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18. August 2023, Aarau - KiFF
Text & Pics by Oliver H.
Was für ein tosender Einstieg ins Wochenende! Der Freitagabend stand ganz im Zeichen der kalifornischen Death Metal Urgesteine Obituary. Die Band, um die doch langsam in die Jahre gekommenen Brüder John und Donald Tardy, war das Highlight des Abends. Das KiFF (Aarau) platzte ausverkauft aus allen Nähten und die Hitze war bereits im Vorfeld so gross, dass man auch ohne Liveauftritte der Bands ein Spiegelei am Boden hätte braten können. Um die Stimmung aber im Vorfeld noch mehr anzuheizen, wurden die aus Zürich stammenden Dino-Deather Vorax und Omophagia verpflichtet. Während mehr als drei Stunden malträtierten sie die Trommelfelle der Besucher, und der Schweiss lief gefühlt in Bächen von den Zuschauern und den Wänden herunter.
Vorax
Die Schweizer Formation Vorax durfte als erste Truppe des Abends eröffnen. Es gibt sie erst seit circa drei Jahren, die einzelnen Musiker jedoch, sind schon viel länger im Geschäft. Vorax entstanden in der Corona-Zeit, als alles andere still stand. Zur Crew gehören Flavio (Drums), Patrick Hersche (Bass/Messiah), Benj (Rhythmus-Gitarre), Simon Burri (Leadgitarre/Rage Of Light/Omophagia) und Beni (Gesang/Omophagia). Der Fünfer heizte der Menge mit Oldschool Death Metal im Stil von Bolt Thrower oder Asphyx ganz schön ein. Ihr Sound ist bewusst kompromisslos und drischt immer straight nach vorne. Ihre Texte bilden im DM-Genre eher die Ausnahme, denn sie handeln ausschliesslich von Dinosauriern. Klar, da ging es sicher ab und zu auch blutig zu und her, jedoch wurde auf der Bühne auf alles Überflüssige verzichtet und der Trupp liess ihren garstigen Sound für sich sprechen. Die Fans nahmen den Todesmetal alter Schule dankend an, und trotzdem war die Menge froh, als nach dem Schlussakkord alle möglichen Türen geöffnet und für ein wenig Durchzug gesorgt werden konnte. Ein Fakt von der Band selbst: Vorax machen alles nach dem Motto DIY. Sie haben ihr eigenes Studio gebaut mit Equipment aus den 80ern und 90ern. Die Band hat ihr Erspartes zusammen gelegt und davon Bandmaschinen gekauft, um nun analog und möglichst "oldschool" ihre Tracks aufnehmen zu können. Alle Geräte mussten erst selbst revidiert werden, damit sie wieder funktionstüchtig waren. Auch die Cover-Artworks sollen künftig in Eigenregie entstehen. Wow! Eine hochmotivierte Truppe, die sich textlich sowie soundtechnisch den Dinosauriern verschrieben hat.
Setliste: «T-Rex» - «Raptor's Claw» - «Permian» - «Malediction» - «Hunter Killer» - «Reign Supreme» - «No Guts No Glory»
Omophagia
Der zweite Anheizer vor Ort hiess Omophagia. Wer gut aufgepasst hat, dem sollte aufgefallen sein, dass zwei der Vorax-Mitglieder an diesem Abend nochmals ran mussten. Der Gitarrist Simon Burri und Sänger Beni mit "i". Auch von dieser Combo hatte ich zuvor noch nie etwas gehört, aber Konzerte sind ja bekanntlich auch dazu da, um Neues zu entdecken. Omophagia legten gegenüber Vorax nochmals einen Zahn zu, denn spielten komplexer und auch deutlich schneller auf. Wenn man diesen Fünfer in eine Schublade stecken müsste, würde vermutlich die Tech-Death Schiene am ehesten auf den Sound der Schweizer Formation passen. Damit aber aus dem Duo ein kraftvolles Quintett wird, braucht es noch Wild (Drums), Hiqui (Rhythmus-Gitarre) und Tom, der momentan als Aushilfs-Bassist sonst bei Disparaged und Amputate tätig ist. So war die Bühne zum zweiten Mal an diesen Abend total in Schweizer Hand, was auch aus der Not heraus geboren war. Die Organisatoren mussten nämlich relativ kurzfristig Vorbands finden, weil das Konzert von Obituary schon mehrmals verschoben werden musste. Doch nun waren sie da und mit ihnen Omophagia. Die Band gibt es bereits seit 2006 und ins KiFF haben sie ihre aktuelle Platte «RebirthIin Black» mitgebracht, die seit 2022 veröffentlicht ist. Die kleine Bühne gehörte sichtlich ihnen, und sie machten gehörig Dampf im Kessel. Die Crowd pogte, moshte und bangte, dass es nur so eine Freude war. Sie feierten in den vorderen Reihen so richtig ab, während der Sound ordentlich brutal war, aber zu keiner Zeit das richtige Mass an Melodie vermissen liess. Ich habe auf jeden Fall an diesem Abend zwei neue Bands mit nach Hause genommen, die sicherlich noch länger auf meinem Radar verweilen werden.
Setliste: «Intro» - «The Consequence Of Guilt» - «The Plague» - «Rebirth In Black» - «Thoughts Of The Earth» - «646965» - «Serve A Slave» - «All For None» - «Time Tells»
Obituary
Etwas verspätet kamen dann die kalifornischen Death Metal Legenden, die seit ihrem grandiosen Werk «Obituary» wieder voll da und besser denn je sind. Mit im Gepäck hatten sie ihre neue Platte «Dying Of Everything», die schlichtweg grandios ausgefallen ist. Vom ersten Ton an überzeugte die Truppe, und das restlos begeisterte Publikum drängte sich dicht an dicht vor der Bühne. Das Fotografieren war eine herausfordernde Arbeit, denn wer ganz vorne Platz fand, dachte nicht im Traum daran, diesen kurzzeitig aufzugeben. Menschen und Bier flogen abwechselnd durch den Raum, was den Sänger zu amüsieren schien. John klatsche brav Hände ab, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, seinem Gesangsorgan die wüstesten Klänge zu entlocken. Er reagierte auch auf die Zurufe vor der Bühne, während er wie eh und je seine Kilometer auf der Bühne abspulte.
Donny zog, wie so oft, einen guten Tag an den Drums ein und legte mit so viel Spielfreude los, dass es einfach grandios war, ihm dabei bloss zuzuschauen. Die Soundqualität wurde nach den Vorbands noch einen Zacken höher geschraubt, was dem totalen Konzerterlebnis zusätzlich entgegen kam. Die typischen Gitarren-Riffs schnitten sich Wege durch den Raum, die Drum-Salven prasselten wie kantige Steine auf einen hernieder, und der kreischend röchelnde Gesang liess einem die Nackenhaare stehen. Viel zu schnell verflog die Zeit, und dass sich die Kalifornier ausgerechnet Death Metal Musiker als Berufsbezeichnung ausgesucht hatten, forderte erstmals seinen Tribut.
Die Pausen zwischen den Songs wurden gefühlt immer etwas länger. Doch wenn sie dann wieder im Song waren, gab es keinerlei Makel. Obituary boten einen geilen Mix aus ihren bisherigen Alben, ohne neue Tracks und alte Klassiker zu vergessen. So stimmten sie dann schliesslich auch, ohne die Bühne vorher zu verlassen (vermutlich wegen der Anfangsverspätung), zur Freude des Publikums «Slowly We Rot» an. Passender hätte der Song nicht sein können, denn was nach dem Konzert in Menschengestalt die Räumlichkeit verliess, sah teilweise mehr nach Verwesung als nach Leben aus.
Wieder einmal mehr haben John Tardy (Gesang), Trevor Peres (Gitarre), Kenny Andrews (Gitarre), Terry Butler (Bass) und Schlagzeuger Donald Tardy alles richtig gemacht. Auch wenn die Band nie wieder so finster klang, wie zu «Cause Of Death» Zeiten und sie nie als die abwechslungsreichste Gruppe in die Memoiren eingehen wird – sie liefern aber immer ab, und die oft zitierte Spielfreude liess sich auch an diesem Abend in jedem Arrangement und jedem Detail heraus hören!
Setliste: «Redneck Stomp» - «Sentence Day» - «A Lesson In Vengeance» - «Visions In My Head» - «The Wrong Time» - «Barely Alive» - «Slow Death» - «Find The Arise» - «Weaponize The Hate» - «My Will To Live» - «Chopped In Half / Turned Inside Out» - «War» - «Dying Of Everything» - «I'm In Pain» - «Slowly We Rot»