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01. März 2023, Lyss - KuFa
By Mona
Der erste Tag des Monats ist schon lange fett im Kalender eingekreist, denn auf dem Programm steht ein heiliges Datum für alle Fans der charismatischen Finnin mit ihrem gewaltigen Stimmorgan. Aufgrund gewisser, äh, Umstände auf dieser Kugel, wurde dieses Konzert gefühlt eine Ewigkeit lang verschoben. Doch endlich ist es an der Zeit, das Programm der "Raw Tour" zu geniessen, und die Magie auf sich wirken zu lassen. Die Atmosphäre im Club ist eher gelassen, so dieses typische vor-der-Show Feeling. Diehard Fans belagern die Front und auch sonst sind schon einige Nasen früh an diesem Mittwochnachmittag zugegen.
Serpentyne
Eröffnet wird der Abend recht speziell, um es mal so auszudrücken. Die Symphonic Rock Band aus England wird von Kritikern ziemlich gelobt, und die schriftlichen Versuche, den Sound der Band zu beschreiben, sind sehr vielversprechend. Vor Ort allerdings bekomme ich allerdings nicht genau das zu hören, was ich mir erhoffte oder erwartete. In der Tat sind die Klangsphären der Londoner ziemlich kaleidoskopisch. Doch es ist nicht nur die Bühnenpräsenz, die nicht ganz zu einem Abend mit Frau Turunen zu passen scheint; abgesehen von den nicht wirklich zueinander passenden Bühnenoutfits, was man noch übersehen könnte, erweist sich der Sound als eher dürftig. Die Darbietung ist daher mehr im negativen Sinne interessant, da sich der Opening-Act unangenehm in die Länge zieht, und es ist eine selten erlebte Erleichterung, wenn die Band zu spielen aufhört.
Ob auch nur ein Song mehr als blossen Höflichkeitsbeifall erhielt, ist fraglich. Die Gruppe vermag es nicht, das Publikum mitzureissen, trotz einiger sehr starken Parts in den Vocals und im Instrumentenspiel. Nicht gerade hilfreich ist auch die Tatsache, dass Frau Sand das mehrheitlich deutschsprachige Publikum auf Französisch anspricht. Die Atmosphäre entspricht nicht dem, was ich von einem üblichen Konzertabend her kenne. Fairerweise muss ich aber Kritik am Tonmischer üben, denn teils konnte man Frontfrau Maggiebeth Sand überhaupt nicht hören. Die Musik und der Gesang wirken nicht gut aufeinander abgestimmt. Als traurigen Endeffekt erhalten wir eine Darbietung, der klangtechnisch eher an einen amateurmässigen Schülerband-Auftritt erinnert.
Wie ich nach dem Konzert erfuhr, gab sich der Sound-Mensch während des Gigs augenscheinlich gestresst und schien überfordert zu sein. Weshalb und wieso, werde ich wohl nie erfahren, doch leider hatte dies eine starke Auswirkung auf den gesamten Auftritt. Potenzial im Sound ist zwar eindeutig hörbar, aber zu einem annehmbaren Mix wäre auch die Laune des Publikums besser. Schade um die nette Band und deren grosse Freude wie Motivation. Serpentyne sind sichtlich mit Herz dabei, doch das alleine reicht leider nicht aus, um den Opener interessanter aussehen zu lassen.
Temperance
Mit mehr (sichtbarer) Bühnensicherheit und auch mehr Show erhalten wir mit Temperance eine gut eingespielte Truppe, die sich sichtlich wohlfühlt und das Publikum mit ihrer fantastischen Laune anstecken kann. Beinahe mühelos wird die Atmosphäre gehoben. Die Italiener geniessen bereits ordentlich Zuneigung von der hiesigen Melodic Metal Gemeinde, und dies zurecht. Die Band ist sehr aufeinander abgestimmt, und für mich persönlich stiehlt die Powerkanone Kristin Starkey die Show, welche mit ihrem Charme und Selbstbewusstsein eine nicht aufdringliche, aber dennoch positiv dominierende Rolle einnimmt. Die Musik passt nicht nur stilistisch besser zu Tarja, und Frau Turunen scheint auch einige Fans der Band in ihrem Publikum zu haben.
Es wird eindeutig enger, die Leute scheinen etwas näher zusammen zu stehen, es wird mehr mitgesungen, so geht ein Konzert! Langsam wird es aber mangels Fotograben etwas schwierig für mich. Was aber wieder negativ auffällt: der Sound-Mix! Teils werden die kraftvollen Gesangsparts krass abgewürgt, und der Band mit so starken Stimmen ist damit absolut Unrecht getan. Wiederum ist mir schleierhaft, was genau das Problem zu sein scheint.
Durch den zu Anfang eher gut abgemischten Sound fallen die "Fehler" oder "Versehen" aber viel mehr als Solche auf, was besonders ärgerlich ist. Doch weder die Band noch das Publikum lassen sich die Laune verderben, und die Party steigt dennoch. Temperance sind eindeutig professioneller unterwegs oder zumindest wirkt dies so auf das Auge des Betrachters. Zudem würde ich mir wünschen, dass Temperance die einzigen Opener wären, und gerne mit einer längeren Setliste. Der Beifall wirkt um einiges ehrlicher und authentischer, die natürliche Chemie zwischen den Bandmitgliedern strahlt ebenfalls eine komplett andere Energie aus als die von Serpentyne. Als Opener für eine Gigantin wie Tarja Turunen war diese Band auf jeden Fall eine sehr gute Wahl!
Tarja
Nun aber geht es zum interessantesten Teil des Abends. Episches Opening auf der Bühne, gut gelaunte Band und eine glänzend aufgestellte Tarja Turunen, die einfach nur von Herzen froh ist, wieder bei ihrem Publikum sein zu können. Die natürliche, aber nicht aufdringliche Autorität, welche Tarja ausstrahlt, füllt den Raum rasch aus. Alle sind verzaubert - so wie es sein soll. Kaum ist sie auf der Bühne, ändert sich die Atmosphäre in der Location.
«Serene» vom neusten Album ist gleich der erste Song, doch die Setliste ist eine sehr ausgewogene Mischung, welche das Publikum ziemlich weit in die musikalische Vergangenheit der finnischen Schönheit zurück führt. Die sehr offen präsentierte Herzlichkeit lässt den ganzen Abend - wie gewohnt - magisch erscheinen. Tarja war schon immer sehr dankbar für jegliche Unterstützung, und sie zeigt offen, wie sehr sie ihre Fangemeinde liebt. Gepaart mit ihrer fantastischen Laune und der Erleichterung, diese Tour endlich durchführen zu können, ist dies wohl der beste Auftritt der Diva, den ich bisher miterleben durfte. In allerbester Partylaune tanzt und singt sie sich durch den Set hindurch, und die KuFa fühlt sich voll an. Zurecht so - denn sie ist die unumstrittene Metal Queen. Diesmal mit eigenem Sound-Guy entstehen keine Probleme mit dem Mixing, und das Konzert ist ein wahrer Genuss für das Gehör. Durch die (ebenfalls wie gewohnt) tollen Bühnen-Outfits und Make-up Künste der Ausnahmekünstlerin ist die Show auch visuell schlicht umwerfend.
Mit auf der Bühne sind ein paar altbekannte Gesichter: Max Lilja am Cello, Christian Kretschmar am Keyboard, Alex Scholpp an der Gitarre und Ralf Botzenhart am Bass. Die Drums werden von Alex Menichini besetzt. Das einwandfrei eingespielte Team ist gewohnt sicher unterwegs. Doch auch wenn Parts folgen, bei welchen sich die Musiker von ihrer besten Seite präsentieren können, ist das Publikum nur an einer Person interessiert. Eigentlich sehr schade für die tolle Band, welche Tarja so grossartig unterstützt und diese Tour in dieser Form überhaupt möglich macht.
Ein besonderes Zückerchen ist eine akustische Darbietung mit Keyboard, gespielt von Tarja höchstpersönlich. Der dritte und letzte Teil des Abends vergeht wie im Fluge und hinterlässt Lust auf mehr. Bis zum nächsten Mal, wo ich sicherlich wieder dabei sein werde!
Setliste: «Serene» - «Demons In You» - «My Little Phoenix» - «Anteroom Of Death» - «Diva» - «Goodbye Stranger» - «Silent Masquerade» - «Nemo» (Nightwish Cover) - «The Golden Chamber»/«You And I» (aktustisch, nur Tarja) - «Undertaker» - «Tears In Rain» - «Victim Of Ritual» -- Zugaben: «Innocence» - «I Walk Alone» - «Dead Promises» - «Until My Last Breath»