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Auf zu neuen Ufern, denn die bekannten Italiener Lacuna Coil hatte ich nie wirklich auf dem Schirm, obwohl es sie schon seit 30 Jahren gibt. Durch ihre Aufmachung eher in der Gothic-Ecke verortet, ist die Truppe um Gesangsduo Cristina Scabbia und Andrea Ferro bereits beim bemerkenswerten zehnten Album angekommen.
Durchs Recherchieren für «Sleepless Empire» wurde schnell klar, dass die Band ein Händchen dafür hat, den Trends der Zeit zu folgen, ohne jedoch ihren Charakter auch nur im Geringsten zu verändern! Jedes Album war ein reichhaltig strukturierter Soundtrack zur jeweiligen Epoche passend. «Sleepless Empire» vertritt eine düstere, cineastische Epoche und verströmt unverkennbar die Stimmung, die Lacuna Coil zu einem gefeierten Act der harten Musik machen. Die Band befand sich in einer unglaublich kompositorischen Schaffensphase, die sich in allen elf Tracks der Platte widerspiegelt.
Der Sound ist meines Erachtens massiver ausgefallen, als auf früheren Werken und auch Andrea Ferros Vocals wurden noch mehr in die brutale Richtung geschoben. Scabbia ist dagegen die ständige Garantie für den weiblichen Gesangspart bei Lacuna Coil. Das wahre Geheimnis dieser Formation liegt vermutlich genau in der gesanglichen Kreuzbefruchtung und ihrer ewigen Neugier und Fähigkeit, kreativ auf neue Inspirationen zu reagieren, ohne dabei die langjährigen Qualitäten aus den Augen zu verlieren. Ohne ihre spezielle Art von Gesang, Gitarrensound oder Schlagzeugarbeit wäre «Sleepless Empire» - der orchestrale Teil - ein cineastischer Soundtrack geworden.
Natürlich fehlen auf dem aktuellen Album auch die orientalischen und keltischen Klänge nicht, für die Lacuna Coil bekannt sind. Doch die Veröffentlichung hat auch zwei Überraschungen, in Form von Gastauftritten, zu bieten. Niemand Geringeres als Ash Costello («In The Mean Time») und Lamb Of God-Sänger Randy Blythe («Hosting The Shadow») geben sich die Ehre. Die Texte sind sehr sozialkritisch motiviert, spiegeln die Gesellschaft wider, in der wir leben. «Sleepless Empire» ist das Porträt unserer Zeit.
Es zeugt von der Veränderung der Menschheit, dem «Sleepless Empire», in dem jeder immer am Handy ist, immer scrollt - von morgens bis abends, unaufhörlich! Dieser freie, unabhängige Geist scheint wohl wirklich der Schlüssel zu sein, um Lacuna Coils künstlerisches Vorrecht gegen das Gewicht der Erwartungen abzuwägen. Für mich persönlich ist der Sound eine Spur zu schleppend, aber in Sachen Qualität, Kreativität, Druck und Gesangsleistung ist «Sleepless Empire» eine grandiose Platte!
Oliver H.