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27. Juni 2020, Pratteln – Z7
Text & Pics by Oliver H.
Seit Mitte März war die Schweiz auf Stillstand getrimmt und damit auch alles was Spass macht. Partys, Festivals und Konzerte sind ab dem Zeitpunkt dem Tod geweiht. Viel Musik gab es ab Konserve, konnte über Live-Stream erkauft oder im Autokino im eigenen Kleinwagen beigewohnt werden. All das waren Versuche, das Feeling der Musik am Leben zu halten. Jedoch war es nicht möglich, Livegefühl, -gestank, -atmosphäre und Schweissfontänen des Nachbarn zu spüren und zu schmecken. Nicht, dass ich alles daran vermisst hätte aber, dass am 27. Juni wieder einmal die Tore vom Z7 zu einem krachenden Livekonzert geöffnet wurden, war ein Grund zum Jubeln. Speziell war allerdings, dass nur 300 Personen zugelassen wurden und damit noch sehr viel Platz für weitere Gäste gewesen wäre. Das Gefühl, als die ersten Takte von der Bühne hallten, war nach all dieser Zeit schlichtweg berauschend.
tHola
Die Baselbieter Truppe tHola heizte ab 19:30 Uhr so richtig ein. Als ich im Z7 ankam, stimmten sie gerade die letzten zwei Songs an, aber die waren überzeugend. Sie hatten ihre kleine Fanschar dabei, die sich sehr darüber freute, was ihre Helden auf der Bühne ablieferten. Unter frenetischem Jubel wurden sie schliesslich verabschiedet und man wartete gespannt auf die nächste Truppe des Abends.
Lotrify
Daraufhin wurde die Bühne und auch das Z7 etwas voller, zumindest so voll, wie es eben nach den aktuellen Bestimmungen möglich war. Die fünf Aargauer Musiker von Lotrify gaben von Beginn an volle Power und ihre Art von Melodic Metal kam sehr gut an. Die 2008 in Baden entstandene Truppe wurde zu recht gefeiert und war ein gelungener zweiter Anheizer. In den ersten Reihen war die eigene kleine Fangemeinde ihre Helden am Abfeiern, welche offensichtlich bestens vertraut waren mit den Songs. Die Badener erhöhten die Geschwindigkeit und Sänger Sacha Wacker schrie und sang sich die Kehle aus dem Leib. Er machte gewaltig Stimmung, und während zwei Songs stand der Sänger inmitten der Zuschauer und zeigte sich publikumsnah, wie bestimmt schon lange nicht mehr. Auch später forderte er die Zuschauer auf, einen "Spaziergang-Mosh-Pit" und zwei "Spaziergang-Wall-Of-Death's" zu veranstalten. Alles zum Zweck der Einhaltung der Hygienevorschriften und um Verletzungen vorzubeugen. Es sah echt affig aus, aber die Teilnehmenden hatten einen Riesenspass. Die Melodic Metal Formation gefiel mir sehr und war an dem Abend in Topform. Mit sehr viel Energie und Dynamik wurden die Headbanger des Abends heraus gefordert und die Spielfreude der Mitglieder konnte man durchs Band hinweg beobachten.
Setliste: «Resurrection» «Floating Fall» «Something To Nothing» «Collateral Damage» «Prophecy» «The Fence» «Split The Pit» «Maria» «One Kind» «Ill-Minded» «Xerophobic»
GurD
Die Hauptspielzeit gehörte den Hardcore Punk Metal-Veteranen von GurD. V.O. Pulver und seine Jungs nahmen die sich ihnen bietende "lotrifysche" Steilvorlage dankend an und legten dementsprechend energiegeladen los. «Get Up», ein Track des ersten Albums, der mir damals schon die Jugendzeit versüsst hat, katapultierte mich direkt wieder auf den Vorplatz der Reitschule Bern. Persönlich hatte ich sowieso einen riesigen Nachholbedarf, was die Baselbieter Kult-Band angeht, da ich zwischenzeitlich härterer Kost frönte. Mit zunehmendem Alter kommt man aber so oft auf die gute alte Mucke zurück. Es gibt in den heimischen Gefilden kaum eine andere Band, die so ein Groove-Brett auffährt. Dies tun sie schon seit Jahren, aber dennoch sind sie bis heute sowas wie ein Geheimtipp und bei vielen unter dem Radar geblieben. Gründer, Gitarrist und Sänger V.O. Pulver ist nebst dem Musikerdasein auch ein national bekannter Produzent und hat schon bei vielen aufstrebenden einheimischen Truppen Starthilfe geleistet. Wenn man sieht, was der Corona-Lockdown alles verhindert hat in den letzten Monaten, so muss dieser Auftritt wieder reinster Balsam für die Seele gewesen sein. Die aktuelle Besetzung ist eine geölte Maschine, die regelmässig alles in Schutt und Asche legt. Einmal rasend schnell, dann groovende Riffs, treibendes Gebolze und der gnadenlos treibende Rhythmus. Das ist die Kombination, die zum Erfolg bei vielen Fans führt. Nach gut siebzig Minuten folgte dann ein Break, der von Pulver erneut dazu genutzt wurde, sich noch einmal über das "Scheiss-Corona-Virus" auszulassen und nahm dies gleich zum Anlass, das gut gelaunte Publikum zu Mitsingchören zu bewegen. Und es funktionierte! Im Anschluss gab das Quartett noch einmal Vollgas und verlangte von den Fans die restlichen Kraftreserven ab. Das KISS-Cover «Warmachine» erhielt ordentlich Zuspruch. Es ist auch ein Klassiker in der Setlist von GurD, denn bei KISS handelt es sich um die Lieblingsband von V.O. Pulver und dem Drummer Steve Karrer. Es stellte das Original in Sachen Heavyness total in den Schatten. Als danach noch der S.O.D.-Knaller «United Forces» aus den Lautsprechern dröhnte, kochte das Publikum noch ein letztes Mal hoch und der Schweiss tropfte nur so von den aktivsten Personen herunter. GurD waren das Eintrittsgeld absolut wert, und so konnten alle friedlich grinsend, nach Monaten der Entbehrung, zufrieden und mit einem Pfeifen in den Ohren nach Hause gehen. Schön war es und irgendwie hat man diesen Anlass ganz anders geschätzt, als noch vor einem halben Jahr!
Setliste: «Get Up» «A New War» «Learn» «Just Give It Up» «I.O.U. Nothing» «Rule The Pit» «What Do You Live For» «Seven Starz» «Fake» «Your Drug Of Choice» «Go For It» «Masterplan» «Hagridden» «The Grand Deception» «Bang!» «Never Fail» «Terminate» «Skin Up» «Down The Drain» «H.H.H.» «Get Groovy» «Warmachine» «United Forces»