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25. April 2024, Pratteln – Z7
By Tinu
Der April zeigte sich von all seinen "farbenprächtigen" Seiten und gebärdete sich neben seiner sonnigen Erscheinung auch bitterkalt wie regnerisch. Gleiches galt für das musikalische Programm an diesem Donnerstag-Abend im Z7. Die finnischen "Eurovision Song Contest" Sieger von 2006 beehrten einmal mehr die von Frontmann Mr. Lordi betitelte "am häufigsten besuchte Konzert-Location". Dass die Nordländer mit ihren Masken und der dazu gehörenden Horror-Show einmal mehr für begeisterte Stimmung sorgen würden, war klar. Ebenso sicher war aber auch, dass sich das Quintett wiederum "spezielle" Support-Bands aussuchen würde, welche sie auf der Tour begleiten. Dieses Mal waren es die Shooting Stars All For Metal und die in meinen Augen völlig unbekannten Crimson Veil.
Crimson Veil
Die drei Damen und der Herr aus dem Vereinigten Königreich boten dann auch eine Show, die man bestimmt nicht als alltäglich, vorhersehbar und normal bezeichnen konnte. Sie war so aussergewöhnlich, dass man sie schon wieder als cool titulieren darf. Sängerin Mishkin Fitzgerald war ganz in weiss gekleidet und verzauberte die Zuschauer mit ihrer lieblichen Stimme, die sich jedoch in Sekunden-Bruchteilen zu einem bösartigen und gekeiften Growlen verändern konnte. Mit ihrem Kopfschmuck, der einer Elfe, gekreuzt mit einer Hexe gleich kam, hauchte sie den Songs ein schaurig wie angsteinflössendes Leben ein. Sie vollführte die Tracks mit tänzelnden Einlagen, die einer Yogastunde gleich kamen. Wie in Trance oder mit der falschen Dosierung der Medikamente, welche noch mit Drogen gestreckt wurden. Ja, Mishkin strahlte etwas Faszinierendes, aber auch Hypnotisierendes und Abschreckendes aus.
Derweil sass Schlagzeugerin Anna Mylee, vermummt mit einem weissen, leicht durchsichtigen Schleier, an ihrem Arbeitsgerät und Hana Piranha, ganz in Schwarz gekleidet und mit einen ebenso furchteinflössenden Kopfschmuck bestückt, hielt ihr Streich-Instrument in ihren Händen. Musikalisch ging die Truppe sehr avantgardemässig ans Werk. Von modernem Rock über melodische Parts bis hin zu Gift versprühendem Black Metal war so ziemlich alles zu vernehmen, welches sich aus dem Wind heraus hören lässt, der in den kalten, nordischen Wäldern sein Unwesen treibt. Ob dies nun ein klirrendkaltes Musical ist oder doch der bösartige Vorbote zur Apokalypse? Was Crimson Veil boten, sorgte auf jeden Fall für Aufsehen, wenn zugleich alles auch sehr gewöhnungsbedürftig war. Zur Klangschalen-Therapie eignet sich diese Truppe eher nicht, aber zumindest sollte man die Damen und den Herrn einmal gesehen haben, denn was das Quartett, zusammen mit einer unglaublich geilen Lichtshow, bot, war eine verstörende wie betörende Angelegenheit.
All For Metal
Wer auf Hammer King oder Warkings steht, wird an All For Metal nicht vorbei kommen. Während die beiden anderen Truppen sich wie Krieger schmücken, gehen All For Metal wie eine gestrandete Manowar Truppe durch, bei denen Muskeln und Frauen im Zentrum stehen. Neben den beiden Gitarristinnen Jasmin Pabst und Ursula Zanichelli sowie dem wild auf der Bühne herum rennenden Bassist Florian Toma, Schlagzeuger Leif Jensen und den beiden Sängern Tim Wagner, respektive Antonio Callana, stehen Protagonisten auf der Bühne, denen man es abnimmt, dass sie "all for Metal" sind. Erst recht, wenn die beiden Tänzerinnen Christina Schulz und Luisa Lonhöfer dazu gesellen, um sich im Sound des Donnergottes zu räkeln, ein All For Metal Shirt auszogen und es ins Publikum schmissen (nein sorry, sie standen dann natürlich nicht oben ohne auf der Stage, was Ihr wieder denkt…)
Dass Tim dank seiner Muskelpracht einen Tisch mit einem Hammer glatt in zwei Teile schlug oder Antonio ähnliche Screams wie Eric Adams von Manowar heraus zu hauen vermochte, passte wie die berühmte Faust aufs Auge. Die Truppe inszenierte eine Metal-Show, bei dem das Z7 mächtig mitmachte und die deutschen Ansagen das Publikum auf ihre Seite zu ziehen vermochten. Zudem waren diese immer mit einem gewissen Schalk versehen. "Z7, wieso so schüchtern?" hiess es zum Beispiel beim Mitsing-Part von «Born In Valhalla». Wenn sich der Bassist beim Beginn von «Legends Never Die» im Publikum aufhält, bekundete dies zudem echte Fannähe, was nach dem Gig am Merchstand sichtlich manifestiert wurde. All For Metal kämpften spürbar um jeden Fan, und ich bin mir sicher, dass sie nach der Show neue für sich hinzu gewinnen konnten.
Setliste: «All For Metal» - «Fury Of The Gods» - «Raise Your Hammer» - «Born In Valhalla» - «Prophecy Of Hope» - «Mountain Of Power» - «Hear The Drum» - «Legends Never Die» - «Gods Of Metal» - «Goddess Of War»
Lordi
Das Hauptaugenmerk galt an diesem Abend aber dem Headliner. Mr. Lordi hatte dabei die Lacher stets auf seiner Seite, als er das Publikum während des ganzen Gigs immer wieder mit seinen "Ja, oui" Spielchen anstachelte und somit den deutsch-, wie auch den französischsprachigen Fans seinen Dank aussprach. "Guten Abend meine Damen und Herren" begrüsste das finnische Monster seine Anhänger im Z7 und eröffnete eine Show, die vielleicht etwas abgespeckter als auch schon war, einen aber dennoch von der ersten Sekunde an in seinen Bann zog. Der Sänger spielte mit seinen Fans: "Der nächste Song, den wir spielen…, was, du weisst welcher Track jetzt kommt? Entweder kannst du meine Gedanken lesen oder hast dich über setlist.fm informiert", war nur eine der aus der Situation heraus entstandenen Ansagen. "Shake your Arsch"…, oder "the next song has a little bit of this Disco vibe", als Einleitung zu «Thing In The Cage», liessen die Fans ebenso schmunzeln wie "This guy says yeah, but he doesn't know, what's coming now!"
Ja, die Band hatte Spass wieder da zu sein, wo sie bisher die meisten Konzerte in ihrer Karriere gespielt hat, und selbst wenn die Show leicht inszeniert wirkte, verfehlte diese ihre mitreissende Art nicht. Songtechnisch standen das letzte Studio-Werk «Sreams Writers Guild» mit sieben Liedern und das Jubiläums-Album «The Monsterican Dream» aus dem Jahre 2004 mit weiteren sechs Tracks im Mittelpunkt. Dazu gesellten sich «Who's Your Daddy», «Devil Is A Loser», «Would You Love A Monsterman» und der obligate Rausschmeisser «Hard Rock Hallelujah», bekanntlich der Sieges-Song vom "Eurovision Song Contest". Das Set aus eigentlich nur zwei Alben zu bestücken, war sicherlich gewagt, und zumindest ich vermisste einige andere Hits und Klassiker, doch im Endeffekt schien das Ganze aufzugehen. Dabei wurden die Tracks immer wieder mit Show-Elementen wie der grossen, qualmenden Schlange bei «Wake The Snake», dem gruseligen Totenschädel mit den roten Augen bei «The Children Of The Night» oder dem Maschinengewehr mit Konfetti-Schlangen als Munition bei «Shotgun Divorce» versehen. Ebenso nicht fehlen durften natürlich die berühmtberüchtigten Fledermausflügel von Mr. Lordi bei «Devil Is A Loser» und die Kreissäge bei «Dead Again Jayne».
Spektakel wurde gross geschrieben, auch bei den Solos. Bevor Hella zu ihrem Tasten-Instrument schritt, wurde sie kurzerhand einen Kopf kleiner gemacht. Der wurde ihr dann postwendend wieder aufgesetzt, so dass sie anschliessend ein schaurig schönes Solo spielen konnte. Auch Drummer Mana liess es sich nicht nehmen, sein solistisches Können, untermalt mit Filmmusik, zu zeigen. Dabei bewegten sich seine Bass-Drums wie sich schnell drehende Räder. Bassist Hiisi und Gitarrist Kone (geiler Showeffekt, als er sich, wie von Geisterhand getragen, in die Höhe bewegte) zeigten ihr Talent, und speziell die mächtige Kostümierung von Hiisi hinterliess nicht nur beim Solo grossen Eindruck. Die Musik verschmolz einmal mehr mit der Show, und das schaurige Keyboard-Spiel von Hella trug ausserdem dazu bei, dass alles immer mit einem leicht gespenstischen Schauer erklang. Der Sound war zudem glas klar und liess keine Wünsche offen.
Es war nicht nur die Maskerade der Dame und der Herren, sondern auch die agile Performance von Hiisi und Kone, die immer wieder die Seiten wechselten und, zusammen mit ihrem Sänger, am Posen waren, was die Show so mitreissend gestaltete. Man kann die Band Lordi und ihre Show belächeln, aber wer dermassen für gute Unterhaltung sorgt, muss im gleichen Atemzug auch gelobt werden. Das Quintett bot einiges fürs Geld, was in der heutigen Zeit nicht immer der Fall ist. Dass Lordi von den Achtzigern beeinflusst sind und neben KISS auch Alice Cooper mit der Muttermilch aufgesogen haben, erkennt man nicht nur an der Show, sondern auch an den Liedern. Die Truppe versteht es mit einem mitsingbaren Refrain ums Eck zu kommen und begeisterte damit die Fans pausenlos. Die Stimmung in der gut gefüllten Konzerthalle war eine Mischung aus purem Spass, völliger Hingabe (es gab Besucher, die vor Freude völlig am Rad drehten) und "wo soll ich bloss hinschauen, dass ich nichts von der Show verpasse?!". Die Monster rockten das Z7 einmal mehr, und man darf sich jetzt schon auf eine Vorsetzung in Pratteln freuen.
Setliste: «Intro – God Of Thunder (KISS)» - «Intro - SCG XVIII: Nosferuiz Horror Show» - «Unliving Picture Show» - «Lucyfer Prime Evil» - «My Heaven Is Your Hell» - «Blood Red Sandman» - «Drum Solo Mana» - «In The Castle of Dracoolove» - «Scarecrow» - «Thing In The Cage» - «Keyboard Solo Hella» - «The Children Of The Night» - «Who's Your Daddy?» - «Wake The Snake» - «Bass Solo Hiisi» - «Kalmageddon» - «Shotgun Divorce» - «Guitar Solo Kone» - «Inhumanoid» - «Dead Again Jayne» - «Devil Is A Loser» - «Would You Love A Monsterman?» -- «Hard Rock Hallelujah» - «Outro»