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1984 schien niemand Iron Maiden vom Metal-Thron stossen zu können. Klar auf dem gleichen sassen Judas Priest, aber ansonsten hatten die Eisernen Jungfrauen mit «Powerslave» einen Klassiker veröffentlicht, der nicht mehr zu toppen schien. Was leider auch so eintraf.
Mit «Somewhere In Time» wurde noch ein würdiger Nachfolger abgeliefert, aber danach setzte sich die Truppe um Bandleader Steve Harris (Bass) immer mehr ins Abseits. Ich weiss, dass ich mit dieser Meinung ziemlich alleine dastehe, wenn ich die gefüllten Hallen bei Maiden-Gigs sehe. Auch die Wiedervereinigung mit Sänger Bruce Dickinson brachte nicht den Effort, den ich mir von den Jungs erhoffte. Nun steht der 16. Longplayer in den Startlöchern, und der eher ruhige Eröffnungstrack «Senjutsu» klingt sicherlich typisch nach Maiden, aber endlich auch wieder vermehrt nach den älteren Tracks. Mit Eddie als Samurai haben die Engländer ihrem Maskottchen endlich eine Verkleidung verpasst, die nach der Mumie wieder vielversprechend auf dem Cover erstrahlt. «Stratego» ist ein Song, wie man sie auch bei «No Prayer For The Dying» hätte finden können, passt aber trotzdem bestens in die aktuellen Momente des Sextetts. Der treibende Bass und das nach wie vor sensationelle Drumming geben den Takt vor, auf dem sich das Dreier-Gitarrengespann (Jannick Gers, Adrian Smith, Dave Murray) austoben kann. In meinen Augen, weil auch untypisch, ist der akustische Start von «The Writing On The Wall», einer sehr geilen Nummer. Erstaunlich ist die Spielzeit, bei der drei Lieder die zehn Minuten knacken, eines davon knapp darunter bleibt und drei weitere Stücke über der 7-Minuten Grenze viel Aufsehen erzeugen. Hat sich denn bei den Herren etwas verändert? Grundsätzlich nicht, das liegt aber auch an der einzigartigen Stimme vom Bruce Dickinson.
Ansonsten ist die Combo in meinen Ohren wieder ein paar Schritte zurück gegangen in jede Zeit, in der sie sich ihren Thron erkämpft hat. Dies alles mit dem aktuellen Soundgewand, das man von den letzten Studio-Scheiben kennt. «Lost In A Lost World» darf sich hören lassen, mit einem verträumten Start, der dann in einen «Mother Russia»-artigen Part übergeht. Schneller wird es mit «Days Of Future Past». Dabei ist man rein von der Geschwindigkeit her gesehen aber weit davon entfernt, wieder ein «Aces High» komponiert zu haben. Fazit: Auch wenn Maiden wieder mehr in die Musik eingetaucht sind, die ich mir von ihnen wünsche, sind sie noch immer meilenweit davon entfernt, ein neues «Flight Of Icarus», «Two Minutes To Midnight», «Children Of The Damned» oder «Wasted Years» zu schreiben. Vieles klingt, wie auf den vier Vorgängerscheiben, ähnlich, ohne dabei einen gewissen Standard zu unterschreiten (und der ist sehr hoch!). Maiden-Fans werden das Album lieben und die Refrains in den Stadien mitbrüllen. Die Akustik-Gitarre kommt vermehrt zum Einsatz, aber im Vergleich zum letzten Judas Priest-Album zieht «Senjutsu» klar den Kürzeren. Nochmals, es ist ein Jammern auf sehr hohen Level, denn wer Tracks wie «Hell On Earth» schreibt, gehört zweifelsohne zu den besten Truppen. Aber! Iron Maiden haben eine Vergangenheit, die meine Jugend mitgeprägt hat und mit dieser Konstellation von damals, sprich mit dieser Aggressivität, sollte man die Combo nicht mehr vergleichen, beziehungsweise eine solche Erwartung mit sich tragen.
Tinu