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13. Dezember 2022, Dübendorf - The Hall
By Tinu
Es sollte das letzte Konzert der Saison 2022 werden, und dies zusammen mit meinem Bro Rockslave. Auch dieses Jahr absolvierten wir wieder unzählige Fahrten an diverse Gigs, und dafür ein big thanx an Dan, the real Slave of Rock (Anm. des Schreibers, das wurde mir so korrigiert, nicht übertreiben Bro). Mancher lustige Moment wurde gemeinsam erlebt, aber auch ernste Gespräche pflasterten den Asphalt. Unbezahlbar meine sichtliche Nervosität bei der Fahrt ans KISS-Konzert, mit Tränen in den Augen bezüglich meines Verhaltens beim Beifahrer sowie Pippi links und rechts der Nase, weil ich (vermeintlich) Abschied von meinen Helden feiern musste.
Aber kommen wir zurück zum Ort des heutigen Geschehens, beziehungsweise der Fahrt nach Dübendorf, die eine Längere wurde als gedacht, weil sich die Schweiz plötzlich in eine weisse Landschaft verwandelte. Meine Vorfreude auf Helloween konnte Dani allerdings noch nicht überzeugen. Seine "Liebe" zu Helloween musste zuerst noch entfacht werden, und eigentlich überredete ich ihn mitzukommen. Auf der Fahrt wurde logischerweise die unterschiedliche Zuneigung den Kürbissen gegenüber diskutiert. Was ich aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu träumen wagte, sollte sich erst nach dem Konzert offenbaren.
Die Location war nicht, wie noch beim letzten Besuch der Hamburger, bis auf den letzten Platz gefüllt, sondern "nur" knapp 2'600 Besucher fanden den Weg nach Dübendorf. Trotzdem war die Stimmung sehr gut und liess bei Helloween gar einzelne euphorische Momente entstehen. Dass es ohne Helloween die Band HammerFall gar nicht erst geben würde, weiss nicht nur Die-Hard Fan Kaufi. Somit sollte der musikalische Rahmen bestens abgesteckt sein. Auch wenn an dieser Stelle die ursprünglich geplanten "Dirkschneider" als Support vermisst wurden, vermochten mich die Schweden vollständig auf ihre Seite zu ziehen.
HammerFall
Wenn man einen solchen Ruf wie die Nord-Boys um die beiden Masterminds Joacim Cans (Gesang) und Oscar Dronjak (Gitarre) geniesst, braucht man sich als "Special Guest" keinesfalls zu fürchten. HammerFall boten die zu erwartende, packende Show, und zwar eine, die nicht mit Hits geizte und besonders die beiden Gitarristen, sprich Oscar und Pontus Norgren, konnten auf sich aufmerksam machen. Ihre Riffs und die dazu passenden Solo-Passagen sind nach wie vor das faszinierende Element am Sound des Quintetts. Mit den Klassikern «The Metal Age», «Bloodbound» und «Renegade» wurde die Temperatur in "The Hall" schon mal auf den Headliner ausgerichtet. "It's the last show of the tour! And in this beautiful country..., could it be better?", wollte Joacim vom Publikum wissen. "Are you ready for a party? We give 100 % Metal!" Der Sänger wusste genau, wie er die Fans anheizen musste. Auch wenn sich die Ansagen stets gleichen, verfehlen sie ihre Wirkung nicht. Wie auch die tight aufspielende Truppe nicht, die vor einem riesigen Backdrop und dem HammerFall Schild sowie einem Thor-ähnlichen Hammer agierte. Mit für HammerFall typischen Refrains, den grossen Chören (erinnern an die alten Accept Zeiten) und der sehr bewegungsfreudigen Bühnenpräsentation schien es, als wollen die Jungs nochmals so richtig Gas geben und allen zeigen, was ihre Leidenschaft und Berufung ist.
Spätestens nach «Bloodbound» war das Eis gebrochen, und laute "HammerFall" Rufe kamen auf, was die Band sichtlich freute. "How many crazy motherfuckers see us for the very first time? How many crazy motherfuckers have seen us before? You little liar, you hold your hand twice. I love this people. They came to the show, rock the party and drink. And if they asked the day after what was happen last night, they have no idea. I know why you are not sure, if you seen us before" Mit solchen Ansagen hatte Joacim die Fans rasch auf seiner Seite, und die Metal Party kannte kein Halten mehr. Wie auch bei den Worten "…when I say let the hammer, what is the answer…?", das mit einem sehr lauten "Fall!" Chor beantwortet wurde. Die Schweden haben unzählige Hits in der Hinterhand. Auch wenn ich der Meinung bin, dass sie nach wie vor die falschen davon spielen und in meinen Augen «Hearts On Fire» völlig überbewertet ist, so war es genau dieser Track, welcher am Schluss die HammerFall Party beendete und die glücklichen Fans zum Merchstand rennen liess.
Setliste: «Brotherhood» - «Any Means Necessary» - «The Metal Age» - «Hammer Of Dawn» - «Blood Bound» - «Renegade» - «Venerate Me» - «Last Man Standing» - «Hero's Return/On The Edge Of Honor/Riders Of The Storm/Crimson Thunder» - «Let The Hammer Fall» - «Glory To The Brave» - «(We Make) Sweden Rock» -- «Hammer High» - «Hearts On Fire»
Helloween
Im Vorfeld wurde kommuniziert, dass Michael Kiske bei den drei letzten Konzerten der Tour wegen einer Mittelohrentzündung das Handtuch werfen musste. Der von vielen heiss geliebte und als bester Frontmann von Helloween gesehene Sänger liess es sich nicht nehmen, nach «Skyfall» eine kleine Video-Botschaft an das Publikum zu richten. Videos gehören seit der Reunion mit Michael und Kai Hansen eh zum guten Ton einer jeden Helloween Show, und so wurden die Konzerte auch bei dieser Tour mit vielen teils auch sehr spassigen Filmen aufgewertet. Wie bei «Dr. Stein» oder dem Einstieg mit «Skyfall». Dieser war in meinen Augen zwar sehr gewagt, da einerseits diese über zwölf Minuten lange Nummer noch nicht den Kultfaktor eines «Halloween» oder «Keeper Of The 7 Keys» besitzt und andererseits die Fans mit einer eher vertrackten Nummer zu knacken bei allen anderen Bands schief geht. Nicht aber bei den Kürbissen, die das Publikum von der ersten Sekunde an im Griff hatten. Dies auch dank des Zeremonienmeisters Andi Deris, der den Songs, wie immer, mit schauspielerischen Fähigkeiten noch mehr Ausdruck verlieh. Sein Dauergrinsen wurde höchstens durch jenes von Bassist Markus Grosskopf übertroffen, der sich dabei immer wieder in die Haare griff und seinen Kopf mit einer ruckartigen Bewegung nach vorne warf.
Überragend zeigte sich auch Dani Loeble, der sein Drum auf dem Kopf eines übergrossen Kürbisses platzierte. Was der Schlagzeuger in diesen knapp zwei Stunden wieder ablieferte, war einmal mehr Weltklasse. Selbst sein Solo gefiel mir äusserst gut. Das Gitarren-Trio liess es sich natürlich nicht nehmen, an diesem Abend ebenso zu brillieren und zu glänzen. Wie Sascha Gerstner, der Karl Lagerfeld unter den Metal-Gitarristen. Über seine Frisuren wurde ja schon oft debattiert, und dass er neuerdings auch stylische Gitarren-Modelle präsentiert, setzt dem Ganzen die Krone auf. Spielerisch ist er aber seit 2002 eine nicht mehr weg zu denkende Komponente der deutschen Metal-Legende. Michael Weikath zauberte derweil im wahrsten Sinne des Wortes wieder unglaubliche Melodien und Leads aus seinen Saiten. Mit seinen magischen Handbewegungen und seiner Bühnenpräsentation ist er nach wie vor ein Hingucker und immer für ein Schmunzeln zuständig. Kai Hansen, der bis 1988 bei Helloween eine tragende Rolle inne hatte, zwischenzeitlich mit Gamma Ray für Furore sorgte und seit 2016 wieder bei Helloween mitspielt, ist nicht letztlich nur bei seinem Medley und seinen Leadgesängen eine wichtige Stütze für die Truppe. Was das Trio beim Gitarren-Solo zu «Eagle Fly Free» ablieferte, war eine Offenbarung und blieb nicht nur mir nachhaltig in Erinnerung.
"Es fühlt sich komisch an, nach fünf Jahren ohne Michi auf der Bühne zu stehen", liess Andi das Publikum wissen. Ja, es war irgendwie "komisch", aber Andi wie auch Kai, der dadurch gesanglich mehr in den Mittelpunkt rückte, meisterten diese Situation problemlos. Man kennt Mister Deris seit seiner Zeit bei Pink Cream 69 als engagierten Entertainer, der sein Publikum im Griff hat. "Wenn ich sage make some noise, dann antwortet ihr mit einem lauten yeah!" Gesagt, getan und spätestens nach dem zweiten Test lief dieser Gimmick einwandfrei. Wie auch die Übernahme des Gesangs bei der ersten Strophe von «Future World» (das Doppel-Solo von Kai und Weiki war hier Weltklasse!) durch das Publikum. Spass war angesagt, nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne. "Den nächsten Song übernimmst du, ich kenne den Text nicht" liess Andi Kai wissen, worauf dieser antwortete "Ich mach das schon" und «Save Us» in einer unglaublichen Version zum Besten gab. Neben den Klassikern konnten auch die Lieder des letzten Studio-Albums «Helloween», wie das erwähnte «Skyfall», «Mass Pollution» oder «Best Time» überzeugen. Die ganz grossen Reaktionen wurden aber mit den alten Klassikern erreicht. Wie beim "Kai-Medley", das Andi mit den folgenden Worten einläutete: "Es ist mir eine grosse Ehre, jetzt den Mann anzukündigen, der hier mit diesem ganzen Wahnsinn angefangen hat: Mister Kai Hansen!" Während dieser bei «Metal Invaders» nur sang, schnallte er sich bei «Victim Of Fate» wieder seine Gitarre um und begleitete die ersten Riffs und Melodien, die man 1984 von Helloween zu hören bekam und welche die Truppe zu einer Vorreiterband in Sachen Speed Metal machten. Der Sound hat sich seit den Anfangstagen erweitert, was unter anderem «Perfect Gentleman» belegte, wo Andi mit einem roten Zylinder und dem dazu passenden, gleichfarbigen Glitzer-Blazer auf die Bühne kam.
Den furiosen Abschluss bestritt «I Want Out», bei dem die Jungs einen kurzen Reggae-Part einflochten und das anschliessende Mitsingspiel bestens funktionierte. Während die linke Publikumsseite mit lauten "Oh-oh-ohhh" Rufen startete, konterte die rechte mit einem kräftigen "I Want Out!" Dies klappte so lange, bis der linken Seite die Puste ausging und man das Ganze wechselte und nun die linke Seite mit "I Want Out!" lauter reagierte. Gab es an diesem Abend etwas auszusetzen? Nun, dass das Set kürzer als bei den Reunion-Shows ausfallen würde, war vorher schon klar. Somit auch, dass gewisse Knaller wie «Waiting For The Thunder» oder «Why?» der vorgesehenen Spielzeit zum Opfer fallen würden. Das Ausbleiben von Michi wurde in meinen Augen bestens kompensiert, und dass «Keeper Of The Seven Keys» gar aus der Setliste fiel, war knapp verschmerzbar. Ansonsten boten "meine" Helloween genau das, was ich von ihnen erwartete. Somit ein herzliches Dankeschön an die Jungs für einen sehr gelungenen Konzert-Abschluss 2022.
Die ganz grosse Überraschung folgte schliesslich gleich unmittelbar nach dem Gig, als mein Buddy doch tatsächlich meinte: "Das war echt geil Mann, der Deris hat ja richtig gut gesungen, und die Setliste war vom Feinsten!" Tja, mein Lieblings-Rockslave, habe ich es nicht schon immer gesagt?! Und dass meine daraufhin versprochene Helloween «Best Of» CD (die zweite folgt bald!) danach in Dauerrotation lief, gab eine umso schönere Geschichte ab. Somit darf mit Fug und Recht behauptet werden, dass die Kürbisse an diesem Abend alles richtig gemacht und sich ihren neuen Fan redlich erspielt hatten.
Setliste: «Orbit - Intro» - «Skyfall» - «Video Message Michael Kiske» - «Eagle Fly Free» - «Mass Pollution» - «Future World» - «Save Us» - «Power» - «Walls Of Jericho - Intro» - «Metal Invaders/Victim Of Fate/Gorgar/Ride The Sky/Heavy Metal (Is The Law)» - «Forever And One (Neverland)» - «Guitar Solo Sascha Gerstner» - «Best Time» - «Dr. Stein» - «How Many Tears» -- «Perfect Gentleman» - «Drum Solo Dani Loeble» - «I Want Out»