05. bis 08. Juni 2024, Nörje (S)
By Oliver H. (Oli), Roxx (Rxx) und Tinu (Tin)
Es war wieder soweit, und die Metal Factory Delegation nahm den Weg nach Schweden unter die Räder. Dieses Mal leider ohne unseren Lektor und Metal Master Rockslave, der aus verständlichen, privaten Gründen zu Hause blieb. Zum ersten Mal war unser Death Metal Lexikon Oli mit von der Partie, der eine vorzügliche und bereichernde Ergänzung zu Roxx und mir war. Treffpunkt des Trio Infernale war der Flughafen in Zürich. Die Bemerkungen über verloren gehende Koffer wurden versucht, im Keim zu ersticken, zumindest bis man den eigenen in Kopenhagen in Empfang nehmen konnte. Was bei allen passierte und bei einer einzelnen Person (Name der Redaktion bekannt) für ein auf den Knien stattfindendes Umarmen der Samsonite Plastikschale auf Rädern zur Folge hatte.
Die Weiterreise nach Malmö per Zug und dann per Wohnmobil zum Festivalgelände erwies sich als fast schon traditionelles Unterfangen. Auf der Fahrt liess sich der DJ nicht lumpen und machte das Berner Oberland bekannt mit Megadeth, Kix, Thunderhead oder Crashdïet. Die Hymne daraus wurde nicht «Young And Useless» (was wir drei alle sind...), sondern «Stay» von The Defiants, bei derer Melodie Death Metaller, Thrasher wie auch Die-Hard-Metaller im Rhythmus des Killer-Tracks mitsummten.
Die Vorbereitungen für die kommenden vier Tage Beschallung wurden am Dienstag gemacht, sodass jeder wusste, wann er wo zu sein hatte, mit Block und/oder Fotokamera. Das Festival zeigte sich grundsätzlich von seiner angenehmen Seite (Wetter), bis auf die feuchte Abkühlung bei Alice Cooper und Avantasia. Ansonsten schien es dieses Jahr mehr Platz auf dem Gelände zu haben, um sich ohne grössere Probleme von Bühne zu Bühne zu bewegen. Meistens jedenfalls, ausser die Headliner spielten oder Lokal-Matadoren wie Talisman. Für das leibliche Wohl sorgten die vielen Essens- und Getränkestände. Ob es der Elch-Kebab oder doch das Schweins-Filet, die leckeren Teigwaren oder die vor den Augen gefertigten Donuts waren, es war wie immer ein Genuss.
Doch genug der Vorworte, tauchen wir ein in das Festival mit einer breiten musikalischen Vielfalt und einem sehr friedlichen Publikum. Abgesehen davon, dass die Schweden berüchtigt dafür sind, jedem vor die Füsse zu rotzen und einen Alkohol-Konsum zu vernichten, dass schon am Mittwoch die ersten Bierleichen am Boden lagen und durch den feinen Sandstaub wie panierte Schnitzel aussahen. (Tin)
Mittwoch, 05.06.2024 (Erster Tag)
BLÄKLÄDER STAGE
The Southern River Band
Das Sweden Rock Festival 2024 wurde wie immer um 12:30 Uhr auf der kleinsten Bühne eröffnet, benannt nach einem Hersteller von Arbeitskleidung aus Schweden. Dafür war die Band, die eröffnen durfte, von Down Under. Zuerst gab es eine Ankündigung durch Moderatoren, die uns hier in der Schweiz gänzlich unbekannt sind. Die The Southern River Band legte mit typischem Aussie-Rock los. Ob das eines Tages ein grosser Wurf wie AC/DC oder Airbourne wird, wird sich wohl noch zeigen. (Rxx)
Dream Evil
Es war Zeit für die True Metaller, ihren Lieblingen die Huldigung zu machen. Das Phänomen Dream Evil verstand ich nie, das spielt aber keine Rolle, da die Jungs um Sänger Niklas Isfeldt die Leute vor der Bühne sofort begeistern konnten. Der Textpatzer zu Beginn brachte die Musiker nicht aus dem Konzept, sondern ein breites Grinsen auf ihre Lippen. Mit «Metal Gods» und «The Book Of Heavy Metal» zelebrierten Dream Evil ihren Metal und verliessen die Bühne als Sieger. (Tin)
Gaupa
Mit Gaupa ging es dann weiter. Die Jungs stammen aus Falun wie Sabaton, spielen aber eine Art Psychedelic Stoner Rock mit Ausdruckstanz. Sängerin Emma Näslund sang und ausdruckstanzte sich die Seele aus dem Leib. Man spürte einen grossen Zuspruch seitens des Publikums. Für die, die solche Musik mögen, hat die Truppe bestimmt alles richtig gemacht. Den Schreiber dieser Zeilen zog es dann irgendwann doch lieber rüber zu Michael Schenker. (Rxx)
Týr
Die färöische Folk Metal Band Týr brachte ihre einzigartige Mischung aus traditionellen Melodien und Heavy Metal mit einem elektrisierenden Auftritt auf die Sweden Rock Bühne. Die Verwendung alter färöischer Themen und nordischer Mythologie in der Musik der Band verlieh dem Festival eine besondere Note. Ihre Musikalität war tadellos, mit straffen Rhythmen, komplizierter Gitarrenarbeit und kraftvollem Gesang, der das Publikum mitriss. Die Setlist enthielt Fan-Favoriten wie «Hold The Heathen Hammer High», «Blood Of Heroes» und «By The Sword In My Hand».
Jeder Song wurde mit intensiver Energie vorgetragen, und das begeisterte Publikum sorgte für ein mitreissendes Erlebnis. Die Fans schwenkten Fahnen, sangen leidenschaftlich mit und bildeten Moshpits. Die Interaktion der Band mit dem Publikum, einschliesslich der einnehmenden Bühnenpräsenz von Frontmann Heri Joensen, verstärkte das Erlebnis noch mehr. Insgesamt war der Auftritt von T.Y.R. ein kraftvoller und denkwürdiger Auftakt des Festivals, der den Ton für die kommenden Tage angab. (Oli)
Tyketto
Wer kennt die Hymne «Forever Young» nicht? Die kam aber als letzter Song. Vorher mussten die Fans dieser legendären Hard Rock-Band um Gesangstalent Danny Vaughn mit vielen weiteren, eher nicht so allgemein bekannten Songs vorliebnehmen. Dazu zogen die parallel spielenden Megadeth viele Leute vor ihre Rock Stage. Trotzdem überzeugten Tyketto mit einem coolen Set. (Rxx)
PISTONHEAD STAGE
Crypta
Der brasilianische, rein weibliche Vierer um Fernanda Lira beeindruckte mitten am Nachmittag mit enormer Spielfreude. Dies war auch an den hohen Besucherzahlen im Pistonhead-Zelt auszumachen, die zu der Tageszeit normalerweise nicht so hoch waren. Während Death Metal von groteskem Horror bis hin zu fast schon komischer Gewalt reichen kann, verbinden Crypta das, was man als typische Dunkelheit bezeichnen könnte, mit einer Verletzlichkeit, die man im Death Metal nicht oft findet.
Dies war vermutlich auch einer der Hauptgründe, warum Crypta die gespannte Menge in ihren Bann zog. Fernanda ist stets eine souveräne Erscheinung, die sichtlich Spass an ihren Auftritten hat. Das musikalische Talent jedes einzelnen Mitglieds ist atemberaubend. Crypta haben die Menge zum Headbangen und Moshen inspiriert, und leider rückte mit jedem weiteren Song das Ende ihrer Show unerbittlich näher. Die vier Ladys haben an diesem Nachmittag total überzeugt, vielleicht auch wegen der Tatsache, dass sie zu den härteren Truppen des ganzen Festival-Lineups gehörten. (Oli)
Vicious Rumors
Wenn man in einem Raum voller ledergekleideter Metalheads steht, bekommt man vielleicht ein Gefühl dafür, wie es gewesen sein muss, eine Show einer berühmten Metalband zu sehen, als sie noch in Clubs spielte. So war es auch, als die Thrash Metal-Band Vicious Rumors auf der Zeltbühne auftrat. Die Thrasher aus der San Francisco Bay Area, die sich 1979 gründeten, drückten vom ersten Ton an. Die Fans strömten nur langsam zum Veranstaltungsort, wo lila und rote Lichter die Bühne beleuchteten und ihr ein unheimliches Gefühl verliehen.
Als Vicious Rumors die Bühne betraten, peitschten sie mit unvergleichlicher Geschwindigkeit durch ihr Set. Viele ihrer bekanntesten Stücke wie «Digital Dictator» und «Minute To Kill» spielten sie mit der gleichen Begeisterung, mit der sie schon 1987 spielten, als diese Songs zum ersten Mal veröffentlicht wurden. Vicious Rumors spielten mit viel Enthusiasmus, wahnsinnigem Talent und lieferten rohen Heavy Metal in seiner reinsten Form. Kombiniert mit dem Gesang, heulenden E-Gitarren, schnellen Bassriffs und einer Bassdrum, die man in der Seele spüren konnte, waren Vicious Rumors zweifellos bösartig, aber auf die bestmögliche Weise. (Oli)
Cirith Ungol
Die seit 1976 bestehende Kult Heavy Metal Band Cirith Ungol zog vorwiegend Kenner der Heavy Metal Szene in die Zeltbühne, benannt nach einem hiesigen Bier. Die US-Metaller sind auf einer Art Abschiedstour und dann soll Schluss sein. Dabei werden sie im Herbst 2024 auch in Basel zum ersten und letzten Mal in der Schweiz auftreten. Hier am Sweden Rock absolvierten sie einen soliden und routinierten Auftritt und sollten wohl keine unzufriedenen Fans zurücklassen. (Rxx)
SWEDEN STAGE
Orden Ogan
Ziemlich früh am Tag spielten die Powermetaller Orden Ogan um Frontmann Sebastian "Seeb" Levermann. Sie heizten mit einer ordentlichen Setlist, ihrer grössten Hits, dem Publikum ein. Die Songauswahl war für ein Festival perfekt gewählt. Die Truppe hat auch einiges an bekannten und leicht mitsingkompatiblen Stücken am Start, von denen sie rege Gebrauch machten. Vom Sound her konnten Band und Fans sehr zufrieden sein. Die Sauerländer haben aus ihren Alben wirklich all das gespielt, was der erfahrene und auch unerfahrene Besucher hören wollte oder sollte. Levermann war zudem der Einzige, der passend zum Album-Konzept von «Final Days» seinen futuristischen Mantel anbehielt. Endzeitstimmung hin oder her, alles in allem ein musikalisch gelungener Auftakt. Danke dafür! (Oli)
Biohazard
Die Brooklyn Hardcore-Legenden Biohazard spielten ebenfalls im Rahmen ihres 30-jährigen Album-Jubiläums von «State Of The World Address» in Schweden. Ihre Musik ist stark von ihren Vorbildern Agnostic Front geprägt, enthält allerdings auch zahlreiche Metal- und Hip-Hop-Elemente. An diesem Nachmittag gab es keine schwachen Songs. Alles Killer, kein Füller und jeder Song war ein Singalong. Das mittlerweile fortgeschrittene Alter der Bandmitglieder hatte keinen Einfluss auf die Intensität ihrer Darbietung, denn der Vierer schien ein neu entdecktes Feuer gewonnen zu haben. Gitarrist und Sänger Billy Graziadei sprang mit Gitarre in den Fotograben und enterte mit Hilfe der Fans die Frontrow. Ihr Gig war gut besucht von älterem Publikum, aber auch die jüngere Generation von Fans war anwesend. Es herrschte altersloser Optimismus, und auch wenn die Zeit verloren gegangen schien, war dieser Auftritt ein Beweis für die ungebrochene Kraft des Hardcore und für eine Band, die die Jahre überstanden hatte, ohne ihren Biss zu verlieren. (Oli)
Ice Nine Kills
Die Amerikaner von Ice Nine Kills sind mittlerweile bekannt für ihre mörderischen Shows, bei denen mehrere Protagonisten, mehr oder weniger brutal, ihr seliges Ende finden. Auch im Land der Elche wurden auf der Sweden Stage erneut Menschenopfer abgehalten, untermalt mit weniger brutalem Sound. Der Sänger und letztes verbliebenes Originalmitglied Spencer Charnas zog eine überzeugende Show ab, die von Song zu Song eine neue gruselige Geschichte erzählte. Ihr Auftritt glich einem lebendig gewordenen Horrorfilm: Die Bandmitglieder zogen aufwendige Kostüme an und bauten dramatische Requisiten in ihr Set ein.
Die Fans schienen angetan und sangen die Texte lautstark mit. Sie liebten die Mischung aus Theatralik und Heavy Metal. Die Theatralik ging weiter, inspiriert von Stephen Kings «Pet Sematary», komplett mit unheimlichem Nebel und beunruhigenden Visuals. Der Abend war eine Meisterklasse in der Verschmelzung von Performance und roher musikalischer Kraft und zeigte die einzigartige Fähigkeit von Ice Nine Kills, ein Konzert in ein eindringliches Horror-Erlebnis zu verwandeln. (Oli)
Dismember
Die schwedischen Death Metal Veteranen Dismember lieferten einen Auftritt, der sowohl brutal als auch berauschend war. Die Band, die für ihren rauen und aggressiven Sound bekannt ist, hielt sich nicht zurück und lieferte ein Set, das eine Meisterklasse des Death Metal war. Die Intensität ihres Auftritts wurde durch ihr technisches Können ergänzt und sorgte für eine wahrhaft denkwürdige Show. Sie spielten Klassiker wie «Override Of The Overture», «Dreaming In Red» und «Casket Garden». Jeder Song war ein unerbittlicher Angriff auf die Sinne, mit krachenden Riffs, rasanten Soli und kehligem Gesang.
Die Band spielte ebenfalls «Skinfather» und «Pieces», Tracks, die zu den Grundpfeilern ihrer Liveshows gehören und vom Publikum mit tosendem Applaus bedacht wurden. Die Reaktion des Publikums auf Dismember war schlicht und ergreifend grandios. Sie headbangten, moshten und schrien bei jedem Song mit. Die Energie, die in der Luft lag, war greifbar, und das unerbittliche Tempo der Band trieb die Menge in einen Rausch. Für viele Death Metal-Fans dürfte der Auftritt von Dismember ein Highlight des Festivals gewesen sein. Ein lebender Beweis für die ungebrochene Kraft des Old-School-Death-Metals. (Oli)
ROCK STAGE
Talisman – A Tribute To Marcel Jacob
Oh mein Gott! Wie schön war das denn? Zum ersten Mal in meinem Leben durfte ich Talisman live erleben. Auch wenn Bassist Marcel Jacob leider nicht mehr unter uns weilt, so war es ein Ohrenschmaus, die Band um Sänger Jeff Scott Soto und Trommler Jamie Borger (er spielte noch bei Swedish Erotica und Treat an diesem Festival mit) auf der Bühne zu sehen. Auch wenn der Einstieg in meinen Augen etwas holprig war, so hatten die Schweden ein Heimspiel und bis am Schluss mit der Hymne «I’ll Be Waiting» das Volk im Rücken, welches mit einem bärenstarken Chor die Band begleitete. Für alle die dabei gewesen sind, ein Gänsehaut-Moment, für alle anderen ein verpasstes, historisches Konzert. (Tin)
Riot V
Tja, was die Herren um Gitarrist Mike Flyntz und Bassist Donnie Van Stavern an diesem Tag ablieferten, war eine Offenbarung, die seinesgleichen sucht. Vom ersten Ton («Fight Or Fall») bis zur gefeierten Schlussnummer («Thundersteel») brillierte der Fünfer und hatte mit Sänger Todd Michael Hall einen der drei besten Sänger an diesem Festival. Da die Herren meinen absoluten Lieblingstrack («Magic Maker») spielten, konnten sie nichts falsch machen, und allein das Gitarrenspiel liess keine Wünsche offen. Die Jungs hatten sichtlich Spass an den zahlreichen Fans und liessen nichts anbrennen. Die Band aus den Staaten gehörte zu den absoluten Gewinnern an diesen vier Tagen, und so langsam sollten auch die ewig Engstirnigen bemerken, welch begnadete Truppe da auf der Bühne steht. (Tin)
Winger
Auf diesen Auftritt war ich sehr gespannt, wird doch noch heute Winger in die Poser-Ecke gedrückt, haben aber mit ihren Songs spielerisch mehr zu bieten als zum Beispiel Poison oder Pretty Boy Floyd. Dies bewiesen die Jungs um Bandleader Kip Winger an diesem Nachmittag auf eindrückliche Art und Weise. Wer kann es sich schon erlauben, zwei der grössten Hits gleich nach dem Opener zu spielen? «Seventeen» (einmal mehr mit einem Wahnsinns-Gitarrensolo von Reb Beach) und «Can’t Get Enough» liessen keine Wünsche offen, und als Jeff Scott Soto bei «Miles Away» auf die Bühne kam und Kip beim Gesang unterstützte, hatte dies einen mehr als nur magischen Moment. Die Jungs strahlten eine unglaubliche Spielfreude aus und gehörten zum Besten, was es an diesem Tag zu sehen gab. (Tin)
Electric Callboy
Ich mag den Sound der Deutschen überhaupt nicht. Dieser Tekkno-, Dancefloor-, Hardcore-, Metal-Mix scheint eher was für die Jüngeren zu sein, reisst bei mir aber keine Türen ein. Trotzdem muss ich den Jungs zugestehen, dass sie das, was sie machen, perfekt umsetzen und eine mitreissende Show bieten, die mit sehr viel Sympathie dargeboten wird. Sie sind schrill, bunt, wild und laden zu einer Party ein, die man sich auch auf dem Ballermann bestens vorstellen kann. Gesanglich war von cleanen Vocals bis zu bösartigem Growlen alles vorhanden. Wie auch die Papierschlangen, die ins Publikum geschossen wurden, die Pyros, welche die ersten Reihen erhitzten, und die Videosequenzen, welche den Songs noch mehr Unterhaltungswert gaben. Sie hatten Schweden auf ihrer Seite. Dies nicht nur mit der Cascada-Coverversion von «Everytime We Touch». (Tin)
Megadeth
Ja, Dave Mustaine war gesanglich sehr angeschlagen, und dies änderte sich erst mit zunehmender Spieldauer. Und ja, er schien geschwächt auf der Bühne zu stehen, was ihn zum Zitat «Sweden, it’s fucking cold here» hinreissen liess. In der Tat zeigte sich Schweden an diesem und den folgenden Abenden von seiner sehr frostigen Seite. Ansonsten bot Mega Dave einmal mehr eine unglaublich geile Performance, die durch den neuen Gitarristen Teemu Mäntysaari einen jungen Wilden an seiner Seite hat, der seinen Vorgänger Kiko (noch) nicht vergessen machen konnte. Die Setliste bot, was man sich von einem verkürzten Set der Amis erhoffen darf. Ein Hit jagte den nächsten («Dread And The Fugitive Mind», «Countdown To Extinction», «Hangar 18», «Trust», «Tornado Of Souls», «A Tout Le Monde», «Symphony Of Destruction», «Peace Sells», «Holy Wars»), und allein anhand der Spielfreude und des Dauergrinsens von Trommler Dirk Verbeuren wusste man, dass die Band in einer bestechenden Form ist. Wer heute noch neue Killertracks schreibt wie ein «We'll Be Back», zeigt auf eindrückliche Weise, welche Metal Band mit »M” metallischer und majestätischer ist… (Tin)
FESTIVAL STAGE
Hulkoff
Der schwedische Musiker und Namensgeber seiner Band, Pär Hulkoff, hatte am Festival ein echtes Heimspiel. Sein Stil wird oft als Mischung verschiedener Metal-Genres, gar als «Norrländsk Metal» (nordländischer Metal) beschrieben. Mit seinen ausschliesslich auf Schwedisch gesungenen Texten, die Wikingerthemen oder alte schwedische Götter behandeln, hatte er das Publikum rasch auf seiner Seite. Pär ist den Landsleuten besser bekannt von seiner Hauptband Raubtier, von der es viele T-Shirts im Publikum zu sehen gab. Sobald er mit seiner Band die Bühne betrat, war klar, dass Hulkoff von den Fans in Sölvesborg sehnsüchtig erwartet wurde. Sie jubelten ihm und der Band zu und feierten den Sound bis zum letzten Ton, der erst nach einer Stunde verstummte. (Oli)
Michael Schenker Group
Kann man mit einer Fellmütze auf derFestival-Stage aufmarschieren? Ja, man kann, und Michael Schenker liess es sich natürlich nicht nehmen, das Publikum zu begrüssen und das Set mit «Into The Arena» zu starten. Der Wind blies heftig vom Meer und machte so den Einstieg für den Deutschen alles andere als zu einem glasklaren Soundvergnügen. Was danach folgte, war ein Ohrgasmus sondergleichen mit einem Robin McAuley, der mit seinen 71 Jahren noch immer wie ein junger Gott singt, genauso aussieht und weiss, wie er sich auf der Bühne zu präsentieren hat. Das Set bestand mit Ausnahme eines Songs nur aus solchen der ersten drei Alben. Kracher auf Kracher folgte und liess Robin ein Dauergrinsen ins Gesicht meisseln. Michael manifestierte derweil, dass er auch ohne UFO-Songs einen mitreissenden Gig abliefern kann! (Tin)
Rival Sons
Nun gut, da stand ich nun mit dem Bewusstsein, dass speziell die weibliche Fanschar von den ekstatischen Bewegungen von Jay Buchanan in den feuchtfröhlichen Bann gezogen würde. Die holde Weiblichkeit folgte dem Lockruf des Sängers und bevölkerte den staubigen Platz vor der Bühne. Vom ersten Ton an war die Stimmung extrem gut, und die Rival Sons konnten sich förmlich in ihrem Erfolg baden. Ganz ehrlich, ich habe die Liebesbekundungen für die Jungs aus Long Beach nie begriffen. Auch nach diesem Auftritt nicht. Ihr garagiger Blues-Rock mit einem starken Hang zu den Siebzigern liess aber für die Fans keine Wünsche offen und so waren am Ende des Gigs alle mehr als nur zufrieden. (Tin)
Five Finger Death Punch
Vor dem Konzert trafen Roxx und ich Sänger Ivan Moody im Pressezelt und konnten ein paar Takte mit dem Shouter sprechen. Dabei erwies sich der Junge als äusserst netter Zeitgenosse, der angeblich sogar ein Leser unserer Seite sei. Als Roxx Ivan erzählte, dass er sich einmal im Fotograben vor seinen Wasserattacken in Sicherheit bringen musste, versprach er, zumindest mich zu verschonen. Was der Sänger tatsächlich auch tat und mich bat, kurz mal auf die Seite zu stehen, damit er die anderen begrüssen konnte. Dies mit einer sich leerenden Wasserflasche. Die Jungs waren in Spielfreude und als Ivan einem sehr jungen Fan, der am Absperrgitter stand, seinen Gehstock mit silbernem Knauf schenkte, hatte der 5FDP-Mainman die Sympathien auf seiner Seite. Mit einer fantastisch abgestimmten Lichtshow und den dazugehörigen Video-Screens konnten die Jungs aus Las Vegas nur gewinnen. (Tin)
Donnerstag, 06. Juni 2024 (Zweiter Tag)
BLÄKLÄDER STAGE
The Gems
Die ehemaligen Thundermother mussten mit ihrer neuen Band beweisen, dass sie den Alleingang rechtfertigen können. Dazu bot sich die Gelegenheit am zweiten Festivaltag um 11:30 Uhr. Auch wenn Sängerin Guernica Mancini noch immer mit extrem viel Sympathie auf der Bühne steht und sie offensichtlich liebt, was sie tut, gehen die Damen im direkten Vergleich mit ihrer alten Truppe unter. Mit ihrem bluesigen Hard Rock können sie jederzeit bestehen, wäre diese arsch-tretende Vergangenheit nicht. Ansonsten machten The Gems Spass und liessen die vielen Besucher vor der Bühne freudig mitklatschen. Sah man sich den Menschenauflauf bei der Autogrammstunde an, scheint zumindest im eigenen Land die Truppe einen sehr grossen Status zu haben. (Tin)
Iron Savior
Die Band wieder auf der Bühne zu sehen, zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen. Immerhin mussten Bandleader Piet Sielck und Bassist Jan Eckert ihre Krebserkrankungen in der letzten Zeit bekämpfen. Die Truppe stand mit einem Ersatzgitarristen auf der Bühne (Piesel war verhindert) und legte einen Judas-Priest-artigen Sound vor, den die Schweden mit bangenden Köpfen und gestreckten Fäusten abfeierten. Der leicht verspätete Start, was zu Lachern auf der Bühne sorgte, war der einzige Fauxpas. Ab dann liess es sich der Vierer nicht nehmen, eine Metal-Show zu geniessen, die mehr Fans verdient hätte. Mit dem Abschluss in Form von «Coming Home», «Condition Red», «Heavy Metal Never Dies» (geiler Publikums-Chor) und «Atlantis Falling» bewiesen die Hamburger, dass sie zu Unrecht noch immer keine grössere Aufmerksamkeit erhalten. (Tin)
DeWolff
Wie unterschiedlich das Sweden Rock Festival sein kann, zeigten nicht nur die Electric Callboys oder Scarlett, sondern auch DeWolff. Die Holländer boten mit ihrem »psychedelischen” Blues- oder Südstaatenrock eine weitere Facette des harten Rocks und spielten vor ihren Fans, die sich wie von einem Voodoo-Zauber in Trance versetzen liessen und dabei ihre Körper zu den Klängen der Jungs tanzen und verbiegen liessen. Wer hier wohl nicht die niederländische Nationalzigarette inhaliert hatte, kam sehr wahrscheinlich mit dem Sound nicht klar. (Tin)
Mystic Prophecy
Wieso die Deutschen nicht grösser in Erscheinung treten, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Sänger Lia und sein langjähriger Gitarrist Markus hatten auch an diesem Nachmittag sehr viel Spass in den Knochen und bewegten sich viel auf der Bühne. – Würde Markus nach Kilometern bezahlt, wäre er schon längst Millionär – Ihr brachialer Power Metal bekommt dank der Rhythmus-Sektion den nötigen Punch, um von den beiden Gitarristen als fester Boden für ihre Taten verwendet werden zu können. Songs wie «Metal Division», «Hellriot» oder «Metal Brigade» verfehlten ihre Wirkung nicht und liessen nicht nur einen zufriedenen und über beide Backen grinsenden Lia zurück, der seiner Antreiberrolle einmal mehr gerecht wurde. (Tin)
Bullet
Sie sind und bleiben Chaoten, die man aber einfach gern haben muss. Mit ihrem Judas-Priest-, AC/DC- und Accept-ähnlichen Sound sowie Pyros ohne Ende hielten Bullet einige Besucher beim Nachhausegehen davon ab, das Gelände vorzeitig zu verlassen. So versammelten sich viele Fans vor der Bühne und lauschten dem kernigen Sound der Schweden. Sänger Hell Hofer mit seiner kratzigen und whisky-getränkten Stimme sowie seine Saitenfraktion rissen die Bläkläder Stage mit «Riding High», «Dusk Till Dawn», «Fuel The Fire» und «Bite The Bullet» in Stücke und liessen sich zu Recht von den Anwesenden feiern. Seien wir ehrlich, was kann es Besseres geben, als einen Rausschmeisser-Gig von Bullet, um mit einem fetten Arschtritt und einem breiten Grinsen auf den Rückweg geschickt zu werden? (Tin)
SWEDEN STAGE
Lillasyster
Es gibt in jedem Land Bands, die in der eigenen Landessprache singen und über die Grenzen hinaus nicht so bekannt sind. So auch Lillasyster, die Hard Rock mit viel Haaren auf der Brust spielen. Es waren schon enorm viele Leute vor der Bühne, so dass man als Schweizer davon ausgehen kann, dass sie hier in Schweden sehr beliebt sind. So wurden sie von Tausenden frenetisch abgefeiert. (Rxx)
Swedish Erotica
Die legendäre und seit 1985 bestehende Hard Rock-Band Swedish Erotica erzeugte schon im Vorfeld viel Spannung. Wie sich die Recken heutzutage halten mögen, war die Frage. Man merkte sehr schnell, dass da noch viel Feuer besteht. Sie rockten nicht weniger als in jungen Jahren und überzeugten durch Spielfreude und Charisma. Noch dazu ein paar Gäste bei einzelnen Songs hinzugefügt, mit Musikern wie Henrik Danhage von Evergrey. Das Interesse war gross und man kann nur hoffen, dass wir diese coole Truppe auf Tour erleben können. (Rxx)
GloryHammer
Nun war Zeit für die Power Metal-Band von und mit Christopher Bowes (Alestorm), der wie immer unter der Kapuze hinten am Keyboard stand und nicht so auffiel wie bei seiner Stammband. Der Auftritt war wie immer voller Pathos und True Metal-Kitsch. Zum Glück untermalt mit einem humorvollen Sänger, der grossartig durch das Programm führte. (Rxx)
Satyricon
Abends um 20:30 Uhr, aber noch taghell, wurde es Zeit für die kultige Black Metal-Band Satyricon aus Norwegen. Wie immer mit der grossen Pommesgabel als Mikroständer eröffnete Sigurd «Satyr» Wongraven das gemeinsame Musizieren und zelebrierte eine simple, aber effektive Live-Show in Sachen epischem Black Metal. Obwohl zur gleichen Zeit W.A.S.P. auftraten, konnten Satyricon viele Fans vor der Bühne binden. (Rxx)
ROCK STAGE
Primal Fear
Wow, was die Jungs um Sänger Ralf Scheepers ablieferten, war gelinde gesagt eine Metal-Messe der obersten Güteklasse. Zurück auf dem Drumhocker sass Michael Ehré, der seinen Vorderleuten einen gehörigen Kick in den Allerwertesten versetzte. Ralf genoss den Auftritt sichtlich, war viel in Bewegung und liess das Sweden Rock mit seinen Screams erzittern. Der Einstieg mit «Chainbreaker» gelang bestens und wer im Verlauf des Sets auf Hits wie «The End Is Near», «Nuclear Fire» oder dem neuen «Another Hero» bauen kann, der wird mit erhobenem Haupte und einem zufriedenen Grinsen die Bühne verlassen. Bevor es so weit kam, schmetterten die Jungs (was Alex Beyrodt an der Gitarre bot, war einmal mehr oberste Liga) noch «Metal Is Forever» und «Final Embrace» in die Menschenmenge. (Tin)
Slaughter To Prevail
Oh mein Gott, Slaughter To Prevail versteckten sich hinter silbernen und goldenen Masken und zerstörten die Rock Stage mit ihrem Deathcore. Was die Jungs auf der Bühne anstachelten, entlud sich in einem wilden Moshpit in den Zuschauern. Was man davon halten will, wenn eine Band mit Adidas-Trainingshosen auf die Bühne kommt… Nun gut, heute soll ja nichts mehr aussergewöhnlich sein. Zumindest die jüngeren Fans hingen dem Vierer an Designerhosen und feierten Slaughter To Prevail ab. (Tin)
Kerry King
Gespannt waren wohl einige auf den Auftritt des ehemaligen (oder doch wieder) Slayer-Gitarristen Kerry King. Wie lange Death Angel-Shouter Mark Osegueda die Tracks von Kerry rausschreien kann, wird sich zeigen müssen. Zumindest mache ich mir da Sorgen für die zukünftigen Auftritte mit seiner Stammband. Ansonsten liess der Fünfer nicht nur die Riffs aufheulen, sondern auch die Pyros in den Himmel schiessen und legte den Schwerpunkt auf das Debütalbum, welches von drei Slayer-Tracks («Disciple», «Raining Blood», «Black Magic») ergänzt wurde. Kerry wurde von seinen Jüngern abgefeiert, ohne Wenn und Aber und machte frei nach dem Slayer-Motto keine Gefangenen. Nach vollbrachter Tat stampften Kerry und seine Jungs wieder von der Bühne mit der lässigen und coolen Art, wie man sie von Mister King kennt. (Tin)
W.A.S.P.
Dass Blackie Lawless seine Gigs noch immer im Sitzen absolvieren muss, war laut eigener Aussage der Verdienst des Arztes in Barcelona. Die Nachkontrolle ergab, dass er sich nochmals unters Messer legen musste, um seinen Rücken zu reparieren, und ihm somit ein 100%-Auftrittsverbot auferlegt wurde. Dies liess allerdings dem Bandleader ein dickes «fuck off» entlocken, weil er die Fans in Schweden nicht enttäuschen wollte. So stand, besser gesagt sass, der Hühne auf einem Barhocker, überliess die Show seinen Mitmusikern, Mike Duda (Bass) und Doug Blair (Gitarre) und startete in das Set mit dem eigentlich als Abschlusstrack bekannten «Blind In Texas».
Was für eine Eröffnung für knapp 75 Minuten, die ein Hit-Potpourri waren, die mir so schnell nicht mehr aus dem Gedächtnis gehen werden. Mit «Crazy» und «Miss You» kamen Songs zu Ehren, die mir ein meterhohes Hühnerfell bescherten und Blackie und sein Ensemble zu den ganz grossen Siegern machten. Dass beim Abschluss von «I Wanna Be Somebody» nach bester achtziger Tradition das Publikum in zwei Teile getrennt wurde und sich dem Wettkampf, welche Seite lauter singen würde, hingab, war nur noch die Kirsche auf der süssen Sahnetorte. (Tin)
Parkway Drive
Nach W.A.S.P. konnten die Jungs von Parkway Drive nur noch verlieren. Aber da hatte ich einmal mehr die Rechnung ohne die Fans gemacht. Die australische Metalcore-Truppe stachelte das Publikum nochmals kräftig an, konnte aber auch nicht verhindern, dass viele Leute nach dem Headliner Journey schon auf den Weg in ihre Unterkünfte und Zelte unter die Füsse nahmen. Was übrigens bei allen Truppen der Fall war, welche das «Vergnügen» hatten, nach den Headlinern aufzutreten. Parkway Drive versuchten mit brachialer Gewalt nochmals die Reserven der Fans zu mobilisieren und schickten unzählige Feuersäulen gegen den Himmel, um die Stimmung nochmals anzuheizen. Die jungen Fans feierten mit den Australiern und beendeten den zweiten Tag mit einer ausgelassenen Stimmung. (Tin)
FESTIVAL STAGE
Graveyard
Die schwedischen Graveyard haben es irgendwie geschafft, zu Helden der Stoner-Rock-Szene zu werden, ohne dabei wie die führenden Köpfe des Genres zu klingen. Ihre Wurzeln liegen im schweren Blues-Rock, mit viel kompliziertem Gitarrenspiel, und es gibt wenig in ihrem Repertoire, das sich falsch anfühlen würde, wenn sie 1971 und nicht 2023 auf der Bühne gestanden hätten. Der raue Gesang von Joakim Nilsson und die authentischen Blueswailing-Gitarren von Jonatan Larocca-Ramm heben Graveyard von ihren Mitstreitern ab.
Ihr hochgelobtes (schwedisches) Durchbruchs-Album «Hisingen Blues» bildete auch am Sweden Rock das Rückgrat ihres Sets. Nach einem eher ruhigen Auftakt kamen sie schnell in Fahrt und ab «Cold Love» wurde es richtig rockig. Besondere Highlights waren «Slow Motion Countdown» und das stürmische «Ain't Fit To Live Here». Graveyard boten eine lobenswert straffe, gut ausgeführte Performance, die eindeutig auch von der Tatsache profitierte, dass der Trupp bereits seit Mitte April erfolgreich durch Europa tourt und es sich lohnte, an diesem Wochenende nach Sölvesborg zu kommen. (Oli)
Extreme
«More Than Words» war wohl die Hymne, auf die alle gewartet haben oder die zumindest jeder Zuschauer gekannt hat. Die Amerikaner, mit dem Gitarrengenie Nuno Bettencourt an Bord, hatten ihre beste Zeit in den 90ern und diese galt es nun zu feiern. Ihre Show startete mit einem Doppelpack vom sicherlich bekanntesten «Pornograffitti»-Album: «It’s A Monster» und «Decadence Dance». Dann der Schlenker zum aktuellen Release mit «Rebel». Es ging direkt voll nach vorne. Frontmann Gary Cherone ist ein absoluter Entertainer. Das sah man schon am Outfit und an seinem Auftreten. Es war eine Freude, ihm zuzusehen, gerade als Fotograf.
Der Sänger mit seinem Glitzerhemd und der in schlichtem Grau gehaltenen Weste beackerte die Bühne in der gesamten Breite, stand auch mal auf den grossen Lautsprechern vor dem Publikum oder setzte sich auf einen der Amp-Türme am Bühnenrand. Beim nachfolgenden Song bekam das Publikum noch eines von vielen, feinen Gitarrensolos aus dem Hause Bettencourt geboten. Nach diesen vier Songs wurde merklich Tempo rausgenommen, was das Publikum allerdings nicht störte. Extreme spielten ein abwechslungsreiches Set mit Songs ihrer gesamten Laufbahn. Wem es gefiel, der blieb, wem weniger, der hörte sich das Ganze aus der Ferne im Campingstuhl an. Spätestens bei der eingangs erwähnten Ballade waren kurzzeitig alle wieder aktiv – aktiv am Mitsingen! (Oli)
The Black Crowes
The Black Crowes schlagen in eine ähnliche Kerbe wie ihre Kollegen von Extreme, zumindest wenn man das Jahr ihrer wegweisenden Alben als Kriterium mit einschliesst. Ihr Debüt «Shake Your Money Maker» schlug 1990 ein wie eine Bombe. Ihr Hippie-Bluesrock stand hoch im Kurs, bis sich die Gebrüder Robinson verkracht haben. Jahre später wiedervereint, bespielt die Kapelle erneut Bühnen in aller Welt. Mit grosser Spielfreude eröffneten die «Krähen» ihr Set und begeisterten von Beginn an. Die Abwechslung zwischen älteren und neuen Songs sorgte stets für gute Unterhaltung bei den Fans. Die Truppe mit Backgroundsängerinnen begeisterte von Anfang bis Ende, und bei den beiden Klassikern, dem Otis Redding-Cover «Hard To Handle» und «Remedy», rastete das Publikum nochmal so richtig aus. Letzteres beendete, nach dem ebenso erfolgreichen «Jealous Again», schliesslich auch ihr Set auf der Hauptbühne. (Oli)
Journey
Journey liessen sich ihr Alter kaum anmerken, als sie am Freitag vor breit versammeltem Publikum mit einem 90-minütigen Set mit 18 Liedern ihr 50-jähriges Bestehen feierten. Die Klassik-Rocker, deren Musik generationenübergreifend ist, spielten ihre Hits, darunter auch ein paar obskure Stücke und eines von ihrem im letzten Jahr veröffentlichten, von der Kritik gefeierten Album «Freedom». Natürlich sind die amtierenden Journey nicht die Journey von damals. Aber die aktuelle Besetzung besteht immerhin noch aus dem Originalmitglied Neal Schon (69) an der Gitarre und dem langjährigen Keyboarder Jonathan Cain (73). Der Rest ist sozusagen Frischfleisch. Sicher, Puristen vermissen auch den Originalsänger Steve Perry, aber der alterslose Arnel Pineda, jetzt 55, klingt wie Journey.
Die Band verschwendete keine Zeit und eröffnete mit «Only The Young», das von einem Gitarrensolo von Schon abgeschlossen wurde. «We're going to take you to San Francisco right now», sagte Schon, als er die Ballade «Lights» einleitete. Beeindruckend waren stets die Bild- und Filmeinspielungen auf der riesigen Leinwand in der Mitte der Bühne. Die Ausgewogenheit zwischen Balladen und Rockern verhinderte, dass die Setlist bald langweilig wurde. Ein ausgedehnter Jam leitete «Wheel In The Sky» ein, wobei geschnürte T-Shirts in die Menge geworfen wurden. Journey verzichteten auf die traditionelle Zugabe und beendeten die Show mit «Any Way You Want It» und «Don’t Stop Believin’». Ihr Konzept schien an diesem Abend aufzugehen. Vermutlich auch deswegen, weil Journey die grössten Hits bis zum Schluss aufgespart hatten. (Oli)
Freitag, 07. Juni 2024 (Dritter Tag)
BLÄKLÄDER STAGE
Velveteen Queen
Freitagmorgen, die Frisur sitzt und man begibt sich auf den Weg zur Bläkläder Stage, um von einem kurzen Regenschauer ins nächstgelegene Zelt gejagt zu werden. Da dieser, der Regenschauer, nur knapp seine Tat vollbrachte, fanden sich sehr viele bei den Hoffnungsträgern Velveteen Queen ein. Eine Truppe, die sehr viel Guns N' Roses in der Muttermilch hatte. Die Präsentation war … okay! Man merkte den Herren die Nervosität an, die mit einer noch grösseren Rockstarattitüde versucht wurde, zu überspielen. Die Hits, an die man sich nach dem Gig erinnern konnte, fehlten ebenso, und so mussten die jungen Groupies die Jungs nach dem Gig glücklich machen. (Tin)
Spiders
Die Truppe aus Göteborg mussten nicht allzu weit anreisen, um mit ihrem Arsch tretenden Rock'n'Roll zu überzeugen. Dabei stellte sich Sängerin Ann-Sofie Hoyles als arschcoole Rampensau heraus, die auch mal den Gesang an einen der Mitmusiker abtrat und sich an der Gitarre bewährte. Eine wirklich gelungene und authentische Show der musikalischen Spinnen, von denen man sich mehr wünschen würde. (Rxx)
Imminence
Der Platz vor der Bühne war bereits gut gefüllt, als Imminence ihre elektrisierende Energie auf die Bretter brachten. Sie lieferten eine Meisterklasse in modernem Metalcore ab, die das Publikum in Ehrfurcht erstarren liess. Von dem Moment an, als sie die Bühne betraten, war klar, dass das schwedische Quintett es ernst meinte. Mit dem hymnischen «Paralyzed» hatten Imminence das Publikum sofort im Griff, und ihre schwebenden Melodien und krachenden Breakdowns entlockten den Fans ein Grinsen ins Gesicht. Frontmann Eddie Berg war eine Naturgewalt, sein kraftvoller Gesang schnitt wie ein Messer durch die Luft, während er die Band durch eine Setlist führte, die ihre gesamte Karriere umfasste.
Aber es war nicht nur das musikalische Können von Imminence, das beeindruckte – es war auch ihre Bühnenpräsenz und der Kontakt zum Publikum. Berg schritt mit seiner Violine über die Bühne wie ein Besessener, während die Gitarristen Harald Barrett und Alex Arnoldsson eine Flut von Riffs und Rhythmen losliessen, die Schockwellen durch die Menge sandten. Als sich ihr Auftritt dem Ende zuneigte, war klar, dass Imminence einen unauslöschlichen Eindruck in ihrer Heimat hinterlassen hatten. Mit ihrer kraftvollen Performance hatten sie wieder einmal bewiesen, warum sie eine der aufregendsten Bands im modernen Metalcore sind. (Oli)
Decapitated
Die härteren Klänge dieses Nachmittags kamen von den polnischen Death Metal-Ausnahmekönnern Decapitated. Ihr Auftritt war geprägt von einem klaren und knüppelharten Sound, der dafür sorgte, dass die Kraft ihrer Songs voll und ganz spürbar war und von einem Pit-hungrigen Publikum aufgenommen wurde. Ihr Set konzentrierte sich hauptsächlich auf älteres Material und auf ihr letztes Album «Cancer Culture». Diese Songs kamen gut an und waren wild genug, um dem Moshpit keine Atempause zu gönnen. Die Band selbst ist eine gut geölte Death Metal-Killermaschine.
Die Riffs von Vogg sind wahrhaft grausam und leicht als Waffe einsetzbar, während die gnadenlose Gesangsattacke von Rasta gut zu seinem freundlichen Auftreten passt. Der britische Schlagzeuger James Stewart ist eine Bereicherung für die Band, nachdem er sich durch viele angesehene Extreme Metal-Bands gearbeitet hat. Die Band schien absolut begeistert zu sein, in Schweden auf der Bühne stehen zu können, und das Publikum war ebenso begeistert, Decapitated zu sehen. (Oli)
Care Of Night
Es kann durchaus passieren, dass man sich bewusst ist, eine Band nach dem Fotografieren nicht mehr konsumieren zu wollen. So war es bei mir, da ich im Grundsatz nur Bilder von Dimmu Borgir machen wollte. Das infernalische Endzeit-Drama hatte aber etwas Packendes, sodass ich nur noch die letzten Klänge von Care Of Night mitbekam. Augen- und Ohrenzeugen zufolge hat das schwedische Trio mit ihrem Melodic Rock aber nochmals alle begeistern können. Für die, die nicht im dunkelblauen Nebel von den kreischenden Grunzgeräuschen von Shagrath zum Tode geweiht waren, bot Care Of Night einen wundervollen bunten Strauss an farbenfrohen Melodien. (Tin)
PISTONHEAD STAGE
Rockklassiker Allstars
Dieses Format wird immer am Sweden Rock Festival in der vollgestopften Zeltbühne veranstaltet. Dabei weiss man nie so genau, wer von den bekannten schwedischen und internationalen Musikern auf der Bühne stehen wird. Auf jeden Fall waren Eclipse-Gitarrist Magnus Henriksson und Blaze Bayley mit bei dem Jam. Kaum wurde der Set der Allstars beendet, ging auf dem Werstling Ring, der hinter dem Mischult aufgegaubt war, eine überraschende Show von D-A-D los. Die Dänen spielten 25 Minuten und stellten gleich zwei neue Songs vor. (Rxx)
F.K.Ü.
Das Quartett aus Uppsala habe ich kurz vor dem SRF kennengelernt, da ich ein Review über ihre neue Platte "The Horror And The Metal" schreiben durfte. So war meine Neugierde auf ihren Liveauftritt geweckt. Die Band hatte ihrem Sound einen scharfen, trockenen und aggressiven Klang verliehen, sodass die Aggressivität ihrer Musik deutlich spürbar wird. Ihre Songs sind stark von der US-Thrash-Szene geprägt, insbesondere von Bands wie Exodus, Testament oder Forbidden, verfügen jedoch über einen sehr guten Sinn für Melodien und einen feinen technischen Reiz.
Visuell hatte ich mich auf ein nordamerikanisches Horror- und Gore-Filmset eingestellt, was aber leider nicht zum Einsatz kam. Die Truppe verzichtete auf jeglichen Firlefanz, sogar stellenweise auf Licht, und liess stattdessen ihre Musik sprechen. Das Publikum war begeistert von so viel eingängiger Einfachheit und grölte zu Titeln wie «(He Is) The Antichrist», «The Spawning», «Don't Have To Go To Texas» oder «Harvester Of Horror» lauthals mit. Auch das restliche Material funktionierte nach demselben Prinzip, aber jeder Thrash Metal-Maniac blieb bis zum Schluss. Wer die Arbeit von F.K.Ü. bis dato noch nicht kannte, wurde mit diesem Gig sicherlich positiv belohnt. (Oli)
Truckfighters
Die einheimischen Stoner-Rocker Truckfighters hatten spät abends im Zelt nicht mehr ganz so viele Zuhörer, aber dafür die richtigen. Spielfreudig und stampfend verwandelte das Trio das Zelt in eine Partyhöhle. Was will man mehr auf so einem Festival? (Rxx)
SWEDEN STAGE
The Haunted
Als lautstarker Wecker präsentierten sich The Haunted, und sie weckten die Menge zum Frühstück mit ihrem punkigen Death Metal. Die Gitarristen Ola Englund und Patrik Jensen demonstrierten ihre schweren Riffs, die perfekte Untermalung für den schreienden Marco Aro. Das morgendliche Set war prägnant und kraftvoll und peitschte die Menge mühelos in einen Rausch mit elektrisierenden Songs vom Kaliber "The Medication", "99", "All Against All" und dem krachenden "Hate Song". Nach einer Stunde Spielzeit beendeten die Göteborger ihr Konzert mit dem kathartischen "Bullet Hole". Trotz der offensichtlichen Erschöpfung des Sängers war dieser noch für seine Fans da und nahm sich die Zeit für High Fives und Handshakes. Eine tolle Band, die nun auch schon fast dreissig Jahre im Musikbusiness ist. (Oli)
Carcass
Bei strahlendem Sonnenschein und in "schwedischer Hitze" betraten die britischen Grindcore-Extreme-Metal-Pioniere Carcass die Bühne. Jeff Walker, Bill Steer, Tom Draper und Daniel Wilding waren von der ersten Sekunde ihres Auftritts an scharf, böse und bissig! Sie traten der Menge ordentlich in den Arsch und bewiesen, warum sie immer noch zu den wichtigsten Death Metal-Bands aller Zeiten gehören. Carcass spielten einen fantastischen Mix aus Songs von all ihren Alben, wobei der Schwerpunkt auf ihrem letzten Werk "Torn Arteries", ihrem Höllenalbum "Surgical Steel" und dem Meisterwerk "Heartwork" lag.
Die Moshpits tobten wie verrückt, der Staub flog meterhoch in die Luft und wurde vom Wind in alle Richtungen getragen. Jeff begann schliesslich, den Leuten Wasserflaschen zuzuwerfen, damit sie sich erfrischen konnten. Nachdem sie das brillante «Heartwork» gespielt hatten, setzten Jeff und seine Gefolgsleute zu einem rücksichtslosen Überschallangriff an. «Exhume To Consume», «Tools Of The Trade» und «316L Grade Surgical Steel» brachten jeden Einzelnen dazu, sich kopfvoran in den Pit zu stürzen. Es war ein höllisch grandioser Auftritt! (Oli)
Canned Heat
Eine der Originalbands, die noch in Woodstock spielten, statteten der schwedischen Küstenregion einen kurzen Besuch ab. Canned Heat, die vierköpfige Band aus Los Angeles, brachten ihren Blues- und Boogie-Stil auf die Sweden Stage. Adolfo "Fito" de la Parra (Schlagzeug) ist das letzte verbliebene Mitglied der Woodstock-Besetzung. Die restlichen Herren sind auch nicht mehr gerade taufrisch, bringen jedoch mit ihren Instrumenten genau die Stimmung auf die Bühne, die es braucht. Während Battle Beast die grosse Bühne rockten, war der Platz vor der kleineren Sweden Stage rappelvoll. Die Leute lachten, tanzten und hatten Spass mit dem Altherrenklub. Die Band eröffnete die Show mit einer mitreissenden Version von «On The Road Again» und gab den Ton für einen grossartigen Abend mit rockigem Blues an.
Nach etlichen weiteren Songs war es der inoffizielle Woodstock-Titelsong «Going Up The Country», der die Menge auf Trab brachte. Die Band rockte weiter zu ihrer Cover-Version von Wilbert Harrisons «Let's Work Together», und Dale Spalding sorgte ab und zu für Lacher, da er immer wieder die Setliste falsch im Kopf hatte. Das sechzigminütige Set endete mit einem ausgedehnten Jam von «Refried Boogie», der diese 60er-Jahre-Rückblende in einer Aura des Friedens und der Liebe abschloss. (Oli)
Thy Art Is Murder
Die australische Deathcore-Institution Thy Art Is Murder kam aus Blacktown, New South Wales, um die Seelen aller Konzertbesucher mit ihrer zermürbenden, harten und wütenden Performance zu zermalmen. Die Band, die ihr 2023 erschienenes Album "Godlike" live promotet, wird vom talentierten Tyler Miller von der australischen Technical Deathcore-Band Aversions Crown angeführt, da der ikonische Chris "CJ" McMahon vor kurzem endgültig mit der Musik aufgehört und eine Karriere als Immobilienmakler begonnen hat.
Sie legten einen soliden Auftritt hin, und Songs wie «Slaves Beyond Death», «Death Squad Anthem», «Make America Hate Again» und natürlich «Puppet Master» trieben alle Fans in den wilden, staubigen Moshpit, der sich mittig der Bühne wild bewegte. Konzerte vorzeitig zu verlassen ist an Festivals nichts Neues, da sich manche Bands zeitlich überschneiden. So verschwand plötzlich ein Grossteil des Publikums Richtung Rock Stage, auf der meiner Meinung nach die völlig überbewerteten Hives spielten. Miller und Co. zogen ihre Show natürlich professionell durch und feierten mit den übriggebliebenen Fans ein lautes und staubiges Deathcore-Fest. (Oli)
ROCK STAGE
Treat
Zuerst sollte Roxx den Bericht zu meinen Helden schreiben, da ich aber unbedingt das komplette Konzert sehen wollte und somit den Gig der Rockklassiker Allstar ausfallen liess, wurde mir kurzerhand auch der Bericht von Treat überlassen. Was soll ich sagen? Sie kamen, sahen und siegten und waren für mich einer der fünf Höhepunkte an diesem Festival. Allein das Dauergrinsen von Sänger Robert Emlund war mitreissend genug, um meinen Enkeln von diesem Auftritt zu erzählen. "Grandpa, tell me a story..." Zum dritten Mal sass Jamie Borger an diesem Festival an den Drums und tischte endlich wieder seine Stickshow auf.
Musikalisch liessen die Jungs nichts anbrennen und starteten mit "Skies Of Mongolia". Dabei nahmen sie die Besucher auf eine Zeitreise mit den jeweils passenden Backdrops auf der Videoleinwand. "Papertiger", "We Own The Night", "Sole Survivor", "Rev It Up", "Get You On The Run" und "Conspiracy" liessen die Fans, analog zu Talisman, in einem musikalischen Freudentaumel schwelgen. Als am Schluss noch der grosse Hit "World Of Promises" gespielt wurde, gab es vor der Bühne kein Halten mehr, und die Musiker liessen sich förmlich von dieser Erfolgswelle von der Bühne tragen. (Tin)
Black Stone Cherry
Jetzt war es Zeit für coolen Southern Hard Rock aus Kentucky. Black Stone Cherry boten, wie man es von ihnen gewohnt ist, eine coole und stimmige Show mit grosser Spielfreude und einer Attitüde, wie nur sie es können. Hits wie «Blame It On The Boom Boom» oder «White Trash Millionaire» sprachen für sich und dürften wohl kaum eine Hüfte oder einen Fuss unbewegt gelassen haben. (Rxx)
Battle Beast
Die Power Metal-Band rund um die charismatische Sängerin Noora Louhimo dürfte wohl kaum jemandem unbekannt sein. Sie durften sich auch auf der zweitgrössten Bühne austoben. Es fanden sich ordentlich Leute vor der Bühne ein. Geboten wurde eine für die Band übliche Live-Show. Nicht mehr und nicht weniger. (Rxx)
The Hives
Bei den schwedischen Alternative-Rockern kamen viele Leute, um zu schauen und zu hören. Schnell machte sich bemerkbar, dass diese Band hier viele Anhänger hat. Es wurde auch viel Kritik laut, ob solche "Comedy" und das Gequatsche wirklich nötig waren. Mehr Musik und weniger Albernheit wären angebrachter gewesen. Für den Schreiber dieser Zeilen war es ein belangloser Auftritt. (Rxx)
Dimmu Borgir
Die norwegischen Symphonic Black-Metaller öffneten an diesem Abend definitiv die Pforten der Hölle. Es war eine Symphonie der Apokalypse und man erwartete, dass sich demnächst ein Portal für Dämonen öffnen würde oder Tote aus der Erde emporsteigen. Die ganze Bühnenshow war grossartig inszeniert. Shagrath führte sicher durch das Programm und spätestens bei "Progenies Of The Great Apocalypse" waren wohl die letzten überzeugt, dass Dimmu Borgir zu den grossartigsten Live-Bands gehören. (Rxx)
FESTIVAL STAGE
Nestor
Nach dem grandiosen Auftritt von Treat hätte ich meine komplette CD-Sammlung verwettet, dass Nestor mit wehenden Fahnen untergehen würde. Zum Glück hatte ich keinen Wettpartner, denn Nestor füllten den Raum vor der Festival Stage und die Schwedinnen erlagen dem schwedischen Journey-Sound der Shootingstars. Auch wenn man den Jungs von vielen Seiten vorwerfen kann, dass die Songs am Reissbrett geschustert werden und alles zu glatt klingt, so scheinen die Musiker den Nerv der Zeit und der Fans zu treffen. Für die Herren der Schöpfung waren zumindest die Cheerleaders auf der Bühne eine Augenweide, während ihre Freundinnen die Augen nicht mehr von Sänger Tobias Gustavsson lassen konnten. (Tin)
Heavy Load
Nach Nestor erschien ein weiteres Phänomen auf die Bühne. Wieso Heavy Load auf der grössten Bühne spielen durften, schien nicht nur für mich ein kleines Wunder zu sein. Bei keiner anderen Truppe war es dermassen "leer" vor der Bühne. Die Truppe um den singenden Gitarristen Ragne Wahlquist hatte einen schweren Stand, auch wenn ihre treuen Fans ihnen die Stange hielten, an der die Metal-Fahne gehisst wurde. Die 1976 in Stockholm gegründete Truppe pfefferte ihren Metal-Sound in die Menge und konnte mehr als nur einen Achtungserfolg für sich verbuchen. Der Schreckmoment hatte die Combo mit ihren Böllern und Pyros immer wieder auf ihrer Seite. Trotzdem blieb ein fader Beigeschmack, wenn man am gleichen Tag Battle Beast auf der Rock Stage spielen liess, die sicherlich mehr Leute angezogen hätten. (Tin)
Evanescence
Die Amis um Sängerin Amy Lee liessen Schweden wieder hochleben. Mit ihrem Alternative-Nu-Metal zogen die Fünf die Massen an. Ein Hingucker war Bassistin Emma Anzei, die mit ihrer Performance so ziemlich alles richtig machte und in ihrer eigenen Welt völlig aufging. Mit einer ausgezeichneten Lichtshow wurden die Klänge in den passenden Farben ins rechte Licht gerückt. Herausragend war auch die Performance von Trommler Will Hunt, der mit jedem Schlag auf sein Instrument der Musik noch einen "mächtigeren" Wumms verlieh. Evanescence waren das pure Kontrastprogramm zu Heavy Load. In fast allen Belangen hinterliessen sie eine freudig erschöpfte Menge vor der Bühne. (Tin)
Judas Priest
Verdammt, sie spielten «Love Bites» schon wieder nicht, meine Helden aus der Jugend. Das war dann auch schon der einzige Negativpunkt bei Judas Priest, wenn man überhaupt von einem sprechen kann. Dafür schaffte es «Riding On The Wind» wieder ins Programm, das von Trommler Scott Travis mit unglaublicher Energie vorgetragen wurde. Die Engländer hatten Schweden im Griff und liessen diesen metallischen Griff nicht mehr los. Mit einem Hit-Repertoire, das sich gewaschen hatte, liessen Rob Halford (Gesang), Ian Hill (Bass, sein Bewegungsradius beschränkte sich zwar wieder auf einen Bierdeckel, aber seine Energie und Performance sucht seinesgleichen) und seine Jungs nichts anbrennen.
Speziell Andy Sneap spielt sich immer mehr ins Bandgefüge ein und hat sich mittlerweile zusammen mit Richie Faulkner zu einem grundsoliden und faszinierenden Gitarrenduo eingespielt. Die Vielseitigkeit, die das Quintett immer noch bietet, umfasst die gesamte Bandbreite des Metals. Sei es das rockigere "Turbo Lover", das verspielte "Sinner" oder das schnelle "Invincible Shields". Wenn Rob mit seiner Harley auf die Bühne fährt, erwacht bei allen immer noch die Faszination für Judas Priest und macht "Hell Bent For Leather" zu einem der grössten Hits der UK-Legende. Mit "Living After Midnight" endete eine Show, die alles bot, was sich ein Metal-Head wünscht. (Tin)
Vierter Tag - Samstag, 08.06.2024
BÄKLÄDER Stage
Scarlet
Scarlet, eine aufstrebende Melodic-Metal-Band, lieferte einen Auftritt in den frühen Morgenstunden ab, der sowohl erfrischend als auch kraftvoll war. Die dynamischen Stimmen des weiblichen Duos, Scarlet und Thirsty, sowie ihre Bühnenpräsenz waren die Highlights des Auftritts. Die Geburtsnamen der Sängerinnen sind angeblich unbekannt, jedoch wird gemunkelt, dass es sich bei Scarlet um Linnéa Vikström handelt, die auch seit einem Jahr bei Thundermother das Mikrofon bedient. Die straffe Instrumentierung und die einnehmenden Melodien der Band sorgten für eine fesselnde Show, die einen bleibenden Eindruck hinterliess. Diesen Eindruck verstärkten auch die Tänzerinnen, die das Duo stellenweise mit akrobatischen Einlagen begleiteten.
Ansonsten kam von der Bühne nicht viel, da ihr Sound von einem DJ eingespielt wurde, der in der Mitte der Bühne thronte. Ihre Setliste enthielt Klischee-Klassiker wie "Heavy Metal Anthem", "Love Heroin" und "Beauty & Beast". Jeder Titel zeigte jedoch die Fähigkeit der Band, harte Riffs mit melodischen Hooks nahtlos zu verbinden. Die Fans, von jung bis alt, genossen den Auftritt sichtlich, sangen bei den eingängigen Refrains mit und headbangten zu den schweren Riffs. Der Auftritt von Scarlet war ein Beweis dafür, dass die Metalszene erweiterbar und offen für neue Formate ist – Hauptsache, die Show ist energiegeladen und unvergesslich. (Oli)
Riverside
Es war ein idealer Moment für Prog-Rock mit Riverside aus Polen. Auch diese Band hatte mit der Konkurrenz einer gleichzeitig spielenden Band zu kämpfen, nämlich den einheimischen Pain. Dennoch zog es echte Fans guten Progressive Rock vor die Bühne. An der Band lag es nicht. Technisch hochstehend wie immer, überzeugten Riverside. (Rxx)
Lucifer
Die okkulte Heavy-Rock-Band aus Stockholm zelebrierte einen astreinen Auftritt mit der fantastischen Sängerin Johanna Sadonis. Diese wurde von einem Statisten, der als Geissbock maskiert war, auf die Bühne geführt. Dann ging es los, und kaum einer durfte unbeeindruckt sein. Obwohl The Darkness auf der grossen Festival-Stage viele Zuschauer anzogen, konnten sich Lucifer nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen. Im Gegenteil, das Publikum feierte diese beeindruckende Live-Band begeistert ab. (Rxx)
Igorrr
Ist es nun Black Metal? Ist es eine Art "House Music" mit barockem Einschlag? Wohl von allem ein bisschen. Weiter ging es mit Igorrr aus Frankreich. Auffälligste Figur war die Sängerin Marthe Alexandre, die mit ihrem Gesang und Tanz alle in ihren Bann zog. Zweitsänger JB Le Bail mit Corpsepaint im Gesicht steuerte den Black-Metal-Anteil dazu. So etwas hat man selten gesehen. Igorrr erweisen sich als innovative und frische Truppe im grossen Musikzirkus des Metals. Grossartig! (Rxx)
PISTONHEAD STAGE
Eternal Evil
Die Zeltbühne wurde heute von der Black/Thrash-Truppe Eternal Evil aus Stockholm eröffnet. Wer Bands wie Slayer und Sodom mit einem Einschlag der 80er mag, könnte an Eternal Evil Gefallen finden. Man kann gespannt sein, wie weit es diese Band noch bringen wird. (Rxx)
Avatarium
Wenn man zwischen HammerFall und Alice Cooper auf der Zeltbühne spielen muss, könnte man meinen, dass diese Epic-Doom-Band die Arschkarte gezogen hat. Mitnichten! Das Zelt war gut gefüllt und die Band aus Stockholm überzeugte mit der besagten Epik und Wucht, wie es im Doom Metal üblich und erwünscht ist. Eine vereinnahmende Show und eines der Besten aus diesem Genre. (Rxx)
Vltimas
Den Abschluss auf dieser jährigen Zeltbühne gaben Vltimas um David Vincent (Ex-Morbid Angel) sowie weitere Grössen der Death Metal-Szene. Was den restlichen Zuhörern, die nicht bei Avantasia, die gleichzeitig spielten, waren geboten wurde, war eine grossartige Black/Death-Metal-Show der Superlative. Bleibt zu hoffen, dass wir Vltimas auch bald einmal live in der Schweiz sehen werden. (Rxx)
SWEDEN STAGE
The Baboon Show
Verrückter geht immer! So könnte man die Show der Punk-Rock-Band The Baboon Show beschreiben. Die abgedrehte Art von Sängerin Cecilia Boström sucht ihresgleichen. Das kann man nun verstehen, wie man will. Entweder es gefällt oder nicht. Die Dame und die ganze Band polarisieren definitiv. Mehr kann man dazu nicht sagen. (Rxx)
Zeal & Ardor
Nun wurde es Zeit den einzigen Beitrag aus der Schweiz. Die bereits recht beliebte und ungewöhnliche Band aus Basel um Manuel Gagneux an Gitarre und Gesang faszinierte und zog die recht wenigen Zuschauer mit ihrer düsteren Darbietung in ihren Bann. Die meisten zog es wohl rüber zur Rock Stage, wo Steel Panther ihre Comedy-Show aufführten. Schweden scheint wohl noch nicht bereit zu sein für Zeal & Ardor. (Rxx)
Electric Boys
Nicht zum ersten Mal traten die funkigen Hard Rocker um Frontmann Conny Bloom auf. Es war jedes Mal ein Fest. Auch in diesem Jahr liessen es sich die Schweden nicht nehmen zu zeigen, warum sie so beliebt sind. Immer wieder gerne gesehen am Sweden Rock, trotzdem nie langweilig. Die Leute wissen, was sie bekommen. (Rxx)
High On Fire
Eigentlich sind High On Fire eine wirklich gute Sludge-Metal-Band, auf die ich mich gefreut hatte. Leider war der Auftritt nicht von bester Qualität, was zumindest die überhöhte Lautstärke und Soundqualität betrifft. Die Band ist zwar technisch versiert und solide, aber irgendetwas stimmte nicht. Gerne ein anderes Mal unter besseren Bedingungen. Es war nicht schwer, rüberzulaufen und sich gleichzeitig HammerFall anzuschauen, die ebenfalls spielten. (Rxx)
ROCK STAGE
Richie Kotzen
Am Samstag spielte kein Geringerer als der amerikanische Gitarrist Richie Kotzen. Ihn kennt man als Frontmann und Axtschwinger der Formation The Winery Dogs. Momentan ist er unter eigener Flagge mit einem Trio unterwegs. Manchmal setzt er eher auf Rock, dann wieder vermehrt auf Blues. Der mittlerweile kurzhaarige Musiker rockte mit dem Opener amtlich los, doch schon bei den nächsten Nummern wurde er zurückhaltender - bluesiger. Bei seinem Soloprojekt singt Mr. Kotzen auch selbst und zeigt dabei stets sein grossartiges Gitarrenspiel. Vor allem bei den Soloparts kam dies schön zur Geltung. Sein Auftritt war schön anzuhören, auch wenn vermutlich die meisten Anwesenden die Songs nicht wirklich kannten. Im Publikum hörte man durchweg anerkennende Worte für den Gitarristen. Ganz klassisch für einen Gitarristen gab es längere Instrumentalpassagen, bei denen sich der Namensgeber sehr ausgiebig auf seinem Instrument austobte. Für mich persönlich "too much". Dem Publikum schien es jedoch zu gefallen. (Oli)
Steel Panther
Die amerikanische Glam-Metal-Band, die für ihre humorvollen und überdrehten Auftritte bekannt ist, lieferte ein Set ab, das sowohl unterhaltsam als auch musikalisch beeindruckend war. Die Parodie der Band auf den Glam Metal der 80er Jahre, kombiniert mit ihrem echten musikalischen Talent, sorgte für eine Show, die ebenso unterhaltsam wie technisch versiert war. Michael Starrs charismatischer Gesang und Satchels virtuose Gitarren-Soli waren nur einige Höhepunkte ihres Auftritts. Mein persönlicher Favorit war die erneute Parodie von Starr als alternder und verwirrter Rockgott Ozzy Osbourne mit seinem «Crazy Train»
Die Setliste war vollgepackt mit Fan-Favoriten wie «Eyes Of A Panther», «Community Property» und «Just Like Tiger Woods». Ein herausragender Moment war ihre Performance von «17 Girls In A Row», bei der die Menge mitsang und über die Scherze der Band sowie die knapp bekleideten Damen auf der Bühne lachte. Das Set endete mit dem hymnischen «Gloryhole» und hinterliess das Publikum in bester Laune. Die Fans reagierten freudig und belustigt auf die Show-Einlagen von Steel Panther. Sie lachten, sangen mit und liessen sich von den humorvollen Scherzen und der energiegeladenen Performance der Amerikaner mitreissen. Dieser Auftritt der Amis war für viele der Höhepunkt des Festivals und hinterliess einen bleibenden Eindruck. (Oli)
Beast In Black
Frontmann Yannis Papadopoulos und seine Jungs lieferten eine Performance ab, die das Publikum von Anfang bis Ende fesselte. Die Band ist bekannt für ihre kraftvolle Mischung aus Power Metal mit Synthesizer-Elementen und beeindruckte das Publikum mit ihrer Musikalität und einnehmenden Bühnenpräsenz. Die dynamische Bandbreite der Stimme des Sängers und die dichte Instrumentierung der Band sorgten für eine fesselnde und energiegeladene Show. Ihre Setliste war vollgepackt mit Hits wie «Blade Runner», «Blind And Frozen», «Sweet True Lies» und «Cry Out For A Hero».
Jeder Song wurde mit Präzision und Leidenschaft vorgetragen, so dass er den typischen Sound der Band unterstrich. Ein herausragender Moment war die Darbietung von «Born Again», bei der die Menge aus vollem Herzen mitsang. Das Set endete mit dem passenden «End Of The World» und hinterliess ein begeistertes Publikum, das nach mehr verlangte. Die Interaktion der Band mit dem Publikum, einschliesslich Papadopoulos' einnehmender Präsenz und Aufforderungen zum Mitmachen, trug zur allgemeinen Begeisterung bei. (Oli)
HammerFall
Die schwedischen Power Metal Giganten, lieferten einen Auftritt, der sowohl kraftvoll als auch mitreissend war. Die Band, bekannt für ihre hymnischen Melodien und energiegeladenen Shows, enttäuschte nicht. Der erhabene Gesang von Sänger Joacim Cans und die tighte musikalische Leistung der Band schufen eine elektrisierende Atmosphäre, die beim Publikum Anklang fand. Alle Songs wurden mit Intensität und Enthusiasmus vorgetragen, und das Publikum sang fast jeden Refrain mit.
Ein herausragender Moment war die Darbietung von «Hammer High», bei der die gesamte Crowd die Fäuste hob und unisono mitsang. Auch ansonsten begeisterten die Schweden mit einer illustren Setliste, die fast die ganze Karriere von HammerFall umfasste. Klassiker wie «Hearts On Fire», «Renegade» oder «Any Means Necessary» durften natürlich in der Heimat nicht fehlen, und die kraftvolle Hymne «Let The Hammer Fall» riss das Publikum zu Begeisterungs-Stürmen hin.
Der Schluss machte passenderweise ihre musikalische Hommage "Sweden Rock". Die Fans sangen nochmals mit, headbangten und waren voll und ganz in den Auftritt der Band eingebunden. Die Interaktionen mit dem Publikum, alles auf Schwedisch natürlich, trugen zur allgemeinen Begeisterung bei. So war der Auftritt von HammerFall ein Höhepunkt des Festivals, der sowohl musikalisch als auch emotional beeindruckend war. (Oli)
Avantasia
Wenn auf jemanden Verlass ist, dann auf Avantasia. Sie gehören zu den Gruppen, die man guten Gewissens als letzten Act eines Festivals spielen lassen kann, denn sie wissen stets zu überzeugen. Das Symphonic-Metal-Oper-Projekt unter der Leitung von Tobias Sammet lieferte einen gewohnt grandiosen und epischen Auftritt beim Sweden Rock Festival 2024. Bekannt für ihre aufwändigen und theatralischen Shows, brachten Avantasia eine Mischung aus kraftvollem Gesang, komplexen Kompositionen und fesselnden Geschichten auf die Bühne. Sammet zeigte sich bestens gelaunt, auch wenn er sein Geplapper und das Set um zwei Drittel kürzen musste.
Gastauftritte von Ronnie Atkins (Pretty Maids), Geoff Tate (Queensrÿche), Tommy Karevik (Kamelot), Bob Catley (Magnum), Adrienne Cowan (Seven Spires) und Chiara Tricarico (Ravenworld, Ex-Temperance) machten die Show zu einem noch grösseren Spektakel. Titel wie «The Scarecrow», «Farewell» und «Dying For An Angel» wurden mit Präzision und Leidenschaft in den regnerischen Nachthimmel geschmettert. Besonders denkwürdig war der Moment, als Avantasia «Lost In Space» anstimmten, die Menge mitsang und zu den melodischen Harmonien mitwippte.
Das verkürzte Set endete mit der obligaten Power-Hymne «Sign Of The Cross», die das Publikum in einen Zustand der Euphorie versetzte. Einmal mehr bekam das Publikum eine geballte Ladung Tobias Sammet "at its best" zu sehen und zu hören. Auch optisch konnte man wieder über den aufwändigen Bühnenaufbau staunen, und einmal mehr war der Auftritt von Avantasia ein Höhepunkt eines Festivals. Das Schlussfeuerwerk, das zu den letzten Tönen hinter der Bühne gezündet wurde, war sowohl musikalisch als auch visuell spektakulär. (Oli)
FESTIVAL STAGE
Pain
Oha, Pain auf der grossen Bühne? Ja, das passt, denn Schweden liegt Peter Tägtgren zu Füssen. Mit schwarzen Papierschlangen wurde der Gig begonnen, und dank vieler Pyros (bei "Push The Pusher" musste ein Feuerlöscher den Pyrokasten löschen) und Videoeinspielungen blieb die Show immer auf einem unterhaltsamen Level. Dass bei "Call Me" kurz der Song unterbrochen wurde und auf dem Videoscreen Sabaton-Sänger Joakim Brodén singend zu Wort meldete, stachelte die Schweden nur noch mehr an. Der mechanische Sound hinterliess Wirkung auf das Publikum, und eine Mischung aus Freude und freundlicher Aggressivität machte sich an den Barrikaden in den ersten Reihen breit. (Tin)
The Darkness
Nach Steel Panther war es schwer, die Schweden wieder zu mobilisieren. Aber Bandleader Justin Hawkins hatte das Publikum von der ersten Sekunde mit seinem britischen Humor im Griff. Dies nicht nur, weil er mittels Handstand und sich öffnenden und schliessenden Beinen die Fans zum Klatschen animierte. Inwieweit die Schweden einen Dani Beck kennen, dem der zweite Track «Get Your Hands Off My Woman» gewidmet wurde, lässt sich nur erahnen. Mit viel Spass in den Backen genoss Justin den Auftritt und lud den Sänger von The Southern River Band zu sich auf die Bühne ein, um gemeinsam «I Believe In A Thing Called Love» zu spielen und am Schluss einen Spagat vom Drumriser im Duett zu vollziehen.
Dies gefiel dem singenden Gitarristen von The Darkness so gut, dass er den Sprung nochmals mit einem lauten Lachen wiederholte. Er hatte Spass, auch weil die Fans ihn beim Mitsingen nicht hängen liessen, wie vor vier Tagen in Norwegen (was ihn noch immer sichtlich traurig machte), und mit dem mitreissenden Hardrock, der dank der Chöre immer wieder an Queen erinnerte, gewann die Truppe auf der ganzen Linie. Sofern man sich am hohen (Eunuchen-)Gesang von Justin nicht störte. (Tin)
Bruce Dickinson
Der Brite baute auf seiner Solo-Tour interessanterweise keine Tracks seiner Stammband Iron Maiden ein. Zumindest nicht beim Sweden Rock Festival. Zudem war er weitaus weniger in Bewegung als bei den eisernen Jungfrauen. Trotzdem konnte er bei seinen treuen Fans punkten und hatte mit der ehemaligen Whitesnake-Bassistin Tanya O'Callaghan nicht nur einen optischen Hingucker, sondern auch eine Viersaitenzupferin, die der Band einen mächtigen Tritt in den Arsch gab.
Mit einem Querschnitt durch seine solistische Zeit punktete Bruce, der (für einmal) ein breites Lächeln nicht mehr aus seinem Gesicht bekam. «Accident Of Birth», «Laughing In The Hiding Bush», «Chemical Wedding», «Tears Of A Dragon» und «Resurrection Man» liessen die Stimmung immer grösser werden, so dass sich Bruce und seine Mannschaft nach getaner Arbeit von den Fans feiern lassen konnten. (Tin)
Alice Cooper
Er war verdientermassender Headliner des letzten Tages. Der mittlerweile 76 Jahre jung gebliebene Sänger klotzte mächtig auf der Bühne. Ob es die Schlangen bei «Snakebite», der Gehstock bei «I'm Eighteen» oder der geköpfte, in eine Zwangsjacke gesteckte Alice bei «Killer» war, der Meister der Illusion liess nichts anbrennen. Zudem war seine Setliste meisterlich, intonierte er und seine Band mit«"Lock Me Up», «He's Back (The Man Behind The Mask)», «Lost In America», «Hey Stoopid», «Bed Of Nails», «Poison», das schon erwähnte «Snakebite» und «Feed My Frankenstein», Lieder aus den glorreichen Achtziger Jahren.
Seine Begleit-Band mit den Gitarristen Ryan Roxie, Tommy Henriksen, Nita Strauss, Bassist Chuck Garric und Trommler Glen Sobel versprühte eine Spielfreude, wie man sie nur noch selten bei einer so langgedienten Truppe sieht. In der Mitte stand der Zeremonienmeister, der mit seinen Bandmitgliedern spielte, ihnen aber auch ihren Platz bei den Solos überliess. Von Egos keine Spur, sondern hier wird das Wort Team grossgeschrieben.
Mit den alten Hits «No More Mr. Nice Guyп, «Under My Wheels», «Billion Dollar Babies», «Elected» und dem Abschluss in Form von «School's Out» erntete der Entertainer und sein Ensemble ganz, ganz, ganz viel Applaus. Wer mit diesem Alter noch eine dermassen grandiose Show abliefert, dem gebührt die Bühne noch sehr lange. Ich ziehe meinen Zylinder vor vor einem Künstler, der noch heute Musik und Show zu einem verbindet, dass man dies nur mit grossem Applaus würdigen kann. (Tin)
05. bis 08. Juni 2024, Nörje (S)
By Oliver H. (Oli), Roxx (Rxx) und Tinu (Tin)
Es war wieder soweit, und die Metal Factory Delegation nahm den Weg nach Schweden unter die Räder. Dieses Mal leider ohne unseren Lektor und Metal Master Rockslave, der aus verständlichen, privaten Gründen zu Hause blieb. Zum ersten Mal war unser Death Metal Lexikon Oli mit von der Partie, der eine vorzügliche und bereichernde Ergänzung zu Roxx und mir war. Treffpunkt des Trio Infernale war der Flughafen in Zürich. Die Bemerkungen über verloren gehende Koffer wurden versucht, im Keim zu ersticken, zumindest bis man den eigenen in Kopenhagen in Empfang nehmen konnte. Was bei allen passierte und bei einer einzelnen Person (Name der Redaktion bekannt) für ein auf den Knien stattfindendes Umarmen der Samsonite Plastikschale auf Rädern zur Folge hatte.
Die Weiterreise nach Malmö per Zug und dann per Wohnmobil zum Festivalgelände erwies sich als fast schon traditionelles Unterfangen. Auf der Fahrt liess sich der DJ nicht lumpen und machte das Berner Oberland bekannt mit Megadeth, Kix, Thunderhead oder Crashdïet. Die Hymne daraus wurde nicht «Young And Useless» (was wir drei alle sind...), sondern «Stay» von The Defiants, bei derer Melodie Death Metaller, Thrasher wie auch Die-Hard-Metaller im Rhythmus des Killer-Tracks mitsummten.
Die Vorbereitungen für die kommenden vier Tage Beschallung wurden am Dienstag gemacht, sodass jeder wusste, wann er wo zu sein hatte, mit Block und/oder Fotokamera. Das Festival zeigte sich grundsätzlich von seiner angenehmen Seite (Wetter), bis auf die feuchte Abkühlung bei Alice Cooper und Avantasia. Ansonsten schien es dieses Jahr mehr Platz auf dem Gelände zu haben, um sich ohne grössere Probleme von Bühne zu Bühne zu bewegen. Meistens jedenfalls, ausser die Headliner spielten oder Lokal-Matadoren wie Talisman. Für das leibliche Wohl sorgten die vielen Essens- und Getränkestände. Ob es der Elch-Kebab oder doch das Schweins-Filet, die leckeren Teigwaren oder die vor den Augen gefertigten Donuts waren, es war wie immer ein Genuss.
Doch genug der Vorworte, tauchen wir ein in das Festival mit einer breiten musikalischen Vielfalt und einem sehr friedlichen Publikum. Abgesehen davon, dass die Schweden berüchtigt dafür sind, jedem vor die Füsse zu rotzen und einen Alkohol-Konsum zu vernichten, dass schon am Mittwoch die ersten Bierleichen am Boden lagen und durch den feinen Sandstaub wie panierte Schnitzel aussahen. (Tin)
Mittwoch, 05.06.2024 (Erster Tag)
BLÄKLÄDER STAGE
The Southern River Band
Das Sweden Rock Festival 2024 wurde wie immer um 12:30 Uhr auf der kleinsten Bühne eröffnet, benannt nach einem Hersteller von Arbeitskleidung aus Schweden. Dafür war die Band, die eröffnen durfte, von Down Under. Zuerst gab es eine Ankündigung durch Moderatoren, die uns hier in der Schweiz gänzlich unbekannt sind. Die The Southern River Band legte mit typischem Aussie-Rock los. Ob das eines Tages ein grosser Wurf wie AC/DC oder Airbourne wird, wird sich wohl noch zeigen. (Rxx)
Dream Evil
Es war Zeit für die True Metaller, ihren Lieblingen die Huldigung zu machen. Das Phänomen Dream Evil verstand ich nie, das spielt aber keine Rolle, da die Jungs um Sänger Niklas Isfeldt die Leute vor der Bühne sofort begeistern konnten. Der Textpatzer zu Beginn brachte die Musiker nicht aus dem Konzept, sondern ein breites Grinsen auf ihre Lippen. Mit «Metal Gods» und «The Book Of Heavy Metal» zelebrierten Dream Evil ihren Metal und verliessen die Bühne als Sieger. (Tin)
Gaupa
Mit Gaupa ging es dann weiter. Die Jungs stammen aus Falun wie Sabaton, spielen aber eine Art Psychedelic Stoner Rock mit Ausdruckstanz. Sängerin Emma Näslund sang und ausdruckstanzte sich die Seele aus dem Leib. Man spürte einen grossen Zuspruch seitens des Publikums. Für die, die solche Musik mögen, hat die Truppe bestimmt alles richtig gemacht. Den Schreiber dieser Zeilen zog es dann irgendwann doch lieber rüber zu Michael Schenker. (Rxx)
Týr
Die färöische Folk Metal Band Týr brachte ihre einzigartige Mischung aus traditionellen Melodien und Heavy Metal mit einem elektrisierenden Auftritt auf die Sweden Rock Bühne. Die Verwendung alter färöischer Themen und nordischer Mythologie in der Musik der Band verlieh dem Festival eine besondere Note. Ihre Musikalität war tadellos, mit straffen Rhythmen, komplizierter Gitarrenarbeit und kraftvollem Gesang, der das Publikum mitriss. Die Setlist enthielt Fan-Favoriten wie «Hold The Heathen Hammer High», «Blood Of Heroes» und «By The Sword In My Hand».
Jeder Song wurde mit intensiver Energie vorgetragen, und das begeisterte Publikum sorgte für ein mitreissendes Erlebnis. Die Fans schwenkten Fahnen, sangen leidenschaftlich mit und bildeten Moshpits. Die Interaktion der Band mit dem Publikum, einschliesslich der einnehmenden Bühnenpräsenz von Frontmann Heri Joensen, verstärkte das Erlebnis noch mehr. Insgesamt war der Auftritt von T.Y.R. ein kraftvoller und denkwürdiger Auftakt des Festivals, der den Ton für die kommenden Tage angab. (Oli)
Tyketto
Wer kennt die Hymne «Forever Young» nicht? Die kam aber als letzter Song. Vorher mussten die Fans dieser legendären Hard Rock-Band um Gesangstalent Danny Vaughn mit vielen weiteren, eher nicht so allgemein bekannten Songs vorliebnehmen. Dazu zogen die parallel spielenden Megadeth viele Leute vor ihre Rock Stage. Trotzdem überzeugten Tyketto mit einem coolen Set. (Rxx)
PISTONHEAD STAGE
Crypta
Der brasilianische, rein weibliche Vierer um Fernanda Lira beeindruckte mitten am Nachmittag mit enormer Spielfreude. Dies war auch an den hohen Besucherzahlen im Pistonhead-Zelt auszumachen, die zu der Tageszeit normalerweise nicht so hoch waren. Während Death Metal von groteskem Horror bis hin zu fast schon komischer Gewalt reichen kann, verbinden Crypta das, was man als typische Dunkelheit bezeichnen könnte, mit einer Verletzlichkeit, die man im Death Metal nicht oft findet.
Dies war vermutlich auch einer der Hauptgründe, warum Crypta die gespannte Menge in ihren Bann zog. Fernanda ist stets eine souveräne Erscheinung, die sichtlich Spass an ihren Auftritten hat. Das musikalische Talent jedes einzelnen Mitglieds ist atemberaubend. Crypta haben die Menge zum Headbangen und Moshen inspiriert, und leider rückte mit jedem weiteren Song das Ende ihrer Show unerbittlich näher. Die vier Ladys haben an diesem Nachmittag total überzeugt, vielleicht auch wegen der Tatsache, dass sie zu den härteren Truppen des ganzen Festival-Lineups gehörten. (Oli)
Vicious Rumors
Wenn man in einem Raum voller ledergekleideter Metalheads steht, bekommt man vielleicht ein Gefühl dafür, wie es gewesen sein muss, eine Show einer berühmten Metalband zu sehen, als sie noch in Clubs spielte. So war es auch, als die Thrash Metal-Band Vicious Rumors auf der Zeltbühne auftrat. Die Thrasher aus der San Francisco Bay Area, die sich 1979 gründeten, drückten vom ersten Ton an. Die Fans strömten nur langsam zum Veranstaltungsort, wo lila und rote Lichter die Bühne beleuchteten und ihr ein unheimliches Gefühl verliehen.
Als Vicious Rumors die Bühne betraten, peitschten sie mit unvergleichlicher Geschwindigkeit durch ihr Set. Viele ihrer bekanntesten Stücke wie «Digital Dictator» und «Minute To Kill» spielten sie mit der gleichen Begeisterung, mit der sie schon 1987 spielten, als diese Songs zum ersten Mal veröffentlicht wurden. Vicious Rumors spielten mit viel Enthusiasmus, wahnsinnigem Talent und lieferten rohen Heavy Metal in seiner reinsten Form. Kombiniert mit dem Gesang, heulenden E-Gitarren, schnellen Bassriffs und einer Bassdrum, die man in der Seele spüren konnte, waren Vicious Rumors zweifellos bösartig, aber auf die bestmögliche Weise. (Oli)
Cirith Ungol
Die seit 1976 bestehende Kult Heavy Metal Band Cirith Ungol zog vorwiegend Kenner der Heavy Metal Szene in die Zeltbühne, benannt nach einem hiesigen Bier. Die US-Metaller sind auf einer Art Abschiedstour und dann soll Schluss sein. Dabei werden sie im Herbst 2024 auch in Basel zum ersten und letzten Mal in der Schweiz auftreten. Hier am Sweden Rock absolvierten sie einen soliden und routinierten Auftritt und sollten wohl keine unzufriedenen Fans zurücklassen. (Rxx)
SWEDEN STAGE
Orden Ogan
Ziemlich früh am Tag spielten die Powermetaller Orden Ogan um Frontmann Sebastian "Seeb" Levermann. Sie heizten mit einer ordentlichen Setlist, ihrer grössten Hits, dem Publikum ein. Die Songauswahl war für ein Festival perfekt gewählt. Die Truppe hat auch einiges an bekannten und leicht mitsingkompatiblen Stücken am Start, von denen sie rege Gebrauch machten. Vom Sound her konnten Band und Fans sehr zufrieden sein. Die Sauerländer haben aus ihren Alben wirklich all das gespielt, was der erfahrene und auch unerfahrene Besucher hören wollte oder sollte. Levermann war zudem der Einzige, der passend zum Album-Konzept von «Final Days» seinen futuristischen Mantel anbehielt. Endzeitstimmung hin oder her, alles in allem ein musikalisch gelungener Auftakt. Danke dafür! (Oli)
Biohazard
Die Brooklyn Hardcore-Legenden Biohazard spielten ebenfalls im Rahmen ihres 30-jährigen Album-Jubiläums von «State Of The World Address» in Schweden. Ihre Musik ist stark von ihren Vorbildern Agnostic Front geprägt, enthält allerdings auch zahlreiche Metal- und Hip-Hop-Elemente. An diesem Nachmittag gab es keine schwachen Songs. Alles Killer, kein Füller und jeder Song war ein Singalong. Das mittlerweile fortgeschrittene Alter der Bandmitglieder hatte keinen Einfluss auf die Intensität ihrer Darbietung, denn der Vierer schien ein neu entdecktes Feuer gewonnen zu haben. Gitarrist und Sänger Billy Graziadei sprang mit Gitarre in den Fotograben und enterte mit Hilfe der Fans die Frontrow. Ihr Gig war gut besucht von älterem Publikum, aber auch die jüngere Generation von Fans war anwesend. Es herrschte altersloser Optimismus, und auch wenn die Zeit verloren gegangen schien, war dieser Auftritt ein Beweis für die ungebrochene Kraft des Hardcore und für eine Band, die die Jahre überstanden hatte, ohne ihren Biss zu verlieren. (Oli)
Ice Nine Kills
Die Amerikaner von Ice Nine Kills sind mittlerweile bekannt für ihre mörderischen Shows, bei denen mehrere Protagonisten, mehr oder weniger brutal, ihr seliges Ende finden. Auch im Land der Elche wurden auf der Sweden Stage erneut Menschenopfer abgehalten, untermalt mit weniger brutalem Sound. Der Sänger und letztes verbliebenes Originalmitglied Spencer Charnas zog eine überzeugende Show ab, die von Song zu Song eine neue gruselige Geschichte erzählte. Ihr Auftritt glich einem lebendig gewordenen Horrorfilm: Die Bandmitglieder zogen aufwendige Kostüme an und bauten dramatische Requisiten in ihr Set ein.
Die Fans schienen angetan und sangen die Texte lautstark mit. Sie liebten die Mischung aus Theatralik und Heavy Metal. Die Theatralik ging weiter, inspiriert von Stephen Kings «Pet Sematary», komplett mit unheimlichem Nebel und beunruhigenden Visuals. Der Abend war eine Meisterklasse in der Verschmelzung von Performance und roher musikalischer Kraft und zeigte die einzigartige Fähigkeit von Ice Nine Kills, ein Konzert in ein eindringliches Horror-Erlebnis zu verwandeln. (Oli)
Dismember
Die schwedischen Death Metal Veteranen Dismember lieferten einen Auftritt, der sowohl brutal als auch berauschend war. Die Band, die für ihren rauen und aggressiven Sound bekannt ist, hielt sich nicht zurück und lieferte ein Set, das eine Meisterklasse des Death Metal war. Die Intensität ihres Auftritts wurde durch ihr technisches Können ergänzt und sorgte für eine wahrhaft denkwürdige Show. Sie spielten Klassiker wie «Override Of The Overture», «Dreaming In Red» und «Casket Garden». Jeder Song war ein unerbittlicher Angriff auf die Sinne, mit krachenden Riffs, rasanten Soli und kehligem Gesang.
Die Band spielte ebenfalls «Skinfather» und «Pieces», Tracks, die zu den Grundpfeilern ihrer Liveshows gehören und vom Publikum mit tosendem Applaus bedacht wurden. Die Reaktion des Publikums auf Dismember war schlicht und ergreifend grandios. Sie headbangten, moshten und schrien bei jedem Song mit. Die Energie, die in der Luft lag, war greifbar, und das unerbittliche Tempo der Band trieb die Menge in einen Rausch. Für viele Death Metal-Fans dürfte der Auftritt von Dismember ein Highlight des Festivals gewesen sein. Ein lebender Beweis für die ungebrochene Kraft des Old-School-Death-Metals. (Oli)
ROCK STAGE
Talisman – A Tribute To Marcel Jacob
Oh mein Gott! Wie schön war das denn? Zum ersten Mal in meinem Leben durfte ich Talisman live erleben. Auch wenn Bassist Marcel Jacob leider nicht mehr unter uns weilt, so war es ein Ohrenschmaus, die Band um Sänger Jeff Scott Soto und Trommler Jamie Borger (er spielte noch bei Swedish Erotica und Treat an diesem Festival mit) auf der Bühne zu sehen. Auch wenn der Einstieg in meinen Augen etwas holprig war, so hatten die Schweden ein Heimspiel und bis am Schluss mit der Hymne «I’ll Be Waiting» das Volk im Rücken, welches mit einem bärenstarken Chor die Band begleitete. Für alle die dabei gewesen sind, ein Gänsehaut-Moment, für alle anderen ein verpasstes, historisches Konzert. (Tin)
Riot V
Tja, was die Herren um Gitarrist Mike Flyntz und Bassist Donnie Van Stavern an diesem Tag ablieferten, war eine Offenbarung, die seinesgleichen sucht. Vom ersten Ton («Fight Or Fall») bis zur gefeierten Schlussnummer («Thundersteel») brillierte der Fünfer und hatte mit Sänger Todd Michael Hall einen der drei besten Sänger an diesem Festival. Da die Herren meinen absoluten Lieblingstrack («Magic Maker») spielten, konnten sie nichts falsch machen, und allein das Gitarrenspiel liess keine Wünsche offen. Die Jungs hatten sichtlich Spass an den zahlreichen Fans und liessen nichts anbrennen. Die Band aus den Staaten gehörte zu den absoluten Gewinnern an diesen vier Tagen, und so langsam sollten auch die ewig Engstirnigen bemerken, welch begnadete Truppe da auf der Bühne steht. (Tin)
Winger
Auf diesen Auftritt war ich sehr gespannt, wird doch noch heute Winger in die Poser-Ecke gedrückt, haben aber mit ihren Songs spielerisch mehr zu bieten als zum Beispiel Poison oder Pretty Boy Floyd. Dies bewiesen die Jungs um Bandleader Kip Winger an diesem Nachmittag auf eindrückliche Art und Weise. Wer kann es sich schon erlauben, zwei der grössten Hits gleich nach dem Opener zu spielen? «Seventeen» (einmal mehr mit einem Wahnsinns-Gitarrensolo von Reb Beach) und «Can’t Get Enough» liessen keine Wünsche offen, und als Jeff Scott Soto bei «Miles Away» auf die Bühne kam und Kip beim Gesang unterstützte, hatte dies einen mehr als nur magischen Moment. Die Jungs strahlten eine unglaubliche Spielfreude aus und gehörten zum Besten, was es an diesem Tag zu sehen gab. (Tin)
Electric Callboy
Ich mag den Sound der Deutschen überhaupt nicht. Dieser Tekkno-, Dancefloor-, Hardcore-, Metal-Mix scheint eher was für die Jüngeren zu sein, reisst bei mir aber keine Türen ein. Trotzdem muss ich den Jungs zugestehen, dass sie das, was sie machen, perfekt umsetzen und eine mitreissende Show bieten, die mit sehr viel Sympathie dargeboten wird. Sie sind schrill, bunt, wild und laden zu einer Party ein, die man sich auch auf dem Ballermann bestens vorstellen kann. Gesanglich war von cleanen Vocals bis zu bösartigem Growlen alles vorhanden. Wie auch die Papierschlangen, die ins Publikum geschossen wurden, die Pyros, welche die ersten Reihen erhitzten, und die Videosequenzen, welche den Songs noch mehr Unterhaltungswert gaben. Sie hatten Schweden auf ihrer Seite. Dies nicht nur mit der Cascada-Coverversion von «Everytime We Touch». (Tin)
Megadeth
Ja, Dave Mustaine war gesanglich sehr angeschlagen, und dies änderte sich erst mit zunehmender Spieldauer. Und ja, er schien geschwächt auf der Bühne zu stehen, was ihn zum Zitat «Sweden, it’s fucking cold here» hinreissen liess. In der Tat zeigte sich Schweden an diesem und den folgenden Abenden von seiner sehr frostigen Seite. Ansonsten bot Mega Dave einmal mehr eine unglaublich geile Performance, die durch den neuen Gitarristen Teemu Mäntysaari einen jungen Wilden an seiner Seite hat, der seinen Vorgänger Kiko (noch) nicht vergessen machen konnte. Die Setliste bot, was man sich von einem verkürzten Set der Amis erhoffen darf. Ein Hit jagte den nächsten («Dread And The Fugitive Mind», «Countdown To Extinction», «Hangar 18», «Trust», «Tornado Of Souls», «A Tout Le Monde», «Symphony Of Destruction», «Peace Sells», «Holy Wars»), und allein anhand der Spielfreude und des Dauergrinsens von Trommler Dirk Verbeuren wusste man, dass die Band in einer bestechenden Form ist. Wer heute noch neue Killertracks schreibt wie ein «We'll Be Back», zeigt auf eindrückliche Weise, welche Metal Band mit »M” metallischer und majestätischer ist… (Tin)
FESTIVAL STAGE
Hulkoff
Der schwedische Musiker und Namensgeber seiner Band, Pär Hulkoff, hatte am Festival ein echtes Heimspiel. Sein Stil wird oft als Mischung verschiedener Metal-Genres, gar als «Norrländsk Metal» (nordländischer Metal) beschrieben. Mit seinen ausschliesslich auf Schwedisch gesungenen Texten, die Wikingerthemen oder alte schwedische Götter behandeln, hatte er das Publikum rasch auf seiner Seite. Pär ist den Landsleuten besser bekannt von seiner Hauptband Raubtier, von der es viele T-Shirts im Publikum zu sehen gab. Sobald er mit seiner Band die Bühne betrat, war klar, dass Hulkoff von den Fans in Sölvesborg sehnsüchtig erwartet wurde. Sie jubelten ihm und der Band zu und feierten den Sound bis zum letzten Ton, der erst nach einer Stunde verstummte. (Oli)
Michael Schenker Group
Kann man mit einer Fellmütze auf derFestival-Stage aufmarschieren? Ja, man kann, und Michael Schenker liess es sich natürlich nicht nehmen, das Publikum zu begrüssen und das Set mit «Into The Arena» zu starten. Der Wind blies heftig vom Meer und machte so den Einstieg für den Deutschen alles andere als zu einem glasklaren Soundvergnügen. Was danach folgte, war ein Ohrgasmus sondergleichen mit einem Robin McAuley, der mit seinen 71 Jahren noch immer wie ein junger Gott singt, genauso aussieht und weiss, wie er sich auf der Bühne zu präsentieren hat. Das Set bestand mit Ausnahme eines Songs nur aus solchen der ersten drei Alben. Kracher auf Kracher folgte und liess Robin ein Dauergrinsen ins Gesicht meisseln. Michael manifestierte derweil, dass er auch ohne UFO-Songs einen mitreissenden Gig abliefern kann! (Tin)
Rival Sons
Nun gut, da stand ich nun mit dem Bewusstsein, dass speziell die weibliche Fanschar von den ekstatischen Bewegungen von Jay Buchanan in den feuchtfröhlichen Bann gezogen würde. Die holde Weiblichkeit folgte dem Lockruf des Sängers und bevölkerte den staubigen Platz vor der Bühne. Vom ersten Ton an war die Stimmung extrem gut, und die Rival Sons konnten sich förmlich in ihrem Erfolg baden. Ganz ehrlich, ich habe die Liebesbekundungen für die Jungs aus Long Beach nie begriffen. Auch nach diesem Auftritt nicht. Ihr garagiger Blues-Rock mit einem starken Hang zu den Siebzigern liess aber für die Fans keine Wünsche offen und so waren am Ende des Gigs alle mehr als nur zufrieden. (Tin)
Five Finger Death Punch
Vor dem Konzert trafen Roxx und ich Sänger Ivan Moody im Pressezelt und konnten ein paar Takte mit dem Shouter sprechen. Dabei erwies sich der Junge als äusserst netter Zeitgenosse, der angeblich sogar ein Leser unserer Seite sei. Als Roxx Ivan erzählte, dass er sich einmal im Fotograben vor seinen Wasserattacken in Sicherheit bringen musste, versprach er, zumindest mich zu verschonen. Was der Sänger tatsächlich auch tat und mich bat, kurz mal auf die Seite zu stehen, damit er die anderen begrüssen konnte. Dies mit einer sich leerenden Wasserflasche. Die Jungs waren in Spielfreude und als Ivan einem sehr jungen Fan, der am Absperrgitter stand, seinen Gehstock mit silbernem Knauf schenkte, hatte der 5FDP-Mainman die Sympathien auf seiner Seite. Mit einer fantastisch abgestimmten Lichtshow und den dazugehörigen Video-Screens konnten die Jungs aus Las Vegas nur gewinnen. (Tin)
Donnerstag, 06. Juni 2024 (Zweiter Tag)
BLÄKLÄDER STAGE
The Gems
Die ehemaligen Thundermother mussten mit ihrer neuen Band beweisen, dass sie den Alleingang rechtfertigen können. Dazu bot sich die Gelegenheit am zweiten Festivaltag um 11:30 Uhr. Auch wenn Sängerin Guernica Mancini noch immer mit extrem viel Sympathie auf der Bühne steht und sie offensichtlich liebt, was sie tut, gehen die Damen im direkten Vergleich mit ihrer alten Truppe unter. Mit ihrem bluesigen Hard Rock können sie jederzeit bestehen, wäre diese arsch-tretende Vergangenheit nicht. Ansonsten machten The Gems Spass und liessen die vielen Besucher vor der Bühne freudig mitklatschen. Sah man sich den Menschenauflauf bei der Autogrammstunde an, scheint zumindest im eigenen Land die Truppe einen sehr grossen Status zu haben. (Tin)
Iron Savior
Die Band wieder auf der Bühne zu sehen, zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen. Immerhin mussten Bandleader Piet Sielck und Bassist Jan Eckert ihre Krebserkrankungen in der letzten Zeit bekämpfen. Die Truppe stand mit einem Ersatzgitarristen auf der Bühne (Piesel war verhindert) und legte einen Judas-Priest-artigen Sound vor, den die Schweden mit bangenden Köpfen und gestreckten Fäusten abfeierten. Der leicht verspätete Start, was zu Lachern auf der Bühne sorgte, war der einzige Fauxpas. Ab dann liess es sich der Vierer nicht nehmen, eine Metal-Show zu geniessen, die mehr Fans verdient hätte. Mit dem Abschluss in Form von «Coming Home», «Condition Red», «Heavy Metal Never Dies» (geiler Publikums-Chor) und «Atlantis Falling» bewiesen die Hamburger, dass sie zu Unrecht noch immer keine grössere Aufmerksamkeit erhalten. (Tin)
DeWolff
Wie unterschiedlich das Sweden Rock Festival sein kann, zeigten nicht nur die Electric Callboys oder Scarlett, sondern auch DeWolff. Die Holländer boten mit ihrem »psychedelischen” Blues- oder Südstaatenrock eine weitere Facette des harten Rocks und spielten vor ihren Fans, die sich wie von einem Voodoo-Zauber in Trance versetzen liessen und dabei ihre Körper zu den Klängen der Jungs tanzen und verbiegen liessen. Wer hier wohl nicht die niederländische Nationalzigarette inhaliert hatte, kam sehr wahrscheinlich mit dem Sound nicht klar. (Tin)
Mystic Prophecy
Wieso die Deutschen nicht grösser in Erscheinung treten, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Sänger Lia und sein langjähriger Gitarrist Markus hatten auch an diesem Nachmittag sehr viel Spass in den Knochen und bewegten sich viel auf der Bühne. – Würde Markus nach Kilometern bezahlt, wäre er schon längst Millionär – Ihr brachialer Power Metal bekommt dank der Rhythmus-Sektion den nötigen Punch, um von den beiden Gitarristen als fester Boden für ihre Taten verwendet werden zu können. Songs wie «Metal Division», «Hellriot» oder «Metal Brigade» verfehlten ihre Wirkung nicht und liessen nicht nur einen zufriedenen und über beide Backen grinsenden Lia zurück, der seiner Antreiberrolle einmal mehr gerecht wurde. (Tin)
Bullet
Sie sind und bleiben Chaoten, die man aber einfach gern haben muss. Mit ihrem Judas-Priest-, AC/DC- und Accept-ähnlichen Sound sowie Pyros ohne Ende hielten Bullet einige Besucher beim Nachhausegehen davon ab, das Gelände vorzeitig zu verlassen. So versammelten sich viele Fans vor der Bühne und lauschten dem kernigen Sound der Schweden. Sänger Hell Hofer mit seiner kratzigen und whisky-getränkten Stimme sowie seine Saitenfraktion rissen die Bläkläder Stage mit «Riding High», «Dusk Till Dawn», «Fuel The Fire» und «Bite The Bullet» in Stücke und liessen sich zu Recht von den Anwesenden feiern. Seien wir ehrlich, was kann es Besseres geben, als einen Rausschmeisser-Gig von Bullet, um mit einem fetten Arschtritt und einem breiten Grinsen auf den Rückweg geschickt zu werden? (Tin)
SWEDEN STAGE
Lillasyster
Es gibt in jedem Land Bands, die in der eigenen Landessprache singen und über die Grenzen hinaus nicht so bekannt sind. So auch Lillasyster, die Hard Rock mit viel Haaren auf der Brust spielen. Es waren schon enorm viele Leute vor der Bühne, so dass man als Schweizer davon ausgehen kann, dass sie hier in Schweden sehr beliebt sind. So wurden sie von Tausenden frenetisch abgefeiert. (Rxx)
Swedish Erotica
Die legendäre und seit 1985 bestehende Hard Rock-Band Swedish Erotica erzeugte schon im Vorfeld viel Spannung. Wie sich die Recken heutzutage halten mögen, war die Frage. Man merkte sehr schnell, dass da noch viel Feuer besteht. Sie rockten nicht weniger als in jungen Jahren und überzeugten durch Spielfreude und Charisma. Noch dazu ein paar Gäste bei einzelnen Songs hinzugefügt, mit Musikern wie Henrik Danhage von Evergrey. Das Interesse war gross und man kann nur hoffen, dass wir diese coole Truppe auf Tour erleben können. (Rxx)
GloryHammer
Nun war Zeit für die Power Metal-Band von und mit Christopher Bowes (Alestorm), der wie immer unter der Kapuze hinten am Keyboard stand und nicht so auffiel wie bei seiner Stammband. Der Auftritt war wie immer voller Pathos und True Metal-Kitsch. Zum Glück untermalt mit einem humorvollen Sänger, der grossartig durch das Programm führte. (Rxx)
Satyricon
Abends um 20:30 Uhr, aber noch taghell, wurde es Zeit für die kultige Black Metal-Band Satyricon aus Norwegen. Wie immer mit der grossen Pommesgabel als Mikroständer eröffnete Sigurd «Satyr» Wongraven das gemeinsame Musizieren und zelebrierte eine simple, aber effektive Live-Show in Sachen epischem Black Metal. Obwohl zur gleichen Zeit W.A.S.P. auftraten, konnten Satyricon viele Fans vor der Bühne binden. (Rxx)
ROCK STAGE
Primal Fear
Wow, was die Jungs um Sänger Ralf Scheepers ablieferten, war gelinde gesagt eine Metal-Messe der obersten Güteklasse. Zurück auf dem Drumhocker sass Michael Ehré, der seinen Vorderleuten einen gehörigen Kick in den Allerwertesten versetzte. Ralf genoss den Auftritt sichtlich, war viel in Bewegung und liess das Sweden Rock mit seinen Screams erzittern. Der Einstieg mit «Chainbreaker» gelang bestens und wer im Verlauf des Sets auf Hits wie «The End Is Near», «Nuclear Fire» oder dem neuen «Another Hero» bauen kann, der wird mit erhobenem Haupte und einem zufriedenen Grinsen die Bühne verlassen. Bevor es so weit kam, schmetterten die Jungs (was Alex Beyrodt an der Gitarre bot, war einmal mehr oberste Liga) noch «Metal Is Forever» und «Final Embrace» in die Menschenmenge. (Tin)
Slaughter To Prevail
Oh mein Gott, Slaughter To Prevail versteckten sich hinter silbernen und goldenen Masken und zerstörten die Rock Stage mit ihrem Deathcore. Was die Jungs auf der Bühne anstachelten, entlud sich in einem wilden Moshpit in den Zuschauern. Was man davon halten will, wenn eine Band mit Adidas-Trainingshosen auf die Bühne kommt… Nun gut, heute soll ja nichts mehr aussergewöhnlich sein. Zumindest die jüngeren Fans hingen dem Vierer an Designerhosen und feierten Slaughter To Prevail ab. (Tin)
Kerry King
Gespannt waren wohl einige auf den Auftritt des ehemaligen (oder doch wieder) Slayer-Gitarristen Kerry King. Wie lange Death Angel-Shouter Mark Osegueda die Tracks von Kerry rausschreien kann, wird sich zeigen müssen. Zumindest mache ich mir da Sorgen für die zukünftigen Auftritte mit seiner Stammband. Ansonsten liess der Fünfer nicht nur die Riffs aufheulen, sondern auch die Pyros in den Himmel schiessen und legte den Schwerpunkt auf das Debütalbum, welches von drei Slayer-Tracks («Disciple», «Raining Blood», «Black Magic») ergänzt wurde. Kerry wurde von seinen Jüngern abgefeiert, ohne Wenn und Aber und machte frei nach dem Slayer-Motto keine Gefangenen. Nach vollbrachter Tat stampften Kerry und seine Jungs wieder von der Bühne mit der lässigen und coolen Art, wie man sie von Mister King kennt. (Tin)
W.A.S.P.
Dass Blackie Lawless seine Gigs noch immer im Sitzen absolvieren muss, war laut eigener Aussage der Verdienst des Arztes in Barcelona. Die Nachkontrolle ergab, dass er sich nochmals unters Messer legen musste, um seinen Rücken zu reparieren, und ihm somit ein 100%-Auftrittsverbot auferlegt wurde. Dies liess allerdings dem Bandleader ein dickes «fuck off» entlocken, weil er die Fans in Schweden nicht enttäuschen wollte. So stand, besser gesagt sass, der Hühne auf einem Barhocker, überliess die Show seinen Mitmusikern, Mike Duda (Bass) und Doug Blair (Gitarre) und startete in das Set mit dem eigentlich als Abschlusstrack bekannten «Blind In Texas».
Was für eine Eröffnung für knapp 75 Minuten, die ein Hit-Potpourri waren, die mir so schnell nicht mehr aus dem Gedächtnis gehen werden. Mit «Crazy» und «Miss You» kamen Songs zu Ehren, die mir ein meterhohes Hühnerfell bescherten und Blackie und sein Ensemble zu den ganz grossen Siegern machten. Dass beim Abschluss von «I Wanna Be Somebody» nach bester achtziger Tradition das Publikum in zwei Teile getrennt wurde und sich dem Wettkampf, welche Seite lauter singen würde, hingab, war nur noch die Kirsche auf der süssen Sahnetorte. (Tin)
Parkway Drive
Nach W.A.S.P. konnten die Jungs von Parkway Drive nur noch verlieren. Aber da hatte ich einmal mehr die Rechnung ohne die Fans gemacht. Die australische Metalcore-Truppe stachelte das Publikum nochmals kräftig an, konnte aber auch nicht verhindern, dass viele Leute nach dem Headliner Journey schon auf den Weg in ihre Unterkünfte und Zelte unter die Füsse nahmen. Was übrigens bei allen Truppen der Fall war, welche das «Vergnügen» hatten, nach den Headlinern aufzutreten. Parkway Drive versuchten mit brachialer Gewalt nochmals die Reserven der Fans zu mobilisieren und schickten unzählige Feuersäulen gegen den Himmel, um die Stimmung nochmals anzuheizen. Die jungen Fans feierten mit den Australiern und beendeten den zweiten Tag mit einer ausgelassenen Stimmung. (Tin)
FESTIVAL STAGE
Graveyard
Die schwedischen Graveyard haben es irgendwie geschafft, zu Helden der Stoner-Rock-Szene zu werden, ohne dabei wie die führenden Köpfe des Genres zu klingen. Ihre Wurzeln liegen im schweren Blues-Rock, mit viel kompliziertem Gitarrenspiel, und es gibt wenig in ihrem Repertoire, das sich falsch anfühlen würde, wenn sie 1971 und nicht 2023 auf der Bühne gestanden hätten. Der raue Gesang von Joakim Nilsson und die authentischen Blueswailing-Gitarren von Jonatan Larocca-Ramm heben Graveyard von ihren Mitstreitern ab.
Ihr hochgelobtes (schwedisches) Durchbruchs-Album «Hisingen Blues» bildete auch am Sweden Rock das Rückgrat ihres Sets. Nach einem eher ruhigen Auftakt kamen sie schnell in Fahrt und ab «Cold Love» wurde es richtig rockig. Besondere Highlights waren «Slow Motion Countdown» und das stürmische «Ain't Fit To Live Here». Graveyard boten eine lobenswert straffe, gut ausgeführte Performance, die eindeutig auch von der Tatsache profitierte, dass der Trupp bereits seit Mitte April erfolgreich durch Europa tourt und es sich lohnte, an diesem Wochenende nach Sölvesborg zu kommen. (Oli)
Extreme
«More Than Words» war wohl die Hymne, auf die alle gewartet haben oder die zumindest jeder Zuschauer gekannt hat. Die Amerikaner, mit dem Gitarrengenie Nuno Bettencourt an Bord, hatten ihre beste Zeit in den 90ern und diese galt es nun zu feiern. Ihre Show startete mit einem Doppelpack vom sicherlich bekanntesten «Pornograffitti»-Album: «It’s A Monster» und «Decadence Dance». Dann der Schlenker zum aktuellen Release mit «Rebel». Es ging direkt voll nach vorne. Frontmann Gary Cherone ist ein absoluter Entertainer. Das sah man schon am Outfit und an seinem Auftreten. Es war eine Freude, ihm zuzusehen, gerade als Fotograf.
Der Sänger mit seinem Glitzerhemd und der in schlichtem Grau gehaltenen Weste beackerte die Bühne in der gesamten Breite, stand auch mal auf den grossen Lautsprechern vor dem Publikum oder setzte sich auf einen der Amp-Türme am Bühnenrand. Beim nachfolgenden Song bekam das Publikum noch eines von vielen, feinen Gitarrensolos aus dem Hause Bettencourt geboten. Nach diesen vier Songs wurde merklich Tempo rausgenommen, was das Publikum allerdings nicht störte. Extreme spielten ein abwechslungsreiches Set mit Songs ihrer gesamten Laufbahn. Wem es gefiel, der blieb, wem weniger, der hörte sich das Ganze aus der Ferne im Campingstuhl an. Spätestens bei der eingangs erwähnten Ballade waren kurzzeitig alle wieder aktiv – aktiv am Mitsingen! (Oli)
The Black Crowes
The Black Crowes schlagen in eine ähnliche Kerbe wie ihre Kollegen von Extreme, zumindest wenn man das Jahr ihrer wegweisenden Alben als Kriterium mit einschliesst. Ihr Debüt «Shake Your Money Maker» schlug 1990 ein wie eine Bombe. Ihr Hippie-Bluesrock stand hoch im Kurs, bis sich die Gebrüder Robinson verkracht haben. Jahre später wiedervereint, bespielt die Kapelle erneut Bühnen in aller Welt. Mit grosser Spielfreude eröffneten die «Krähen» ihr Set und begeisterten von Beginn an. Die Abwechslung zwischen älteren und neuen Songs sorgte stets für gute Unterhaltung bei den Fans. Die Truppe mit Backgroundsängerinnen begeisterte von Anfang bis Ende, und bei den beiden Klassikern, dem Otis Redding-Cover «Hard To Handle» und «Remedy», rastete das Publikum nochmal so richtig aus. Letzteres beendete, nach dem ebenso erfolgreichen «Jealous Again», schliesslich auch ihr Set auf der Hauptbühne. (Oli)
Journey
Journey liessen sich ihr Alter kaum anmerken, als sie am Freitag vor breit versammeltem Publikum mit einem 90-minütigen Set mit 18 Liedern ihr 50-jähriges Bestehen feierten. Die Klassik-Rocker, deren Musik generationenübergreifend ist, spielten ihre Hits, darunter auch ein paar obskure Stücke und eines von ihrem im letzten Jahr veröffentlichten, von der Kritik gefeierten Album «Freedom». Natürlich sind die amtierenden Journey nicht die Journey von damals. Aber die aktuelle Besetzung besteht immerhin noch aus dem Originalmitglied Neal Schon (69) an der Gitarre und dem langjährigen Keyboarder Jonathan Cain (73). Der Rest ist sozusagen Frischfleisch. Sicher, Puristen vermissen auch den Originalsänger Steve Perry, aber der alterslose Arnel Pineda, jetzt 55, klingt wie Journey.
Die Band verschwendete keine Zeit und eröffnete mit «Only The Young», das von einem Gitarrensolo von Schon abgeschlossen wurde. «We're going to take you to San Francisco right now», sagte Schon, als er die Ballade «Lights» einleitete. Beeindruckend waren stets die Bild- und Filmeinspielungen auf der riesigen Leinwand in der Mitte der Bühne. Die Ausgewogenheit zwischen Balladen und Rockern verhinderte, dass die Setlist bald langweilig wurde. Ein ausgedehnter Jam leitete «Wheel In The Sky» ein, wobei geschnürte T-Shirts in die Menge geworfen wurden. Journey verzichteten auf die traditionelle Zugabe und beendeten die Show mit «Any Way You Want It» und «Don’t Stop Believin’». Ihr Konzept schien an diesem Abend aufzugehen. Vermutlich auch deswegen, weil Journey die grössten Hits bis zum Schluss aufgespart hatten. (Oli)
Freitag, 07. Juni 2024 (Dritter Tag)
BLÄKLÄDER STAGE
Velveteen Queen
Freitagmorgen, die Frisur sitzt und man begibt sich auf den Weg zur Bläkläder Stage, um von einem kurzen Regenschauer ins nächstgelegene Zelt gejagt zu werden. Da dieser, der Regenschauer, nur knapp seine Tat vollbrachte, fanden sich sehr viele bei den Hoffnungsträgern Velveteen Queen ein. Eine Truppe, die sehr viel Guns N' Roses in der Muttermilch hatte. Die Präsentation war … okay! Man merkte den Herren die Nervosität an, die mit einer noch grösseren Rockstarattitüde versucht wurde, zu überspielen. Die Hits, an die man sich nach dem Gig erinnern konnte, fehlten ebenso, und so mussten die jungen Groupies die Jungs nach dem Gig glücklich machen. (Tin)
Spiders
Die Truppe aus Göteborg mussten nicht allzu weit anreisen, um mit ihrem Arsch tretenden Rock'n'Roll zu überzeugen. Dabei stellte sich Sängerin Ann-Sofie Hoyles als arschcoole Rampensau heraus, die auch mal den Gesang an einen der Mitmusiker abtrat und sich an der Gitarre bewährte. Eine wirklich gelungene und authentische Show der musikalischen Spinnen, von denen man sich mehr wünschen würde. (Rxx)
Imminence
Der Platz vor der Bühne war bereits gut gefüllt, als Imminence ihre elektrisierende Energie auf die Bretter brachten. Sie lieferten eine Meisterklasse in modernem Metalcore ab, die das Publikum in Ehrfurcht erstarren liess. Von dem Moment an, als sie die Bühne betraten, war klar, dass das schwedische Quintett es ernst meinte. Mit dem hymnischen «Paralyzed» hatten Imminence das Publikum sofort im Griff, und ihre schwebenden Melodien und krachenden Breakdowns entlockten den Fans ein Grinsen ins Gesicht. Frontmann Eddie Berg war eine Naturgewalt, sein kraftvoller Gesang schnitt wie ein Messer durch die Luft, während er die Band durch eine Setlist führte, die ihre gesamte Karriere umfasste.
Aber es war nicht nur das musikalische Können von Imminence, das beeindruckte – es war auch ihre Bühnenpräsenz und der Kontakt zum Publikum. Berg schritt mit seiner Violine über die Bühne wie ein Besessener, während die Gitarristen Harald Barrett und Alex Arnoldsson eine Flut von Riffs und Rhythmen losliessen, die Schockwellen durch die Menge sandten. Als sich ihr Auftritt dem Ende zuneigte, war klar, dass Imminence einen unauslöschlichen Eindruck in ihrer Heimat hinterlassen hatten. Mit ihrer kraftvollen Performance hatten sie wieder einmal bewiesen, warum sie eine der aufregendsten Bands im modernen Metalcore sind. (Oli)
Decapitated
Die härteren Klänge dieses Nachmittags kamen von den polnischen Death Metal-Ausnahmekönnern Decapitated. Ihr Auftritt war geprägt von einem klaren und knüppelharten Sound, der dafür sorgte, dass die Kraft ihrer Songs voll und ganz spürbar war und von einem Pit-hungrigen Publikum aufgenommen wurde. Ihr Set konzentrierte sich hauptsächlich auf älteres Material und auf ihr letztes Album «Cancer Culture». Diese Songs kamen gut an und waren wild genug, um dem Moshpit keine Atempause zu gönnen. Die Band selbst ist eine gut geölte Death Metal-Killermaschine.
Die Riffs von Vogg sind wahrhaft grausam und leicht als Waffe einsetzbar, während die gnadenlose Gesangsattacke von Rasta gut zu seinem freundlichen Auftreten passt. Der britische Schlagzeuger James Stewart ist eine Bereicherung für die Band, nachdem er sich durch viele angesehene Extreme Metal-Bands gearbeitet hat. Die Band schien absolut begeistert zu sein, in Schweden auf der Bühne stehen zu können, und das Publikum war ebenso begeistert, Decapitated zu sehen. (Oli)
Care Of Night
Es kann durchaus passieren, dass man sich bewusst ist, eine Band nach dem Fotografieren nicht mehr konsumieren zu wollen. So war es bei mir, da ich im Grundsatz nur Bilder von Dimmu Borgir machen wollte. Das infernalische Endzeit-Drama hatte aber etwas Packendes, sodass ich nur noch die letzten Klänge von Care Of Night mitbekam. Augen- und Ohrenzeugen zufolge hat das schwedische Trio mit ihrem Melodic Rock aber nochmals alle begeistern können. Für die, die nicht im dunkelblauen Nebel von den kreischenden Grunzgeräuschen von Shagrath zum Tode geweiht waren, bot Care Of Night einen wundervollen bunten Strauss an farbenfrohen Melodien. (Tin)
PISTONHEAD STAGE
Rockklassiker Allstars
Dieses Format wird immer am Sweden Rock Festival in der vollgestopften Zeltbühne veranstaltet. Dabei weiss man nie so genau, wer von den bekannten schwedischen und internationalen Musikern auf der Bühne stehen wird. Auf jeden Fall waren Eclipse-Gitarrist Magnus Henriksson und Blaze Bayley mit bei dem Jam. Kaum wurde der Set der Allstars beendet, ging auf dem Werstling Ring, der hinter dem Mischult aufgegaubt war, eine überraschende Show von D-A-D los. Die Dänen spielten 25 Minuten und stellten gleich zwei neue Songs vor. (Rxx)
F.K.Ü.
Das Quartett aus Uppsala habe ich kurz vor dem SRF kennengelernt, da ich ein Review über ihre neue Platte "The Horror And The Metal" schreiben durfte. So war meine Neugierde auf ihren Liveauftritt geweckt. Die Band hatte ihrem Sound einen scharfen, trockenen und aggressiven Klang verliehen, sodass die Aggressivität ihrer Musik deutlich spürbar wird. Ihre Songs sind stark von der US-Thrash-Szene geprägt, insbesondere von Bands wie Exodus, Testament oder Forbidden, verfügen jedoch über einen sehr guten Sinn für Melodien und einen feinen technischen Reiz.
Visuell hatte ich mich auf ein nordamerikanisches Horror- und Gore-Filmset eingestellt, was aber leider nicht zum Einsatz kam. Die Truppe verzichtete auf jeglichen Firlefanz, sogar stellenweise auf Licht, und liess stattdessen ihre Musik sprechen. Das Publikum war begeistert von so viel eingängiger Einfachheit und grölte zu Titeln wie «(He Is) The Antichrist», «The Spawning», «Don't Have To Go To Texas» oder «Harvester Of Horror» lauthals mit. Auch das restliche Material funktionierte nach demselben Prinzip, aber jeder Thrash Metal-Maniac blieb bis zum Schluss. Wer die Arbeit von F.K.Ü. bis dato noch nicht kannte, wurde mit diesem Gig sicherlich positiv belohnt. (Oli)
Truckfighters
Die einheimischen Stoner-Rocker Truckfighters hatten spät abends im Zelt nicht mehr ganz so viele Zuhörer, aber dafür die richtigen. Spielfreudig und stampfend verwandelte das Trio das Zelt in eine Partyhöhle. Was will man mehr auf so einem Festival? (Rxx)
SWEDEN STAGE
The Haunted
Als lautstarker Wecker präsentierten sich The Haunted, und sie weckten die Menge zum Frühstück mit ihrem punkigen Death Metal. Die Gitarristen Ola Englund und Patrik Jensen demonstrierten ihre schweren Riffs, die perfekte Untermalung für den schreienden Marco Aro. Das morgendliche Set war prägnant und kraftvoll und peitschte die Menge mühelos in einen Rausch mit elektrisierenden Songs vom Kaliber "The Medication", "99", "All Against All" und dem krachenden "Hate Song". Nach einer Stunde Spielzeit beendeten die Göteborger ihr Konzert mit dem kathartischen "Bullet Hole". Trotz der offensichtlichen Erschöpfung des Sängers war dieser noch für seine Fans da und nahm sich die Zeit für High Fives und Handshakes. Eine tolle Band, die nun auch schon fast dreissig Jahre im Musikbusiness ist. (Oli)
Carcass
Bei strahlendem Sonnenschein und in "schwedischer Hitze" betraten die britischen Grindcore-Extreme-Metal-Pioniere Carcass die Bühne. Jeff Walker, Bill Steer, Tom Draper und Daniel Wilding waren von der ersten Sekunde ihres Auftritts an scharf, böse und bissig! Sie traten der Menge ordentlich in den Arsch und bewiesen, warum sie immer noch zu den wichtigsten Death Metal-Bands aller Zeiten gehören. Carcass spielten einen fantastischen Mix aus Songs von all ihren Alben, wobei der Schwerpunkt auf ihrem letzten Werk "Torn Arteries", ihrem Höllenalbum "Surgical Steel" und dem Meisterwerk "Heartwork" lag.
Die Moshpits tobten wie verrückt, der Staub flog meterhoch in die Luft und wurde vom Wind in alle Richtungen getragen. Jeff begann schliesslich, den Leuten Wasserflaschen zuzuwerfen, damit sie sich erfrischen konnten. Nachdem sie das brillante «Heartwork» gespielt hatten, setzten Jeff und seine Gefolgsleute zu einem rücksichtslosen Überschallangriff an. «Exhume To Consume», «Tools Of The Trade» und «316L Grade Surgical Steel» brachten jeden Einzelnen dazu, sich kopfvoran in den Pit zu stürzen. Es war ein höllisch grandioser Auftritt! (Oli)
Canned Heat
Eine der Originalbands, die noch in Woodstock spielten, statteten der schwedischen Küstenregion einen kurzen Besuch ab. Canned Heat, die vierköpfige Band aus Los Angeles, brachten ihren Blues- und Boogie-Stil auf die Sweden Stage. Adolfo "Fito" de la Parra (Schlagzeug) ist das letzte verbliebene Mitglied der Woodstock-Besetzung. Die restlichen Herren sind auch nicht mehr gerade taufrisch, bringen jedoch mit ihren Instrumenten genau die Stimmung auf die Bühne, die es braucht. Während Battle Beast die grosse Bühne rockten, war der Platz vor der kleineren Sweden Stage rappelvoll. Die Leute lachten, tanzten und hatten Spass mit dem Altherrenklub. Die Band eröffnete die Show mit einer mitreissenden Version von «On The Road Again» und gab den Ton für einen grossartigen Abend mit rockigem Blues an.
Nach etlichen weiteren Songs war es der inoffizielle Woodstock-Titelsong «Going Up The Country», der die Menge auf Trab brachte. Die Band rockte weiter zu ihrer Cover-Version von Wilbert Harrisons «Let's Work Together», und Dale Spalding sorgte ab und zu für Lacher, da er immer wieder die Setliste falsch im Kopf hatte. Das sechzigminütige Set endete mit einem ausgedehnten Jam von «Refried Boogie», der diese 60er-Jahre-Rückblende in einer Aura des Friedens und der Liebe abschloss. (Oli)
Thy Art Is Murder
Die australische Deathcore-Institution Thy Art Is Murder kam aus Blacktown, New South Wales, um die Seelen aller Konzertbesucher mit ihrer zermürbenden, harten und wütenden Performance zu zermalmen. Die Band, die ihr 2023 erschienenes Album "Godlike" live promotet, wird vom talentierten Tyler Miller von der australischen Technical Deathcore-Band Aversions Crown angeführt, da der ikonische Chris "CJ" McMahon vor kurzem endgültig mit der Musik aufgehört und eine Karriere als Immobilienmakler begonnen hat.
Sie legten einen soliden Auftritt hin, und Songs wie «Slaves Beyond Death», «Death Squad Anthem», «Make America Hate Again» und natürlich «Puppet Master» trieben alle Fans in den wilden, staubigen Moshpit, der sich mittig der Bühne wild bewegte. Konzerte vorzeitig zu verlassen ist an Festivals nichts Neues, da sich manche Bands zeitlich überschneiden. So verschwand plötzlich ein Grossteil des Publikums Richtung Rock Stage, auf der meiner Meinung nach die völlig überbewerteten Hives spielten. Miller und Co. zogen ihre Show natürlich professionell durch und feierten mit den übriggebliebenen Fans ein lautes und staubiges Deathcore-Fest. (Oli)
ROCK STAGE
Treat
Zuerst sollte Roxx den Bericht zu meinen Helden schreiben, da ich aber unbedingt das komplette Konzert sehen wollte und somit den Gig der Rockklassiker Allstar ausfallen liess, wurde mir kurzerhand auch der Bericht von Treat überlassen. Was soll ich sagen? Sie kamen, sahen und siegten und waren für mich einer der fünf Höhepunkte an diesem Festival. Allein das Dauergrinsen von Sänger Robert Emlund war mitreissend genug, um meinen Enkeln von diesem Auftritt zu erzählen. "Grandpa, tell me a story..." Zum dritten Mal sass Jamie Borger an diesem Festival an den Drums und tischte endlich wieder seine Stickshow auf.
Musikalisch liessen die Jungs nichts anbrennen und starteten mit "Skies Of Mongolia". Dabei nahmen sie die Besucher auf eine Zeitreise mit den jeweils passenden Backdrops auf der Videoleinwand. "Papertiger", "We Own The Night", "Sole Survivor", "Rev It Up", "Get You On The Run" und "Conspiracy" liessen die Fans, analog zu Talisman, in einem musikalischen Freudentaumel schwelgen. Als am Schluss noch der grosse Hit "World Of Promises" gespielt wurde, gab es vor der Bühne kein Halten mehr, und die Musiker liessen sich förmlich von dieser Erfolgswelle von der Bühne tragen. (Tin)
Black Stone Cherry
Jetzt war es Zeit für coolen Southern Hard Rock aus Kentucky. Black Stone Cherry boten, wie man es von ihnen gewohnt ist, eine coole und stimmige Show mit grosser Spielfreude und einer Attitüde, wie nur sie es können. Hits wie «Blame It On The Boom Boom» oder «White Trash Millionaire» sprachen für sich und dürften wohl kaum eine Hüfte oder einen Fuss unbewegt gelassen haben. (Rxx)
Battle Beast
Die Power Metal-Band rund um die charismatische Sängerin Noora Louhimo dürfte wohl kaum jemandem unbekannt sein. Sie durften sich auch auf der zweitgrössten Bühne austoben. Es fanden sich ordentlich Leute vor der Bühne ein. Geboten wurde eine für die Band übliche Live-Show. Nicht mehr und nicht weniger. (Rxx)
The Hives
Bei den schwedischen Alternative-Rockern kamen viele Leute, um zu schauen und zu hören. Schnell machte sich bemerkbar, dass diese Band hier viele Anhänger hat. Es wurde auch viel Kritik laut, ob solche "Comedy" und das Gequatsche wirklich nötig waren. Mehr Musik und weniger Albernheit wären angebrachter gewesen. Für den Schreiber dieser Zeilen war es ein belangloser Auftritt. (Rxx)
Dimmu Borgir
Die norwegischen Symphonic Black-Metaller öffneten an diesem Abend definitiv die Pforten der Hölle. Es war eine Symphonie der Apokalypse und man erwartete, dass sich demnächst ein Portal für Dämonen öffnen würde oder Tote aus der Erde emporsteigen. Die ganze Bühnenshow war grossartig inszeniert. Shagrath führte sicher durch das Programm und spätestens bei "Progenies Of The Great Apocalypse" waren wohl die letzten überzeugt, dass Dimmu Borgir zu den grossartigsten Live-Bands gehören. (Rxx)
FESTIVAL STAGE
Nestor
Nach dem grandiosen Auftritt von Treat hätte ich meine komplette CD-Sammlung verwettet, dass Nestor mit wehenden Fahnen untergehen würde. Zum Glück hatte ich keinen Wettpartner, denn Nestor füllten den Raum vor der Festival Stage und die Schwedinnen erlagen dem schwedischen Journey-Sound der Shootingstars. Auch wenn man den Jungs von vielen Seiten vorwerfen kann, dass die Songs am Reissbrett geschustert werden und alles zu glatt klingt, so scheinen die Musiker den Nerv der Zeit und der Fans zu treffen. Für die Herren der Schöpfung waren zumindest die Cheerleaders auf der Bühne eine Augenweide, während ihre Freundinnen die Augen nicht mehr von Sänger Tobias Gustavsson lassen konnten. (Tin)
Heavy Load
Nach Nestor erschien ein weiteres Phänomen auf die Bühne. Wieso Heavy Load auf der grössten Bühne spielen durften, schien nicht nur für mich ein kleines Wunder zu sein. Bei keiner anderen Truppe war es dermassen "leer" vor der Bühne. Die Truppe um den singenden Gitarristen Ragne Wahlquist hatte einen schweren Stand, auch wenn ihre treuen Fans ihnen die Stange hielten, an der die Metal-Fahne gehisst wurde. Die 1976 in Stockholm gegründete Truppe pfefferte ihren Metal-Sound in die Menge und konnte mehr als nur einen Achtungserfolg für sich verbuchen. Der Schreckmoment hatte die Combo mit ihren Böllern und Pyros immer wieder auf ihrer Seite. Trotzdem blieb ein fader Beigeschmack, wenn man am gleichen Tag Battle Beast auf der Rock Stage spielen liess, die sicherlich mehr Leute angezogen hätten. (Tin)
Evanescence
Die Amis um Sängerin Amy Lee liessen Schweden wieder hochleben. Mit ihrem Alternative-Nu-Metal zogen die Fünf die Massen an. Ein Hingucker war Bassistin Emma Anzei, die mit ihrer Performance so ziemlich alles richtig machte und in ihrer eigenen Welt völlig aufging. Mit einer ausgezeichneten Lichtshow wurden die Klänge in den passenden Farben ins rechte Licht gerückt. Herausragend war auch die Performance von Trommler Will Hunt, der mit jedem Schlag auf sein Instrument der Musik noch einen "mächtigeren" Wumms verlieh. Evanescence waren das pure Kontrastprogramm zu Heavy Load. In fast allen Belangen hinterliessen sie eine freudig erschöpfte Menge vor der Bühne. (Tin)
Judas Priest
Verdammt, sie spielten «Love Bites» schon wieder nicht, meine Helden aus der Jugend. Das war dann auch schon der einzige Negativpunkt bei Judas Priest, wenn man überhaupt von einem sprechen kann. Dafür schaffte es «Riding On The Wind» wieder ins Programm, das von Trommler Scott Travis mit unglaublicher Energie vorgetragen wurde. Die Engländer hatten Schweden im Griff und liessen diesen metallischen Griff nicht mehr los. Mit einem Hit-Repertoire, das sich gewaschen hatte, liessen Rob Halford (Gesang), Ian Hill (Bass, sein Bewegungsradius beschränkte sich zwar wieder auf einen Bierdeckel, aber seine Energie und Performance sucht seinesgleichen) und seine Jungs nichts anbrennen.
Speziell Andy Sneap spielt sich immer mehr ins Bandgefüge ein und hat sich mittlerweile zusammen mit Richie Faulkner zu einem grundsoliden und faszinierenden Gitarrenduo eingespielt. Die Vielseitigkeit, die das Quintett immer noch bietet, umfasst die gesamte Bandbreite des Metals. Sei es das rockigere "Turbo Lover", das verspielte "Sinner" oder das schnelle "Invincible Shields". Wenn Rob mit seiner Harley auf die Bühne fährt, erwacht bei allen immer noch die Faszination für Judas Priest und macht "Hell Bent For Leather" zu einem der grössten Hits der UK-Legende. Mit "Living After Midnight" endete eine Show, die alles bot, was sich ein Metal-Head wünscht. (Tin)
Vierter Tag - Samstag, 08.06.2024
BÄKLÄDER Stage
Scarlet
Scarlet, eine aufstrebende Melodic-Metal-Band, lieferte einen Auftritt in den frühen Morgenstunden ab, der sowohl erfrischend als auch kraftvoll war. Die dynamischen Stimmen des weiblichen Duos, Scarlet und Thirsty, sowie ihre Bühnenpräsenz waren die Highlights des Auftritts. Die Geburtsnamen der Sängerinnen sind angeblich unbekannt, jedoch wird gemunkelt, dass es sich bei Scarlet um Linnéa Vikström handelt, die auch seit einem Jahr bei Thundermother das Mikrofon bedient. Die straffe Instrumentierung und die einnehmenden Melodien der Band sorgten für eine fesselnde Show, die einen bleibenden Eindruck hinterliess. Diesen Eindruck verstärkten auch die Tänzerinnen, die das Duo stellenweise mit akrobatischen Einlagen begleiteten.
Ansonsten kam von der Bühne nicht viel, da ihr Sound von einem DJ eingespielt wurde, der in der Mitte der Bühne thronte. Ihre Setliste enthielt Klischee-Klassiker wie "Heavy Metal Anthem", "Love Heroin" und "Beauty & Beast". Jeder Titel zeigte jedoch die Fähigkeit der Band, harte Riffs mit melodischen Hooks nahtlos zu verbinden. Die Fans, von jung bis alt, genossen den Auftritt sichtlich, sangen bei den eingängigen Refrains mit und headbangten zu den schweren Riffs. Der Auftritt von Scarlet war ein Beweis dafür, dass die Metalszene erweiterbar und offen für neue Formate ist – Hauptsache, die Show ist energiegeladen und unvergesslich. (Oli)
Riverside
Es war ein idealer Moment für Prog-Rock mit Riverside aus Polen. Auch diese Band hatte mit der Konkurrenz einer gleichzeitig spielenden Band zu kämpfen, nämlich den einheimischen Pain. Dennoch zog es echte Fans guten Progressive Rock vor die Bühne. An der Band lag es nicht. Technisch hochstehend wie immer, überzeugten Riverside. (Rxx)
Lucifer
Die okkulte Heavy-Rock-Band aus Stockholm zelebrierte einen astreinen Auftritt mit der fantastischen Sängerin Johanna Sadonis. Diese wurde von einem Statisten, der als Geissbock maskiert war, auf die Bühne geführt. Dann ging es los, und kaum einer durfte unbeeindruckt sein. Obwohl The Darkness auf der grossen Festival-Stage viele Zuschauer anzogen, konnten sich Lucifer nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen. Im Gegenteil, das Publikum feierte diese beeindruckende Live-Band begeistert ab. (Rxx)
Igorrr
Ist es nun Black Metal? Ist es eine Art "House Music" mit barockem Einschlag? Wohl von allem ein bisschen. Weiter ging es mit Igorrr aus Frankreich. Auffälligste Figur war die Sängerin Marthe Alexandre, die mit ihrem Gesang und Tanz alle in ihren Bann zog. Zweitsänger JB Le Bail mit Corpsepaint im Gesicht steuerte den Black-Metal-Anteil dazu. So etwas hat man selten gesehen. Igorrr erweisen sich als innovative und frische Truppe im grossen Musikzirkus des Metals. Grossartig! (Rxx)
PISTONHEAD STAGE
Eternal Evil
Die Zeltbühne wurde heute von der Black/Thrash-Truppe Eternal Evil aus Stockholm eröffnet. Wer Bands wie Slayer und Sodom mit einem Einschlag der 80er mag, könnte an Eternal Evil Gefallen finden. Man kann gespannt sein, wie weit es diese Band noch bringen wird. (Rxx)
Avatarium
Wenn man zwischen HammerFall und Alice Cooper auf der Zeltbühne spielen muss, könnte man meinen, dass diese Epic-Doom-Band die Arschkarte gezogen hat. Mitnichten! Das Zelt war gut gefüllt und die Band aus Stockholm überzeugte mit der besagten Epik und Wucht, wie es im Doom Metal üblich und erwünscht ist. Eine vereinnahmende Show und eines der Besten aus diesem Genre. (Rxx)
Vltimas
Den Abschluss auf dieser jährigen Zeltbühne gaben Vltimas um David Vincent (Ex-Morbid Angel) sowie weitere Grössen der Death Metal-Szene. Was den restlichen Zuhörern, die nicht bei Avantasia, die gleichzeitig spielten, waren geboten wurde, war eine grossartige Black/Death-Metal-Show der Superlative. Bleibt zu hoffen, dass wir Vltimas auch bald einmal live in der Schweiz sehen werden. (Rxx)
SWEDEN STAGE
The Baboon Show
Verrückter geht immer! So könnte man die Show der Punk-Rock-Band The Baboon Show beschreiben. Die abgedrehte Art von Sängerin Cecilia Boström sucht ihresgleichen. Das kann man nun verstehen, wie man will. Entweder es gefällt oder nicht. Die Dame und die ganze Band polarisieren definitiv. Mehr kann man dazu nicht sagen. (Rxx)
Zeal & Ardor
Nun wurde es Zeit den einzigen Beitrag aus der Schweiz. Die bereits recht beliebte und ungewöhnliche Band aus Basel um Manuel Gagneux an Gitarre und Gesang faszinierte und zog die recht wenigen Zuschauer mit ihrer düsteren Darbietung in ihren Bann. Die meisten zog es wohl rüber zur Rock Stage, wo Steel Panther ihre Comedy-Show aufführten. Schweden scheint wohl noch nicht bereit zu sein für Zeal & Ardor. (Rxx)
Electric Boys
Nicht zum ersten Mal traten die funkigen Hard Rocker um Frontmann Conny Bloom auf. Es war jedes Mal ein Fest. Auch in diesem Jahr liessen es sich die Schweden nicht nehmen zu zeigen, warum sie so beliebt sind. Immer wieder gerne gesehen am Sweden Rock, trotzdem nie langweilig. Die Leute wissen, was sie bekommen. (Rxx)
High On Fire
Eigentlich sind High On Fire eine wirklich gute Sludge-Metal-Band, auf die ich mich gefreut hatte. Leider war der Auftritt nicht von bester Qualität, was zumindest die überhöhte Lautstärke und Soundqualität betrifft. Die Band ist zwar technisch versiert und solide, aber irgendetwas stimmte nicht. Gerne ein anderes Mal unter besseren Bedingungen. Es war nicht schwer, rüberzulaufen und sich gleichzeitig HammerFall anzuschauen, die ebenfalls spielten. (Rxx)
ROCK STAGE
Richie Kotzen
Am Samstag spielte kein Geringerer als der amerikanische Gitarrist Richie Kotzen. Ihn kennt man als Frontmann und Axtschwinger der Formation The Winery Dogs. Momentan ist er unter eigener Flagge mit einem Trio unterwegs. Manchmal setzt er eher auf Rock, dann wieder vermehrt auf Blues. Der mittlerweile kurzhaarige Musiker rockte mit dem Opener amtlich los, doch schon bei den nächsten Nummern wurde er zurückhaltender - bluesiger. Bei seinem Soloprojekt singt Mr. Kotzen auch selbst und zeigt dabei stets sein grossartiges Gitarrenspiel. Vor allem bei den Soloparts kam dies schön zur Geltung. Sein Auftritt war schön anzuhören, auch wenn vermutlich die meisten Anwesenden die Songs nicht wirklich kannten. Im Publikum hörte man durchweg anerkennende Worte für den Gitarristen. Ganz klassisch für einen Gitarristen gab es längere Instrumentalpassagen, bei denen sich der Namensgeber sehr ausgiebig auf seinem Instrument austobte. Für mich persönlich "too much". Dem Publikum schien es jedoch zu gefallen. (Oli)
Steel Panther
Die amerikanische Glam-Metal-Band, die für ihre humorvollen und überdrehten Auftritte bekannt ist, lieferte ein Set ab, das sowohl unterhaltsam als auch musikalisch beeindruckend war. Die Parodie der Band auf den Glam Metal der 80er Jahre, kombiniert mit ihrem echten musikalischen Talent, sorgte für eine Show, die ebenso unterhaltsam wie technisch versiert war. Michael Starrs charismatischer Gesang und Satchels virtuose Gitarren-Soli waren nur einige Höhepunkte ihres Auftritts. Mein persönlicher Favorit war die erneute Parodie von Starr als alternder und verwirrter Rockgott Ozzy Osbourne mit seinem «Crazy Train»
Die Setliste war vollgepackt mit Fan-Favoriten wie «Eyes Of A Panther», «Community Property» und «Just Like Tiger Woods». Ein herausragender Moment war ihre Performance von «17 Girls In A Row», bei der die Menge mitsang und über die Scherze der Band sowie die knapp bekleideten Damen auf der Bühne lachte. Das Set endete mit dem hymnischen «Gloryhole» und hinterliess das Publikum in bester Laune. Die Fans reagierten freudig und belustigt auf die Show-Einlagen von Steel Panther. Sie lachten, sangen mit und liessen sich von den humorvollen Scherzen und der energiegeladenen Performance der Amerikaner mitreissen. Dieser Auftritt der Amis war für viele der Höhepunkt des Festivals und hinterliess einen bleibenden Eindruck. (Oli)
Beast In Black
Frontmann Yannis Papadopoulos und seine Jungs lieferten eine Performance ab, die das Publikum von Anfang bis Ende fesselte. Die Band ist bekannt für ihre kraftvolle Mischung aus Power Metal mit Synthesizer-Elementen und beeindruckte das Publikum mit ihrer Musikalität und einnehmenden Bühnenpräsenz. Die dynamische Bandbreite der Stimme des Sängers und die dichte Instrumentierung der Band sorgten für eine fesselnde und energiegeladene Show. Ihre Setliste war vollgepackt mit Hits wie «Blade Runner», «Blind And Frozen», «Sweet True Lies» und «Cry Out For A Hero».
Jeder Song wurde mit Präzision und Leidenschaft vorgetragen, so dass er den typischen Sound der Band unterstrich. Ein herausragender Moment war die Darbietung von «Born Again», bei der die Menge aus vollem Herzen mitsang. Das Set endete mit dem passenden «End Of The World» und hinterliess ein begeistertes Publikum, das nach mehr verlangte. Die Interaktion der Band mit dem Publikum, einschliesslich Papadopoulos' einnehmender Präsenz und Aufforderungen zum Mitmachen, trug zur allgemeinen Begeisterung bei. (Oli)
HammerFall
Die schwedischen Power Metal Giganten, lieferten einen Auftritt, der sowohl kraftvoll als auch mitreissend war. Die Band, bekannt für ihre hymnischen Melodien und energiegeladenen Shows, enttäuschte nicht. Der erhabene Gesang von Sänger Joacim Cans und die tighte musikalische Leistung der Band schufen eine elektrisierende Atmosphäre, die beim Publikum Anklang fand. Alle Songs wurden mit Intensität und Enthusiasmus vorgetragen, und das Publikum sang fast jeden Refrain mit.
Ein herausragender Moment war die Darbietung von «Hammer High», bei der die gesamte Crowd die Fäuste hob und unisono mitsang. Auch ansonsten begeisterten die Schweden mit einer illustren Setliste, die fast die ganze Karriere von HammerFall umfasste. Klassiker wie «Hearts On Fire», «Renegade» oder «Any Means Necessary» durften natürlich in der Heimat nicht fehlen, und die kraftvolle Hymne «Let The Hammer Fall» riss das Publikum zu Begeisterungs-Stürmen hin.
Der Schluss machte passenderweise ihre musikalische Hommage "Sweden Rock". Die Fans sangen nochmals mit, headbangten und waren voll und ganz in den Auftritt der Band eingebunden. Die Interaktionen mit dem Publikum, alles auf Schwedisch natürlich, trugen zur allgemeinen Begeisterung bei. So war der Auftritt von HammerFall ein Höhepunkt des Festivals, der sowohl musikalisch als auch emotional beeindruckend war. (Oli)
Avantasia
Wenn auf jemanden Verlass ist, dann auf Avantasia. Sie gehören zu den Gruppen, die man guten Gewissens als letzten Act eines Festivals spielen lassen kann, denn sie wissen stets zu überzeugen. Das Symphonic-Metal-Oper-Projekt unter der Leitung von Tobias Sammet lieferte einen gewohnt grandiosen und epischen Auftritt beim Sweden Rock Festival 2024. Bekannt für ihre aufwändigen und theatralischen Shows, brachten Avantasia eine Mischung aus kraftvollem Gesang, komplexen Kompositionen und fesselnden Geschichten auf die Bühne. Sammet zeigte sich bestens gelaunt, auch wenn er sein Geplapper und das Set um zwei Drittel kürzen musste.
Gastauftritte von Ronnie Atkins (Pretty Maids), Geoff Tate (Queensrÿche), Tommy Karevik (Kamelot), Bob Catley (Magnum), Adrienne Cowan (Seven Spires) und Chiara Tricarico (Ravenworld, Ex-Temperance) machten die Show zu einem noch grösseren Spektakel. Titel wie «The Scarecrow», «Farewell» und «Dying For An Angel» wurden mit Präzision und Leidenschaft in den regnerischen Nachthimmel geschmettert. Besonders denkwürdig war der Moment, als Avantasia «Lost In Space» anstimmten, die Menge mitsang und zu den melodischen Harmonien mitwippte.
Das verkürzte Set endete mit der obligaten Power-Hymne «Sign Of The Cross», die das Publikum in einen Zustand der Euphorie versetzte. Einmal mehr bekam das Publikum eine geballte Ladung Tobias Sammet "at its best" zu sehen und zu hören. Auch optisch konnte man wieder über den aufwändigen Bühnenaufbau staunen, und einmal mehr war der Auftritt von Avantasia ein Höhepunkt eines Festivals. Das Schlussfeuerwerk, das zu den letzten Tönen hinter der Bühne gezündet wurde, war sowohl musikalisch als auch visuell spektakulär. (Oli)
FESTIVAL STAGE
Pain
Oha, Pain auf der grossen Bühne? Ja, das passt, denn Schweden liegt Peter Tägtgren zu Füssen. Mit schwarzen Papierschlangen wurde der Gig begonnen, und dank vieler Pyros (bei "Push The Pusher" musste ein Feuerlöscher den Pyrokasten löschen) und Videoeinspielungen blieb die Show immer auf einem unterhaltsamen Level. Dass bei "Call Me" kurz der Song unterbrochen wurde und auf dem Videoscreen Sabaton-Sänger Joakim Brodén singend zu Wort meldete, stachelte die Schweden nur noch mehr an. Der mechanische Sound hinterliess Wirkung auf das Publikum, und eine Mischung aus Freude und freundlicher Aggressivität machte sich an den Barrikaden in den ersten Reihen breit. (Tin)
The Darkness
Nach Steel Panther war es schwer, die Schweden wieder zu mobilisieren. Aber Bandleader Justin Hawkins hatte das Publikum von der ersten Sekunde mit seinem britischen Humor im Griff. Dies nicht nur, weil er mittels Handstand und sich öffnenden und schliessenden Beinen die Fans zum Klatschen animierte. Inwieweit die Schweden einen Dani Beck kennen, dem der zweite Track «Get Your Hands Off My Woman» gewidmet wurde, lässt sich nur erahnen. Mit viel Spass in den Backen genoss Justin den Auftritt und lud den Sänger von The Southern River Band zu sich auf die Bühne ein, um gemeinsam «I Believe In A Thing Called Love» zu spielen und am Schluss einen Spagat vom Drumriser im Duett zu vollziehen.
Dies gefiel dem singenden Gitarristen von The Darkness so gut, dass er den Sprung nochmals mit einem lauten Lachen wiederholte. Er hatte Spass, auch weil die Fans ihn beim Mitsingen nicht hängen liessen, wie vor vier Tagen in Norwegen (was ihn noch immer sichtlich traurig machte), und mit dem mitreissenden Hardrock, der dank der Chöre immer wieder an Queen erinnerte, gewann die Truppe auf der ganzen Linie. Sofern man sich am hohen (Eunuchen-)Gesang von Justin nicht störte. (Tin)
Bruce Dickinson
Der Brite baute auf seiner Solo-Tour interessanterweise keine Tracks seiner Stammband Iron Maiden ein. Zumindest nicht beim Sweden Rock Festival. Zudem war er weitaus weniger in Bewegung als bei den eisernen Jungfrauen. Trotzdem konnte er bei seinen treuen Fans punkten und hatte mit der ehemaligen Whitesnake-Bassistin Tanya O'Callaghan nicht nur einen optischen Hingucker, sondern auch eine Viersaitenzupferin, die der Band einen mächtigen Tritt in den Arsch gab.
Mit einem Querschnitt durch seine solistische Zeit punktete Bruce, der (für einmal) ein breites Lächeln nicht mehr aus seinem Gesicht bekam. «Accident Of Birth», «Laughing In The Hiding Bush», «Chemical Wedding», «Tears Of A Dragon» und «Resurrection Man» liessen die Stimmung immer grösser werden, so dass sich Bruce und seine Mannschaft nach getaner Arbeit von den Fans feiern lassen konnten. (Tin)
Alice Cooper
Er war verdientermassender Headliner des letzten Tages. Der mittlerweile 76 Jahre jung gebliebene Sänger klotzte mächtig auf der Bühne. Ob es die Schlangen bei «Snakebite», der Gehstock bei «I'm Eighteen» oder der geköpfte, in eine Zwangsjacke gesteckte Alice bei «Killer» war, der Meister der Illusion liess nichts anbrennen. Zudem war seine Setliste meisterlich, intonierte er und seine Band mit«"Lock Me Up», «He's Back (The Man Behind The Mask)», «Lost In America», «Hey Stoopid», «Bed Of Nails», «Poison», das schon erwähnte «Snakebite» und «Feed My Frankenstein», Lieder aus den glorreichen Achtziger Jahren.
Seine Begleit-Band mit den Gitarristen Ryan Roxie, Tommy Henriksen, Nita Strauss, Bassist Chuck Garric und Trommler Glen Sobel versprühte eine Spielfreude, wie man sie nur noch selten bei einer so langgedienten Truppe sieht. In der Mitte stand der Zeremonienmeister, der mit seinen Bandmitgliedern spielte, ihnen aber auch ihren Platz bei den Solos überliess. Von Egos keine Spur, sondern hier wird das Wort Team grossgeschrieben.
Mit den alten Hits «No More Mr. Nice Guyп, «Under My Wheels», «Billion Dollar Babies», «Elected» und dem Abschluss in Form von «School's Out» erntete der Entertainer und sein Ensemble ganz, ganz, ganz viel Applaus. Wer mit diesem Alter noch eine dermassen grandiose Show abliefert, dem gebührt die Bühne noch sehr lange. Ich ziehe meinen Zylinder vor vor einem Künstler, der noch heute Musik und Show zu einem verbindet, dass man dies nur mit grossem Applaus würdigen kann. (Tin)