07. Juni bis 10. Juni 2023 – Sölvesborg (S)
By Roxx (rxx), Rockslave (rsl) and Tinu (tin) – All Pics by Roxx, Rockslave and Tinu
Nachdem ich mich letztes Jahr im Vorfeld extrem darauf gefreut hatte, wieder nach Sölvesborg ans "Sweden Rock Festival" zu pilgern, stoppte mich einer der letzten Ausläufer von Corona auf den letzten Metern. Der Befund war klar und eine der bittersten Pillen meines Daseins als Metalhead Tatsache. Somit musste ich Roxx, Tinu und Olivier schweren Herzens ziehen lassen. "Next year" hiess die Devise, und dann erst recht! Ganze drei Jahre musste ich also auf diesen Moment warten, und dann ging plötzlich alles sehr schnell. Wie gewohnt starteten wir die SRF-Woche bereits am Montag, heisst am 05. Juni machten wir uns zuerst auf nach Kopenhagen, um dann wieder in Hyllie (s) den Camper zu übernehmen. Zumindest war es so geplant, denn als bei der Gepäckausgabe im Flughafen CPH ein Koffer fehlte, schwante uns Böses. Wie sich einige Tage später heraus stellen sollte, flog das Teil, warum auch immer, von Zürich nach Dublin! So gelangten wir etwas verspätet an unseren gewohnten Standort und mussten dieses Malheur zuerst mal sacken lassen. Zum Glück traf das wichtige Gepäckstück über Umwege und nach einigen Telefonaten wie Mitteilungen schliesslich doch noch bei uns ein, hallelujah!
Zum 30-jährigen Jubiläum, das die diesjährige Ausgabe des SRF umrahmte, wurde auf Seite des Billings natürlich wieder gekleckert, und dies vom Feinsten! Angefangen bei den Headlinern, sprich "big names" wie Def Leppard, Mötley Crüe, Deep Purple, Europe, Iron Maiden, Skid Row, Pantera und Ghost. Doch das war natürlich noch längst nicht alles, denn jeder von uns hatte noch weitere persönliche Highlights auf dem Schirm wie Myrath (Roxx), Thundermother (Tinu) und Hot Breath (meine Wenigkeit). Wie üblich brüteten wir vor Festivalbeginn über der Running Order und legten fest, wer von uns was, wenn und wo übernimmt. Diese an sich nicht so einfache Aufgabe, Auftritte von insgesamt über neunzig Bands in einem vernünftigen und stemmbaren Programm zu koordinieren, hielt sich durch unsere Routine im Rahmen. Dadurch konnten wir die Zeit bis zum Festival-Beginn mit unseren Freunden vor Ort geniessen und uns auf die kommenden Tage einstimmen. Ein wesentlicher Faktor vor Ort ist natürlich das Wetter, und die Prognosen sahen hinsichtlich Regen hervorragend aus. Letzten Endes wurde es erwartungsgemäss eine ziemlich staubige Angelegenheit, aber lieber so als Feuchtigkeit und Matsch. (rsl)
Erster Tag - Mittwoch, 07.06.2023
BLÄKLÄDER STAGE
(rsl & rxx)
Eradikated
Die Ehre das diesjährige "Sweden Rock Festival" zu eröffnen, gebührte den Youngstern von Eradikated. Zwischen 2014 und 2021 nannte sich der Vierer aus Höör/Ludvigsborg, Skåne noch The Generations Army. Dies passte wohl nicht so zur zelebrierten Thrash-Mucke im Fahrwasser der alten Metallica und Slayer. Was sich an anderer Stelle stilistisch als bemühend und unoriginell heraus stellen könnte, war hier gar nicht der Fall, im Gegenteil. Frontmann Elvin Landaeus Csizmadia und seine Kollegen fuhren das volle Brett und begeisterten schon bald den sehr gut gefüllten Platz vor der Bühne. Solch frisch agierende, junge Bands zeigen, dass die Saat der abtretenden Legenden auf fruchtbaren Boden fällt. Slayers Cover-Version von «Angel Of Death» zum Schluss war granatenstark! (rsl)
Spidergawd
Die Truppe aus dem norwegischen Trondheim enterte die kleinste Bühne des Festivals. Speziell ist, dass Spidergawd auch einen Saxophonisten dabei haben. Dies wirkte sich gesamthaft auf den dargebotenen Heavy Rock aus. Einen festen Sänger hat diese Band nicht, sprich mal singt der eine, mal der andere und teilweise auch alle zusammen. Auf jeden Fall lieferten die Norweger einen stimmungsvollen wie originellen Auftritt ab, der nach mehr schrie. (rxx)
Grave
Reinster, schwedischer Todes-Metal wurde nun mit Grave geboten. Viel passiert ja bei Death Metal Bands auf der Bühne selten, heisst die Jungs kommen, spielen sich einen ab und verschwinden wieder. Das macht Death Metal normalerweise aus, und genauso verhielt es sich auch hier. Das strahlende Wetter machte daraus jedoch fast schon eine fröhliche Sache, bei der Sänger Ola Lindgren mit seinen Growls aber ohne Unterlass dafür sorgte, dass man nicht das Gefühl kriegte an einem Kindergeburtstag zu sein. (rxx)
SWEDEN STAGE
(rsl)
Dynazty
Seit ich die Jungs (ohne deren Sänger Nils Molin) mal als Tourband von Joe Lynn Turner gesehen habe, geht mir das Bild nicht mehr aus dem Kopf. Dabei sind die schwedischen Heavy Power Rocker schon eine Weile eigenständig unterwegs und haben bisher durchwegs gutes Material veröffentlicht, das entsprechend gewürdigt wurde. So erstaunte es nicht, dass sich ein zahlenmässig beachtliches Publikum diesen Auftritt ihrer Landsleute nicht entgehen liess. Leadsänger Nils überzeugte aber als standfester Performer und hatte ein paar satte Screams am Start. Der Aufforderung zu Mitsing-Parts wurde lautstark Folge geleistet und passte bestens zum Posing, dem Licht und den eingesetzten Pyros, inklusive eines Feuerregens. Frenetischer Applaus beendete den stündigen wie starken Auftritt, wo letztlich nur ein fehlender Hit-Song zu bemängeln war.
Angra
Die brasilianische Band um dem charismatischen Frontmann André Coelho Matos, der 2019 leider viel zu früh verstarb, besass in den frühen 90ern das Potenzial, einen Status auf Augenhöhe mit Dream Theater zu erreichen. Bandinterne Querelen verhinderten dies schliesslich, als das ursprüngliche Line-up 1998 auseinander brach. Heute ist nur noch Gitarrist Rafael Bittencourt aus der Gründerzeit übrig, und spätestens als Matos die Truppe 2000 verliess, sank der Stern der einstigen Hoffnungsträger. Mit Nachfolger Edu Falaschi trat der Grosserfolg auch nicht ein, und seit 2013 gelingt das ebenso wenig mit Fabio Lione. Technisch sicherlich versiert, wirkte das Ganze ziemlich blutleer, und im Gegensatz zu vorher bei Dynazty standen bedeutend weniger Leute vor der Bühne.
Wig Wam
Ganz anders zeigte sich das Bild, als die norwegischen Glam Rocker die Bühne enterten. Frontmann Åge Sten Nilsen war, wie immer, farbenprächtig gekleidet und üppig geschminkt. Der erste Auftritt am SRF überhaupt wäre jedoch nicht zustande gekommen, wenn sich die Band 2019, nach fünf Jahren Pause, nicht wieder reformiert hätte. In der Zwischenzeit hatte Åge Sten, zusammen mit Keyboarder Lasse Finbråthen, Ammunition gegründet, deren Debüt «Shanghaied» eine tolle Scheibe absetzte. Mit dem Comeback-Album «Never Say Die» (2021) wurden Wig Wam wiederbelebt, und wenn man sich die lautstarken Reaktionen der Fans ansah, war offensichtlich, dass man ohne Zweifel auf das richtige Pferd gesetzt hatte. Einen optimaleren Sound für ein Festival wie dieses, gibt es eigentlich nicht. Die abendliche Stimmung hin zum Prachtswetter passte zudem wie Arsch auf Eimer.
Avatar
Die heimischen Horror Picture Rocker hätte man keinesfalls früher aufspielen lassen dürfen, weil sonst glatt die Hälfte der theatralischen Komponente dieser illustren Truppe verloren gegangen wäre. Im Zentrum von Avatar steht der ausdrucksstarke Frontmann Johannes Eckerström, dessen Grimassen-Schneiden à la Joker (Gegenspieler von Batman) konkurrenzlos ist. Als Erstes zerplatzten ein paar Luftballons, ehe es mit viel Düster-Pathos weiter ging. Die Band gab von Anfang an ziemlich Gas und vermochte das erneut sehr zahlreich aufmarschierte Publikum bestens zu unterhalten. Dazu gehörte auch das Windmühlen-Banging der beiden Gitarristen Tim Öhrström und Jonas Jarlsby sowie die nicht minder abgedrehten Faxen, die Drummer John Alfredsson ohne Unterlass riss. Zusammen mit passenden Pyro-Effekten wie fettem Licht bot sich ein herrliches Bild auf der Bühne, und stilistisch wurden mehrere Genres zwischen Metal und Rock abgedeckt. (rsl)
ROCK STAGE
(rxx & tin)
Deathstars
Die Rock Stage, welche in diesem Jahr etwas grösser als sonst war, wurde von den schwedischen Industrial-Metallern Deathstars eröffnet. Sänger Andreas "Whiplasher Bernadotte" Bergh wirkte zu Beginn allerdings noch etwas gebremst, als ob er erst gerade aufgestanden wäre. Dennoch vermochten die restlichen Musiker das Publikum mitzureissen, und es war augenscheinlich, dass sich diese Band aktuell wieder grosser Beliebtheit erfreut. (rxx)
Jinjer
Die ukrainische Metalcore-Band Jinjer war nun an der Reihe, die Massen zu begeistern. Die Sängerin Tatiana Shmailyuk wirkte in ihrem "Stage Cothing" fast schon etwas "overdressed" für diese Art von Musik. Da passten ihre Kollegen optisch besser dazu. Dafür brüllte und kreischte sie um ihr Leben, hatte aber auch die cleanen Parts voll im Griff und überzeugte mit grossartigem Stage-Acting. (rxx)
Testament
Er war wieder zurück und spielte seine Riffs wie speziellen Solos, sprich so, wie man sich dies von den US Thrash Helden Testament wünscht! Heisst Alex Skolnick stand wieder auf der Bühne, nachdem er in Pratteln noch von Phil Demmel (ehemals Machine Head) ersetzt wurde. Sänger Chuck Billy und seine Jungs boten genau die Show, welche ich mir von meinen Helden der Jugend erhoffte und wünschte. Sie rissen Sölvesborg förmlich aus den Fugen und boten mit Eric Peterson einen unglaublichen Wirbelwind auf der Bühne, während Mister Billy das Publikum souverän nach Belieben dirigierte. Auch soundtechnisch war diesmal alles im grünen Bereich, und so reihte sich Hit an Hit (alt wie jung) und erhob Testament so gleich zu einem der Highlights des diesjährigen "Sweden Rock Festivals". (tin)
Clutch
Von der amerikanischen Westküste ging es dann rüber an die Ostküste der USA, wo die Truppe her kommt. Besonderes wurde auf der Bühne optisch nicht geboten, aber das brauchte es an dieser Stelle auch nicht. Dafür überzeugten Clutch umso mehr mit ihrer energetischen Spielweise, und der charismatische Sänger Neil Fallon hatte die Sache im Griff und führte souverän durch den ganzen Gig hindurch. Es war ein rundum guter Auftritt, der beispielsweise auch Fans der Red Hot Chili Peppers gefallen hätte. (rxx)
FESTIVAL STAGE
(tin)
Soilwork
Die Festival Stage wurde heuer von Soilwork "entjungfert". Dass die Schweden zu den bekanntesten Bands ihres Landes zählen und auch über die Staatsgrenze hinaus bekannt sind, liess sich am grossen Aufmarsch der Fans erkennen. Speziell jüngere Mädels fielen in einen fast ekstatischen Rausch und liessen sich vom wilden Mix aus Thrash und Melodic Death Metal verzaubern. Zeremonien-Meister Björn Strid (The Night Flight Orchestra) trieb die Fans an, forderte einen Circle-Pit und grinste schelmisch ins Publikum. Soilwork standen nicht zu Unrecht auf der grossen Bühne und feierten, zusammen mit dem Publikum, eine grosse Party.
Airbourne
Ja, die Truppe um Joel O'Keeffe entfacht stets ein unglaubliches Sound-Feuer auf der Bühne, das aber zu neunzig Prozent vom singenden Gitarristen ausgeht und die restlichen Musiker dabei wie Statisten aussehen lässt. Auch in Schweden nutzte das unbremsbare Energie-Bündel die ganze Bühnenbreite, kreischte seine Texte in die tobende Meute und hatte dabei unglaublichen Spass. Seine gefüllten Bierbecher wurden auch dieses Mal zahlreich ins Publikum geschleudert, und die Ladys in den ersten Reihen schrien sich die Freude aus ihren knapp bekleideten Körpern. Die Party kannte kein Halten und schon gar keinen Stopp. Der AC/DC-mässige Groove verfehlte seine Wirkung nicht, und so wurden Airbourne von den Fans nach allen Regeln der Kunst abgefeiert, verliessen die Bühne total verschwitzt sowie mit einem siegesgewissen wie breiten Grinsen auf ihren Gesichtern.
Def Leppard
Die Engländer sind schon seit einiger Zeit zusammen mit Mötley Crüe unterwegs. Auch wenn sich die Setliste von Def Leppard seit Jahren kaum verändert und sich die jeweilig neuen Songs des gerade aktuellen Studio-Albums mit den entsprechenden Vorgängern auswechseln lassen, waren die Jungs um Sänger Joe Elliot (der grandios sang) eine Macht auf der Bühne! Dies völlig ohne Star-Allüren, sondern mit viel Eleganz und Brillanz sorgten die UK-Boys für ganz grosses Kino. Selbst Phil spielte seine Solos dieses Mal songdienlicher und wollte der kompletten Welt nicht wieder zeigen, welch schneller Gitarren-Shredder er ist. Das kurze Drum-Solo von Rick sorgte dafür einen sehr emotionalen und euphorischen Hühnerhaut Moment. Def Leppard liessen in der Folge nichts anbrennen, erzeugten mit ihren Einspielungen auf die überdimensionalen Video-Leinwände grandiose Momente und liessen alle «Hysteria», sprich hysterisch werden. Schweden liebte Def Leppard, und der taube Leopard liebte Schweden. Was will man mehr? Mit «Photograph» wurde ein grossartiger Gig beendet, welcher die Latte für Mötley Crüe sehr hoch legte.
Mötley Crüe
Dass Mick Mars die Band im Vorfeld verliess, war für mich ein Stich ins Herz, der mit dessen Ersatz John 5 (Ex-Marlyn Manson) garantiert nicht kleiner wurde. Lassen wir aber die Sticheleien, welche sich in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer verbreiteten, aussen vor und konzentrieren uns auf die Show, die weitaus unspektakulärer ausfiel, als noch bei den Abschieds-Shows. Die grosse Attraktion waren die beiden Sängerinnen, welche die ansonsten eher lahme und auf Rockstar getrimmte Show ein bisschen aus dem Negativ-Modus heraus hievten. Klar, Vince konnte mit den Bodys und den damit verbundenen erotischen Bewegungen nicht mithalten. Dass Tommy wiederum Titten sehen wollte war ebenso klar und die Schwedinnen diesem Wunsch spontan nachkommen würden, auch (okay, das lag nicht nur an Schweden). Interessant war noch, dass einerseits viele den Gig super fanden, aber andererseits auch gleich viele sich noch während des Gigs nach und nach auf den Nachhauseweg machten. Crüe brachten zwar ihre Hits, spielten diese pflichtbewusst und fast ein bisschen zu professionell. Die Frage von wegen warum die Jungs wieder musizieren, kann jeder für sich selbst beantworten. Mir fehlte Mick, der mit seinen gepfefferten Riffs ein «Shout At The Devil» oder «Too Fast For Love» zu Evergreens machte. John vermochte dies definitiv nicht, auch wenn er sicherlich kein schlechter Gitarrist ist. Als alter Crüe-Fan, der die Jungs zum ersten Mal als Support von Iron Maiden sah und sich bewusst war, dass die Herren schon länger nicht mehr an diese legendären Shows anknüpfen können, machte sich letztlich Enttäuschung breit. (tin)
Pistonhead Stage
(tin & rxx)
Grimner
Wie immer bot die Zeltbühne sehr interessante, teils auch noch unbekannte Bands. Was den Genuss leider stets ein bisschen trübte, war der oft total vernebelte Blick auf die Bühne, der nicht von exzessivem Alkohol-Konsum herrührte (okay, bei einigen schon), sondern vom aufgewirbelten Staub und der installierten Nebelmaschine. Die einheimischen Grimner boten mit ihrem Pagan Metal, der mit einer Flöte und zwei Sängern aufgefrischte wurde sowie den entsprechenden Robin Hood Kleidern den idealen Einstieg. Die Natur rief, und die naturverbundenen Schweden folgten dem Ruf auf dem Fusse. Die Jungs boten eine gute Show und wurden von den Fans deswegen verdient abgefeiert. (tin)
Enforcer
Die Verteidiger des wahren Metals hatten ein leichtes Spiel, um das Zelt in ein Tollhaus zu verwandeln. Die Jungs um den singenden Gitarristen Olaf Wikstrand wählten als Intro «Diamonds And Rust» in der Version von Judas Priest. Dass die Stimmung schon hier auf ein sehr hohes Niveau angehoben wurde, konnte man den lautstarken Fangesängen entnehmen. Mit pfeilschnellen Riffs und einer unglaublichen Spielfreude boten sich Enforcer an, künftig auf den grösseren Bühnen des Festivals zu spielen, denn nach dem zweiten Track wurde die Truppe mit lauten "Enforcer" Rufen gefeiert. Kultig ist nach wie vor der Oberlippenbart von Gitarrist Jonathan Nordwall. (tin)
Die Oberherren
Sie selbst bezeichnen sich als die "Royality" des schwedischen Rock und Metal. Gemeint sind Die Oberherren, die sich einer Art von Gothic Rock verschrieben haben, der jedoch ziemlich hausbacken klingt. So kam der Auftritt eher lasch rüber. Der Sänger, bekleidet mit Sonnenbrille, wollte ziemlich cool wirken, aber das Ganze hinterliess eher einen einstudierten Eindruck. Live also nicht so der Bringer, musikalisch hingegen durchaus eine gute Sache. (rxx)
Brutus
Aus Belgien reisten Brutus an, um die Schweden zu rocken. Ob das gelungen ist? Ihr Mischung aus Prog und Post Hardcore muss man schon mögen. Blickfang war definitiv Sängerin und Drummerin Stefanie Mannaerts, die mit ihrem Schlagzeug vorne seitlich an der Bühne platziert war. Leider spielten parallel Def Leppard auf der grossen Festival Stage. So war die Zeltbühne oder auch Pistonhead Stage genannt, nur teilweise bevölkert. Dafür waren aber die richtigen Leute da, um die Band abzufeiern. (rxx)
1349
Düster und bedrohlich wurde es bei den Black Metallern von 1349. Dabei waren sie wohl konkurrenzlos, da Mötley Crüe gleichzeitig spielten. Das brachte den Norwegern, stilistisch bedingt, ein gut gefülltes Zelt ein, eingetaucht in viel Rauch und wenig, dafür blaues und rotes Licht. Ein Albtraum für jeden Fotograf. Das interessierte die Band aber bestimmt nicht, denn sie spielten aus dem Vollen und beendeten diesen Tag auf der Pistonhead Stage. (rxx)
Zweiter Tag - Donnerstag, 08.06.2023
BLÄKLÄDER STAGE
(rsl, rxx & tin)
Self Deception
Knaller und Pyros konnten offensichtlich nicht nur auf den grösseren Bühnen eingesetzt werden. Die schwedischen Modern Metal Rocker, die in ihrer Heimat eine grosse Nummer zu sein scheinen (most streamed band in Sweden), nutzten diese Show-Elemente zu ihrem Sound, der bis hin zu Pop-Refrains und starken Melodien reicht. Allerdings wird das Ganze, zumindest für meinen Geschmack, mitunter mit gewöhnungsbedürftigem Kreisch-Gesang von Leadsänger Andreas Clark versehen, und Synthies ab Band waren und sind mir stets ein Dorn im Auge. Dies ist aber Mucke, die ihre Anhänger findet, was die guten Reaktionen unter den anwesenden Fans bewiesen. (rsl)
The Crown
Da zur selben Zeit drüben auf der Festival Stage Lita Ford für massig Hard Rock sorgte, war hier erneut markiger Death Metal angesagt. Sänger Johan Lindstrand führte dabei forsch durch das todesbleierne Programm hindurch. Die Band wirkte arschtight und ausdrucksstark zugleich. Das sonnige Wetter passte allerdings erneut nicht so recht zu diesem Stil, aber was solls?! The Crown machten ohne Zweifel alles richtig. (rxx)
Crowne
Die Truppe sollte bei mir offene Türen einreissen, aber was schon auf Tonträger nicht passiert, geschah auch nicht auf der Bühne. Europe Bassist John Levén, H.E.A.T Keyboarder Jona Tee, der ehemalige The Poodles Trommler Chrisian Lundquist, Dynazty Gitarrist Love Magnusson und Art Nation Sänger Alexander Strandell sorgen eigentlich für brillanten Hard Rock, der bei mir aber (noch) keine Früchte trägt. So auch nicht beim SRF 2023. Sah man jedoch ins Rund vor der Bühne, so stand Schweden wie eine Eins hinter der Band und feierte das Quintett nach allen Regeln der Kunst ab. Irgendwas packte mich aber noch immer nicht, und was es war, kann ich nach wie vor nicht erklären. (tin)
Green Lung
Auf diese interessante Truppe aus dem britischen Königreich war ich im Vorfeld schon sehr gespannt, da ich zu Hause deren Alben habe und mich der Retro Psych Sound mit Hammond Orgel und gelegentlichen Vibes hin zu Uriah Heep gleich in den Bann zog. Was auf Tonträger funktioniert, kann unter Umständen auf der Bühne nicht oder zumindest nur teilweise umgesetzt werden. Nicht so bei Green Lung, die von Anfang an eine Urgewalt lostraten, die einen glatt aus den Latschen haute. Gut möglich zudem, dass dies der erste Auftritt in Schweden überhaupt war, und was Tom Templar und seine Jungs da boten, war einfach nur geil! (rsl)
Marduk
Abendlich dunkler wurde es dann zum Black Metal von Marduk. Die einheimischen Schwarzmetaller hängten ein Backdrop auf, auf dem das riesige Bandlogo zu sehen war. Die Bühnenbreite reichte gerade so aus dafür. Marduk stellten dabei den ganz klaren Kontrast hin zu Europe auf, die drüben auf der Rock Stage alle Nicht-Black-Metaller berockten. Daniel "Mortuus" Rostèn keifte derweil auf der Blaklader Stage um sein Leben, und überzog das Festival mit purem Hass. So muss Black Metal! (rxx)
SWEDEN STAGE
(rxx)
Korpiklaani
Die Sweden Stage wurde um die Mittagszeit mit dem folkigen Humppa-Metal der finnischen Korpiklaani eröffnet. Ideal, um auch die letzten Trunkenbolde aufzuwecken. Im Gegensatz zu anderen Festivals, ist das Sweden Rock Festival schon kurz nach Türöffnung relativ voll. So konnten Korpiklaani vor einem voll besetzten Hang gegenüber, der sich vor der Bühne erhebt, viel Stimmung lostreten. Die Hits kannte man alle, ob «Happy Little Boozer», «Vodka» oder «Wooden Pints». Die Marschrichtung war klar: feiern und saufen!
British Lion
Bevor Iron Maiden Bassist Steve Harris mit seinen Eisernen am nächsten Tag auf die Bühne durfte, gab er mit seiner Band British Lion auf der Sweden Stage einen zum Besten. Geboten wurde klassicher Heavy Metal, der ab und zu auch etwas (wen wunderts?) an Iron Maiden erinnerte. Seine Handschrift konnte (oder wollte) Steve Harris nicht verstecken. War auch gar nicht nötig, denn British Lion brachten auch ihre eigene Note zum Ausdruck. Ein guter Auftritt, der ebenfalls nach mehr schrie.
Christone Kingfish Ingram
Das "Sweden Rock Festival" bietet stets viel Abwechslung in seinem Programm. So konnte man den Auftritt von Christone "Kingfish" Ingram fast schon als Kontrast-Programm bezeichnen, passte aber dennoch irgendwie hierher. Geboten wurde Blues Rock bester Güte, mit einem Christone Ingram an Gitarre und Gesang, der ideal zur sonnigen Atmosphäre des Tages passte. Das vorwiegend ältere Publikum vor der Bühne feierte den talentierten Blueser lautstark ab.
Myrath
Schon zum zweiten Mal, aber insgesamt den dritten Auftritt konnten Myrath aus Tunesien am "Sweden Rock Festival" für sich einstreichen. Wie das gehen soll? 2019 spielte die Band hier schon. Als dann Behemoth absagen mussten, sprangen die Söhne der Wüste ein und spielten am Tag darauf gleich nochmals. Nun, 2023 gab es nur einen Auftritt, aber dieser hatte es dafür in sich. Es wurde eine grossartige Show mit orientalischen Tänzerinnen, Fackeln, Artistik und einem grandiosen Zaher Zorgati am Gesang geboten, der den ganzen Zauber gekonnt anführte. Myrath stehen für besten Oriental Metal, den man auf keinen Fall verpassen darf! (rxx)
ROCK STAGE
(tin)
Smash Into Pieces
Die Musikwelt braucht neue Helden und die identifizieren sich selbst. So auch Smash Into Pieces, die Schweden, welche mit einem Drummer auf die Bühne kamen, der eine Maske trug, welche beim Singen farblich erstrahlte. Sänger Chris sah dagegen eher wie ein durchtrainierter Rapper aus und schlich auch wie ein solcher auf der Bühne herum. Dies schien die weiblichen Fans offensichtlich eher aus der Fassung zu bringen, denn zu langweilen. Der moderne Pop-Rock mit teils aggressiven Momenten liess das Publikum vor Freude aufheulen, und interessanterweise waren auch viele Kids im Publikum anzutreffen. Haben wir es da etwa mit der ersten Boy-Band im Metal zu tun? Anyway, das Konzept gefällt, und die Jungs rockten die Bühne.
Katatonia
Sie besitzen Flair, die Schweden von Katatonia und rockten die Rock Stage mit ihrem verspielten, sphärischen Sound und dem Mix aus unterschiedlichen Stilen. Was allerdings auffiel war, dass am Donnerstag, bis kurz vor den Headlinern, bedeutend weniger Fans auf dem Festival-Gelände anzutreffen waren. Ob dies an den Truppen selbst lag, die am Donnerstag spielten, sei mal in Frage gestellt oder ob sich die Besucher wohl noch immer im feuchten Mötley Crüe Wahn wälzten (vor Freude oder Scham?) Wie auch immer, ich zog nach ein paar Songs auf jeden Fall weiter und gönnte mir dafür den coolen Gig von British Lion, die einen Wahnsinns-Auftritt hinlegten.
Kamelot
Die Truppe um Thomas Youngblood gehörte während ihrer Frühphase, heisst derjenigen mit Roy Khan als Sänger, zu meinen hoffnungsvollsten Kandidaten. Dies hat sich seit dem Einstieg von Tommy Karefik geändert. Kamelot verlor ich deshalb aus den Augen und sah die Truppe nun seit langer Zeit wieder auf der Bühne. Thomas überlässt nichts dem Zufall, selbst die Bühnen-Deko ist bis ins kleinste Detail durchdacht und gehört zum erfolgreichen Gesamt-Konzept der Amis. Mit vielen Feuersäulen untermalten die Jungs ihren Set und hatten generell einen leichten Stand bei den Fans. Das Propeller-Bangen von Bassist Sean Tibbets und das powervolle Schlagzeugspiel von Alex Laudenburg untermauerten die Spielfreude wie die Energie, welche noch immer von Kamelot ausgeht. Somit stiess der mehr symphonische, denn powermetallisch ausgerichtete Sound auf viel Gegenliebe des Publikums, und die Truppe konnte sich deshalb von den Anwesenden zu Recht feiern lassen.
Wolfmother
Die Pudelfrisur von Andrew Stockdale sucht noch immer ihresgleichen, wie auch der Sound, der stark in den Siebzigern verwurzelt ist und sicher zur Speerspitze des Stoner Rocks gehört. Als sei die Zeit stehen geblieben und Jimi Hendrix seinem "Sohn" vom Himmel aus zuschaut, liess sich Andrew von seinen Klängen treiben und würzte die staubigen Nebelschwaden mit einem süsslichen Flair. Wolfmother zogen viele Besucher an, aber die Australier hatten von der Aufmerksamkeit her mit den zeitgleichen Auftritt von Myrath zu kämpfen, der den Jungs sehr viele Zuschauer raubte. Diejenigen welche sich Wolfmother anschauten, wurden aber nicht enttäuscht und bejubelten den Gig der Wolfsmutter.
Europe
Sie kamen, sahen und siegten. Dass Schweden zu seinen Bands steht, ist ja nichts Neues, aber mit welcher Leidenschaft Europe immer wieder in ihrem Heimatland abgefeiert werden, gleicht einem Gänsehaut-Moment sondergleichen. Sänger Joey Tempest und Gitarrist John Norum hatten das Geschehen zu jeder Zeit fest im Griff, und der Set bestand logischerweise aus den Klassikern von «The Final Countdown» und «Out Of This World». Dazu tauchten die Jungs aber auch mit einigen Hits in die Frühphase ein und beglückten damit die Fans von «Europe» und «Wings Of Tomorrow». Die Spielfreude der Truppe übertrug sich sofort auf das Publikum und liess selbst hartgesottene Black und Death Metaller die Pommes Gabel in die Höhe recken. Waren am Nachmittag vergleichsweise noch eher wenige Leute auf dem Gelände, schien der "SRF-Holy Ground" bei Europe förmlich aus allen Nähten zu platzen. Mit vielen Video-Einspielungen und einer Band, die sehr tight aufspielte, wurde der zweite Abend schlicht grossartig beendet. Dies von einer Band, die weit weg davon entfernt ist, ihre Karriere mit Star-Allüren und einem überheblichen Auftritt zu ruinieren, sondern sich bewusst ist, dass man nur dank der Treue der Fans da steht, wo man ist. Mit einer ungebremsten Spielfreude wurde das "Sweden Rock Festival" in Grund und Boden gerockt sowie mit den berühmten Keyboard-Klängen zu «The Final Countdown» ein Set beendet, der sich gewaschen hatte. Sei es eine kleine Location oder ein grosses Festival, Europe geben immer 110 Prozent und überlassen nichts dem Zufall! Grossartig, grossartiger, Europe! (tin)
FESTIVAL STAGE
(rsl)
Lita Ford
Nach 2009 und 2016 (was, ist das schon so lange her?!) beehrte die ehemalige Lead-Gitarristin der kultigen Ami-All-Girl-Band The Runaways das SRF zum dritten Mal. Während der letzte Auftritt noch auf der Rock Stage abgehalten wurde, konnte nun so zu sagen als Krönung vor Ort die Festival Stage geentert werden. Nachmittags gegen zwei Uhr sieht sowas natürlich nicht so spektakulär aus, aber es kommt ja eigentlich auf die Performance an und nicht den jeweils ganzen Zauber drum herum. Begleitet von Patrick Kennison (g), Marten Andersson (b) und Bobby Rock (d) liess Lita Ford, die mit mittlerweile 65 Jahren immer noch ganz ordentlich daher kommt, nicht grundsätzlich anbrennen und brachte einige ihrer Hits wie «Back To The Cave», «Close My Eyes Forever» oder «Kiss Me Deadly». Allerdings fehlte es etwas an Esprit und Feuer.
U.D.O.
Besser erledigte dies anschliessend die deutsche Metal-Legende Udo Dirkschneider mit seiner eigenen Combo U.D.O. - Längst hat sich der Solinger mit seiner Vergangenheit bei Accept ausgesöhnt und kann eigentlich machen was er will. Seine Fans danken es ihm so oder so. Beim heutigen Auftritt stand ausschliesslich seine Solo-Ära im Vordergrund. Ab dem Opener «Animal House» vom gleichnamigen Debüt von 1987 (!) liess es die Band bis zum Schluss und ohne Unterlass krachen! Der 75-minütige, glanzvolle Auftritt umfasste vierzehn Metal-Perlen von nicht weniger als elf Alben. Mit dabei waren unter anderem auch «24/7», «Timebomb» oder «Holy». Selbst «Man And Machine» fehlte nicht und zeigte Udo Dirkschneider und seine Mannschaft von der besten Seite, schlicht grandios!
Gojira
Die franzöischen Death Metaller werden von ihrer treuen Fanbase kultisch verehrt und haben konstant an ihrer Karriere gearbeitet. Ihr Stil trägt mitunter auch progressive Züge sowie explizite Groove-Parts und dies alles verwoben mit technischer Komplexität. Dieses unbestrittene Können wurde dann entsprechend von den Gebrüdern Duplantier (Joe, Vocals & Guitars und Mario, Drums) zusammen mit Christian Andreu (Guitars) und Jean-Michel Labadie (Bass) als veritables Metal-Inferno auf der Festival Stage gezündet. Wer nun dachte, dass derart schwere Mucke an so einem Festival allenfalls nicht funktioniert, lag ziemlich falsch. Gojira wurden ordentlich abgefeiert, und dass ich mich währenddessen in aller Ruhe lukullischen Genüssen hingeben konnte, passte ebenso.
Deep Purple
Meine erklärte Lieblings-Band als einer der beiden Festival-Headliner des zweiten Festival-Tages (neben Europe, die danach auf der Rock Stage ebenfalls brillant waren!) im Jahre 2023 und nach dem ganzen Pandemie-Horror war echt Balsam auf meine geschundene Metaller-Seele. Seit im September 2022 ein gewisser Simon McBride als neuer Lead-Gitarrist für den aus privaten Gründen abgetretenen Steve Morse das Ruder übernommen hat, wird noch der letztmögliche Rest an freisetzbarer Energie des britischen Rock-Monsters angezapft. Die erstmals 2017 verkündete "The Long Goodbye Tour» kriegt seither weiteren Aufwind von wegen "Long", und solange noch solche Hammer-Gigs wie auch dieser hier abgeliefert werden, ist alles andere unwichtig. Die Zügel liegen in Händen des Ur-Trios mit Ian Gillan (77), Roger Glover (77) und Ian Paice (75). Ein Ende ist vorläufig nicht in Sicht, darum weiter so.
Dritter Tag - Freitag, 09.06.2023
PISTONHEAD STAGE
(tin, rsl & rxx)
The Raven Age
George Harris, Filius von Iron Maiden Bassist Steve, betrat mit seinen Jungs die Bühne im Festzelt. Musikalisch boten die Briten eine Mischung aus Metalcore und vermischen das Ganze mit sehr viel Groove. Das Ganze wurde mit einem leicht schaurigen, aber auch packenden Momentum vorgetragen und liess speziell die eher jüngeren Fans die Truppe abfeiern. Das gewählte Konzept scheint aus diesen Jungs eine faszinierende Truppe zu machen, und so füllte sich das Zelt zunehmend. Heute reicht es längst nicht mehr, nur Musik zu spielen, wenn man auffallen will. Aber das wusste schon Papa Steve Harris, der mit Eddie ein unsterbliches Monster kreierte. (tin)
Hot Breath
Nebst all den klingenden Namen und langjährigen, persönlichen Favoriten gab es heuer, zumindest für meine Wenigkeit, eine Band die ich erstens keinesfalls verpassen wollte und zweitens schon vorher meine vollste Aufmerksamkeit genoss: Hot Breath! Für die meisten Leserinnen und Leser wohl ein unbeschriebenes Blatt, aber die 2018 gegründete Psychedelic Heavy Rock Band aus Göteborg besteht aus Members von Hypnos, Grand und Honeymoon Disease. Letztere lernte ich mal an einem Konzert im Z7 kennen, und dabei fiel mir schon die talentierte Frontfrau und Gitarristin Jennifer Israelsson auf. Was ich mir dann erhofft hatte, trat im rappelvollen Pistonhead-Zelt, natürlich befeuert mit heimatlichem Bonus, ein. Ein energetischer Auftritt der Sonderklasse verzückte nicht nur mich.
(rsl)
Florence Black
Gleichzeitig mit Iron Maiden auftreten zu müssen, gehört sicher nicht zu den angestrebten Zielen so mancher Band. Da mussten Florence Black aus dem Süden von Wales aber durch. Das Trio liess sich nicht lumpen und lieferte einen satten Gig ab. Sie überzeugten das nicht ganz so volle Zelt mit einem direkten, groovigen Heavy Rock. Jene die anwesend waren, machten auf Jeden Fall ordentlich mit. Das nächste Mal bitte nur diese Band, ohne die übermächtige Konkurrenz! (rxx)
Perfect Plan
Die schwedischen Melodic Rocker aus Örnsköldsvik stehen seit ihrem Debüt «All Rise» (2018) im Stall von Label-Krösus "Frontiers Records" und haben seither, nebst einem Live-Album («Live At The Sharpener's House, 2021) drei Studio-Alben abgeliefert. Ihr griffiger Melodic Rock wird unter anderem getragen von Frontmann Kent Hilli, der seine Landsleute bald im Sack hatte und dadurch leichtes Spiel. In diesem Genre ist es nicht immer leicht, den perfekten Studio-Sound auf der Bühne adequat umsetzen zu können. Mit Leif Ehlin stand aber ein echter Keyboarder auf der Bühne, was schon mal die halbe Miete ist. Nach dem grandiosen Auftritt von Iron Maiden zuvor fanden dann doch noch einige Leute den Weg ins Pistonhead-Zelt und wurden bestens unterhalten. (rsl)
BLÄKLÄDER STAGE
(rsl & rxx)
Tungsten
Normalerweise und hier am SRF besonders, werden Zeitpläne, sprich die Running Order peinlich genau eingehalten, damit alle Bands die ihnen zugestandenen Spielzeiten auch erhalten. Bei schwedischen Acts wird da wohl manchmal ein Auge zugedrückt. Auf jeden Fall sollten Tungsten den dritten Festival-Tag auf der Bläkläder Stage um 11:30 Uhr eröffnen. Ich richtete mein Eintreffen demzufolge auf diese Zeit aus, aber die Band spielte bereits, als ich vor der Bühne eintraf, nun ja. Die familiär bestückte Truppe um die einheimische Drum-Legende Anders Johansson (Ex-HammerFall, Ex-Stratovarious, Ex-Yngwie Malmsteen und andere mehr) brachte noch seine Söhne Niklas Johansson (g) und Kalle Johansson (b) mit auf die Bühne. Zusammen mit Michael Andersson (Ex-Cloudscape) wurde flotter Heavy Rock bis hin zu Power Metal zelebriert und dies eben etwas länger als geplant. (rsl)
Vended
Nun war Zeit für die Söhne von Slipknot! Nein, sie tönen eher nicht wie Slipknot! Mehr nach Clawfinger, und die Band besteht unter anderem aus dem Nachwuchs von Mitgliedern von Slipknot. Neben Corey Taylors Sprössling Griffin Taylor spielt auch Simon Crahan mit, seines Zeichens Filius von Percussionist Shawn "Clown" Crahan in der Formation. Ein wilde Show wurde geboten, mit viel Bewegung und Perfomance. Optisch passte alles zusammen. Leider verbrachte der Sänger sehr viel Zeit damit, gebückt den Boden vor sich anzuschreien. Kann ein junger Mensch schon so viel Elend gesehen haben? Wie auch immer, man kann gespannt sein, wie weit es diese junge Truppe noch bringen wird. Es dürfte dabei kein Nachteil sein, als Sprösslinge von Slipknot zu gelten. (rxx)
Bloodbound
Von der Popularität her sollten die einheimischen Bloodbound eigentlich auf einer grösseren Bühne spielen. Aber egal, denn das tat der Show keinen Abbruch. Patrik J. Selleby mit seinen aufgekleben Hörnchen liess nichts anbrennen und sang wie entfesselt. Der Power Metal passte perfekt zur Tageszeit und Wetter. Eine positive Stimmung überkam die Fans, und es wurde gefeiert. Die Band hatte die Meute voll im Griff und zelebrierte Mitsing-Parts ohne Ende. Am Ende gereichte es zu einem triumphalen Auftritt. (rxx)
Threshold
Zuerst war ich nicht so begeistert davon, dass die britische Progressive-Institution erst um Mitternacht auf die Bühne steigen durfte. Er war nämlich nicht zu übersehen, dass sich nach Iron Maiden viele Besucher in Richtung Ausgang begaben. Dennoch füllte sich der Platz vor der kleinsten Aussenbühne vor Konzertbeginn von Threshold stetig und zog neben eingefleischten Proggies auch eine ganze Menge weitere, interessierte Besucher an. So konnten dann Chief Karl Groom und seine Mannschaft, angeführt von Frontmann Glynn Morgan, ein wunderbare Genre-Lektion erteilen. Im Zentrum standen natürlich das aktuelle Album «Dividing Lines» (2022) und «Legends Of The Shires» (2017), sprich die beiden Alben, die von Glynn zuletzt eingesungen wurden. Mit «Mission Profile» folgte immerhin noch ein Song aus der unvergessenen "Mac-Ära". So vergingen die sechzig Minuten wie im Fluge und der Applaus morgens um eins war riesig. (rsl)
SWEDEN STAGE
(rsl & tin)
Coney Hatch
Das, was früher im Bereich US-Metal das "BYH!!! Festival" in Balingen (D) ausgemacht hat, kommt auch wiederholt am SRF vor, sprich dass alte Kult-Bands ausgegraben werden und, sofern sie überhaupt noch oder erneut aktiv sind, eine Auftritts-Möglichkeit erhalten. Heuer so geschehen mit den kanadischen Hard Rockern von Coney Hatch, die nur Genre-Kennern ein Begriff sind. Auf einem so grossen Festival gelten aber andere Gesetze, und so sieht man sich, weil man ja eh da ist, halt einfach mal an, was da gerade spielt und verbleibt, wenn es gefällt. Das bescherte Coney Hatch zwar keine "sold out" Verhältnisse, aber es standen einige Leute vor der Sweden Stage, und die sahen einen sagenhaft tighten Auftritt der alten Hasen um die Gründungs-Mitglieder Andy Curran (b) und Dave Ketchum (d) sowie der originale Sänger/Gitarrist Carl Dixon und der langjährige Gitarrist Steve Shelski. Das war ganz grosses Kino! (rsl)
Phil Campbell And The Bastard Sons
Nach dem bedauernswerten Tod von Motörhead-Kopf Lemmy Kilmister im Dezember 2015 musste das (Musiker-) Leben weiter gehen. Bei Gitarrist Phil Campbell kristallisierte sich danach schon bald eine neue Band heraus, die mit nicht weniger als drei von seinen Söhnen, nämlich Todd (g), Tyla (b) und Dane (d) bestückt ist. Nebst der Möglichkeit, den musikalischen Nachlass von Motörhead bei Bedarf zu zücken (was am diesjährigen SRF über die Bühne ging), schrieb die Band auch eigene Songs, die auf bisher zwei Studio-Alben untergebracht wurden. Ab Juni 2021 löste Sänger Joel Peters seinen Vorgänger Neil Starr ab. Letzterem fehlte etwas die Power, was nun bei diesem Motörhead-Tribute-Gig klar zum Ausdruck kam. Für ein Festival geht das so in Ordnung, und die Interpretationen des unsterblichen Originals können nicht besser klingen, ohne dieses jedoch jemals wieder zu erreichen. (rsl)
Mike Tramp
Wirft man einen Blick auf den Set von Mike Tramp, dann hätte dies ein Siegeszug werden können. Die White Lion Hits garantieren eine ausgelassene Party-Stimmung, sofern man die Tracks mit der nötigen Rock-Attitüde spielt. Davon war der gebürtige Däne aber ziemlich weit entfernt, da er die Klassiker, wie auf seinem letzten Album «Songs Of White Lion», in einer Singer-Songwriter-Version zum "Besten" gab. Wenn selbst ich, als bekennender Fan des weissen Löwen, «Wait» als einen meiner Lieblings-Tracks nur dadurch erkenne, weil sich der Text in meinen Hautporen verfangen hat, spricht dies Bände. Viele Fans kamen und verliessen das Geschehen jedoch schnell wieder. Wiederum andere blieben und feierten Mike ab, aber eine ausgelassene Stimmung hört sich definitiv anders an. (tin)
Napalm Death
Das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen, sprich die Grindcore/Death Metal Legenden Napalm Death existieren nun schon seit über vier Dekaden und treten bis auf den heutigen Tag, die ganz frühen Punk-Roots mal ausgenommen, kein bisschen verändert auf. Die Briten, die wie Judas Priest und Black Sabbath aus Brimingham, West Midlands stammen, rödeln ihren Style mit ungebrochener Vehemenz herunter. Auch wenn das Line-up immer wieder durchgeschüttelt wurde, gehören Frontmann Mark "Barney" Greenway und Bassist Shane Embury zu den meistgenannten Musikern der Truppe. Letzterer fehlte leider von wegen "Umstände, auf die niemand Einfluss ausüben kann" und wurde durch Vernon Blake ersetzt. Doch auch so riss die Band ein Mörder-Set herunter, das die mit Abstand staubigsten Mosh-Pits hervor rief. Der totale, aber gleichzeitig friedliche Wahnsinn beendete den Tag auf der Sweden Stage. (rsl)
ROCK STAGE
(rxx & tin)
Sator
Seit 1982 gibt es Sator schon und 2023 rockten sie, wie passend, die Rock Stage. Eine gute Stimmung breitete sich aus. Guter solider Hard Rock wurde gespielt. Eine gewisse "Southern Rock" Gelassenheit und Freude war spürbar auszumachen. Der grosse Platz vor der Bühne war rappelvoll, und somit wurde der klare Beweis erbracht, wie angesagt diese Band in Schweden immer noch ist. (rxx)
TNT
Es hätte das grosse Ereignis werden können, wenn Sänger Tony Harnell und Gitarrist Ronni LeTekro wieder gemeinsam auf der Bühne stehen. Mit aber nur einem Gig als Premiere im Gepäck, erwies sich der Sweden Rock Gig als laue Angelegenheit. Das mag sicherlich auch an den technischen Problemen zu Beginn des Konzertes gelegen haben, aber das eher "sparsame" Auftreten von Tony liess nicht gerade viel Euphorie aufkommen. Auch wenn die Schweden den Norwegern aus den Händen frassen, und dies mit einer Setliste, die grundsätzlich gut, aber nicht überragend war, hätte der Gig eigentlich "killen" sollen. Doch da halfen auch die beiden nett anzuschauenden Chanteusen nichts. Mit «As Far As The Eye Can See», «Tonight I'm Falling», «My Religion», «Intuition», «10'000 Lovers (In One)» und dem Abschluss «Seven Seas» wurde der Gig zwar immer besser, war aber von einer grossartigen Darbietung, wie sie Coney Hatch boten, weit entfernt. (tin)
Raised Fist
Schwedisch ging es auf der Rock Stage weiter, nur diesmal etwas härter. Die Hardcoreler von Raised Fist gaben sich die Ehre. Groovig und sehr agil ging es auf der Bühne zu und her. Viele Fäuste wurden gen Himmel gereckt, um die Truppe aus Luleå (ganz im Norden von Schweden) anzutreiben. Die wuchtig vorgetragene und mit massig Flammen ausgestattete Show wurde kräftig abgefeiert. (rxx)
Powerwolf
Die Power Metaller aus dem Saarland bauten eine imposante Deko auf. Man konnte somit eine riesige Show erwarten, und so kam es dann auch. Wie immer ohne einen Bassisten, starteten Powerwolf ihre Metal-Messe. Keyboarder/Organist Falk Maria Schlegel trieb das Puplikum immer wieder an, während Attila Dorn mit seinen witzigen Ansagen jeweils den nächsten Song ankündigte. Alles wie immer im "Transilvanischen Dialekt" gesprochen. Songs wie «Demons Are A Girl's Best Friend», «Resurrection By Erection» oder der Ohrwurm «We Drink Your Blood» waren einmal mehr und sind immer Garanten für eine gute Stimmung. (rxx)
Behemoth
Endlich war es Zeit für Behemoth! Nachdem 2019 ihr Auftitt am Sweden Rock abgesagt wurde und Corona den Event für drei lange Jahre blockierte, konnten die polnischen Black Metaller Behemoth endlich auf die Bühnen zurück. Die Stage war im üblichen Behemoth-Stil "dekoriert". Wie erwartet, gab es viel Feuer und Flammen zu sehen. Nergal stand vor seinem ikonischen "Mikroständer" und wirkte sehr motiviert. Die Setliste konnte sich auch sehen lassen, sprich gute Songs und eine gigantische Show wurden geboten. Die Fans waren reichlich in Bewegung und verwandelten den Abend, zusammen mit der Band, in etwas Besonderes. (rxx)
FESTIVAL STAGE
(tin)
H.E.A.T
Der folgende Tag begann, wie der letzte aufhörte, und zwar mit einer gehörigen Portion Schweden Rock. Mit Rampensau Kenny Leckremo haben die Jungs um die seit der Gründung in der Band spielenden Jona Tee (Keyboard), Jimmy Jay (Bass) und Don Crash (Schlagzeug) die Person gefunden, welche den zu Skid Row abgewanderten Erik Grönwall bestens ersetzen kann. H.e.a.t zündeten von der ersten Sekunde an ein Feuerwerk, das nicht nur den extra aus Brasilien (!) angereisten Fanclub begeisterte. Das in meinen Augen grosse Erfolgsrezept in der Truppe ist die Rhythmus-Band. Jimmy (mit Dauergrinsen) und Don (mit einer unglaublichen Ausstrahlung und Power) sind das Element, was vielen Bands fehlt und untermauerten den mit Pyros (der Wind liess die Feuerfontänen gefährlich nach links lodern) erweiterten, grossartigen Gig. Die Jungs liessen Schweden singen wie tanzen und waren zu Recht auf der Festival Stage zu sehen.
Rancid
Die kalifornischen Rancid rockten…, doch vermag denn eine Punk-Truppe überhaupt zu rocken? Schaut man sich die Amis genau an, darf man hier durchaus mit einem "Ja" antworten. Auch wenn die Punk-Attitüde und die damit verbundenen knapp zwei bis drei Minuten langen Songs dagegen sprechen. Mit einem Hauch von Rockabilly und den zu erwartenden "fucks" und "motherfucker" stachelten die Amis die Fans an und liessen so die R.A.M.O.N.E.S, aber auch Chuck Berry lärmig aufleben. Rancid bewiesen eindrücklich, welch musikalische Vielfalt am "Sweden Rock Festival" gern gesehen ist und genau diese Tatsache dem Festival den geschätzten Stempel aufdrückt.
Blue Öyster Cult
Die "alten Männer" betraten die Stage und wurden von Schweden und den anderen anwesenden Nationen umgehend abgefeiert. Man darf sich durchaus fragen, ab wann eine Band auf einer so grossen Bühne nicht mehr "attraktiv" aussieht. Solange aber die Herren die Fans noch dermassen zu begeistern vermögen, hat sich eine solche Frage eh erledigt und ist hinfällig. Der Aktions-Radius der Akteure war allerdings eher klein, und im Vergleich zu den Scorpions glich dies schon fast einem Ausflug des Alters- und Pflegeheims. Aber Alter schützt bekanntlich nicht vor dem Musizieren, und solange das Gespielte nach wie vor Faszination auslöst, was will man mehr? Die Amis nutzen ihre Chance auf jeden Fall und brachten ein munteres Potpourri aus ihrer über 55-jährigen Karriere, bei dem logischerweise der Schlusspunkt mit «(Don't Fear) The Reaper» gesetzt wurde. Was dann allerdings Iron Maiden als letzte Band an diesem Tag auf der Festival Stage zelebrierten, war um ein Vielfaches agiler und frischer.
Iron Maiden
Schon im Vorfeld wurde kommuniziert, dass die Alben «Somewehre In Time» (1986) und der neuste Output «Senjutsu» (2021) im Mittelpunkt der «The Future Past» Tour stehen werden. Dem entsprechend war auch die Bühen-Deko ausgewählt, und Eddie hatte seine Auftritte gleich dreimal als ein durch die Zeit reisendes Wesen, bei dem er sich mit Bruce bei «Heaven Can Wait» mit Laser-Kanonen duellierte. Der Set liess keine Wünsche offen, auch wenn «Hallowed Be Thy Name» und «The Number Of The Beast» nicht gespielt wurden. Doch mit «Stranger In A Strange Land», «Caught Somewhere In Time», «Wasted Years» und «Alexander The Great» (endlich…, nach 37 Jahren!!!) fischten die Jungs tief in der Mottenkiste. Dabei entpuppte sich Bruce als äussert gut gelaunter Entertainer, sang hervorragend und konnte sich bei eingeschaltetem Mikrofon einen Lacher nicht verkneifen, als sich das Backdrop bei «The Trooper» zunächst nicht öffnen liess. Die Band befand sich in absoluter Topform, und speziell Adrian konnte sein Talent vermehrt mit seinen grossartigen Solos unter Beweis stellen, während Steve seinen Bass erneut wie ein Maschinengewehr in Beschlag nahm. Ich bin ein riesengrosser Maiden-Fan, der aber ein bisschen mit der Zeit nach «Brave New World» (2000) haderte. Je länger je mehr wurde ich aber wieder zu dem Anhänger, der ich war, und spätestens mit dieser Tour haben mich die eisernen Jungfrauen wieder endgültig auf ihre Seite gezogen. Dies auch dank den fantastischen, neuen Tracks wie «The Writing On The Wall», «Death On The Celts» und «Hell On Earth». Ganz grosses Kino einer altgedienten Band, die selbst nach über 43 Jahren im Geschäft noch vieles zu sagen hat. (tin)
Vierter Tag - Samstag, 10.06.2023
BLÄKLÄDER STAGE
(rsl, tin & rxx)
Abramis Brama
Als Weckruf zum Auftakt des letzten Festival-Tages hätte man wohl keine bessere Combo auswählen können. Abramis Brama sind eine erstklassige Hard Rock Band, die 1997 in Stockholm gegründet wurden. Die Truppe um dem agilen Frontmann Ulf Torkelsson spielt eine starke Mischung aus 70er-Jahre Hard Rock, Stoner Rock und Progressive Rock. Einzig das Album «Nothing Changes» (2003) enthielt Songs mit englischen Lyrics. Danach wechselte man wieder zurück zur Landessprache, was sich eigentlich kaum bemerkbar macht. Vielmehr wurde das Ganze vor Ort durch eine monströse Soundwand getragen, die ihre Wirkung nicht verfehlte. ZUdem habe ich noch nie einen Sänger mit einer Hand-Prothese gesehen, den diese in seiner wilden Performance behindert. Ganz grosses Kino! (rsl)
Twilight Force
Die Elfen sind unter uns und verjagen die bösen Geister mit melodischen Speed-Melodien! Allein das Konzept und die Darbietung, wie die Jungs auf der Bühne standen (mit angeklebten Elfen-Ohren), war schon eine tolle Geschichte. Hier wurde nicht nur etwas vorgespielt, sondern auch optisch umgesetzt. Der hohe Gesang von Allyon war allerdings nicht jedermanns Sache, was die Power Metal Fans aber nicht davon abhielt, ihren Landsleuten den Wanderstock der Gnomen zu halten und lauthals mitzusingen. Der Erzähler in Form von Keyboarder Blackwald nahm die Anwesenden mit auf eine Reise von Fabeln sowie dessen Wesen, und Schweden dankte es Twilight Force mit viel Zuspruch. (tin)
Employed To Serve
Die aus England angereisten Employed To Serve hatten es nicht nur schwer, weil gleichzeitig Skid Row spielten. Auch konnte ihr Metalcore, vorgetragen von der lebhaften Sängerin Justine Jones, nicht mit Originalität überzeugen. Alles schon mal da gewesen, nicht Besonderes oder etwa Innovatives. Im Gegenteil, das permanente, monotone Gebrüll fing irgendwann an zu nerven. So fiel es leicht, an einem der vielen Foodstände etwas zu holen und zu Skid Row rüber zu marschieren. (rxx)
Tribulation
Deutlich besser wurde es mit den schwedischen Death'n'Rollern von Tribulation. Mit angeschminkten Augenringen und ungesunder Bleichheit im Gesicht, vermochte die Truppe deutlich mehr Kurzweil zu verbreiten, als die Band vorher. Alles passte hervorragend, heisst die Songs, das Stage-Acting und eine auffallend gute Stimmung im Publikum. Ob das Alter Bridge gleichzeitig drüben auf der Festival Stage auch bieten konnten, erfahrt Ihr an anderer Stelle. (rxx)
PISTONHEAD STAGE
(rsl & tin)
Ström
Wenn man eine heimische Band des SRF-Billings von 2023 nennen müsste, die von ihren Landleuten spürbar verehrt wird (Europe sind da aussen vor, da eine andere Liga), dann sind das Ström. Der Bandname ist zumindest in unserer sprachlichen Wahrnehmung Programm und hält auch, was er verspricht. In der Schnittmenge zwischen Bullet (Hell Hofer) und dem Timbre von Brian Johnson (AC/DC) rockt die Truppe mit Leadsänger Zdravko Zizmond als gäbe es kein Morgen und nur auf Schwedisch. Die Tempi sind dabei mehrheitlich nicht so hoch wie bei Airbourne, was aber der Heavyness keinen Abbruch tat. Von Anfang an herrschte im sehr gut gefüllten Pistonhead-Zelt eine bierselige Mordsstimmung, die bis am Schluss konstant hoch gehalten wurde. (rsl)
Chez Kane
Seien wir ehrlich, wer in der Band von Chez spielt, interessiert niemanden. So fiel es wohl auch keinem auf, dass der Bassist eher wie ein Psychologie-Student aussah, den man vor dem Gig fragt, ob er (s)einen Bass fehlerfrei in den Händen halten kann. So zumindest kam der Junge rüber. Aber die Augen waren ja alle eh nur auf die UK-Lady gerichtet, die mit einem knappen Minirock und einer sehr agilen wie äusserst sympathischen Performance zu überzeugen wusste. Die AOR-Tracks schienen im gut gefüllten Zelt offene Türen einzureissen und brachten die Zeltwände in diesem Jahr ein letztes Mal zum Wackeln. Die Dankbarkeit der jungen Lady war nicht gespielt, sondern kam von Herzen, und wir dürfen gespannt sein, was man von Chez Kane zukünftig noch alles hören und sehen wird. (tin)
SWEDEN STAGE
(tin)
Joddla Med Siv
Oh mein Gott, wie durchgeknallt waren denn diese Jungs drauf?! Mit schrillbunten Hosen und einem Akkordeon verwandelten Joddla Med Siv die Sweden Stage in ein wahres Tollhaus. Die auf Schwedisch vorgetragenen Songs trafen aber mitten ins Herz der Einheimischen, und so wurde die Truppe frenetisch abgefeiert. Die Paradies-Vögel zeigten ihren (nicht blanken) Arsch, klopften sich auf selbigen, und je länger der Gig dauerte, desto voller wurde es vor der Sweden Stage. Würde man die Texte verstehen, liesse sich vielleicht auch die Faszination verstehen…, aber das Problem hätte auch unser Schweizer Mundart-Barde Göla, wenn er seine berndeutschen Texte hier in Schweden vortragen müsste.
Blues Pills
Mit einem kleinen, aber gut sichtbaren Bäuchlein stand die schwangere Blues Pills Sängerin Elin Larsson auf der Bühne und liess durch ihre agile, hemmungslose und wilde Performance schon fast eine Frühgeburt zu. Seien wir ehrlich, wäre die Shouterin nicht Bestandteil dieser Truppe, hierbei zuzusehen wäre um ein Vielfaches langweiliger. Ihr tiefer und langer Ausschnitt im Rock liess so manchen Besucher-Kopf nach unten wandern, in der Hoffnung "mehr" zu sehen. Da wird wohl auch so manches Objektiv im Fotograben entsprechend angelaufen sein. Im Vergleich zu Joddla Med Siv vereinten Blues Pills allerdings weniger Besucher vor der Bühne, konnten aber die Anwesenden mit ihrem agilen Blues Rock völlig mitreissen und begeistern.
Spiritbox
Als Nächstes standen Spiritbox auf der Bühne. Die kanadische Truppe hat mit Sängerin Courtney LaPlante ein gefährliches Eisen in den eigenen Reihen stehen. Gefährlich aus diesem Grund, weil sie zuerst ganz lieblich singt, dabei sehr zerbrechlich wirkt, wie von Geisterhand bewegt auf der Bühne herum läuft, um im nächsten Moment, wie vom Teufel besessen, herum zu schreien und mit Feuer in den Augen jedem Besucher den Angstschweiss über den Rücken jagt. Mit dem Vermischen von vielen, musikalischen Elementen ist es nicht leicht, die Canucks in eine bestimmte Schublade zu packen, wird aber sicherlich alle modern ausgerichteten Hüpf-Metallern gefallen. Vorausgesetzt, man kann mit den emotionalen Schwankungen von Courtney, die gefühlt im Sekundentakt auftraten, entsprechend umgehen.
Thundermother
Neben Europe, Iron Maiden, H.e.a.t, Testament, Def Leppard, U.D.O., Coney Hatch und Skid Row blieb es den Schwedinnen von Thundermother überlassen, mir einen grandiosen Abschluss zu bieten. Die Ladys um Gitarristin Filippa Nässil legten ein Feuerwerk auf die Bühne, das sich sehen lassen konnte. Als eingespielte Truppe, die das Posing aus dem "Eff-Eff" kennt und dabei auch in ballettartigem Auftreten à la Accept zu begeistern weiss, legten Thundermother das Festival nochmals in Schutt und Asche. Der kernige Hard Rock liess keine Wünsche offen und verfügte dank der neuen Trommlerin Joan (was für einen Wumms die Dame besitzt!) und der zurück gekehrten Majsan über eine Rhythmus-Achse, von der viele Truppen nur träumen können. Mit Linnéa hat das Quartett eine etwas metallischere Shouterin, als es noch ihre Vorgängerin war in den eigenen Reihen. Trotzdem passt ihre Stimme, und speziell ihr bedeutend aggressiveres Auftreten hervorragend in die Band. Dass die Ladys nicht nur rocken können («We Fight For Rock'n'Roll», «Whatever»), sondern auch mit viel Emotionen und Fingerspitzengefühl Balladen spielen können, zeigten Linnéa und Filippa bei «Fire In The Rain» sowie «Sleep». In dieser Verfassung gehören Thundermother zu den grossartigsten und packendsten Bands, die es aktuell zu hören und zu sehen gibt. Wer weiss, vielleicht spielen sie das nächste Mal ja auf der Festival Stage, denn da gehören sie auch hin! (tin)
ROCK STAGE
(rxx & rsl)
Mammoth WVH
Der Sohn von Gitarren-Legende Eddie und ehemaliger Van Halen Bassist Wolfgang Van Halen durfte am letzten Tag des Festivals die Rock Stage eröffnen. Für alle, die Mammoth WVH noch nicht kennen: es tönt nicht wie Van Halen, auch wenn Wolfgang die Gitarren-Serie von seinem Vater spielt. Musikalisch ging die Reise eher in Richtung von typisch amerikanischem Rock, mit einer gewissen Schlagseite hin zu Alternative. Handwerklich solide, wirkte das Ganze dann doch eher langweilig, und ob der Van Halen-Junior nicht über ein Effektgerät singt, das die Stimme besser machen soll, wird auch gemunkelt. Da das mit Sicherheit sehr viele andere Musiker auch tun, lassen wir das jetzt mal so stehen. Ob Wolfgang Van Halen mit seinem Mammuts an den Erfolg seines legendären Vaters anknüpfen kann, wird sich noch zeigen. Hier am "Sweden Rock" kam das Ganze zwar ganz solide daher, gebärdete sich aber weitestgehend unspektakulär. (rxx)
Symphony X
Die Amis um Meister-Sänger Russell Allen waren vor allem in den 90ern eine grosse Nummer und gerieten danach etwas ins Hintertreffen. In den 2000-er Jahren erschienen insgesamt noch fünf Alben, und «Underworld» als letzter Output stammt von 2015. Dass man mit diesem Hintergrund einen Platz im diesjährigen Billing gekriegt hat, war also eher überraschend. Gleichzeitig bot sich so die Chance, das Beste aus der Vergangenheit wieder aus der Versenkung hervor zu holen. Leider wurde dies nicht beherzigt, heisst «Sea Of Lies» war der einzige Song aus den 90ern und vier Songs vom "aktuellen Album". So kam irgendwie keine wirkliche Stimmung zustande, da sich die Mucke zwar bombastisch anhörte und Russell sich reinhängte, aber damit kaum Reaktionen erzeugt wurden. (rsl)
Billy Gibbons And The BFGs
Vier Jahre zuvor stand das originale Line-up der Boogie Rock Könige ZZ-Top noch auf der Festival Stage, und nun, nach dem überraschenden Ableben von Bassist Dusty Hill 2021 geht das Leben für den Rest der Truppe mit dem ehemaligen Guitar-Tech Elwood Francis weiter. Gitarrist/Sänger Billy Gibbons hatte freilich vorher schon Solo-Material veröffentlicht und hat nun mit den "BFGs" die Truppe zu seinem Solo-Debüt «Perfectamundo» von 2015 quasi wiederbelebt. So ergab sich die nicht unerwartete Mischung aus karibischen Klängen kubanischen Ursprungs und ein paar ZZ-Top Klassikern. Was sich allerdings von der Optik her schon etwas speziell präsentierte, färbte spürbar auf das Spiel ab, das ziemlich lustlos rüber kam. Vor allem die ZZ-Top Songs, insgesamt acht an der Zahl und die somit die halbe Setliste belegten, liessen das Feuer von früher schwer vermissen. (rsl)
Pantera
Nachdem eine verwöhnte und verzogene, deutsche Pop Punk Band im deutschsprachigen Raum diverse Gigs von Pantera verhindert hatte, konnte man davon ausgehen, dass die legendäre Thrash-Band hier am "Sweden Rock Festival" auftreten wird, und so kam es dann auch. Um die verstorbenen Vinnie Paul und Dimebag Darrel zu ersetzen, wurden für die Gitarre Zakk Wylde (Ex-Ozzy Osbourne, Black Label Society und Charlie Benante von Anthrax an die Kessel geholt. An den Aussenfellen der Doublebass-Drums sah man Vinnie und Dimebag abgebildet. So waren auch sie im Geiste mit dabei. Ewige Hits wie «Walks», «Domination / Hollow» und natürlich «Cowboys From Hell» sowie viele weitere durften nicht fehlen. Phil Anselmo wirkte ziemlich fit, während man Zakk Wylde auch schon agiler sah. Dennoch tat das der Sache keinerlei Abbruch. Der Schreiber dieser Zeilen war nur schon überglücklich, Pantera nach 1992 endlich wieder mal live sehen zu können. Der Zuspruch und Beifall der begeisterten Fans war immens und einer Band würdig, die trotz solch schmerzhaften Verlusten immer noch zu überzeugen weiss. (rxx)
FESTIVAL STAGE
(rsl)
Monster Magnet
Zuerst war ich mir nicht sicher, ob das mit der Auftrittszeit 13:15 Uhr wirklich gut kommt. Die amerikanischen Space Stoner Rocker kommen normalerweise in kleineren Locations besser zur Geltung, und nun marschierte die Truppe auf der Festival Stage auf. Das vergleichsweise sehr kleine und total verwaschen wirkende Backdrop wirkte angesichts der ausladenden Dimensionen ziemlich verloren, und auch sonst stand nebst ein paar Amps und Monitor-Boxen nicht viel auf der Bühne herum. Chief Dave Wyndorf und sein aktuelles Line-up kümmerte dies aber wenig und stiegen mit dem Hawkwind Cover «Born To Go» (ab dem Album «A Better Dystopia», 2021) gleich brachial in den Set hinein. Dass letztlich ab «Powertrip» (1998) insgesamt fünf Songs gespielt wurden, war weise gewählt, und somit fehlte dann auch der Hit-Song Space Lord nicht. Obwohl das zahlreich aufmarschierte Publikum sichtlich gut antizierte, fehlte mir der gewohnte Druck, und mit der Zeit wurde das Ganze dann etwas gar zäh. Nichtsdestotrotz rockten Monster Magnet jedoch ganz ordentlich, keine Frage.
Skid Row
Vor noch nicht so langer Zeit hätte das Kern-Trio Dave "Snake" Szabo (g), Scottie Hill (g) und Rachel Bolan (b) wohl kaum viel darauf gegeben, dass man nach dem immensen Erfolg in den 90ern nochmals sowas wie einen "Headliner-Status" erlangt und solche Auftritte wie dieser hier möglich werden. Die beiden Haupt-Faktoren, die dazu geführt haben, lassen sich erstens auf den Neu-Zugang von Sänger Erik Grönwall (Ex-H.e.a.t) und zweitens das aktuelle Album «The Gang's All Here» (2022) zurück führen. Diese Ausgangslage bot nun die Gelegenheit, einigen der Alt-Hits wie «Slave To The Grind», «Big Guns», «18 And Life» oder natürlich «Youth Gone Wild» durch Erik neues Leben einzuhauchen und gleichzeitig meit dem neuen Material aufzuzeigen, dass der songwriterische Tank offenbar auch nach sechzehn Jahren noch nicht leer ist. Dank der energetischen Performance von Duracell-Hase Grönwall feuerten Skid Row aus allen Rohren und unterstrichen die bisherigen guten Reaktionen auf die Auftritte in dieser Konstellation. Die amerikanisch-schwedische Freundschaft harmoniert und brachte die Band wieder dorthin, wo sie schon mal war und aktuell auch hingehört.
Alter Bridge
Die Truppe um Top-Sänger Myles Kennedy, der ja schon eine Weile auch zusammen mit Slash weitere Erfolge einheimsen konnte, bildet zusammen mit Gitarrist Mark Tremonti (Creed, Tremonti) und Brian Marshall (b) sowie Scott Philipps (d) (beide auch von Creed) seit bald zwanzig Jahren die Band Alter Bridge, die etwas metallischer zu Werke gehen, wenn auch kommerziell nicht so erfolgreich wie Mark und seine Kollegen. Dennoch konnte man sich so den Ruf einer Stadion-Band erwerben und das Debüt «One Day Remains» (2004) ging immerhin eine halbe Million Mal über die Ladentheke. Umrahmt von einem optisch fetten Bühnenaufbau mit einem passend-riesigen Backdrop und zusätzlichen Lichtmasten spielten die Amis einen beherzten Gig mit zwölf Song aus fünf der sieben Studio-Alben. Da es Myles wegen dem vorherrschenden Wind immer wieder die Haare ins Gesicht blies, liess er sich eine Mütze bringen. Die Stimmung entwickelte sich prächtig beim zahlreich aufmarschierten Publikum und cool, wie der verpatzte Beginn beim Song «Isolation» diese auch bei der Band selber nicht trüben konnte. Dies sorgte für zusätzliche Sympathie-Punkte, die der Truppe einen lautstarken wie verdienten Schluss-Applaus einbrachte.
Ghost
Zwischen dem längst legendären Debüt-Album «Opus Eponymous» (2010) und den aktuellen Werk «Impera» (2022) liegen nicht nur Welten im Sinne der Zeitspanne von zwölf Jahren, sondern auch kompositorisch. Was früher noch mehr in eine kauzige Psychedelic Rock Richtung ging, hat sich mittlerweile mehr hardrockigen Gefilden mit signifikanter Pop-Attitüde und grossartigen Melodien in den Refrains zugewandt. Spätestens seit dem Album «Meliora» (2015) mehren sich die Stimmen, die Ghost als das nächste "ganz grosse Ding" ankündigen, und es zeichnet jetzt schon ab, dass dies nicht mehr lange auf sich warten lässt. Papa Emeritus Tobias Forge hält dabei die Zügel seit je her fest in seinen Händen und dirigiert seine Musiker-Ghouls nach Belieben. Nach 2011 und 2015 (diesen hammermässigen Auftritt von damals auf der Rock Stage werde ich mein Lebtag nicht mehr vergessen!) bestritten Ghost heuer ihr drittes Heimspiel, und diesmal auf der Festival Stage. Ausgestattet mit den Bühnen-Elementen, die man schon bei der US-Tour verwendete, liess sich die schwedische Kult-Band nicht lange bitten und zog eine weitere, begeisternde Show vom Leder, die sich (fast) nichts schuldig blieb. Der Fokus des Sets lag auf den letzten drei Alben, die gleich elf der insgesamt sechzehn gespielten Songs stellten. Da sich mittlerweile einige persönliche "must-have" Tracks ergeben haben, "bedauerte" ich das Fehlen von «Hi Is», «Absolution» und «Montrance Clock». Doch auch so lieferte der letzte SRF-Headliner von 2023 nichts als grandios ab! (rsl)
07. Juni bis 10. Juni 2023 – Sölvesborg (S)
By Roxx (rxx), Rockslave (rsl) and Tinu (tin) – All Pics by Roxx, Rockslave and Tinu
Nachdem ich mich letztes Jahr im Vorfeld extrem darauf gefreut hatte, wieder nach Sölvesborg ans "Sweden Rock Festival" zu pilgern, stoppte mich einer der letzten Ausläufer von Corona auf den letzten Metern. Der Befund war klar und eine der bittersten Pillen meines Daseins als Metalhead Tatsache. Somit musste ich Roxx, Tinu und Olivier schweren Herzens ziehen lassen. "Next year" hiess die Devise, und dann erst recht! Ganze drei Jahre musste ich also auf diesen Moment warten, und dann ging plötzlich alles sehr schnell. Wie gewohnt starteten wir die SRF-Woche bereits am Montag, heisst am 05. Juni machten wir uns zuerst auf nach Kopenhagen, um dann wieder in Hyllie (s) den Camper zu übernehmen. Zumindest war es so geplant, denn als bei der Gepäckausgabe im Flughafen CPH ein Koffer fehlte, schwante uns Böses. Wie sich einige Tage später heraus stellen sollte, flog das Teil, warum auch immer, von Zürich nach Dublin! So gelangten wir etwas verspätet an unseren gewohnten Standort und mussten dieses Malheur zuerst mal sacken lassen. Zum Glück traf das wichtige Gepäckstück über Umwege und nach einigen Telefonaten wie Mitteilungen schliesslich doch noch bei uns ein, hallelujah!
Zum 30-jährigen Jubiläum, das die diesjährige Ausgabe des SRF umrahmte, wurde auf Seite des Billings natürlich wieder gekleckert, und dies vom Feinsten! Angefangen bei den Headlinern, sprich "big names" wie Def Leppard, Mötley Crüe, Deep Purple, Europe, Iron Maiden, Skid Row, Pantera und Ghost. Doch das war natürlich noch längst nicht alles, denn jeder von uns hatte noch weitere persönliche Highlights auf dem Schirm wie Myrath (Roxx), Thundermother (Tinu) und Hot Breath (meine Wenigkeit). Wie üblich brüteten wir vor Festivalbeginn über der Running Order und legten fest, wer von uns was, wenn und wo übernimmt. Diese an sich nicht so einfache Aufgabe, Auftritte von insgesamt über neunzig Bands in einem vernünftigen und stemmbaren Programm zu koordinieren, hielt sich durch unsere Routine im Rahmen. Dadurch konnten wir die Zeit bis zum Festival-Beginn mit unseren Freunden vor Ort geniessen und uns auf die kommenden Tage einstimmen. Ein wesentlicher Faktor vor Ort ist natürlich das Wetter, und die Prognosen sahen hinsichtlich Regen hervorragend aus. Letzten Endes wurde es erwartungsgemäss eine ziemlich staubige Angelegenheit, aber lieber so als Feuchtigkeit und Matsch. (rsl)
Erster Tag - Mittwoch, 07.06.2023
BLÄKLÄDER STAGE
(rsl & rxx)
Eradikated
Die Ehre das diesjährige "Sweden Rock Festival" zu eröffnen, gebührte den Youngstern von Eradikated. Zwischen 2014 und 2021 nannte sich der Vierer aus Höör/Ludvigsborg, Skåne noch The Generations Army. Dies passte wohl nicht so zur zelebrierten Thrash-Mucke im Fahrwasser der alten Metallica und Slayer. Was sich an anderer Stelle stilistisch als bemühend und unoriginell heraus stellen könnte, war hier gar nicht der Fall, im Gegenteil. Frontmann Elvin Landaeus Csizmadia und seine Kollegen fuhren das volle Brett und begeisterten schon bald den sehr gut gefüllten Platz vor der Bühne. Solch frisch agierende, junge Bands zeigen, dass die Saat der abtretenden Legenden auf fruchtbaren Boden fällt. Slayers Cover-Version von «Angel Of Death» zum Schluss war granatenstark! (rsl)
Spidergawd
Die Truppe aus dem norwegischen Trondheim enterte die kleinste Bühne des Festivals. Speziell ist, dass Spidergawd auch einen Saxophonisten dabei haben. Dies wirkte sich gesamthaft auf den dargebotenen Heavy Rock aus. Einen festen Sänger hat diese Band nicht, sprich mal singt der eine, mal der andere und teilweise auch alle zusammen. Auf jeden Fall lieferten die Norweger einen stimmungsvollen wie originellen Auftritt ab, der nach mehr schrie. (rxx)
Grave
Reinster, schwedischer Todes-Metal wurde nun mit Grave geboten. Viel passiert ja bei Death Metal Bands auf der Bühne selten, heisst die Jungs kommen, spielen sich einen ab und verschwinden wieder. Das macht Death Metal normalerweise aus, und genauso verhielt es sich auch hier. Das strahlende Wetter machte daraus jedoch fast schon eine fröhliche Sache, bei der Sänger Ola Lindgren mit seinen Growls aber ohne Unterlass dafür sorgte, dass man nicht das Gefühl kriegte an einem Kindergeburtstag zu sein. (rxx)
SWEDEN STAGE
(rsl)
Dynazty
Seit ich die Jungs (ohne deren Sänger Nils Molin) mal als Tourband von Joe Lynn Turner gesehen habe, geht mir das Bild nicht mehr aus dem Kopf. Dabei sind die schwedischen Heavy Power Rocker schon eine Weile eigenständig unterwegs und haben bisher durchwegs gutes Material veröffentlicht, das entsprechend gewürdigt wurde. So erstaunte es nicht, dass sich ein zahlenmässig beachtliches Publikum diesen Auftritt ihrer Landsleute nicht entgehen liess. Leadsänger Nils überzeugte aber als standfester Performer und hatte ein paar satte Screams am Start. Der Aufforderung zu Mitsing-Parts wurde lautstark Folge geleistet und passte bestens zum Posing, dem Licht und den eingesetzten Pyros, inklusive eines Feuerregens. Frenetischer Applaus beendete den stündigen wie starken Auftritt, wo letztlich nur ein fehlender Hit-Song zu bemängeln war.
Angra
Die brasilianische Band um dem charismatischen Frontmann André Coelho Matos, der 2019 leider viel zu früh verstarb, besass in den frühen 90ern das Potenzial, einen Status auf Augenhöhe mit Dream Theater zu erreichen. Bandinterne Querelen verhinderten dies schliesslich, als das ursprüngliche Line-up 1998 auseinander brach. Heute ist nur noch Gitarrist Rafael Bittencourt aus der Gründerzeit übrig, und spätestens als Matos die Truppe 2000 verliess, sank der Stern der einstigen Hoffnungsträger. Mit Nachfolger Edu Falaschi trat der Grosserfolg auch nicht ein, und seit 2013 gelingt das ebenso wenig mit Fabio Lione. Technisch sicherlich versiert, wirkte das Ganze ziemlich blutleer, und im Gegensatz zu vorher bei Dynazty standen bedeutend weniger Leute vor der Bühne.
Wig Wam
Ganz anders zeigte sich das Bild, als die norwegischen Glam Rocker die Bühne enterten. Frontmann Åge Sten Nilsen war, wie immer, farbenprächtig gekleidet und üppig geschminkt. Der erste Auftritt am SRF überhaupt wäre jedoch nicht zustande gekommen, wenn sich die Band 2019, nach fünf Jahren Pause, nicht wieder reformiert hätte. In der Zwischenzeit hatte Åge Sten, zusammen mit Keyboarder Lasse Finbråthen, Ammunition gegründet, deren Debüt «Shanghaied» eine tolle Scheibe absetzte. Mit dem Comeback-Album «Never Say Die» (2021) wurden Wig Wam wiederbelebt, und wenn man sich die lautstarken Reaktionen der Fans ansah, war offensichtlich, dass man ohne Zweifel auf das richtige Pferd gesetzt hatte. Einen optimaleren Sound für ein Festival wie dieses, gibt es eigentlich nicht. Die abendliche Stimmung hin zum Prachtswetter passte zudem wie Arsch auf Eimer.
Avatar
Die heimischen Horror Picture Rocker hätte man keinesfalls früher aufspielen lassen dürfen, weil sonst glatt die Hälfte der theatralischen Komponente dieser illustren Truppe verloren gegangen wäre. Im Zentrum von Avatar steht der ausdrucksstarke Frontmann Johannes Eckerström, dessen Grimassen-Schneiden à la Joker (Gegenspieler von Batman) konkurrenzlos ist. Als Erstes zerplatzten ein paar Luftballons, ehe es mit viel Düster-Pathos weiter ging. Die Band gab von Anfang an ziemlich Gas und vermochte das erneut sehr zahlreich aufmarschierte Publikum bestens zu unterhalten. Dazu gehörte auch das Windmühlen-Banging der beiden Gitarristen Tim Öhrström und Jonas Jarlsby sowie die nicht minder abgedrehten Faxen, die Drummer John Alfredsson ohne Unterlass riss. Zusammen mit passenden Pyro-Effekten wie fettem Licht bot sich ein herrliches Bild auf der Bühne, und stilistisch wurden mehrere Genres zwischen Metal und Rock abgedeckt. (rsl)
ROCK STAGE
(rxx & tin)
Deathstars
Die Rock Stage, welche in diesem Jahr etwas grösser als sonst war, wurde von den schwedischen Industrial-Metallern Deathstars eröffnet. Sänger Andreas "Whiplasher Bernadotte" Bergh wirkte zu Beginn allerdings noch etwas gebremst, als ob er erst gerade aufgestanden wäre. Dennoch vermochten die restlichen Musiker das Publikum mitzureissen, und es war augenscheinlich, dass sich diese Band aktuell wieder grosser Beliebtheit erfreut. (rxx)
Jinjer
Die ukrainische Metalcore-Band Jinjer war nun an der Reihe, die Massen zu begeistern. Die Sängerin Tatiana Shmailyuk wirkte in ihrem "Stage Cothing" fast schon etwas "overdressed" für diese Art von Musik. Da passten ihre Kollegen optisch besser dazu. Dafür brüllte und kreischte sie um ihr Leben, hatte aber auch die cleanen Parts voll im Griff und überzeugte mit grossartigem Stage-Acting. (rxx)
Testament
Er war wieder zurück und spielte seine Riffs wie speziellen Solos, sprich so, wie man sich dies von den US Thrash Helden Testament wünscht! Heisst Alex Skolnick stand wieder auf der Bühne, nachdem er in Pratteln noch von Phil Demmel (ehemals Machine Head) ersetzt wurde. Sänger Chuck Billy und seine Jungs boten genau die Show, welche ich mir von meinen Helden der Jugend erhoffte und wünschte. Sie rissen Sölvesborg förmlich aus den Fugen und boten mit Eric Peterson einen unglaublichen Wirbelwind auf der Bühne, während Mister Billy das Publikum souverän nach Belieben dirigierte. Auch soundtechnisch war diesmal alles im grünen Bereich, und so reihte sich Hit an Hit (alt wie jung) und erhob Testament so gleich zu einem der Highlights des diesjährigen "Sweden Rock Festivals". (tin)
Clutch
Von der amerikanischen Westküste ging es dann rüber an die Ostküste der USA, wo die Truppe her kommt. Besonderes wurde auf der Bühne optisch nicht geboten, aber das brauchte es an dieser Stelle auch nicht. Dafür überzeugten Clutch umso mehr mit ihrer energetischen Spielweise, und der charismatische Sänger Neil Fallon hatte die Sache im Griff und führte souverän durch den ganzen Gig hindurch. Es war ein rundum guter Auftritt, der beispielsweise auch Fans der Red Hot Chili Peppers gefallen hätte. (rxx)
FESTIVAL STAGE
(tin)
Soilwork
Die Festival Stage wurde heuer von Soilwork "entjungfert". Dass die Schweden zu den bekanntesten Bands ihres Landes zählen und auch über die Staatsgrenze hinaus bekannt sind, liess sich am grossen Aufmarsch der Fans erkennen. Speziell jüngere Mädels fielen in einen fast ekstatischen Rausch und liessen sich vom wilden Mix aus Thrash und Melodic Death Metal verzaubern. Zeremonien-Meister Björn Strid (The Night Flight Orchestra) trieb die Fans an, forderte einen Circle-Pit und grinste schelmisch ins Publikum. Soilwork standen nicht zu Unrecht auf der grossen Bühne und feierten, zusammen mit dem Publikum, eine grosse Party.
Airbourne
Ja, die Truppe um Joel O'Keeffe entfacht stets ein unglaubliches Sound-Feuer auf der Bühne, das aber zu neunzig Prozent vom singenden Gitarristen ausgeht und die restlichen Musiker dabei wie Statisten aussehen lässt. Auch in Schweden nutzte das unbremsbare Energie-Bündel die ganze Bühnenbreite, kreischte seine Texte in die tobende Meute und hatte dabei unglaublichen Spass. Seine gefüllten Bierbecher wurden auch dieses Mal zahlreich ins Publikum geschleudert, und die Ladys in den ersten Reihen schrien sich die Freude aus ihren knapp bekleideten Körpern. Die Party kannte kein Halten und schon gar keinen Stopp. Der AC/DC-mässige Groove verfehlte seine Wirkung nicht, und so wurden Airbourne von den Fans nach allen Regeln der Kunst abgefeiert, verliessen die Bühne total verschwitzt sowie mit einem siegesgewissen wie breiten Grinsen auf ihren Gesichtern.
Def Leppard
Die Engländer sind schon seit einiger Zeit zusammen mit Mötley Crüe unterwegs. Auch wenn sich die Setliste von Def Leppard seit Jahren kaum verändert und sich die jeweilig neuen Songs des gerade aktuellen Studio-Albums mit den entsprechenden Vorgängern auswechseln lassen, waren die Jungs um Sänger Joe Elliot (der grandios sang) eine Macht auf der Bühne! Dies völlig ohne Star-Allüren, sondern mit viel Eleganz und Brillanz sorgten die UK-Boys für ganz grosses Kino. Selbst Phil spielte seine Solos dieses Mal songdienlicher und wollte der kompletten Welt nicht wieder zeigen, welch schneller Gitarren-Shredder er ist. Das kurze Drum-Solo von Rick sorgte dafür einen sehr emotionalen und euphorischen Hühnerhaut Moment. Def Leppard liessen in der Folge nichts anbrennen, erzeugten mit ihren Einspielungen auf die überdimensionalen Video-Leinwände grandiose Momente und liessen alle «Hysteria», sprich hysterisch werden. Schweden liebte Def Leppard, und der taube Leopard liebte Schweden. Was will man mehr? Mit «Photograph» wurde ein grossartiger Gig beendet, welcher die Latte für Mötley Crüe sehr hoch legte.
Mötley Crüe
Dass Mick Mars die Band im Vorfeld verliess, war für mich ein Stich ins Herz, der mit dessen Ersatz John 5 (Ex-Marlyn Manson) garantiert nicht kleiner wurde. Lassen wir aber die Sticheleien, welche sich in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer verbreiteten, aussen vor und konzentrieren uns auf die Show, die weitaus unspektakulärer ausfiel, als noch bei den Abschieds-Shows. Die grosse Attraktion waren die beiden Sängerinnen, welche die ansonsten eher lahme und auf Rockstar getrimmte Show ein bisschen aus dem Negativ-Modus heraus hievten. Klar, Vince konnte mit den Bodys und den damit verbundenen erotischen Bewegungen nicht mithalten. Dass Tommy wiederum Titten sehen wollte war ebenso klar und die Schwedinnen diesem Wunsch spontan nachkommen würden, auch (okay, das lag nicht nur an Schweden). Interessant war noch, dass einerseits viele den Gig super fanden, aber andererseits auch gleich viele sich noch während des Gigs nach und nach auf den Nachhauseweg machten. Crüe brachten zwar ihre Hits, spielten diese pflichtbewusst und fast ein bisschen zu professionell. Die Frage von wegen warum die Jungs wieder musizieren, kann jeder für sich selbst beantworten. Mir fehlte Mick, der mit seinen gepfefferten Riffs ein «Shout At The Devil» oder «Too Fast For Love» zu Evergreens machte. John vermochte dies definitiv nicht, auch wenn er sicherlich kein schlechter Gitarrist ist. Als alter Crüe-Fan, der die Jungs zum ersten Mal als Support von Iron Maiden sah und sich bewusst war, dass die Herren schon länger nicht mehr an diese legendären Shows anknüpfen können, machte sich letztlich Enttäuschung breit. (tin)
Pistonhead Stage
(tin & rxx)
Grimner
Wie immer bot die Zeltbühne sehr interessante, teils auch noch unbekannte Bands. Was den Genuss leider stets ein bisschen trübte, war der oft total vernebelte Blick auf die Bühne, der nicht von exzessivem Alkohol-Konsum herrührte (okay, bei einigen schon), sondern vom aufgewirbelten Staub und der installierten Nebelmaschine. Die einheimischen Grimner boten mit ihrem Pagan Metal, der mit einer Flöte und zwei Sängern aufgefrischte wurde sowie den entsprechenden Robin Hood Kleidern den idealen Einstieg. Die Natur rief, und die naturverbundenen Schweden folgten dem Ruf auf dem Fusse. Die Jungs boten eine gute Show und wurden von den Fans deswegen verdient abgefeiert. (tin)
Enforcer
Die Verteidiger des wahren Metals hatten ein leichtes Spiel, um das Zelt in ein Tollhaus zu verwandeln. Die Jungs um den singenden Gitarristen Olaf Wikstrand wählten als Intro «Diamonds And Rust» in der Version von Judas Priest. Dass die Stimmung schon hier auf ein sehr hohes Niveau angehoben wurde, konnte man den lautstarken Fangesängen entnehmen. Mit pfeilschnellen Riffs und einer unglaublichen Spielfreude boten sich Enforcer an, künftig auf den grösseren Bühnen des Festivals zu spielen, denn nach dem zweiten Track wurde die Truppe mit lauten "Enforcer" Rufen gefeiert. Kultig ist nach wie vor der Oberlippenbart von Gitarrist Jonathan Nordwall. (tin)
Die Oberherren
Sie selbst bezeichnen sich als die "Royality" des schwedischen Rock und Metal. Gemeint sind Die Oberherren, die sich einer Art von Gothic Rock verschrieben haben, der jedoch ziemlich hausbacken klingt. So kam der Auftritt eher lasch rüber. Der Sänger, bekleidet mit Sonnenbrille, wollte ziemlich cool wirken, aber das Ganze hinterliess eher einen einstudierten Eindruck. Live also nicht so der Bringer, musikalisch hingegen durchaus eine gute Sache. (rxx)
Brutus
Aus Belgien reisten Brutus an, um die Schweden zu rocken. Ob das gelungen ist? Ihr Mischung aus Prog und Post Hardcore muss man schon mögen. Blickfang war definitiv Sängerin und Drummerin Stefanie Mannaerts, die mit ihrem Schlagzeug vorne seitlich an der Bühne platziert war. Leider spielten parallel Def Leppard auf der grossen Festival Stage. So war die Zeltbühne oder auch Pistonhead Stage genannt, nur teilweise bevölkert. Dafür waren aber die richtigen Leute da, um die Band abzufeiern. (rxx)
1349
Düster und bedrohlich wurde es bei den Black Metallern von 1349. Dabei waren sie wohl konkurrenzlos, da Mötley Crüe gleichzeitig spielten. Das brachte den Norwegern, stilistisch bedingt, ein gut gefülltes Zelt ein, eingetaucht in viel Rauch und wenig, dafür blaues und rotes Licht. Ein Albtraum für jeden Fotograf. Das interessierte die Band aber bestimmt nicht, denn sie spielten aus dem Vollen und beendeten diesen Tag auf der Pistonhead Stage. (rxx)
Zweiter Tag - Donnerstag, 08.06.2023
BLÄKLÄDER STAGE
(rsl, rxx & tin)
Self Deception
Knaller und Pyros konnten offensichtlich nicht nur auf den grösseren Bühnen eingesetzt werden. Die schwedischen Modern Metal Rocker, die in ihrer Heimat eine grosse Nummer zu sein scheinen (most streamed band in Sweden), nutzten diese Show-Elemente zu ihrem Sound, der bis hin zu Pop-Refrains und starken Melodien reicht. Allerdings wird das Ganze, zumindest für meinen Geschmack, mitunter mit gewöhnungsbedürftigem Kreisch-Gesang von Leadsänger Andreas Clark versehen, und Synthies ab Band waren und sind mir stets ein Dorn im Auge. Dies ist aber Mucke, die ihre Anhänger findet, was die guten Reaktionen unter den anwesenden Fans bewiesen. (rsl)
The Crown
Da zur selben Zeit drüben auf der Festival Stage Lita Ford für massig Hard Rock sorgte, war hier erneut markiger Death Metal angesagt. Sänger Johan Lindstrand führte dabei forsch durch das todesbleierne Programm hindurch. Die Band wirkte arschtight und ausdrucksstark zugleich. Das sonnige Wetter passte allerdings erneut nicht so recht zu diesem Stil, aber was solls?! The Crown machten ohne Zweifel alles richtig. (rxx)
Crowne
Die Truppe sollte bei mir offene Türen einreissen, aber was schon auf Tonträger nicht passiert, geschah auch nicht auf der Bühne. Europe Bassist John Levén, H.E.A.T Keyboarder Jona Tee, der ehemalige The Poodles Trommler Chrisian Lundquist, Dynazty Gitarrist Love Magnusson und Art Nation Sänger Alexander Strandell sorgen eigentlich für brillanten Hard Rock, der bei mir aber (noch) keine Früchte trägt. So auch nicht beim SRF 2023. Sah man jedoch ins Rund vor der Bühne, so stand Schweden wie eine Eins hinter der Band und feierte das Quintett nach allen Regeln der Kunst ab. Irgendwas packte mich aber noch immer nicht, und was es war, kann ich nach wie vor nicht erklären. (tin)
Green Lung
Auf diese interessante Truppe aus dem britischen Königreich war ich im Vorfeld schon sehr gespannt, da ich zu Hause deren Alben habe und mich der Retro Psych Sound mit Hammond Orgel und gelegentlichen Vibes hin zu Uriah Heep gleich in den Bann zog. Was auf Tonträger funktioniert, kann unter Umständen auf der Bühne nicht oder zumindest nur teilweise umgesetzt werden. Nicht so bei Green Lung, die von Anfang an eine Urgewalt lostraten, die einen glatt aus den Latschen haute. Gut möglich zudem, dass dies der erste Auftritt in Schweden überhaupt war, und was Tom Templar und seine Jungs da boten, war einfach nur geil! (rsl)
Marduk
Abendlich dunkler wurde es dann zum Black Metal von Marduk. Die einheimischen Schwarzmetaller hängten ein Backdrop auf, auf dem das riesige Bandlogo zu sehen war. Die Bühnenbreite reichte gerade so aus dafür. Marduk stellten dabei den ganz klaren Kontrast hin zu Europe auf, die drüben auf der Rock Stage alle Nicht-Black-Metaller berockten. Daniel "Mortuus" Rostèn keifte derweil auf der Blaklader Stage um sein Leben, und überzog das Festival mit purem Hass. So muss Black Metal! (rxx)
SWEDEN STAGE
(rxx)
Korpiklaani
Die Sweden Stage wurde um die Mittagszeit mit dem folkigen Humppa-Metal der finnischen Korpiklaani eröffnet. Ideal, um auch die letzten Trunkenbolde aufzuwecken. Im Gegensatz zu anderen Festivals, ist das Sweden Rock Festival schon kurz nach Türöffnung relativ voll. So konnten Korpiklaani vor einem voll besetzten Hang gegenüber, der sich vor der Bühne erhebt, viel Stimmung lostreten. Die Hits kannte man alle, ob «Happy Little Boozer», «Vodka» oder «Wooden Pints». Die Marschrichtung war klar: feiern und saufen!
British Lion
Bevor Iron Maiden Bassist Steve Harris mit seinen Eisernen am nächsten Tag auf die Bühne durfte, gab er mit seiner Band British Lion auf der Sweden Stage einen zum Besten. Geboten wurde klassicher Heavy Metal, der ab und zu auch etwas (wen wunderts?) an Iron Maiden erinnerte. Seine Handschrift konnte (oder wollte) Steve Harris nicht verstecken. War auch gar nicht nötig, denn British Lion brachten auch ihre eigene Note zum Ausdruck. Ein guter Auftritt, der ebenfalls nach mehr schrie.
Christone Kingfish Ingram
Das "Sweden Rock Festival" bietet stets viel Abwechslung in seinem Programm. So konnte man den Auftritt von Christone "Kingfish" Ingram fast schon als Kontrast-Programm bezeichnen, passte aber dennoch irgendwie hierher. Geboten wurde Blues Rock bester Güte, mit einem Christone Ingram an Gitarre und Gesang, der ideal zur sonnigen Atmosphäre des Tages passte. Das vorwiegend ältere Publikum vor der Bühne feierte den talentierten Blueser lautstark ab.
Myrath
Schon zum zweiten Mal, aber insgesamt den dritten Auftritt konnten Myrath aus Tunesien am "Sweden Rock Festival" für sich einstreichen. Wie das gehen soll? 2019 spielte die Band hier schon. Als dann Behemoth absagen mussten, sprangen die Söhne der Wüste ein und spielten am Tag darauf gleich nochmals. Nun, 2023 gab es nur einen Auftritt, aber dieser hatte es dafür in sich. Es wurde eine grossartige Show mit orientalischen Tänzerinnen, Fackeln, Artistik und einem grandiosen Zaher Zorgati am Gesang geboten, der den ganzen Zauber gekonnt anführte. Myrath stehen für besten Oriental Metal, den man auf keinen Fall verpassen darf! (rxx)
ROCK STAGE
(tin)
Smash Into Pieces
Die Musikwelt braucht neue Helden und die identifizieren sich selbst. So auch Smash Into Pieces, die Schweden, welche mit einem Drummer auf die Bühne kamen, der eine Maske trug, welche beim Singen farblich erstrahlte. Sänger Chris sah dagegen eher wie ein durchtrainierter Rapper aus und schlich auch wie ein solcher auf der Bühne herum. Dies schien die weiblichen Fans offensichtlich eher aus der Fassung zu bringen, denn zu langweilen. Der moderne Pop-Rock mit teils aggressiven Momenten liess das Publikum vor Freude aufheulen, und interessanterweise waren auch viele Kids im Publikum anzutreffen. Haben wir es da etwa mit der ersten Boy-Band im Metal zu tun? Anyway, das Konzept gefällt, und die Jungs rockten die Bühne.
Katatonia
Sie besitzen Flair, die Schweden von Katatonia und rockten die Rock Stage mit ihrem verspielten, sphärischen Sound und dem Mix aus unterschiedlichen Stilen. Was allerdings auffiel war, dass am Donnerstag, bis kurz vor den Headlinern, bedeutend weniger Fans auf dem Festival-Gelände anzutreffen waren. Ob dies an den Truppen selbst lag, die am Donnerstag spielten, sei mal in Frage gestellt oder ob sich die Besucher wohl noch immer im feuchten Mötley Crüe Wahn wälzten (vor Freude oder Scham?) Wie auch immer, ich zog nach ein paar Songs auf jeden Fall weiter und gönnte mir dafür den coolen Gig von British Lion, die einen Wahnsinns-Auftritt hinlegten.
Kamelot
Die Truppe um Thomas Youngblood gehörte während ihrer Frühphase, heisst derjenigen mit Roy Khan als Sänger, zu meinen hoffnungsvollsten Kandidaten. Dies hat sich seit dem Einstieg von Tommy Karefik geändert. Kamelot verlor ich deshalb aus den Augen und sah die Truppe nun seit langer Zeit wieder auf der Bühne. Thomas überlässt nichts dem Zufall, selbst die Bühnen-Deko ist bis ins kleinste Detail durchdacht und gehört zum erfolgreichen Gesamt-Konzept der Amis. Mit vielen Feuersäulen untermalten die Jungs ihren Set und hatten generell einen leichten Stand bei den Fans. Das Propeller-Bangen von Bassist Sean Tibbets und das powervolle Schlagzeugspiel von Alex Laudenburg untermauerten die Spielfreude wie die Energie, welche noch immer von Kamelot ausgeht. Somit stiess der mehr symphonische, denn powermetallisch ausgerichtete Sound auf viel Gegenliebe des Publikums, und die Truppe konnte sich deshalb von den Anwesenden zu Recht feiern lassen.
Wolfmother
Die Pudelfrisur von Andrew Stockdale sucht noch immer ihresgleichen, wie auch der Sound, der stark in den Siebzigern verwurzelt ist und sicher zur Speerspitze des Stoner Rocks gehört. Als sei die Zeit stehen geblieben und Jimi Hendrix seinem "Sohn" vom Himmel aus zuschaut, liess sich Andrew von seinen Klängen treiben und würzte die staubigen Nebelschwaden mit einem süsslichen Flair. Wolfmother zogen viele Besucher an, aber die Australier hatten von der Aufmerksamkeit her mit den zeitgleichen Auftritt von Myrath zu kämpfen, der den Jungs sehr viele Zuschauer raubte. Diejenigen welche sich Wolfmother anschauten, wurden aber nicht enttäuscht und bejubelten den Gig der Wolfsmutter.
Europe
Sie kamen, sahen und siegten. Dass Schweden zu seinen Bands steht, ist ja nichts Neues, aber mit welcher Leidenschaft Europe immer wieder in ihrem Heimatland abgefeiert werden, gleicht einem Gänsehaut-Moment sondergleichen. Sänger Joey Tempest und Gitarrist John Norum hatten das Geschehen zu jeder Zeit fest im Griff, und der Set bestand logischerweise aus den Klassikern von «The Final Countdown» und «Out Of This World». Dazu tauchten die Jungs aber auch mit einigen Hits in die Frühphase ein und beglückten damit die Fans von «Europe» und «Wings Of Tomorrow». Die Spielfreude der Truppe übertrug sich sofort auf das Publikum und liess selbst hartgesottene Black und Death Metaller die Pommes Gabel in die Höhe recken. Waren am Nachmittag vergleichsweise noch eher wenige Leute auf dem Gelände, schien der "SRF-Holy Ground" bei Europe förmlich aus allen Nähten zu platzen. Mit vielen Video-Einspielungen und einer Band, die sehr tight aufspielte, wurde der zweite Abend schlicht grossartig beendet. Dies von einer Band, die weit weg davon entfernt ist, ihre Karriere mit Star-Allüren und einem überheblichen Auftritt zu ruinieren, sondern sich bewusst ist, dass man nur dank der Treue der Fans da steht, wo man ist. Mit einer ungebremsten Spielfreude wurde das "Sweden Rock Festival" in Grund und Boden gerockt sowie mit den berühmten Keyboard-Klängen zu «The Final Countdown» ein Set beendet, der sich gewaschen hatte. Sei es eine kleine Location oder ein grosses Festival, Europe geben immer 110 Prozent und überlassen nichts dem Zufall! Grossartig, grossartiger, Europe! (tin)
FESTIVAL STAGE
(rsl)
Lita Ford
Nach 2009 und 2016 (was, ist das schon so lange her?!) beehrte die ehemalige Lead-Gitarristin der kultigen Ami-All-Girl-Band The Runaways das SRF zum dritten Mal. Während der letzte Auftritt noch auf der Rock Stage abgehalten wurde, konnte nun so zu sagen als Krönung vor Ort die Festival Stage geentert werden. Nachmittags gegen zwei Uhr sieht sowas natürlich nicht so spektakulär aus, aber es kommt ja eigentlich auf die Performance an und nicht den jeweils ganzen Zauber drum herum. Begleitet von Patrick Kennison (g), Marten Andersson (b) und Bobby Rock (d) liess Lita Ford, die mit mittlerweile 65 Jahren immer noch ganz ordentlich daher kommt, nicht grundsätzlich anbrennen und brachte einige ihrer Hits wie «Back To The Cave», «Close My Eyes Forever» oder «Kiss Me Deadly». Allerdings fehlte es etwas an Esprit und Feuer.
U.D.O.
Besser erledigte dies anschliessend die deutsche Metal-Legende Udo Dirkschneider mit seiner eigenen Combo U.D.O. - Längst hat sich der Solinger mit seiner Vergangenheit bei Accept ausgesöhnt und kann eigentlich machen was er will. Seine Fans danken es ihm so oder so. Beim heutigen Auftritt stand ausschliesslich seine Solo-Ära im Vordergrund. Ab dem Opener «Animal House» vom gleichnamigen Debüt von 1987 (!) liess es die Band bis zum Schluss und ohne Unterlass krachen! Der 75-minütige, glanzvolle Auftritt umfasste vierzehn Metal-Perlen von nicht weniger als elf Alben. Mit dabei waren unter anderem auch «24/7», «Timebomb» oder «Holy». Selbst «Man And Machine» fehlte nicht und zeigte Udo Dirkschneider und seine Mannschaft von der besten Seite, schlicht grandios!
Gojira
Die franzöischen Death Metaller werden von ihrer treuen Fanbase kultisch verehrt und haben konstant an ihrer Karriere gearbeitet. Ihr Stil trägt mitunter auch progressive Züge sowie explizite Groove-Parts und dies alles verwoben mit technischer Komplexität. Dieses unbestrittene Können wurde dann entsprechend von den Gebrüdern Duplantier (Joe, Vocals & Guitars und Mario, Drums) zusammen mit Christian Andreu (Guitars) und Jean-Michel Labadie (Bass) als veritables Metal-Inferno auf der Festival Stage gezündet. Wer nun dachte, dass derart schwere Mucke an so einem Festival allenfalls nicht funktioniert, lag ziemlich falsch. Gojira wurden ordentlich abgefeiert, und dass ich mich währenddessen in aller Ruhe lukullischen Genüssen hingeben konnte, passte ebenso.
Deep Purple
Meine erklärte Lieblings-Band als einer der beiden Festival-Headliner des zweiten Festival-Tages (neben Europe, die danach auf der Rock Stage ebenfalls brillant waren!) im Jahre 2023 und nach dem ganzen Pandemie-Horror war echt Balsam auf meine geschundene Metaller-Seele. Seit im September 2022 ein gewisser Simon McBride als neuer Lead-Gitarrist für den aus privaten Gründen abgetretenen Steve Morse das Ruder übernommen hat, wird noch der letztmögliche Rest an freisetzbarer Energie des britischen Rock-Monsters angezapft. Die erstmals 2017 verkündete "The Long Goodbye Tour» kriegt seither weiteren Aufwind von wegen "Long", und solange noch solche Hammer-Gigs wie auch dieser hier abgeliefert werden, ist alles andere unwichtig. Die Zügel liegen in Händen des Ur-Trios mit Ian Gillan (77), Roger Glover (77) und Ian Paice (75). Ein Ende ist vorläufig nicht in Sicht, darum weiter so.
Dritter Tag - Freitag, 09.06.2023
PISTONHEAD STAGE
(tin, rsl & rxx)
The Raven Age
George Harris, Filius von Iron Maiden Bassist Steve, betrat mit seinen Jungs die Bühne im Festzelt. Musikalisch boten die Briten eine Mischung aus Metalcore und vermischen das Ganze mit sehr viel Groove. Das Ganze wurde mit einem leicht schaurigen, aber auch packenden Momentum vorgetragen und liess speziell die eher jüngeren Fans die Truppe abfeiern. Das gewählte Konzept scheint aus diesen Jungs eine faszinierende Truppe zu machen, und so füllte sich das Zelt zunehmend. Heute reicht es längst nicht mehr, nur Musik zu spielen, wenn man auffallen will. Aber das wusste schon Papa Steve Harris, der mit Eddie ein unsterbliches Monster kreierte. (tin)
Hot Breath
Nebst all den klingenden Namen und langjährigen, persönlichen Favoriten gab es heuer, zumindest für meine Wenigkeit, eine Band die ich erstens keinesfalls verpassen wollte und zweitens schon vorher meine vollste Aufmerksamkeit genoss: Hot Breath! Für die meisten Leserinnen und Leser wohl ein unbeschriebenes Blatt, aber die 2018 gegründete Psychedelic Heavy Rock Band aus Göteborg besteht aus Members von Hypnos, Grand und Honeymoon Disease. Letztere lernte ich mal an einem Konzert im Z7 kennen, und dabei fiel mir schon die talentierte Frontfrau und Gitarristin Jennifer Israelsson auf. Was ich mir dann erhofft hatte, trat im rappelvollen Pistonhead-Zelt, natürlich befeuert mit heimatlichem Bonus, ein. Ein energetischer Auftritt der Sonderklasse verzückte nicht nur mich.
(rsl)
Florence Black
Gleichzeitig mit Iron Maiden auftreten zu müssen, gehört sicher nicht zu den angestrebten Zielen so mancher Band. Da mussten Florence Black aus dem Süden von Wales aber durch. Das Trio liess sich nicht lumpen und lieferte einen satten Gig ab. Sie überzeugten das nicht ganz so volle Zelt mit einem direkten, groovigen Heavy Rock. Jene die anwesend waren, machten auf Jeden Fall ordentlich mit. Das nächste Mal bitte nur diese Band, ohne die übermächtige Konkurrenz! (rxx)
Perfect Plan
Die schwedischen Melodic Rocker aus Örnsköldsvik stehen seit ihrem Debüt «All Rise» (2018) im Stall von Label-Krösus "Frontiers Records" und haben seither, nebst einem Live-Album («Live At The Sharpener's House, 2021) drei Studio-Alben abgeliefert. Ihr griffiger Melodic Rock wird unter anderem getragen von Frontmann Kent Hilli, der seine Landsleute bald im Sack hatte und dadurch leichtes Spiel. In diesem Genre ist es nicht immer leicht, den perfekten Studio-Sound auf der Bühne adequat umsetzen zu können. Mit Leif Ehlin stand aber ein echter Keyboarder auf der Bühne, was schon mal die halbe Miete ist. Nach dem grandiosen Auftritt von Iron Maiden zuvor fanden dann doch noch einige Leute den Weg ins Pistonhead-Zelt und wurden bestens unterhalten. (rsl)
BLÄKLÄDER STAGE
(rsl & rxx)
Tungsten
Normalerweise und hier am SRF besonders, werden Zeitpläne, sprich die Running Order peinlich genau eingehalten, damit alle Bands die ihnen zugestandenen Spielzeiten auch erhalten. Bei schwedischen Acts wird da wohl manchmal ein Auge zugedrückt. Auf jeden Fall sollten Tungsten den dritten Festival-Tag auf der Bläkläder Stage um 11:30 Uhr eröffnen. Ich richtete mein Eintreffen demzufolge auf diese Zeit aus, aber die Band spielte bereits, als ich vor der Bühne eintraf, nun ja. Die familiär bestückte Truppe um die einheimische Drum-Legende Anders Johansson (Ex-HammerFall, Ex-Stratovarious, Ex-Yngwie Malmsteen und andere mehr) brachte noch seine Söhne Niklas Johansson (g) und Kalle Johansson (b) mit auf die Bühne. Zusammen mit Michael Andersson (Ex-Cloudscape) wurde flotter Heavy Rock bis hin zu Power Metal zelebriert und dies eben etwas länger als geplant. (rsl)
Vended
Nun war Zeit für die Söhne von Slipknot! Nein, sie tönen eher nicht wie Slipknot! Mehr nach Clawfinger, und die Band besteht unter anderem aus dem Nachwuchs von Mitgliedern von Slipknot. Neben Corey Taylors Sprössling Griffin Taylor spielt auch Simon Crahan mit, seines Zeichens Filius von Percussionist Shawn "Clown" Crahan in der Formation. Ein wilde Show wurde geboten, mit viel Bewegung und Perfomance. Optisch passte alles zusammen. Leider verbrachte der Sänger sehr viel Zeit damit, gebückt den Boden vor sich anzuschreien. Kann ein junger Mensch schon so viel Elend gesehen haben? Wie auch immer, man kann gespannt sein, wie weit es diese junge Truppe noch bringen wird. Es dürfte dabei kein Nachteil sein, als Sprösslinge von Slipknot zu gelten. (rxx)
Bloodbound
Von der Popularität her sollten die einheimischen Bloodbound eigentlich auf einer grösseren Bühne spielen. Aber egal, denn das tat der Show keinen Abbruch. Patrik J. Selleby mit seinen aufgekleben Hörnchen liess nichts anbrennen und sang wie entfesselt. Der Power Metal passte perfekt zur Tageszeit und Wetter. Eine positive Stimmung überkam die Fans, und es wurde gefeiert. Die Band hatte die Meute voll im Griff und zelebrierte Mitsing-Parts ohne Ende. Am Ende gereichte es zu einem triumphalen Auftritt. (rxx)
Threshold
Zuerst war ich nicht so begeistert davon, dass die britische Progressive-Institution erst um Mitternacht auf die Bühne steigen durfte. Er war nämlich nicht zu übersehen, dass sich nach Iron Maiden viele Besucher in Richtung Ausgang begaben. Dennoch füllte sich der Platz vor der kleinsten Aussenbühne vor Konzertbeginn von Threshold stetig und zog neben eingefleischten Proggies auch eine ganze Menge weitere, interessierte Besucher an. So konnten dann Chief Karl Groom und seine Mannschaft, angeführt von Frontmann Glynn Morgan, ein wunderbare Genre-Lektion erteilen. Im Zentrum standen natürlich das aktuelle Album «Dividing Lines» (2022) und «Legends Of The Shires» (2017), sprich die beiden Alben, die von Glynn zuletzt eingesungen wurden. Mit «Mission Profile» folgte immerhin noch ein Song aus der unvergessenen "Mac-Ära". So vergingen die sechzig Minuten wie im Fluge und der Applaus morgens um eins war riesig. (rsl)
SWEDEN STAGE
(rsl & tin)
Coney Hatch
Das, was früher im Bereich US-Metal das "BYH!!! Festival" in Balingen (D) ausgemacht hat, kommt auch wiederholt am SRF vor, sprich dass alte Kult-Bands ausgegraben werden und, sofern sie überhaupt noch oder erneut aktiv sind, eine Auftritts-Möglichkeit erhalten. Heuer so geschehen mit den kanadischen Hard Rockern von Coney Hatch, die nur Genre-Kennern ein Begriff sind. Auf einem so grossen Festival gelten aber andere Gesetze, und so sieht man sich, weil man ja eh da ist, halt einfach mal an, was da gerade spielt und verbleibt, wenn es gefällt. Das bescherte Coney Hatch zwar keine "sold out" Verhältnisse, aber es standen einige Leute vor der Sweden Stage, und die sahen einen sagenhaft tighten Auftritt der alten Hasen um die Gründungs-Mitglieder Andy Curran (b) und Dave Ketchum (d) sowie der originale Sänger/Gitarrist Carl Dixon und der langjährige Gitarrist Steve Shelski. Das war ganz grosses Kino! (rsl)
Phil Campbell And The Bastard Sons
Nach dem bedauernswerten Tod von Motörhead-Kopf Lemmy Kilmister im Dezember 2015 musste das (Musiker-) Leben weiter gehen. Bei Gitarrist Phil Campbell kristallisierte sich danach schon bald eine neue Band heraus, die mit nicht weniger als drei von seinen Söhnen, nämlich Todd (g), Tyla (b) und Dane (d) bestückt ist. Nebst der Möglichkeit, den musikalischen Nachlass von Motörhead bei Bedarf zu zücken (was am diesjährigen SRF über die Bühne ging), schrieb die Band auch eigene Songs, die auf bisher zwei Studio-Alben untergebracht wurden. Ab Juni 2021 löste Sänger Joel Peters seinen Vorgänger Neil Starr ab. Letzterem fehlte etwas die Power, was nun bei diesem Motörhead-Tribute-Gig klar zum Ausdruck kam. Für ein Festival geht das so in Ordnung, und die Interpretationen des unsterblichen Originals können nicht besser klingen, ohne dieses jedoch jemals wieder zu erreichen. (rsl)
Mike Tramp
Wirft man einen Blick auf den Set von Mike Tramp, dann hätte dies ein Siegeszug werden können. Die White Lion Hits garantieren eine ausgelassene Party-Stimmung, sofern man die Tracks mit der nötigen Rock-Attitüde spielt. Davon war der gebürtige Däne aber ziemlich weit entfernt, da er die Klassiker, wie auf seinem letzten Album «Songs Of White Lion», in einer Singer-Songwriter-Version zum "Besten" gab. Wenn selbst ich, als bekennender Fan des weissen Löwen, «Wait» als einen meiner Lieblings-Tracks nur dadurch erkenne, weil sich der Text in meinen Hautporen verfangen hat, spricht dies Bände. Viele Fans kamen und verliessen das Geschehen jedoch schnell wieder. Wiederum andere blieben und feierten Mike ab, aber eine ausgelassene Stimmung hört sich definitiv anders an. (tin)
Napalm Death
Das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen, sprich die Grindcore/Death Metal Legenden Napalm Death existieren nun schon seit über vier Dekaden und treten bis auf den heutigen Tag, die ganz frühen Punk-Roots mal ausgenommen, kein bisschen verändert auf. Die Briten, die wie Judas Priest und Black Sabbath aus Brimingham, West Midlands stammen, rödeln ihren Style mit ungebrochener Vehemenz herunter. Auch wenn das Line-up immer wieder durchgeschüttelt wurde, gehören Frontmann Mark "Barney" Greenway und Bassist Shane Embury zu den meistgenannten Musikern der Truppe. Letzterer fehlte leider von wegen "Umstände, auf die niemand Einfluss ausüben kann" und wurde durch Vernon Blake ersetzt. Doch auch so riss die Band ein Mörder-Set herunter, das die mit Abstand staubigsten Mosh-Pits hervor rief. Der totale, aber gleichzeitig friedliche Wahnsinn beendete den Tag auf der Sweden Stage. (rsl)
ROCK STAGE
(rxx & tin)
Sator
Seit 1982 gibt es Sator schon und 2023 rockten sie, wie passend, die Rock Stage. Eine gute Stimmung breitete sich aus. Guter solider Hard Rock wurde gespielt. Eine gewisse "Southern Rock" Gelassenheit und Freude war spürbar auszumachen. Der grosse Platz vor der Bühne war rappelvoll, und somit wurde der klare Beweis erbracht, wie angesagt diese Band in Schweden immer noch ist. (rxx)
TNT
Es hätte das grosse Ereignis werden können, wenn Sänger Tony Harnell und Gitarrist Ronni LeTekro wieder gemeinsam auf der Bühne stehen. Mit aber nur einem Gig als Premiere im Gepäck, erwies sich der Sweden Rock Gig als laue Angelegenheit. Das mag sicherlich auch an den technischen Problemen zu Beginn des Konzertes gelegen haben, aber das eher "sparsame" Auftreten von Tony liess nicht gerade viel Euphorie aufkommen. Auch wenn die Schweden den Norwegern aus den Händen frassen, und dies mit einer Setliste, die grundsätzlich gut, aber nicht überragend war, hätte der Gig eigentlich "killen" sollen. Doch da halfen auch die beiden nett anzuschauenden Chanteusen nichts. Mit «As Far As The Eye Can See», «Tonight I'm Falling», «My Religion», «Intuition», «10'000 Lovers (In One)» und dem Abschluss «Seven Seas» wurde der Gig zwar immer besser, war aber von einer grossartigen Darbietung, wie sie Coney Hatch boten, weit entfernt. (tin)
Raised Fist
Schwedisch ging es auf der Rock Stage weiter, nur diesmal etwas härter. Die Hardcoreler von Raised Fist gaben sich die Ehre. Groovig und sehr agil ging es auf der Bühne zu und her. Viele Fäuste wurden gen Himmel gereckt, um die Truppe aus Luleå (ganz im Norden von Schweden) anzutreiben. Die wuchtig vorgetragene und mit massig Flammen ausgestattete Show wurde kräftig abgefeiert. (rxx)
Powerwolf
Die Power Metaller aus dem Saarland bauten eine imposante Deko auf. Man konnte somit eine riesige Show erwarten, und so kam es dann auch. Wie immer ohne einen Bassisten, starteten Powerwolf ihre Metal-Messe. Keyboarder/Organist Falk Maria Schlegel trieb das Puplikum immer wieder an, während Attila Dorn mit seinen witzigen Ansagen jeweils den nächsten Song ankündigte. Alles wie immer im "Transilvanischen Dialekt" gesprochen. Songs wie «Demons Are A Girl's Best Friend», «Resurrection By Erection» oder der Ohrwurm «We Drink Your Blood» waren einmal mehr und sind immer Garanten für eine gute Stimmung. (rxx)
Behemoth
Endlich war es Zeit für Behemoth! Nachdem 2019 ihr Auftitt am Sweden Rock abgesagt wurde und Corona den Event für drei lange Jahre blockierte, konnten die polnischen Black Metaller Behemoth endlich auf die Bühnen zurück. Die Stage war im üblichen Behemoth-Stil "dekoriert". Wie erwartet, gab es viel Feuer und Flammen zu sehen. Nergal stand vor seinem ikonischen "Mikroständer" und wirkte sehr motiviert. Die Setliste konnte sich auch sehen lassen, sprich gute Songs und eine gigantische Show wurden geboten. Die Fans waren reichlich in Bewegung und verwandelten den Abend, zusammen mit der Band, in etwas Besonderes. (rxx)
FESTIVAL STAGE
(tin)
H.E.A.T
Der folgende Tag begann, wie der letzte aufhörte, und zwar mit einer gehörigen Portion Schweden Rock. Mit Rampensau Kenny Leckremo haben die Jungs um die seit der Gründung in der Band spielenden Jona Tee (Keyboard), Jimmy Jay (Bass) und Don Crash (Schlagzeug) die Person gefunden, welche den zu Skid Row abgewanderten Erik Grönwall bestens ersetzen kann. H.e.a.t zündeten von der ersten Sekunde an ein Feuerwerk, das nicht nur den extra aus Brasilien (!) angereisten Fanclub begeisterte. Das in meinen Augen grosse Erfolgsrezept in der Truppe ist die Rhythmus-Band. Jimmy (mit Dauergrinsen) und Don (mit einer unglaublichen Ausstrahlung und Power) sind das Element, was vielen Bands fehlt und untermauerten den mit Pyros (der Wind liess die Feuerfontänen gefährlich nach links lodern) erweiterten, grossartigen Gig. Die Jungs liessen Schweden singen wie tanzen und waren zu Recht auf der Festival Stage zu sehen.
Rancid
Die kalifornischen Rancid rockten…, doch vermag denn eine Punk-Truppe überhaupt zu rocken? Schaut man sich die Amis genau an, darf man hier durchaus mit einem "Ja" antworten. Auch wenn die Punk-Attitüde und die damit verbundenen knapp zwei bis drei Minuten langen Songs dagegen sprechen. Mit einem Hauch von Rockabilly und den zu erwartenden "fucks" und "motherfucker" stachelten die Amis die Fans an und liessen so die R.A.M.O.N.E.S, aber auch Chuck Berry lärmig aufleben. Rancid bewiesen eindrücklich, welch musikalische Vielfalt am "Sweden Rock Festival" gern gesehen ist und genau diese Tatsache dem Festival den geschätzten Stempel aufdrückt.
Blue Öyster Cult
Die "alten Männer" betraten die Stage und wurden von Schweden und den anderen anwesenden Nationen umgehend abgefeiert. Man darf sich durchaus fragen, ab wann eine Band auf einer so grossen Bühne nicht mehr "attraktiv" aussieht. Solange aber die Herren die Fans noch dermassen zu begeistern vermögen, hat sich eine solche Frage eh erledigt und ist hinfällig. Der Aktions-Radius der Akteure war allerdings eher klein, und im Vergleich zu den Scorpions glich dies schon fast einem Ausflug des Alters- und Pflegeheims. Aber Alter schützt bekanntlich nicht vor dem Musizieren, und solange das Gespielte nach wie vor Faszination auslöst, was will man mehr? Die Amis nutzen ihre Chance auf jeden Fall und brachten ein munteres Potpourri aus ihrer über 55-jährigen Karriere, bei dem logischerweise der Schlusspunkt mit «(Don't Fear) The Reaper» gesetzt wurde. Was dann allerdings Iron Maiden als letzte Band an diesem Tag auf der Festival Stage zelebrierten, war um ein Vielfaches agiler und frischer.
Iron Maiden
Schon im Vorfeld wurde kommuniziert, dass die Alben «Somewehre In Time» (1986) und der neuste Output «Senjutsu» (2021) im Mittelpunkt der «The Future Past» Tour stehen werden. Dem entsprechend war auch die Bühen-Deko ausgewählt, und Eddie hatte seine Auftritte gleich dreimal als ein durch die Zeit reisendes Wesen, bei dem er sich mit Bruce bei «Heaven Can Wait» mit Laser-Kanonen duellierte. Der Set liess keine Wünsche offen, auch wenn «Hallowed Be Thy Name» und «The Number Of The Beast» nicht gespielt wurden. Doch mit «Stranger In A Strange Land», «Caught Somewhere In Time», «Wasted Years» und «Alexander The Great» (endlich…, nach 37 Jahren!!!) fischten die Jungs tief in der Mottenkiste. Dabei entpuppte sich Bruce als äussert gut gelaunter Entertainer, sang hervorragend und konnte sich bei eingeschaltetem Mikrofon einen Lacher nicht verkneifen, als sich das Backdrop bei «The Trooper» zunächst nicht öffnen liess. Die Band befand sich in absoluter Topform, und speziell Adrian konnte sein Talent vermehrt mit seinen grossartigen Solos unter Beweis stellen, während Steve seinen Bass erneut wie ein Maschinengewehr in Beschlag nahm. Ich bin ein riesengrosser Maiden-Fan, der aber ein bisschen mit der Zeit nach «Brave New World» (2000) haderte. Je länger je mehr wurde ich aber wieder zu dem Anhänger, der ich war, und spätestens mit dieser Tour haben mich die eisernen Jungfrauen wieder endgültig auf ihre Seite gezogen. Dies auch dank den fantastischen, neuen Tracks wie «The Writing On The Wall», «Death On The Celts» und «Hell On Earth». Ganz grosses Kino einer altgedienten Band, die selbst nach über 43 Jahren im Geschäft noch vieles zu sagen hat. (tin)
Vierter Tag - Samstag, 10.06.2023
BLÄKLÄDER STAGE
(rsl, tin & rxx)
Abramis Brama
Als Weckruf zum Auftakt des letzten Festival-Tages hätte man wohl keine bessere Combo auswählen können. Abramis Brama sind eine erstklassige Hard Rock Band, die 1997 in Stockholm gegründet wurden. Die Truppe um dem agilen Frontmann Ulf Torkelsson spielt eine starke Mischung aus 70er-Jahre Hard Rock, Stoner Rock und Progressive Rock. Einzig das Album «Nothing Changes» (2003) enthielt Songs mit englischen Lyrics. Danach wechselte man wieder zurück zur Landessprache, was sich eigentlich kaum bemerkbar macht. Vielmehr wurde das Ganze vor Ort durch eine monströse Soundwand getragen, die ihre Wirkung nicht verfehlte. ZUdem habe ich noch nie einen Sänger mit einer Hand-Prothese gesehen, den diese in seiner wilden Performance behindert. Ganz grosses Kino! (rsl)
Twilight Force
Die Elfen sind unter uns und verjagen die bösen Geister mit melodischen Speed-Melodien! Allein das Konzept und die Darbietung, wie die Jungs auf der Bühne standen (mit angeklebten Elfen-Ohren), war schon eine tolle Geschichte. Hier wurde nicht nur etwas vorgespielt, sondern auch optisch umgesetzt. Der hohe Gesang von Allyon war allerdings nicht jedermanns Sache, was die Power Metal Fans aber nicht davon abhielt, ihren Landsleuten den Wanderstock der Gnomen zu halten und lauthals mitzusingen. Der Erzähler in Form von Keyboarder Blackwald nahm die Anwesenden mit auf eine Reise von Fabeln sowie dessen Wesen, und Schweden dankte es Twilight Force mit viel Zuspruch. (tin)
Employed To Serve
Die aus England angereisten Employed To Serve hatten es nicht nur schwer, weil gleichzeitig Skid Row spielten. Auch konnte ihr Metalcore, vorgetragen von der lebhaften Sängerin Justine Jones, nicht mit Originalität überzeugen. Alles schon mal da gewesen, nicht Besonderes oder etwa Innovatives. Im Gegenteil, das permanente, monotone Gebrüll fing irgendwann an zu nerven. So fiel es leicht, an einem der vielen Foodstände etwas zu holen und zu Skid Row rüber zu marschieren. (rxx)
Tribulation
Deutlich besser wurde es mit den schwedischen Death'n'Rollern von Tribulation. Mit angeschminkten Augenringen und ungesunder Bleichheit im Gesicht, vermochte die Truppe deutlich mehr Kurzweil zu verbreiten, als die Band vorher. Alles passte hervorragend, heisst die Songs, das Stage-Acting und eine auffallend gute Stimmung im Publikum. Ob das Alter Bridge gleichzeitig drüben auf der Festival Stage auch bieten konnten, erfahrt Ihr an anderer Stelle. (rxx)
PISTONHEAD STAGE
(rsl & tin)
Ström
Wenn man eine heimische Band des SRF-Billings von 2023 nennen müsste, die von ihren Landleuten spürbar verehrt wird (Europe sind da aussen vor, da eine andere Liga), dann sind das Ström. Der Bandname ist zumindest in unserer sprachlichen Wahrnehmung Programm und hält auch, was er verspricht. In der Schnittmenge zwischen Bullet (Hell Hofer) und dem Timbre von Brian Johnson (AC/DC) rockt die Truppe mit Leadsänger Zdravko Zizmond als gäbe es kein Morgen und nur auf Schwedisch. Die Tempi sind dabei mehrheitlich nicht so hoch wie bei Airbourne, was aber der Heavyness keinen Abbruch tat. Von Anfang an herrschte im sehr gut gefüllten Pistonhead-Zelt eine bierselige Mordsstimmung, die bis am Schluss konstant hoch gehalten wurde. (rsl)
Chez Kane
Seien wir ehrlich, wer in der Band von Chez spielt, interessiert niemanden. So fiel es wohl auch keinem auf, dass der Bassist eher wie ein Psychologie-Student aussah, den man vor dem Gig fragt, ob er (s)einen Bass fehlerfrei in den Händen halten kann. So zumindest kam der Junge rüber. Aber die Augen waren ja alle eh nur auf die UK-Lady gerichtet, die mit einem knappen Minirock und einer sehr agilen wie äusserst sympathischen Performance zu überzeugen wusste. Die AOR-Tracks schienen im gut gefüllten Zelt offene Türen einzureissen und brachten die Zeltwände in diesem Jahr ein letztes Mal zum Wackeln. Die Dankbarkeit der jungen Lady war nicht gespielt, sondern kam von Herzen, und wir dürfen gespannt sein, was man von Chez Kane zukünftig noch alles hören und sehen wird. (tin)
SWEDEN STAGE
(tin)
Joddla Med Siv
Oh mein Gott, wie durchgeknallt waren denn diese Jungs drauf?! Mit schrillbunten Hosen und einem Akkordeon verwandelten Joddla Med Siv die Sweden Stage in ein wahres Tollhaus. Die auf Schwedisch vorgetragenen Songs trafen aber mitten ins Herz der Einheimischen, und so wurde die Truppe frenetisch abgefeiert. Die Paradies-Vögel zeigten ihren (nicht blanken) Arsch, klopften sich auf selbigen, und je länger der Gig dauerte, desto voller wurde es vor der Sweden Stage. Würde man die Texte verstehen, liesse sich vielleicht auch die Faszination verstehen…, aber das Problem hätte auch unser Schweizer Mundart-Barde Göla, wenn er seine berndeutschen Texte hier in Schweden vortragen müsste.
Blues Pills
Mit einem kleinen, aber gut sichtbaren Bäuchlein stand die schwangere Blues Pills Sängerin Elin Larsson auf der Bühne und liess durch ihre agile, hemmungslose und wilde Performance schon fast eine Frühgeburt zu. Seien wir ehrlich, wäre die Shouterin nicht Bestandteil dieser Truppe, hierbei zuzusehen wäre um ein Vielfaches langweiliger. Ihr tiefer und langer Ausschnitt im Rock liess so manchen Besucher-Kopf nach unten wandern, in der Hoffnung "mehr" zu sehen. Da wird wohl auch so manches Objektiv im Fotograben entsprechend angelaufen sein. Im Vergleich zu Joddla Med Siv vereinten Blues Pills allerdings weniger Besucher vor der Bühne, konnten aber die Anwesenden mit ihrem agilen Blues Rock völlig mitreissen und begeistern.
Spiritbox
Als Nächstes standen Spiritbox auf der Bühne. Die kanadische Truppe hat mit Sängerin Courtney LaPlante ein gefährliches Eisen in den eigenen Reihen stehen. Gefährlich aus diesem Grund, weil sie zuerst ganz lieblich singt, dabei sehr zerbrechlich wirkt, wie von Geisterhand bewegt auf der Bühne herum läuft, um im nächsten Moment, wie vom Teufel besessen, herum zu schreien und mit Feuer in den Augen jedem Besucher den Angstschweiss über den Rücken jagt. Mit dem Vermischen von vielen, musikalischen Elementen ist es nicht leicht, die Canucks in eine bestimmte Schublade zu packen, wird aber sicherlich alle modern ausgerichteten Hüpf-Metallern gefallen. Vorausgesetzt, man kann mit den emotionalen Schwankungen von Courtney, die gefühlt im Sekundentakt auftraten, entsprechend umgehen.
Thundermother
Neben Europe, Iron Maiden, H.e.a.t, Testament, Def Leppard, U.D.O., Coney Hatch und Skid Row blieb es den Schwedinnen von Thundermother überlassen, mir einen grandiosen Abschluss zu bieten. Die Ladys um Gitarristin Filippa Nässil legten ein Feuerwerk auf die Bühne, das sich sehen lassen konnte. Als eingespielte Truppe, die das Posing aus dem "Eff-Eff" kennt und dabei auch in ballettartigem Auftreten à la Accept zu begeistern weiss, legten Thundermother das Festival nochmals in Schutt und Asche. Der kernige Hard Rock liess keine Wünsche offen und verfügte dank der neuen Trommlerin Joan (was für einen Wumms die Dame besitzt!) und der zurück gekehrten Majsan über eine Rhythmus-Achse, von der viele Truppen nur träumen können. Mit Linnéa hat das Quartett eine etwas metallischere Shouterin, als es noch ihre Vorgängerin war in den eigenen Reihen. Trotzdem passt ihre Stimme, und speziell ihr bedeutend aggressiveres Auftreten hervorragend in die Band. Dass die Ladys nicht nur rocken können («We Fight For Rock'n'Roll», «Whatever»), sondern auch mit viel Emotionen und Fingerspitzengefühl Balladen spielen können, zeigten Linnéa und Filippa bei «Fire In The Rain» sowie «Sleep». In dieser Verfassung gehören Thundermother zu den grossartigsten und packendsten Bands, die es aktuell zu hören und zu sehen gibt. Wer weiss, vielleicht spielen sie das nächste Mal ja auf der Festival Stage, denn da gehören sie auch hin! (tin)
ROCK STAGE
(rxx & rsl)
Mammoth WVH
Der Sohn von Gitarren-Legende Eddie und ehemaliger Van Halen Bassist Wolfgang Van Halen durfte am letzten Tag des Festivals die Rock Stage eröffnen. Für alle, die Mammoth WVH noch nicht kennen: es tönt nicht wie Van Halen, auch wenn Wolfgang die Gitarren-Serie von seinem Vater spielt. Musikalisch ging die Reise eher in Richtung von typisch amerikanischem Rock, mit einer gewissen Schlagseite hin zu Alternative. Handwerklich solide, wirkte das Ganze dann doch eher langweilig, und ob der Van Halen-Junior nicht über ein Effektgerät singt, das die Stimme besser machen soll, wird auch gemunkelt. Da das mit Sicherheit sehr viele andere Musiker auch tun, lassen wir das jetzt mal so stehen. Ob Wolfgang Van Halen mit seinem Mammuts an den Erfolg seines legendären Vaters anknüpfen kann, wird sich noch zeigen. Hier am "Sweden Rock" kam das Ganze zwar ganz solide daher, gebärdete sich aber weitestgehend unspektakulär. (rxx)
Symphony X
Die Amis um Meister-Sänger Russell Allen waren vor allem in den 90ern eine grosse Nummer und gerieten danach etwas ins Hintertreffen. In den 2000-er Jahren erschienen insgesamt noch fünf Alben, und «Underworld» als letzter Output stammt von 2015. Dass man mit diesem Hintergrund einen Platz im diesjährigen Billing gekriegt hat, war also eher überraschend. Gleichzeitig bot sich so die Chance, das Beste aus der Vergangenheit wieder aus der Versenkung hervor zu holen. Leider wurde dies nicht beherzigt, heisst «Sea Of Lies» war der einzige Song aus den 90ern und vier Songs vom "aktuellen Album". So kam irgendwie keine wirkliche Stimmung zustande, da sich die Mucke zwar bombastisch anhörte und Russell sich reinhängte, aber damit kaum Reaktionen erzeugt wurden. (rsl)
(rsl)
Billy Gibbons And The BFGs
Vier Jahre zuvor stand das originale Line-up der Boogie Rock Könige ZZ-Top noch auf der Festival Stage, und nun, nach dem überraschenden Ableben von Bassist Dusty Hill 2021 geht das Leben für den Rest der Truppe mit dem ehemaligen Guitar-Tech Elwood Francis weiter. Gitarrist/Sänger Billy Gibbons hatte freilich vorher schon Solo-Material veröffentlicht und hat nun mit den "BFGs" die Truppe zu seinem Solo-Debüt «Perfectamundo» von 2015 quasi wiederbelebt. So ergab sich die nicht unerwartete Mischung aus karibischen Klängen kubanischen Ursprungs und ein paar ZZ-Top Klassikern. Was sich allerdings von der Optik her schon etwas speziell präsentierte, färbte spürbar auf das Spiel ab, das ziemlich lustlos rüber kam. Vor allem die ZZ-Top Songs, insgesamt acht an der Zahl und die somit die halbe Setliste belegten, liessen das Feuer von früher schwer vermissen. (rsl)
(rsl)
Pantera
Nachdem eine verwöhnte und verzogene, deutsche Pop Punk Band im deutschsprachigen Raum diverse Gigs von Pantera verhindert hatte, konnte man davon ausgehen, dass die legendäre Thrash-Band hier am "Sweden Rock Festival" auftreten wird, und so kam es dann auch. Um die verstorbenen Vinnie Paul und Dimebag Darrel zu ersetzen, wurden für die Gitarre Zakk Wylde (Ex-Ozzy Osbourne, Black Label Society und Charlie Benante von Anthrax an die Kessel geholt. An den Aussenfellen der Doublebass-Drums sah man Vinnie und Dimebag abgebildet. So waren auch sie im Geiste mit dabei. Ewige Hits wie «Walks», «Domination / Hollow» und natürlich «Cowboys From Hell» sowie viele weitere durften nicht fehlen. Phil Anselmo wirkte ziemlich fit, während man Zakk Wylde auch schon agiler sah. Dennoch tat das der Sache keinerlei Abbruch. Der Schreiber dieser Zeilen war nur schon überglücklich, Pantera nach 1992 endlich wieder mal live sehen zu können. Der Zuspruch und Beifall der begeisterten Fans war immens und einer Band würdig, die trotz solch schmerzhaften Verlusten immer noch zu überzeugen weiss. (rxx)
FESTIVAL STAGE
(rsl)
Monster Magnet
Zuerst war ich mir nicht sicher, ob das mit der Auftrittszeit 13:15 Uhr wirklich gut kommt. Die amerikanischen Space Stoner Rocker kommen normalerweise in kleineren Locations besser zur Geltung, und nun marschierte die Truppe auf der Festival Stage auf. Das vergleichsweise sehr kleine und total verwaschen wirkende Backdrop wirkte angesichts der ausladenden Dimensionen ziemlich verloren, und auch sonst stand nebst ein paar Amps und Monitor-Boxen nicht viel auf der Bühne herum. Chief Dave Wyndorf und sein aktuelles Line-up kümmerte dies aber wenig und stiegen mit dem Hawkwind Cover «Born To Go» (ab dem Album «A Better Dystopia», 2021) gleich brachial in den Set hinein. Dass letztlich ab «Powertrip» (1998) insgesamt fünf Songs gespielt wurden, war weise gewählt, und somit fehlte dann auch der Hit-Song Space Lord nicht. Obwohl das zahlreich aufmarschierte Publikum sichtlich gut antizierte, fehlte mir der gewohnte Druck, und mit der Zeit wurde das Ganze dann etwas gar zäh. Nichtsdestotrotz rockten Monster Magnet jedoch ganz ordentlich, keine Frage.
Skid Row
Vor noch nicht so langer Zeit hätte das Kern-Trio Dave "Snake" Szabo (g), Scottie Hill (g) und Rachel Bolan (b) wohl kaum viel darauf gegeben, dass man nach dem immensen Erfolg in den 90ern nochmals sowas wie einen "Headliner-Status" erlangt und solche Auftritte wie dieser hier möglich werden. Die beiden Haupt-Faktoren, die dazu geführt haben, lassen sich erstens auf den Neu-Zugang von Sänger Erik Grönwall (Ex-H.e.a.t) und zweitens das aktuelle Album «The Gang's All Here» (2022) zurück führen. Diese Ausgangslage bot nun die Gelegenheit, einigen der Alt-Hits wie «Slave To The Grind», «Big Guns», «18 And Life» oder natürlich «Youth Gone Wild» durch Erik neues Leben einzuhauchen und gleichzeitig meit dem neuen Material aufzuzeigen, dass der songwriterische Tank offenbar auch nach sechzehn Jahren noch nicht leer ist. Dank der energetischen Performance von Duracell-Hase Grönwall feuerten Skid Row aus allen Rohren und unterstrichen die bisherigen guten Reaktionen auf die Auftritte in dieser Konstellation. Die amerikanisch-schwedische Freundschaft harmoniert und brachte die Band wieder dorthin, wo sie schon mal war und aktuell auch hingehört.
Alter Bridge
Die Truppe um Top-Sänger Myles Kennedy, der ja schon eine Weile auch zusammen mit Slash weitere Erfolge einheimsen konnte, bildet zusammen mit Gitarrist Mark Tremonti (Creed, Tremonti) und Brian Marshall (b) sowie Scott Philipps (d) (beide auch von Creed) seit bald zwanzig Jahren die Band Alter Bridge, die etwas metallischer zu Werke gehen, wenn auch kommerziell nicht so erfolgreich wie Mark und seine Kollegen. Dennoch konnte man sich so den Ruf einer Stadion-Band erwerben und das Debüt «One Day Remains» (2004) ging immerhin eine halbe Million Mal über die Ladentheke. Umrahmt von einem optisch fetten Bühnenaufbau mit einem passend-riesigen Backdrop und zusätzlichen Lichtmasten spielten die Amis einen beherzten Gig mit zwölf Song aus fünf der sieben Studio-Alben. Da es Myles wegen dem vorherrschenden Wind immer wieder die Haare ins Gesicht blies, liess er sich eine Mütze bringen. Die Stimmung entwickelte sich prächtig beim zahlreich aufmarschierten Publikum und cool, wie der verpatzte Beginn beim Song «Isolation» diese auch bei der Band selber nicht trüben konnte. Dies sorgte für zusätzliche Sympathie-Punkte, die der Truppe einen lautstarken wie verdienten Schluss-Applaus einbrachte.
Ghost
Zwischen dem längst legendären Debüt-Album «Opus Eponymous» (2010) und den aktuellen Werk «Impera» (2022) liegen nicht nur Welten im Sinne der Zeitspanne von zwölf Jahren, sondern auch kompositorisch. Was früher noch mehr in eine kauzige Psychedelic Rock Richtung ging, hat sich mittlerweile mehr hardrockigen Gefilden mit signifikanter Pop-Attitüde und grossartigen Melodien in den Refrains zugewandt. Spätestens seit dem Album «Meliora» (2015) mehren sich die Stimmen, die Ghost als das nächste "ganz grosse Ding" ankündigen, und es zeichnet jetzt schon ab, dass dies nicht mehr lange auf sich warten lässt. Papa Emeritus Tobias Forge hält dabei die Zügel seit je her fest in seinen Händen und dirigiert seine Musiker-Ghouls nach Belieben. Nach 2011 und 2015 (diesen hammermässigen Auftritt von damals auf der Rock Stage werde ich mein Lebtag nicht mehr vergessen!) bestritten Ghost heuer ihr drittes Heimspiel, und diesmal auf der Festival Stage. Ausgestattet mit den Bühnen-Elementen, die man schon bei der US-Tour verwendete, liess sich die schwedische Kult-Band nicht lange bitten und zog eine weitere, begeisternde Show vom Leder, die sich (fast) nichts schuldig blieb. Der Fokus des Sets lag auf den letzten drei Alben, die gleich elf der insgesamt sechzehn gespielten Songs stellten. Da sich mittlerweile einige persönliche "must-have" Tracks ergeben haben, "bedauerte" ich das Fehlen von «Hi Is», «Absolution» und «Montrance Clock». Doch auch so lieferte der letzte SRF-Headliner von 2023 nichts als grandios ab! (rsl)