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Als Gitarrist Steve Morse, der ab Ende 1994 Ritchie Blackmore ablöste, vor ziemlich genau zwei Jahren verkündete, dass er Deep Purple verlasse, um sich fortan um seine krebskranke und inzwischen verstorbene Ehefrau Janine kümmern zu können, sah es nach der "Ezrin-Trilogie" mit den Alben «Now What?!» (2013), «inFinite» (2017) und «Whoosh!» (2020) kaum nach einem weiteren Studio-Werk aus. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!
Der Grund dafür ist schnell gefunden und fokussiert sich auf den "neuen" Gitarristen Simon McBride, der zuerst für anstehende Konzerte einsprang und kurz danach mit seiner an Gary Moore und Joe Satriani angelehnten Spielweise einen ungeahnten Energie-Schub beim britischen Rock-Dinosaurier auslöste. Die enthusiastischen Fan-Reaktionen beflügelten schliesslich den Gedanken, ob es nach dem "Corona-Cover-Album" «Turning To Crime» (2021) mit den letzten Studio-Aufnahmen von Morse zu einem weiteren Studio-Album mit McBride kommen möge?! Die Gebete wurden erhört und gipfeln nun in der erhofften Blut-Auffrischung.
Als jahrzehntelanger Fan seiner Helden läuft man natürlich mit einer rosaroten Brille durch die Gegend, und dies lässt jegliche Kritik an einem abprallen. Dies im Speziellen, was die letzten drei Studio-Releases angeht, die letztlich klar die Handschrift von Steve Morse tragen. So entstanden grundsätzlich tolle Songs, die insgesamt aber eher "zu ruhig" und "zu progressiv" daher kamen. Mit dem Einstieg von Master McBride erwachte das schlafende Rock-Monster jedoch wieder und fuhr zunächst sehr scharfe Live-Krallen aus. Dabei wiederholte sich eigentlich genau das, was Joe Satriani ab Dezember 1993 bis im Sommer 1994 auslöste.
Weil dieser damals aber aus vertraglichen Gründen, und leider muss man sagen, nicht fest einsteigen konnte, begann danach eben die Ära mit Morse. Dieses Schicksal widerfuhr Simon McBride zum Glück nicht, was dann im September 2022 schliesslich zu Deep Purple Mark VIII führte. Der Rest ist, wie man so schön sagt, bereits Geschichte, und hört man sich nun die insgesamt dreizehn neuen Songs auf «=1» (Englisch gesprochen "equals one")an, kommt man nicht mehr aus dem Staunen heraus und denkt sich dabei sogleich, ohne die Reputation des Vorgängers anzutasten, wäre dies alles doch schon vor zehn Jahren geschehen.
Was hier in erster Linie mitschwingt (McBride ausgeklammert), ist das Alter der Protagonisten, die sich langsam in biblischen Gefilden befinden. Gillan wird bald 79, Glover Ende Jahr ebenso, Paice und Airey sind beide auch bereits 76, während McBride mit Jahrgang 1979 selbst den Rezensenten (1964) lockerst abhängt. Und genau diese jugendliche Frische beflügelt das neue Material, sprich lässt Altfans dahin schmelzen wie Eis an der Sonne, und der jüngeren Garde wird dabei eindrücklich vor Augen geführt, was satte 56 Jahre nach dem Debüt und den Höhenflügen der 70er bis 90er effektiv noch möglich ist, einfach unfassbar!
Ohne Intro fällt beispielsweise der Opener «Show Me» gleich mit der Türe ins Haus, gefolgt von einem weiteren Kracher der Marke «A Bit On The Side» (mit pumpendem Glover-Bass vom Feinsten!), und spätestens bei «Sharp Shooter», wo Vibes von «In Rock» (!) aufblitzen, ist der Bär los und nicht mehr aufzuhalten. Auch wenn man sich womöglich zuerst an gewisse Synthie-Sounds von Don Airey gewöhnen muss, sind es in erster Linie die zahlreichen Soli von McBride, die den Unterschied ausmachen. Dazu liefert Ian Gillan einmal mehr voll ab und vermag das auch live zu bringen. «=1» beinhaltet alles, was Deep Fans träumen lässt!
Rockslave