Lawrence waren eher schnellerer Natur, dennoch düster, manchmal mit einem Hauch Clean-Gesang und diversen Screams versehen. Sogar Balladen waren auf der Setliste des Fünfers zu finden, welche aber nicht alle Fans gleichermassen begeistern konnten. While She Sleeps hatte ich zuvor noch nie live erlebt und muss zugeben, dass es ziemlich sicher auch nicht das letzte Mal gewesen ist. Ihr Zusammenspiel von Screams, donnernden Drums und melodischen Riffs war einfach perfekt. Gerne wieder! (Axera)
Die Ärzte
Der erste Abend stand ganz im Zeichen der selbsternannten besten Band der Welt - Die Ärzte - aus Berlin. Nach 2008 und 2012 schien die Zeit reif, um auf den Rasen des Greenfield-Festivals zurück zu kehren. Bei herrlichstem Sommer-Wetter spielten die Deutschen vor tausenden von Fans. In vierzig Jahren Band-Geschichte sind einige Fans zusammen gekommen, die nun ihre Text-Sicherheit unter Beweis stellen konnten. Ein schwarzer Vorhang hing zu Beginn des Konzerts noch zwischen der Bühne und dem Publikum. Als dieser fiel, brach schiere Begeisterung in der Menge aus, denn da standen Bela, Farin und Rod gut gelaunt, auch sichtbar gealtert, auf der Bühne. Ein paar LEDs die ein grosses «Ä» markierten, beleuchteten die ansonsten eher karg ausgestattete Hauptbühne. Verstärker-Türme, die sich teilweise als Kühlschränke entpuppten, standen jeweils hinter dem Sänger und dem Bassisten. Bela, stets stehend und mittig platziert, hatte wohl den besten Ausblick über das ganze Geschehen. Während das «Intro» und «Westerland» die ältere Generation abholte, wurde mit dem anschliessenden «Noise» sogleich das jüngere Publikum connected. 32 Songs (!) kamen bis zum Schluss zusammen, dazwischen quatschten sich Bela und Farin um Kopf und Kragen. Auch eine La-Ola-Welle durch die Menge durfte an diesem Abend nicht fehlen, die Ärzte eben. Im Verlauf des Konzerts spielten sie noch ein Geburtstags-Lied für einen Jungen aus dem Publikum, der ein Original-Plektrum von Farin mit nach Hause nehmen durfte. Etwas Klamauk, Blödelei und ein Hauch Politik, so könnte man das Konzert der Ärzte zusammen fassen. Das Greenfield zeigte sich wettertechnisch bis dato nicht in typischem Gewand, und so hatte das Publikum auch nach neunzig Minuten noch immer nicht genug. So nahm es die knapp halbstündige Zugabe, gespickt mit weiteren Hits, dankend an und gab erst auf, als die letzten Akkorde von «Gute Nacht» verhallt waren. Anschliessend verabschiedete sich das Trio, und das begeisterte Publikum strömte in die laue Sommer-Nacht hinaus. Voller Hoffnung auf einen weiteren Tag mit viel Wärme und erfüllender Musik. Bei aller Kritik, die manchmal an den Ärzten und ihrem Gequatsche laut wird, eines kann man dieser Band beim besten Willen nicht vorwerfen – fehlende Spielfreude und Motivation, denn da wo sie erst richtig angefangen haben, werden an diesem Festival bereits einige wieder aufhören. (Oliver H.)
Setliste: «Intro» - «Westerland» - «Noise» - «Ist das noch Punkrock?» - «Herrliche Jahre» - «Lied vom Scheitern» - «Schunder-Song» - «Deine Schuld» - «Für uns» - «Lasse redn» - «Doof» - «Unrockbar» - «Meine Freunde» - «Popstar» - «Hurra» - «Anastasia» - «Angeber» - «Lady» - «1/2 Lovesong» - «Dunkel» - «Mondo Bondage» - «Die Banane» - «Komm zurück» - «Himmelblau» - «Rebell» - «Wie es geht» - «Der Graf» - «Junge» - «Zu spät» - «Schrei nach Liebe» - «Dauerwelle vs. Minipli» - «Gute Nacht»
Hatebreed
I will be heard! Nicht nur der Hinterste am Camping-Platz konnte hören, dass Hatebreed on Stage waren, sondern auch der Wettergott, der die schwarzen Wolken mit dicken Regentropfen los schickte. Auch wenn die Jungs eine längere Livepause hatten, haben sie nicht verlernt gute Stimmung zu machen. Nicht alle Hardcore Fans liessen sich vom Wetter beeinflussen und bouncten fleissig mit. Andere sangen von einem trockenen Unterschlupf aus mit, während die richtigen Die-Hard Fans unter dem verregneten Himmel ihre Haare mit Headbangen zum Glänzen brachten. Im Fotograben liess der Regen die Fotolinsen definitiv nicht trocken, aber nichtsdestotrotz entstand hier und da ein megacooler Schnapp-Schuss. Mit entschlossener Mimik, rauer Stimme und jumpender Bühnen-Präsenz fesselte Sänger Jamey Jasta das Publikum. Hatebreed begeisterten wieder einmal mit musikalischem und gesangstechnischem Gesamtwert. Was soll man da noch gross dazu sagen? Ohne Hatebreed? Ohne mich! (Axera)
Arch Enemy
Ein neuer Tag, ein frisches Wetter! Das dachte sich vermutlich auch der Wettergott, als er den Nachmittag, nach einem strahlenden Morgen, in schwarze Wolken hüllte und es ordentlich regnen liess. Was bei Hatebreed seinen Anfang nahm, fand während des nächsten Gigs die Erfüllung. Das Bühnen-Dekor kündete die schwedische Formation Arch Enemy an, an denen seit ein paar Jahren kein Metalhead vorbei kommt. Die Instrumental-Fraktion betrat unter euphorischen Rufen des Publikums die Bühne, während Aushängeschild und Frontfrau Alissa White-Gluz die Menge noch etwas schmoren liess. Bekannt für ihre Bühnen-Präsenz, hatte sie das Publikum aber vom ersten Ton an fest in der Tasche. «Deceiver, Deceiver» machte den logischen Anfang, und spätestens bei «Ravenous» ist die unbändige Energie bis zu den hinteren Reihen durchgedrungen. Leider, und das trübte die Stimmung bereits im Fotograben ein wenig, hatte es nun so richtig zu regnen begonnen. Showtechnisch gab es wieder viel zu sehen, denn die Gitarren-Fraktion um Michael Amott und Jeff Loomis zeigt Vollprofis, wenn es ums Posing und klassische Metal-Einlagen geht. White-Gluz sprang herum und schwang ihre blau gefärbte Mähne, wenn sie nicht gerade das Mikrofon unter ihre Fittiche nahm. Erstmals zeigte die gebürtige Kanadierin bei «Handshake With Hell», dass sie durchaus in der Lage ist, ihrer Stimme auch sinnliche Töne zu entlocken. Der Regen goss durchs Band hinweg, schmälerte etwas die Zuschauer-Zahlen, jedoch nicht die Freude der Fans, die headbangend vor der Bühne ausharrten. Die Song-Auswahl war abwechslungsreich und heavy, jedoch reichten die sechzig Minuten nicht aus, um dieser Band gerecht zu werden. Zugegeben, ich bin voreingenommen was diese Truppe betrifft, aber wer stets liefert, sollte auch stets eine angemessene Spielzeit erhalten. Das Publikum genoss jedenfalls den Moment und liebte, was es zu sehen und zu hören bekam. (Oliver H.)
Setliste: «Deceiver, Deceiver» - «Ravenous» - «War Eternal» - «House Of Mirrors» - «My Apocalypse» - «The Watcher» - «The Eagle Flies Alone» - «Handshake With Hell» - «As The Pages Burn» - «Nemesis»
Parkway Drive
Die heisseste Band vom Freitagabend hiess Parkway Drive, sprich eine Truppe die mit einem epischen Start auf die Bühne kam und grosse Hitze abgab. Der Regen liess zwar nicht nach, aber das war den meisten Metalcore Fans egal. Vom gesanglichen Hintergrund her, der an einen mittelalterlichen Film erinnerte, wie auch sehenswerte Wächter mit Fackeln in der Hand, bis hin zum rauchverschleierten Bühnenbild. Sogar im Fotograben waren die riesigen Feuerflammen deutlich spürbar, so dass meine Kamera nach einigen Minuten vorübergehend nicht mehr funktionstüchtig war, aber was solls. Geigen, Bass, Gitarren, Drums plus Gesang bildeten einen sehr melodischen Vibe, die das Publikum zu teilweise berührenden Emotionen brachte. Auch die Gitarren-Solos waren wieder an erster Front, so wie man es kennt von den australischen Metalcore Icons. Auch wenn die Combo 2022 eine kleine Pause benötigte, strahlte sie nun umso mehr Power und Ehrgeiz aus. Das Publikum wurde mehrmals animiert ihr Bestes zu geben, was es definitiv auch tat. Nach einem längeren Gitarren-Solo tauchte Sänger Winston McCall plötzlich im hinteren Bereich der Menschen-Menge auf. Die Hardcore Fans waren beeindruckt und sangen mit voller Energie und guter Laune immer lauter mit. Zugegeben, persönlich fand ich die Balladen die Winston sang eher fehl am Platz, doch es war mal etwas anderes als das, was man sonst so von Parkway Drive im Normalfall geboten kriegt. (Axera)
Sabaton
Bereits zum zweiten Mal gab sich die schwedische Formation Sabaton die Ehre, das Greenfield-Festival mit ihren Kriegs-geschwängerten Songs zu beweihräuchern. Auch wenn das für Fans der Band eh irrelevant ist, ist es mir doch wichtig anzumerken, dass Joakim Brodén und seine Jungs zu den unkompliziertesten Vertretern des Festivals zählten, was die Order um ihre Band angeht. Keine Verträge im Vorfeld, keine Maximal-Anzahl an Songs beim Fotografieren. Man hätte das gesamte, verdammte Konzert aus dem Graben heraus filmen dürfen! Dies nur so am Rande bemerkt. Auf der Bühne lieferten die Schweden einen gewohnt energiegeladenen Auftritt ab, der die Fans völlig in seinen Bann zog. Von den Eröffnungs-Akkorden bis hin zur letzten Note zündeten Sabaton ihre charakteristische Power Metal Marke mit Selbstvertrauen und Präzision. Dazu jede Menge Feuer, Explosionen und thematisch dramatische Kurzfilme auf Grossleinwand. Bereits der Bühnenaufbau ihrer Live-Shows ist episch und eindringlich, denn die Band integriert militärische Requisiten in ihr Bühnenbild und trägt so zum Gesamt-Thema ihrer Musik bei. So auch bei dieser Show. Auf der Bühne waren während des umfangreichen Auftritts ein Panzer, Schauspieler (die verschiedene historische Themen spielten), Gasmasken und Einsätze von Flammenwerfern zu sehen. Sabatons Bühnen-Präsenz und Energie, kombiniert mit ihrem beeindruckenden Bühnenbild, schafften ein unvergessliches Live-Erlebnis für ihre Fans, die eine Auswahl klassischer Hits ihrer Helden sowie Songs aus dem neuesten Album «The War To End All Wars» geboten bekamen. (Oliver H.)
In Extremo
Nachdem die Sonne langsam hinter den Bergen verschwand, wurde es Zeit für die Mittelalter Rocker von In Extremo. Unter tosendem Applaus und beachtlich Feuer kamen die sechs Musiker auf die Bühne, und Michael Rhein übernahm souverän die Begrüssung der Gefolgschaft. Während die Flammen-Werfer abgefeuert wurden, rannen dem Sänger schon nach kürzester Zeit Schweissbäche übers Gesicht. Nach dem Song «Kompass zur Sonne» liess «Küss Mich» die Stimmung so richtig hochkochen. Auch die Crowd-Surfer waren nicht mehr zu halten und genossen den wiederholten Flug über tausend Hände. Mit «Frei zu Sein» und «Störtebeker» folgten schliesslich auch zwei Fanlieblinge, was man an der tollen Stimmung auf dem Grün erkennen konnte. Lautstark wurde mitgesungen, getanzt und auch ein Moshpit vor der Bühne gebildet. Wer das Repertoire von In Extremo kennt, weiss, dass sich das Sextett bei gut einer Stunde Spielzeit arg einschränken musste. Allerdings schien die Menge nach wie vor glücklich zu sein, auch als das Livespektakel beendet werden musste, denn die Jungs von In Extremo wurden von den begeisterten Fans lautstark abgefeiert. (Oliver H.)
Lionheart
Die kalifornische Metalcore Band Lionheart hat am Samstagabend die Eiger-Stage gerockt. Wie man es sich von den Amis gewohnt ist, wusste die Menge ganz genau, dass mit den Lions eine gute Riff- und Krawall-Party garantiert ist. Die Truppe startete mit einem Knall. Sänger Rob Watson hielt eine Ansprache bezüglich Depressionen und dass es wichtig sei, immer weiter zu machen, egal wie hart es momentan ist. Rob war in der Vergangenheit selbst davon betroffen, aber nun galt seine ganze Aufmerksamkeit ihrem Sound. Die Moshpit-Legende Lionheart ist schliesslich nicht nur bekannt für ihre Lyrics, sondern auch für ihre Beatdowns mit ein wenig Melodie. Vom Headbangen bis hin zum animierenden Hände-Klatschen konnten Lionheart alles von den Fans einfordern, denn die Amis machten genau das, was sie eben ausmacht. Ich als Fan war persönlich beeindruckt, wie die fünf Jungs die Bühne gerockt haben. Dennoch war es kein Vergleich zu einer Stage, die in einer herunter gekommenen Scheune steht und von den Fans als Sprungbrett in die Menge genutzt wird. Viele Zuschauer sind dann auch frühzeitig abgewandert, um den Wikingern der Neuzeit zu lauschen. (Axera)
Amon Amarth
Kurz nach 21:00 Uhr wurde es heiss, denn Johan Hegg führte seine Wikinger Amon Amarth ins Feld. Die Nordmänner liessen keinen Spielraum offen und legten kompromisslos wie heftig los. Feuer, viel Feuer und satte Riffs, begleitet von stampfenden Drums, brachten die Zuschauer in die richtige Stimmung. Flankiert wurde der Trupp von riesigen Wikinger-Statuen, die über die Szenerie wachten. Wechselnde Backdrops, aufblasbare Schiffe und Drachen sowie echte Wikinger Kampf-Einlagen untermalten die Songs einzigartig. Nebst dem Anhören gab es also auch viel anzusehen. Hegg heizte die Menge beherzt in deutscher Sprache an, erntete jedoch am meisten Applaus, als er sein Horn "auf Ex" leerte. Ganz nach dem Motto: "first love, first kiss, first beer"! Im Anschluss folgte dann der Song «First Kill», der natürlich nur rhetorisch gemeint war. Der Fünfer aus Schweden lieferte eine grandiose Show ab, und auch musikalisch schien die Band in Höchstform. Sie liessen sich bei der Setliste nicht lumpen und spielten, was die Crowd auf so einem Festival eben hören will. Mit seiner sympathischen und authentischen Art hatte der Shouter die look-a-like Wikinger vor der Bühne mühelos im Sack, und diese dankten ihm wiederum mit wilden Mosh- und Circle-Pits. «Twilight Of The Thunder God» beendete schliesslich das Spektakel und das Quintett überliess die Hauptbühne, fürs grosse Finale, den Masken-Männern von Slipknot. (Oliver H.)
Setliste: «Guardians Of Asgaard» - «The Pursuit Of Vikings» - «Raven's Flight» - «The Great Heathen Army» - «Heidrun» - «Death In Fire» - «Put Your Back Into The Oar» - «First Kill» - «Deceiver Of The Gods» - «Shield Wall» - «Raise Your Horns» - «Twilight Of The Thunder God»
Avatar
Zuerst folgte aber noch das letzte Bühnen-Stück auf der Eiger-Stage und zwar mit den Schweden Avatar. Ruhig und etwas strange startete ihr Set, indem ein Maskierter sanft an einen roten Luftballon stuppste. Dieser hing an einem überdimensionalen Geschenkpaket, dessen Inhalt sich bald als schwerverdaulich entpuppte. Sänger Johannes Eckerström kam langsam aus der Kiste gekrabbelt, und anschliessend legte die Truppe mächtig los. Energiegeladen und dynamisch ging es zur Sache. Die Saiten-Fraktion bot haarige Propeller-Einlagen, während der Fronter seine ganz eigene Show durchzog. Irgendwo zwischen Marylin Manson und dem Clown Pennywise performte Eckerström, dass es nur so eine Freude war. Er überraschte die Fans mit einer astreinen, deutschen Ansprache und konnte die Menge deshalb noch mehr in den gemeinsamen Abend einstimmen. Sprünge, Tänze und aus einem Benzin-Kanister saufen waren nur die Details am Rande. Selbst wenn man ihre Lieder nicht kannte, war die Show sehr unterhaltsam, und Avatar hatten die Konzert-Besucher vom ersten Moment an fest im Griff. Sie gehören zu der Sorte Bands, die ihrem Publikum das gibt, wofür es gekommen ist. Und ja, der Meute wurde ernsthaft etwas geboten und auch bei den Musikern hatte man echt das Gefühl, dass sie noch richtig Spass an dem haben, was sie da auf der Bühne so treiben. Ein sehr sympathischer Haufen, den zu fotografieren auch noch Freude bereitete. Die Göteborger sind momentan ihre neue Platte «Dance Devil Dance» am promoten, und so war das Greenfield eine passende Gelegenheit dafür, sich neue Fans zu erspielen. Mich haben sie jedenfalls dazu gewonnen! Avatar spielten sehr heavy, gespickt mit einer poppigen Note und der nötigen Leichtigkeit. Dazu kam die dynamische Live-Show, und ich kann mir beim besten Willen nicht mehr erklären, dass wenn man Metal liebt, man Avatar nicht mögen kann. Für mich die positivste Überraschung am Greenfield-Festival 2023. (Oliver H.)
Setliste: «Dance Devil Dance» - «The Eagle Has Landed» - «Chimp Mosh Pit» - «Bloody Angel» - «Colossus» - «Let It Burn» - «Tower» - «The Dirt I'm Buried In» - «Violence No Matter What
(with Lzzy Hale)» - «Hail The Apocalypse»
Slipknot
Das Wort zum Sonntag gehörte schliesslich den Maskenbildnern Slipknot. Bereits am Nachmittag standen mehrere Vollmaskierte unter den Zuschauern, die nur auf den Auftritt ihrer Idole warteten. Ein schlichter Vorhang mit dem Schriftzug der Band verdeckte zu Beginn die Bühne. Eine unbändige Energie war bereits beim Einmarsch in den Fotograben spürbar, die allerdings richtig explodierte, als die Band die ersten Akkorde anspielte. Von Minute eins an ging vor der Hauptbühne die Post ab, und die Security hatte alle Hände voll zu tun. Fronter und Master Corey Taylor dirigierte Mannschaft und Publikum gleichermassen, während «The Blister Exists» die allgemeine Nachtruhe zunichte machte. LEDs, Scheinwerfer und Pyrotechnik sorgten dafür, dass die Songs ins rechte Licht gerückt werden. Feuer-Fontänen schossen in die Höhe, während die Band sich frei auf der Bühne bewegte. Man kriegte irgendwie das Gefühl, als hätte keiner seinen festen Platz, bis auf den Drummer natürlich. Die jüngeren Fans waren von Anfang an voll dabei, und spätestens bei «Psychosocial» packte es auch die ältere Garde. Der eine Perkussionist Tortilla-Man, der andere hat kurzzeitig die Biege gemacht, trommelte wie ekstatisch auf seinen Ölfässern und Gasflaschen herum, während Taylor stets brüllend seinen Weg auf der Bühne kreuzte. Es war wirklich ein gelungener, um nicht zu sagen brillanter Auftritt, auch wenn er für eine Headliner-Show etwas kurz ausfiel (80 Minuten!). Die Fans, auch «Maggots» genannt, schien dies allerdings nicht gross zu stören, denn nach drei bis vier Tagen auf dem Festival-Gelände, im Regen und mit zu viel Alkohol wie Sonne, waren die Kräfte der Zuschauer auch auf einem Reserve-Level angekommen. Schön wars auf jeden Fall, und man darf bereits jetzt aufs Line-up 2024 gespannt sein! (Oliver H.)
Setliste: «Prelude 3.0» - «The Blister Exists» - «The Dying Song (Time To Sing)» - «Liberate» - «Yen» - «Psychosocial» - «The Devil In I» - «The Heretic Anthem» - «Eyeless» - «Wait And Bleed» - «Unsainted» - «Snuff» - «Purity» - «(515)» - «People = Shit» - «Surfacing» -- «Duality» - «Spit It Out» - «'Til We Die»