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Ronnie James Dio gilt noch immer als einer der stilprägendsten Sänger im Metal Bereich. Seine Klassiker, die er zusammen mit Rainbow, Black Sabbath und DIO veröffentlichte – nicht zu vergessen Hear'n Aid und Heaven And Hell – suchen noch heute seinesgleichen.
Dass nach seinem Tod 2010 eine grosse Lücke bis heute nicht geschlossen wurde, ist und bleibt eine Tatsache. Auch wenn gesanglich Jorn Lande mit seinem Tribut-Album «Dio» ein hervorragendes Werk veröffentlicht hat und Craig Goldy (war immer wieder Mitglied bei DIO) mit seinen Truppen Dream Child und Resurrection Kings für Aufsehen sorgte, die Band DIO konnte niemand vergessen machen. Im Ansatz gelang dies noch Last In Line, also der Truppe, welche aus Dreivierteln des originalen Line-ups bestand. Mit Gitarrist Vivian Campbell, Bassist Jimmy Bain und Schlagzeuger Vinny Appice fand sich das musikalische Rückgrat der ersten drei DIO-Scheiben («Holy Diver», «The Last In Line», «Sacred Heart») zusammen, um mit dem fantastischen Andrew Freeman am Mikrofon das im klassischen DIO-Gewand eingespielte Debüt «Heavy Crown» aufzunehmen. Nach dem Tod von Jimmy konnte der ehemalige Ozzy Bassist Phil Soussan verpflichtet werden, und die Jungs spielten den Nachfolger «II» ein.
Beide Werke liessen das Erbe von DIO wieder aufleben, auch wenn der pure Vorwurf einer Kopie nie gerechtfertigt war. Was sicherlich immer wieder an die Frühphase von DIO erinnerte, war das filigrane und virtuose Gitarrenspiel von Mister Campbell. Dies ist auch auf dem neusten Streich «Jericho» zu hören. Man höre sich unter anderem «Ghost Town» an. Daneben hat sich das Quartett aber in eine musikalische Richtung entwickelt, welche von schreienden Vocals jüngerer Bands und an Jimi Hendrix erinnernde Grooves geprägt ist. Als ob sich die Truppe von ihrer musikalischen Vergangenheit freischwimmen will. Wie in «Dark Days» vernehmen zu ist, eine Nummer, die weit davon entfernt ist, auch nur einen Tropfen Hoffnung zu versprühen. Was sich auf der kürzlich veröffentlichten EP «A Day In The Life» angekündet hat, wird auf «Jericho» kompromisslos weiter geführt. Das kann man gut finden, wird aber alte DIO-Fans zuerst ein bisschen erschrocken aus der Wäsche schauen lassen.
Auch das frische und schnellere «Hurricane Orlaugh» kann es nicht mit dem Level der ersten beiden Scheiben nicht aufnehmen, und es braucht schon den Track «Walls Of Jericho», der annähernd an die alten Tugenden erinnert. Oder «Something Wicked», welches an die besseren Tage von Dokken erinnert, wären sie von Lynch Mob eingespielt worden. Mit dem Schlusstrack «House Party At The End Of The World» kann verloren gespielter Boden wieder wett gemacht werden, aber es bleibt das komische Gefühl, dass sich hier eine Truppe in neueren Sounds verstrickt und sich damit keinen Gefallen getan hat. Wo sind Lieder wie «Devil In Me», «Landslide», «Electrified» oder «Year Of The Gun» abgeblieben? Kein Song der neuen Scheibe reicht an diese Killer-Tracks heran, und beim Anhören von «Jericho» bleibt mehr als nur ein fader Beigeschmack zurück. "Schuster, bleib bei deinen Leisten!" heisst ein altes Sprichwort. Hätten sich die Herren dies zu Herzen genommen und den Weg der ersten beiden Scheiben fortgesetzt, würde man von einer adäquaten Truppe sprechen können, welche das Erbe von DIO würdevoll weiter trägt.
Tinu