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19. November 2024, Solothurn - Kofmehl
By Tinu
Lag es am bevorstehenden Schnee oder dass die gleiche Konstellation am folgenden Abend auch noch in Luzern aufspielte? Fakt war, dass das Kofmehl an diesem Abend einer ziemlich überschaubaren Fangemeinde Platz bot, welche sich überraschenderweise mit den Engländern South Of Salem als weitere Support-Band konfrontiert sah. Daneben boten Wednesday 13 und HCSS starke Auftritte, welche leider durch einen mehr als nur mittelmässigen Sound viel an Leben und Freude einbüssten. Das schien die Anwesenden aber nicht davon abzuhalten, den Gig der drei Truppen ausgiebig und in bierseliger Laune abzufeiern.
South Of Salem
Eine Mischung aus Black Veil Brides und Mötley Crüe stand zuerst auf dem Programm. Mit ihrem fetzigen Sound und der sehr agilen Bühnen-Präsentation trumpfte der UK-Fünfer aus Bournemouth leidenschaftlich auf. Speziell der Nikki Sixx Konterpart Dee am Bass (mit coolem KISS-Shirt) und der mit seiner blonden Iro-Frisur immer in Bewegung stehende Kodi (Gitarre) liessen nichts anbrennen. Daneben leckte Fish seine Gitarre im Minutentakt ab. Sänger Joey suchte derweil immer den direkten Kontakt zum Publikum, und nach sechs Liedern war klar, dass die Truppe beste Werbung in eigener Sache gemacht hatte. Nicht schlecht, für das man das erste Mal überhaupt in der Schweiz auftrat.
Setliste: «Intro - Halloween» - «Let Us Pray» - «Jet Black Eyes» - «Static» - «Vultures» - «Left For Dead» - «Cold Day In Hell»
Wednesday 13
Die grosse Überraschung an diesem Abend waren für mich klar Wednesday 13, die einen Set mit Murderdolls Songs spielten. Der Sleaze Rock der Amis, der mit viel Endzeit-Flair gespielt wurde, hat dank Sänger Wednesday 13 (Joseph Poole) einen Entertainer der Spitzenklasse in den eigenen Reihen. Es schien, dass er Blut von Alice Cooper, Marilyn Manson und Steven Tyler "getrunken" hatte, um seine Fans genau in dieser Mischung in den ureigenen Bann zu ziehen. Mit seiner roten Krawatte und dem auf The Crow geschminkten Gesicht verkörperte er die Reinkarnation des Bösen schlechthin. Jemand, der einerseits dem Suizid nahe und andererseits für den nicht sterbenwollenden Bürgerschreck steht. Die Anwesenden erwarteten dabei Parolen wie "Motherfucker, I don't care (…I've said it once before, and I'll say it once again, Sex, drugs and Rock'n'Roll has been my only friends") oder «Summertime Suicide», und beides traf mitten ins Schwarze oder das blutende Herz.
Wednesday 13 wussten haargenau, wo und wie sie die männlichen Fans an den Eiern packen und die Ladys zwischen ihren Beinen musikalisch streicheln mussten, um die gewünschten Reaktionen abzuholen. Ganz ehrlich, ich hatte nach den ersten Songs mit nichts gerechnet, denn alles wirkte für mich zunächst ziemlich mau. Aber ab «Love At First Fright» hatte mich die Truppe voll in ihren Bann gezogen. Shouter Joseph spielte dabei mit den Anwesenden wie mit Marionetten-Puppen und konnte sich nach «Dead In Hollywood» und das aus heiseren Kehlen mitgeschriene «I Loved To Say Fuck» mit viel Applaus von seinen inzwischen blutleeren Jüngern verabschieden.
Setliste: «Chapel Of Blood» - «Death Valley Superstar» - «197666» - «Slip My Wrists» - «Love At First Fright» - «Mother Fucker I Don't Care» - «Grave Robbing USA» - «Die My Bride» - «Summertime Suicide» - «Rock'n'Roll Is All I've Got» - «White Wedding (Cover Billy Idol)» - «I Loved To Say Fuck» - «Dead In Hollywood»
Hardcore Superstar
Es schien, als ob die Schweden heute Abend einen schweren Stand haben würden, aber da hatte jemand die Rechnung ohne Jocke (Joakim Berg) gemacht. Der noch immer seinen unsäglichen Schnauz tragende Sänger hüpfte wie von der Hornisse gestochen über die Stage, blieb kaum stehen und posierte allein oder mit Gitarrist Vic und Bassist Martin um die Wette. Der einzige Moment, an dem der Sänger sich hinsetzte war bei den akustisch vorgetragenen «Run To Your Mama» und «Standin' On The Verge», als Jocke ein kleines Geschwister-Paar auf die Bühne nahm und die beiden das Geschehen ziemlich scheu vom Drum-Podest aus ansahen. "I have four of this (zeigte auf die Kids auf der Bühne)! You wanna go to your mama, away from this horrible man!" quittierte der Shouter das verdutzte Verhalten der Kiddies mit einem Grinsen im Gesicht.
Jocke ist und bleibt ein Showman, den man sich immer wieder gerne anschaut und der die Fans auffordert mitzumachen. "If you wanna do a moshpit? Your welcome!" - Er wusste genau, wie man die Schweizerinnen und Schweizer aus der Reserve lockt: "We tried this in Germany and I know you will do it better!", als er das Publikum zum Mitsingen aufforderte. Er marschierte dazu wie ein wilder, junger, läufiger und ungezügelter Tiger über die Stage, faszinierte mit seiner Stimme und freute sich über das Erscheinen der Fans. "Make some fucking noise!" liess nicht nur «Moonshine» einläuten, sondern damit feierte der Frontmann auch Sänger Joey (South Of Salem), als dieser bei «We Don't Celebrate Sundays» mitsang.
Es waren die Hits «Beg For It», «Guestlist», «Kick On The Upperclass», «Last Call For Alcohol» und «Above The Law», welche jede Show zu einer ausgelassenen Party umwandeln, und mit dem ultimativen Hardcore Superstar Hit «You Can't Kill My Rock'n'Roll» wurde schliesslich das grosse Finale eingeläutet. Mittendrinn, als Zeremonienmeister der jedem Fan auch ein Gratis-Bier ausschenken würde, der grossgewachsene Jocke. Daneben der kleine Vic Zino, der mit seinem spitzbübischen Grinsen, seinen wilden Grimassen und den fetten Riffs für den sleazig wie hart rockenden Ton sorgte. Dahinter Johan Reivén, der mit viel Wucht auf sein Instrument einschlug, dem Sound damit aber ein bisschen die Rock- und Sleaze-Attitüde raubte. Etwas, das sein Vorgänger Adde aus dem "Effeff" beherrschte. Am Ende des Abends ging jedoch kein einziger Fan unglücklich nach Hause, sondern trug ein fettes Grinsen auf den Lippen. Stammte dies nun von der HCSS- Show, dem vernichteten Alkohol oder beidem!
Setliste: «Intro – This Worm's For Ennio» - «Beg For It» - «Into Debauchery» - «Medicate Me» - «Guestlist» - «Kick On The Upperclass» - «She's Offbeat» - «We Don't Need A Cure» - «Bag On Your Head» - «Run To Your Mama (Acoustic)» - «Standin' On The Verge (Acoustic)» - «Someone Special» - «Moonshine» - «Last Call For Alcohol» - «No Resistance» -- «Above The Law» - «We Don't Celebrate Sundays» - «You Can't Kill My Rock'n'Roll»