
Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
18. Februar 2025, Zürich - Komplex 457
By Tinu - Pics by Rockslave
Die «The Origins Tour» stand ganz im Zeichen der ersten EP und vom 84er-Debüt «The Warning» der Jungs aus Seattle. Queensrÿche, bei denen mit Gitarrist Michael Wilton und Bassist Eddie Jackson noch immer zwei fünftel der Original-Besetzung auf der Bühne stehen, überliessen nichts dem Zufall, sondern spielten eine Show, die jedem Alt-Fan Pipi in die Augen trieb und mit dem Schreiberling dieser Zeilen eine Zeitreise unternahm, welche mit vielen, wunderschönen Momenten geschmückt war. Ab und zu tauchte ich völlig in die Klänge des Quintetts ab, schloss die Augen und fühlte mich auf magische Art berührt von den Songs, die mir so vertraut waren. Zusammen mit Wunder-Trommler Casey Grillo (Ex-Kamelot), Mike Stone (Gitarre) und Meistersänger Todd La Torre zelebrierten Queensrÿche eine Soundmesse, die Massstäbe setzte.
Night Demon
Bevor jedoch die US-Boys die Bühne verzauberten, oblag Night Demon die eher undankbare Aufgabe, mit ihrem traditionellen Metal die Fans auf Betriebs-Temperatur zu bringen. Für die Die-Hard-Anhänger ein leichtes Unterfangen, bei den Restlichen eine Übung, die nicht fruchtete. Eines muss man Bandleader Jarvis Leatherby aber attestieren. Er war immer bemüht, die Anwesenden auf seine Seite zu ziehen. Nach dem Intro «Night Of The Demon» stiegen die Jungs in den Opener «Outsider» ein und wurden von blauem und grünem Licht flankiert, welches immer wieder durch wildes Strobo-Feuer unterbrochen wurde. Mit dem Speed-Hammer «Screams In The Night» konnten die Herren dann die ersten Fan-Reaktionen für sich verbuchen. Dank dem "Night Demon", der bei «The Chalice» auf die Bühne kam und mit wild funkelnden, roten Augen und einem Kelch in den Händen haltend den Fans das Fürchten beibrachte, hatte das Trio sogar einen kleinen Hingucker dabei.
Jarvis, der auch den Bass bediente, und Gitarrist Armand John Antony versuchten ständig in Bewegung zu sein. Dabei schüttelten sie ihr Haar, liessen das Propeller-Banging zu neuen Ehren kommen und wechselten ständig die Position. Auch wenn die Lieder immer wieder mit kleinen Tempo-Wechseln versehen wurden, fehlte den Tracks der Killer-Instinkt. So, dass man sich ihnen nicht erwehren konnte, sie nicht aus dem Kopf bringt und noch Tage danach die Melodie des Songs mitpfeift. Dass sich Jarvis über die Lautstärken-Begrenzung der Schweiz amüsierte, war sicherlich ein lustiges Statement, täuschte aber nicht darüber hinweg, dass die Fans nur wegen einer Band den Weg nach Zürich unter die Räder genommen hatten. Mit «Night Demon» verabschiedeten sich die Truppe vom applaudierenden Publikum, um die Bühne für Todd und seine Jungs freizumachen.
Setliste: «Intros: Night Of The Demon & Prelude (eingespielt)» - «Outsider» - «Screams In The Night» - «Escape From Beyond» - «Dawn Rider» - «The Howling Man» - «Beyond The Grave» - «The Wrath» - «Welcome To The Night» - «The Chalice» - «Night Demon»
Queensrÿche
Nach dem ab Konserve eingespielten «Walk» von Pantera stieg das Quintett mit einem alles durchdringenden Schrei von Mister La Torre und «Queen Of The Reich» in den Segen ein. Auch wenn sich hier Michael und Mike sogleich mit einem feinen Doppel-Solo duellierten, war es fast immer Mister Wilton, der für die solistischen Momente zuständig war. Ohne jegliches Stargehabe, aber mit der jeweils richtigen Einstellung zum Song und der Band präsentierte sich der Gitarrist in bester Spiellaune. Dass mit dieser Setliste endlich auch wieder Songs gespielt wurden, welche lange nicht mehr oder noch nie den Weg auf die Bühne fanden, machten diesen Abend für mich zu einem legendären Gig. Mit «Nightrider», «En Force», «NM 156», «Child Of Fire» und «Roads To Madness» griffen Queensrÿche tief in die Nostalgie-Kiste und bewiesen, welch gigantische und magische Momente sie mit diesem Material erschufen. Auf dem Backdrop erstrahlte der Uralt-Schriftzug der Truppe, wo sich Casey dicht unter diesem nach Herzenslust austobte, mit seinen Sticks spielte und den Klassikern mit seiner ureigenen Spielweise neues Leben einhauchte.
Auch wenn man einen Scott Rockenfield nicht so einfach ersetzen kann, spielte Casey die Tracks so, wie sie gespielt werden mussten, akzentuierte gewisse Parts leicht anders, aber immer so, dass sie druckvoll und mit dem richtigen "Wumms" ins Komplex gehämmert wurden. Eddie blieb derweil oftmals im Hintergrund, brillierte mit seinem unnachahmlichen Bass-Spiel und überzeugte mit grandiosen Backing-Vocals. Mike hatte ich in den Jahren 2003 bis 2009 immer wieder zusammen mit den Jungs gesehen. Dabei trug der Gitarrist unpassenderweise oftmals eine Gasmaske auf dem Kopf. Dies lässt er nun seit langer Zeit bleiben. Zum Glück, denn so konzentrierte man sich als Zuschauer auf sein songdienliches Spiel und liess sich nicht durch unnötige Gimmicks ablenken. Ja, die damalige Zeit mit dem Line-up Wilton, Jackson, Rockenfield, Geoff Tate (Gesang) und Chris DeGarmo (Gitarre) bleibt unerreicht. Aber was die Jungs heute noch abliefern, ist des Niederknieens würdig. Dies liegt auch an Sänger Todd, der mit seiner sehr fannahen Performance und der göttlichen Stimme den Songs das verleiht, was sie verlangen.
"Wer sieht heute Queensrÿche zum ersten Mal, nach vierzig Jahren und ein paar mehr? Vielen Dank dafür, dass Ihr uns die Möglichkeit gebt, vor Euch zu spielen!" Wer solche, ehrlich gemeinten Ansagen macht, der hat den tosenden Applaus der Fans mehr als nur verdient. "Are you fucking ready? This is «Deliverance»!" liess Todd das Publikum wissen, nachdem die Jungs eine fulminante Version von «En Force» (was für eine Götter-Nummer!) spielten. Die Lieder, welche noch Mister Tate einsang, einigermassen gut zu interpretieren, ist kein leichtes Unterfangen, aber Herr La Torre erwies sich einmal mehr als absoluter Meister seines Faches und schrie sich die Kehle wund. Dabei klang es zwei, drei Mal nach eher gepressten Parts, was einem Jammern auf sehr hohem Level gleichkommt, denn Todd hinterliess einen sensationellen und grossartigen Eindruck. Für mich war «NM 156» das absolute Highlight. Eine Nummer, die mir mit seinem astronautischen Flair und dem mechanischen Gesang eine "meterhohe Gänsehaut" auf die Haut zimmerte. Wie auch der akustische Einstieg zum nachfolgenden Hit «Take Hold Of The Flame».
"Thank you so much for coming out tonight!" bedankte sich ein sichtlich berührter Sänger. "Are you with me?", wollte der Shouter wissen, bevor die Band in «Child Of Fire» einstieg. Auch ein Track, den man seit Jahrzehnten nicht mehr gehört hat. Neben dem Klassiker «The Lady Whore Black», eine Nummer mit ganz viel Tiefgang und packenden Momenten, war es das monumentale «Roads To Madness», welches den offiziellen Teil des Konzertes beendete. Dass das Publikum mehr wollte, bekundete es mit lautem, anhaltendem Applaus. Queensrÿche liessen sich natürlich nicht lumpen und starteten den Zugabe-Block mit dem gottgleichen «Walk In The Shadows», welches in meinen Augen vom besten Album «Rage For Oder» (1986) stammt. Was danach folgte, war noch ein Doppel-Nachschlag vom «Empire» Werk (1990) und zum Abschluss noch ein Track von der wahrscheinlich beliebtesten Scheibe «Operation: Mindcrime» (1988). Nach dieser Göttervorstellung verabschiedeten sich die Jungs vom begeisterten Publikum und setzten die Latte für Geoff Tate, der drei Tage später in Langenthal aufspielte, verdammt hoch!
Setliste: «Queen Of The Reich» - «Nightrider» - «Blinded» - «The Lady Whore Black» - «Warning» - «En Force» - «Deliverance» - «No Sanctuary» - «NM156» - «Take Hold Of The Flame» - «Before The Storm» - «Child Of Fire» - «Roads To Madness» -- «Walk In The Shadows» - «Jet City Woman» - «Empire» - «Eyes Of A Stranger»