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Schlagzeuger Mike Portnoy ist wieder zurück bei DREAM THEATER! Diese Schlagzeile sorgte weltweit bei den Prog-Metal-Fans für Entzücken. Jetzt nach dem ersten Konzert-Abstecher in der Schweiz mit Portnoy gibt es nun auch neue Musik zu hören, und wie!
Dream Theater halten auf dem Werk das hohe Niveau, das sie seit «Metropolis Pt. 2, Scenes From A Memory» von 1999 fast jedes Mal beweisen. Nur das Doppelwerk «The Astonishing» von 2016 offenbarte aus meiner Sicht einen Einbruch. Und dies obwohl sie damals im wahrsten Sinne progressiv waren und Neues wagten. Nur war mir dieses Material zu sperrig – und das will bei Dream Theater was heissen. Allerdings stelle ich in Sachen "neue Wagnisse" seit etwa «Systematic Chaos» von 2007 eine gewisse Stagnation fest. Seither habe ich das Gefühl, dass sie nur noch im kleinen Stil etwas neues wagen und viel mehr aus den tausenden von ihnen bereits mehrfach erprobten Sound- und Stilelementen frische Menüs kreieren. So verhält es sich auch auf «Parasomnia». Wobei man hier durchaus von einer etwas düsteren Herangehensweise sprechen kann. Somit war die Vorabveröffentlichung des Songs «Night Terror» ein guter Entscheid.
Dass dieses Lied auch live überzeugt, wurde man auch in Zürich davon Zeuge. «Night Terror» weist teilweise gar doomige Teile auf und weckt deshalb Erinnerungen an Black Sabbath, bevor es typisch Dream Theater weiter geht und in einem wahnsinnigen Prog-Teil mündet. Wer solche Momente nicht ausstehen kann, dem wird dieses Album generell nicht gefallen, denn Dream Theater zeigen immer wieder, welch wahnsinnig gute Musiker sie sind. Nur wirkt das auf mich nie als Selbstbeweihräucherung, sondern offenbart die riesige Spielfreude der fünf Musiker. Zumal sie auch auf «Parasomnia» immer wieder nachvollziehbare, oft hymnenartige Melodien hervorzaubern. Wer es schleppend hart mag, wird zum Beispiel mit «Dead Asleep» gut bedient, wobei man auch da auf die schwelgerischen Gitarren-Melodien von John Petrucci nicht verzichten muss, einfach wunderbar. Irgendwo in der ganzen Härte sorgt das ruhige Zwischenspiel «Are We Dreaming» für etwas Entspannung.
Dieses leitet zu «Bend The Clock» über. In dieser Halbballade gibt es die bekannten zarten Akustik-Klänge, verbunden mit einem emotionalen Sänger James LaBrie, der dem Lied Seele einhaucht. Das tut er zwar auch auf dem Rest des Albums, aber bei «Bend The Clock» kommt sein melancholisches Timbre besonders gut zur Geltung. Dazu gesellt sich wie oft in ähnlichen Dream Theater Liedern ein Gitarren-Spiel, das pure Leidenschaft in die heimischen Stuben transportiert. Dieser Track ist der Gegenbeweis, dass es bei den Amerikanern immer nur höher und weiter gehen muss. Dass sie die letztere Disziplin immer noch beherrschen, beweisen sie zum Abschluss mit einem fast 20-minütigen Epos. Auch solche Länge gehören zur guten Dream Theater-Tradition, und nur selten enttäuschten sie in dieser Disziplin. So auch heuer nicht. «The Shadow Man Incident» beinhaltet alles, was Fans der Amerikaner von ihnen erwarten.
Einen nachvollziehbaren Aufbau, schräge Teile, Härte, Sanftheit und einen Spannungsbogen, der einem jedes Mal von Neuem begeistert – und vor allem einen Abschluss bildet, den in dieser Form nur die Amerikaner regelmässig hinkriegen. Zusammengefasst: Nein, «Parasomnia» ist trotz der Rückkehr von Mike Portnoy innerhalb des Dream Theater Sounduniversums nicht im eigentliche Sinne progressiv. Und ja, nach den vielen musikalischen Ausflügen von Portnoy während seiner Abwesenheit hätte ich mehr erwartet. Aber Ja «Parasomnia» ist auch ein gewohnt massiv starkes Album. Zähle ich das Debüt von 1989, das Album mit Keyboarder Derek Sherinian von 1997 von «The Astonishing» ab, komme ich, zusammen mit «Parasomnia», auf dreizehn Album-Klassiker, und das scheint mir doch einzigartig. Vielleicht bin ich aber auch schlicht nur ein Dream Theater Musik-Versteher und -Fan, und solche wird auch das neue Album garantiert begeistern.
Roger W.