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Der Opener trägt den Titel «We Forgotten Who We Are» und ist ein Long-Track von über elf Minuten. Aber im Gegensatz zum Titel (Wir haben vergessen, wer wir sind) haben CRIPPLED BLACK PHOENIX nichts vergessen – sie wissen genau, wer sie sind und welchen Platz sie im Musik-Olymp einnehmen. Das Album ist durchweg komplex und spannend. Wie Chamäleons verändern die Musiker bei jedem Song ganz lässig Stimmung, Instrumentierung, Rhythmus und Melodie und bieten zum 20-jährigen Band-Jubiläum Neuinterpretationen alter Klassiker an.
«The Wolf...» beginnt mit den unheimlichen Klängen von «We Forgotten Who We Are» (ursprünglich von 2010's «I, Vigilante»), als Wölfe heulen, ein furchteinflössendes Lachen widerhallt und das Gerede von Teufelshunden den Ton angibt. Die Musik entfaltet sich dann mit fast mittelalterlichen Akkord-Folgen, begleitet von einem zarten Klavier. Mit zunehmender atmosphärischer Dichte gewinnt die Instrumentierung an Selbstvertrauen und mündet schliesslich in ein kühnes, triumphales und grandioses Stück. Ein Chor aus sich überlagernden Stimmen singt über klassischen Folk-Melodien und donnernden Trommeln. Das elfminütige Epos schwillt an, seine tiefe Wärme schwingt mit und wird mit jedem Augenblick eindringlicher.
Das epische Intro bricht dann aber nach 11:17 Minuten abrupt ab, während unheimliche Akkordeon Kirmes-Musik erklingt, bevor eine Stimme lacht und sagt: "Warum nicht?" Es findet sich auch eine überarbeitete Version des Titels «444» aus dem Jahr 2009, gesungen von Justin Storms von der amerikanischen Punk-/Doom-Band Wailin Storms. Ein Phönix erhebt sich aus der Asche vergangener Schöpfung und offenbart einen tieferen Einblick in die menschliche Existenz mit einer modernen Botschaft, die frisch und ihrer ursprünglichen Form treu bleibt.
Alle Songs enthalten diese typische CBP-Elemente wie Chor, Klavier, epische Gitarren-Soli, Sprech-Sequenzen, akustische Teile und dann wieder diese übermächtigen Gitarren-Wände. Die Musik bleibt durchwegs spannend wie unterhaltsam und schwankt zwischen Melodie-Bögen und aggressiveren Passagen. Das Album der schwedisch-britischen Band ehrt ihre bisherigen Werke. Die alten Lieder scheinen aus dem schwelenden Feuer neu geboren zu werden. Sie erschaffen eine monumentale Klanglandschaft, die zugleich fragil und kraftvoll ist und eine intensive Melancholie vermittelt – perfekt für die aktuelle Herbstzeit.
Besonders skurril zeigt sich die Neuinterpretation des sogenannten «-» (Minus-Song) in der Mitte des «Ellengaest» Albums von 2020, dessen esoterischer Sound, diesmal ohne Sprech-Aufnahmen lange fünf Minuten vor sich hin blubbert. Dies ist zwar lustig, aber beim mehrmaligen Anhören des ganzen Werkes wohl eher ein Skip-Track. Eine sehr deutliche Hommage an Pink Floyd findet sich im langen Stück «Song For The Unloved», wobei zumindest vier Abschnitte aus Floyd-Nummern entnommen worden sind.
Lukas R.