«Alles was du brauchst» bietet tatsächlich alles, was ein Fan von Deutschrock zum Glücklichsein benötigt: Eingängige Melodien, Mitgröhl-Refrains, nachdenkliche Texte, Prololieder über den Kampf gegen die Welt, für die Freundschaft und gegen die Medien. Dazu stösst eine schöne musikalische Rohheit und ab und zu mal eine spannende Komposition wie bei «Gerechtigkeit». Ampex können es auf ihrem Zweitwerk hymnisch, hervor preschend, punkig, mit Bläsern, über- und roh produziert. Manchmal klingen sie ein wenig wie Motörhead, dann für ein paar Sekunden wie epische Dream Theater, ohne dabei ins Progressive abzudriften. Insgesamt klingt hier aber alles nach typischem Deutschrock – und das ist gut so. Damit unterhalten sie mit ihren vierzehn Liedern auf hohem Level, zumal immer wieder gewisse Pop-Affinitäten auftauchen, die den Songs sehr gut zu Gesicht stehen. Lyrisch droht das Ganze allerdings, zumindest teilweise, in Richtung Schlager oder Ballermann abzudriften.

Die Deutschen kriegen die Kurve zum Glück aber gerade noch, bevor es zu kitschig wird. Besonders eindrücklich ist der Text des Rockers «Wärst du noch hier». Diesen interpretiere ich als Beschreibung einer Beziehung zu einer Person, die nach und nach immer mehr an Demenz leidet, bis nur noch eine leere Hülle übrig ist. Schön ist auch, wie Ampex im Lied «Wir sagen nein» diese Botschaft rüber bringen, nur um im abschliessenden «Eine neue Hoffnung» die Aussagen «Ihr sagt ja» und «Wir sagen ja» zu proklamieren. Das zeugt für mich von reflektierendem Umgang mit der Welt. Kommt hinzu, dass sich «Eine neue Hoffnung» wie eine Aneinanderreihung von gleich drei Liedern anhört. Und wenn sie behaupten, dass der Mittelstand immer mehr vor die Hunde geht, scheinen sie nicht ganz unrecht zu haben. Alles in allem ist «Alles was du brauchst» ein ordentliches Zweitwerk, welches unbedingt auf die Bühne sollte. Hoffen wir, dass das bereits in diesem Winter möglich sein wird. Ampex ist ein tolles Album mit vielen Stärken gelungen, das der Band eine steil ansteigende Bekanntheitskurve bescheren wird.
Roger W.