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Wäre es jetzt mit diesem Album nicht tatsächlich geschehen, hätte man das kaum für möglich gehalten, dass ich dereinst mal ein reines Cover-Album meiner erklärten Helden rezensieren würde! Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt!
Obwohl die Herren Gillan (76), Glover (76), Paice (73), Airey (73) und Morse (67) nicht mehr die Jüngsten sind, hat Corona auch sie künstlerisch beflügelt und kreativ werden lassen. Eingebunden in eine Art Film-Plot liessen sich Deep Purple als vermeintliche Verbrecher darstellen und spinnten zur Promo eine kleine Story um «Turning To Crime» herum. Die Überschriften dazu wurden entsprechend "Der Vorwurf" (Covern von Songs), "Die Tatorte" (Wohnorte der Musiker), "Rechtfertigung" (Corona, Lockdown, keine Konzerte mehr), "Belastendes Beweismaterial" (Aufnahmen zu Hause, ausgetauschte Tracklists, Telefonate), "Die Reaktion der Angeklagten" (keine Reue oder Schuldbewusstsein) und "Urteil" (Schuldig, aber Verfahren ohne Entscheidung eingestellt) genannt. Passend dazu wurde das Cover der Scheibe mit "treffenden Fotos" der Protagonisten gestaltet, wo sich vor allem der zerzauste Ian G. und der verwahrloste Roger G. dabei fast zum Affen machen. Die erhoffte Wirkung auf dieses Artwork lässt indes nicht lange auf sich warten, denn beim Anblick kann man sich kaum eines Schmunzelns darüber erwehren. Wichtiger Strippenzieher und Pusher im Hintergrund war natürlich einmal mehr Producer-Ass Bob Ezrin, der nach der Vollendung "seiner Trilogie" mit den letzten drei Studio-Alben «Now What?!» (2013), «inFinite» (2017) und «Woosh!» (2019) nun auf den kommenden Winter hin noch ein Brikett in den Ofen schob.
Auf Basis von Vorschlägen der Musiker und erarbeiteten, sprich untereinander ergänzten Demos nahm Bob die Triage aus mehreren Dutzend Songs vor und bildete das Konzentrat der insgesamt zwölf Songs sowie einem überwiegend instrumental gehaltenen Medley, die für «Turning To Crime» aufgenommen wurden. Dabei blieb man ziemlich nahe bei den originalen Versionen und "purple-izde" die Songs einfach. Hört man sich dann das Ergebnis, wie zum Beispiel den flotten Opener «7 And 7 Is» (Love), das groovige «Oh Well» (Fleetwood Mac) oder das swingende «Watching The River Flow» (Bob Dylan) an, kann man nur noch anerkennend den Hut ziehen und laut wie anhaltend dazu applaudieren. Interessant anders klingt «Shapes Of Things» (The Yardbirds), das vor allem in der rockigen Version von Gary Moore bekannt wurde. Mein "Aha"-Erlebnis stellte sich aber vor allem beim Song «The Battle Of New Orleans» (Lonnie Donegan/Johnny Horton) ein, denn daraus zimmerte 1972 kein Geringerer als Les Humphries mit seinen Singers den Monster-Hit «Mexico»! Ein weiteres Plus dieses überraschend gut gelungenen Werkes ist die ungezügelte Lockerheit und der spürbare Spass, die aus jeder einzelnen Rille heraus springen. Somit bleibt nur noch eines übrig: kaufen und geniessen!
Rockslave