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Die Band Dokken umgibt einen Hauch von Zerstrittenheit, die sich jedoch in einem unglaublich kreativen Erguss entlud. Sänger und Namensgeber Don Dokken und sein Streithahn George Lynch, der mit seinem virtuosen Spiel unzählige Gitarristen beeinflusste, waren sich in all den erfolgreichen Jahren selten bis eher gar nie einig, und dass die Fäuste dabei nicht mehr flogen und Narben hinterliessen, schien ein grosses Wunder zu sein.
Don, der den stimmlich angeschlagenen Klaus Meine bei den ersten Aufnahmen zu «Blackout» (1982) ersetzte, umgab sich auf dem Debüt-Album «Breaking The Chains» noch mit dem späteren Ratt Bassisten Juan Croucier. Daneben standen dem Sänger sein langjähriger Partner Mick "Wild" Brown am Schlagzeug und der schon erwähnte Mr. Lynch zur Seite. Das Debüt-Album besass noch nicht die fokussierte Kreativität von Dokken, sondern steht als Erstling einer neuen Truppe, die noch ein bisschen nach der eigenen Identität suchte. So blieben dann auch nur der Titelsong und «Paris Is Burning» im Live-Set, die aber bald den kommenden Hits weichen mussten. Mit dem Zweitling «Tooth And Nail» hievte sich das Quartett auf einen bedeutend grösseren Sockel, da die Scheibe mit einer Platin-Auszeichnung im Heimatland abgefeiert wurde.
Die Jungs hatten sich songtechnisch enorm verbessert, und mit den beiden Single Hits (MTV sei Dank) «Just Got Lucky» und speziell «Into The Fire» vermischten Dokken Melodie und Härt auf eine grandiose Art und Weise. Daneben waren es die riffbetonten Heavy-Tracks «Don't Close Your Eyes», «Turn On The Action» und der Titelsong, die neben dem absoluten Killer «When Heaven Comes Down» das Album nicht nur bei mir zur Dauerrotation auf dem Plattenteller brachten. Was dabei oftmals vergessen ging, war die unglaubliche Rhythmus-Sektion mit "Wild" Mick und Jeff Pilson, welche den Tracks einen Löcher-undurchlässigen Boden verliehen, auf dem sich George austoben konnte. Was 1985 mit «Under Lock And Key» folgte, sucht in meinem Augen noch heute seinesgleichen. Ich weiss noch, wie sich die Nadel des Plattenspielers damals im November in die Rille legte und mich ein unglaubliches Riff aus meinen kühnsten Träumen riss.
Der eigentliche Titelsong «Unchain The Night» ist noch heute eine Offenbarung, die ich in der Art und Weise selten mehr erlebt habe. Ein Opener wie er im Buche steht. Genauso wenig werde ich die erste Textzeile "I've been lost in the middle, always trying to find the wishing well" vergessen. Diese Scheibe beinhaltet zehn Killer, bei denen sich «In My Dreams» (was für eine Melodie!), «The Hunter» (wird immer wieder vergessen) und die beiden Melodic Perlen «Don't Lie To Me» und «Will The Sun Rise?» unsterblich in meiner Haut eingenistet haben. Nicht zu vergessen die an AC/DC erinnernde Nummer «It's Not Love» und das dazu gehörende Video, in welchem sich die Band auf einem offenen Truck durch die Stadt transportieren liess, während sie diesen Hit spielten. Zu guter Letzt folgt mit «Back For The Attack» die wirklich letzte grosse Scheibe der Jungs aus L.A. Auch wenn der Opener «Kiss Of Death» mehr Feuer im Arsch hatte, sprich das Gesamtbild um einiges kerniger und griffiger war, blieb es ein Kopf an Kopf Rennen mit seinem Vorgänger.
Auf allen Alben waren es die Riffs und Leads von Mister Lynch, der sich auf dieser Scheibe mit «Mr. Scary» ein eigenes Denkmal setzte. Was auf diesem Album zusätzlich auffiel, war, dass den Refrains und Chören noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde und sich Songs wie «Prisoner», «Standing In The Shadows», «So Many Tears» oder «Lost Behind The Wall» dadurch noch schneller in die Gehörgänge hinein frästen und auch dort blieben. Die Mischung aus Heavyness und Melodie fand somit einen neuen Mess-Standard. Dokken brachen nach dem folgenden Live-Album «Beast From East» auseinander. Während Don sich mit Peter Baltes (U.D.O., ehemals Accept), John Norum (Europe), Mikkey Dee (Scorpions, ehemals Motörhead) und Billy White eine neue Mannschaft suchte, gründete George Lynch Mob, zusammen mit "Wild" Mick. Unzählige Reunion-Versuche scheiterten oder waren nur von kurzer Dauer, und selbst wenn Don heute mit einzelnen Musikern seiner ehemaligen Original-Truppe auftritt, ist das Flair von damals nicht mehr vorhanden.
Tinu