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07. Juli 2022, Zürich – Hallenstadion
By Rockslave - All Pics by Tinu
Vor ziemlich genau drei Jahren spielten KISS das letzte Mal hier im Hallenstadion und damals eigentlich schon unter dem Banner der "End Of The Road"-Tour. Es kam bekanntlich anders, sprich auch bedingt durch Scheiss-Corona zog sich der erweiterte Abschied entsprechend in die Länge. Das war aber den Die-Hard Fans von KISS und all denjenigen, die heute Abend zum allerersten und gleichzeitig letzten Mal in den Genuss einer Show der amerikanischen Kult-Rocker kamen, ziemlich schnuppe. Nimmt man den Running-Gag der Abschiede à la Scorpions als Massstab, würde das Ganze noch ein Weilchen weiter gehen, doch aktuelle Interviews, vor allem mit Gene Simmons (der Ende August 73 Jahre alt wird), vermittelten nun ein klares Bild der Zukunft. Somit konnte man davon ausgehen, dass der heutige Abend das definitive Abtreten in der Deutschschweiz bedeutet, während die Waadtländer am 19. Juli 2022 beim Paléo-Festival das allerletzte Konzert auf Schweizer Boden erleben werden. Die abschliessende Sause in Europa findet schliesslich zwei Tage später in Amsterdam statt. Grund genug also, ein letztes Mal der berühmten Ankündigung einer jeden KISS-Show beizuwohnen und die faszinierendste Rock-Band dieses Planeten würdig zu verabschieden!
Storace
Es gibt wohl nichts Undankbareres bis hin zu einem sinnlosen Unterfangen für eine Band, den Support-Slot für KISS zu bestreiten! Bis auf The Dead Daises (2015) und knapp noch Rival Sons (2013) ist vor dem KISS-Publikum noch fast jeder kläglich gescheitert, sprich mit blanker Gleichgültigkeit abgestraft worden. In den 80ern, zum Beispiel mit Iron Maiden, Helix und Bon Jovi als damalige "Edel-Opener", war es zweifellos anders, und die kuriose Ausnahme des "Performance-Malers" David Garibaldi (2019) bestätigt dabei die Regel. Darum bot sich heute Abend mit "Storace", dem Solo-Projekt oder sagen wir der neu gebildeten Band des Krokus-Shouters zumindest eine interessante Ausgangslage. Die Frage war nun bloss, was man daraus macht?! Ich persönlich hatte da so meine Zweifel, denn die Basis für diesen Auftritt bildete das kürzlich erschienene erste Storace Solo-Album «Live And Let Live», das mir weitestgehend überhaupt nicht mundet. Trotz fettem Sound ab Konserve plätschern die Songs unaufgeregt an einem, sprich an mir vorbei. Das Songmaterial ist viel zu brav instrumentiert und kickt, auch wegen diesem "Modern-Touch", überhaupt nicht. Der einzige Lichtblick auf der Bühne, neben einer der fraglos besten Rock-Röhren, war Bassistin Emi "Bass Babe" Meyer mit ihrer agilen Performance und dem röhrenden Bass-Sound. Über den Rest der Darbietung lege ich den Mantel des Schweigens, und auch auf die Gefahr hin nun geteert wie gefedert zu werden..., es war einfach nur langweilig, wenn auch nicht so schlimm wie zwei Tage zuvor bei Tremonti an gleicher Stelle. Geht hin und hört Euch alternativ an, was Marc Storace unter anderem mit Vic Vergeat, Manfred Ehlert, Billy Stokes oder Klaus Schubert ausserhalb des Krokus-Kosmos aufgenommen hat! Selbst «The Wars Of Gods And Men», die insgesamt halbgare Scheibe von Warrior (2003), schneidet da noch besser ab. Zudem bestätigten die erwarteten wie ziemlich zurückhaltenden Reaktionen des Publikums, selbst bei «Hoodoo Woman», meine eingangs beschriebene Einschätzung. Ein weiteres stossendes Detail waren die, einmal mehr, durchgehend auf Englisch gehaltenen Ansagen von Marc. Was spricht denn in der Heimat gegen eine Begrüssung auf Mundart? Ich verstehe sowas einfach nicht, auch wenn es das Ganze unter dem Strich nicht entscheidend besser hätte aussehen lassen.
Setliste: «Live And Let Live» - «High On Love» - «Hellraiser (Krokus Cover)» - «Lady Of The Night» - «No Place To Hide» - «Carry The Burden» - «Hoodoo Woman» - «Love Over Money»
KISS
Was Buddy und MF-Kollege Tinu heute Abend emotional durch-, ja überstehen musste, steht mir eines Tages, wenn meine Helden von Deep Purple den Stecker definitiv ziehen, erst noch bevor. Schon auf der gemeinsamen Hinfahrt nach Zürich war seine Unruhe spürbar, denn wenn sowas mit Ansage bevor steht (und ich gehe jetzt mal schwer davon aus, dass dies sakrosankt ist!), muss man sich dem als glühender Fan stellen. Was hierbei von Aussenstehenden allenfalls verächtlich belächelt wird, geht tief, und wenigstens bleibt nun künftig immens viel Bild- und Tonmaterial jederzeit greifbar. Doch live dabei zu sein, kann durch nichts ersetzt werden und wird sich bis zum letzten Atemzug tief in der Erinnerung eines jeden Fans, der sich seiner Passion mit Herz und Seele verschrieben hat, einnisten. Der erste Akt des Abschiednehmens war natürlich der sich letztmals so anbietende Foto-Pit, um die Helden dem ultimativen Sperrfeuer der Fotokamera(s) auszusetzen. Der zugehörige Fotopass wird fortan als weiterer heiliger Gral der KISS-Memorabilien von Tinu zugefügt. Zuvor, respektive nach Led Zeppelins Klassiker «Rock And Roll» in voller Länge sah man die einzelnen Musiker auf der Leinwand durch die Gänge des Hallenstadions (sofern es diese auch wirklich waren) in Richtung der Bühne schreiten. Zum üblichen Bass-Gewummer, das derweil etwas andauerte, folgte schliesslich die alles erlösende Ansprache: "Allright Zurich! You wanted the best, you got the best - the hottest band in the world..., KISS! Und dann ging es in gewohnter Manier, sprich begleitet von Feuerwerks-Krachern, Feuerlanzen und Trockeneis los mit dem Opener «Detroit Rock City». Was sich dabei umgehend manifestierte, war der Zustand der Stimmbänder von Starchild Paul Stanley (70). Je "schräger" es klang, desto weniger kam wohl was Unterstützendes ab Band, aber um dies gleich anzusprechen und nachher nicht oder besser nie mehr..., ja..., in der Vergangenheit und je nach Situation wurde sicher partiell nachgeholfen, aber erstens klang es zumindest heute Abend, auch wegen den Schreien und Speeches, nicht offensichtlich danach und zweitens..., geschenkt oder unflätiger ausgedrückt drauf geschissen!
Das Paket, das KISS heute Abend in Zürich schnürten, war einfach nur die pure Freude und Klasse zugleich. Das voll durchorchestrierte Konzert versprühte eine gleichzeitige Frische und liess die Protagonisten nochmals über sich hinaus wachsen. Unterstützt durch viel Licht und Feuer lieferte der Headliner eine makellose Super-Show ab, die unter anderem mit «Heaven's On Fire» und «Tears Are Falling» glänzte. Insgesamt enthielt die Farewell-Setliste Songs von nicht weniger als zwölf Studio-Alben! Nicht fehlen durften natürlich auch die obligaten Solo-Einlagen von Gene (Bass-Solo, Feuer- und Blut spucken), Tommy an der Gitarre und Eric am Schlagzeug. Besonders Letzterer setzte sich gegenüber früher aktiver in Szene und holte sich verdienten Zusatz-Applaus von den begeisterten Fans ab. Paul "flog" hingegen durch die Halle auf das Zusatz-Podest vor dem Mischpult und performte von da aus, mit den Kollegen zusammen, «Lovegun» sowie «I Was Made For Lovin' You». Ein zusätzliche Einlage folgte wegen Genes anwesender Tochter Sophie, die just an diesem Konzertabend ihren 30. Geburtstag feiern konnte und natürlich mit einem Geburtstags-Ständchen bedacht wurde. Nach «Black Diamond» war der offizielle Set zu Ende und die Zugaben standen an. Was früher Peter Criss übernahm, setzte Eric Singer bei «Beth» ebenso überzeugend in Szene, sprich Piano und Gesang. Zum Schluss, also beim Party-Kracher «Rock And Roll All Nite», brachen nochmals alle Dämme, und als zu den letzten in der Luft tanzenden und zu Boden fallenden Glitzerstreifen das Outro mit «God Gave Rock'n'Roll To You II» lief, mussten einige ihre feuchten Äugelein abtrocknen. Für Europa wird es das nach Amsterdam gewesen sein, während nächstes Jahr in den Staaten, und zum 50-jährigen Jubiläum, die abschliessenden Gigs stattfinden werden. In diesem Sinne thank you for all the great music to Paul Stanley, Gene Simmons, Tommy Thayer, Eric Singer, Ace Frehley, Peter Criss, Mark St. John (R.I.P.), Bruce Kulick, Eric Carr (R.I.P.) and Vinnie Vincent! Und nicht so wie in Österreich, wo zur Schlusseinblendung von "KISS - Loves You Vienna" die australische Flagge als Hintergrund gesetzt wurde, stimmte es für Zürich und die Schweiz! Ende gut, alles gut.
Setliste: «Intro "Rock And Roll" (Led Zeppelin)» - «Detroit Rock City» - «Shout It Out Loud» - «Deuce» - «War Machine (Gene speit Feuer)» - «Heaven's On Fire» - «I Love It Loud» - «Say Yeah» - «Cold Gin (mit Guitar-Solo Tommy Thayer)» - «Lick It Up» - «Calling Dr. Love» - «Tears Are Falling» - «Psycho Circus» - «Drum Solo Eric Singer» - «100,000 Years» - «Bass Solo Gene Simmons (inklusive Blutspeien)» - «God Of Thunder» - «Love Gun» - «I Was Made for Lovin' You» - «Black Diamond» -- «Beth (Eric am Piano)» - «Do You Love Me» - «Rock And Roll All Nite» - «Outro (God Gave Rock'n'Roll To You IGod Gave Rock'n' Roll To You II»