
Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
Metal Factory since 1999
NACHTBLUT kehren mit ihrem siebten Studio-Album «Todschick» zurück, einem düster-theatralischen und facettenreichen Werk, das Gothic Rock, Black Metal und symphonische Elektro-Elemente mit unerwarteten Wendungen verbindet.
Die deutsche Band, die für ihre nachdenklichen Stimmungen und provokanten Themen bekannt ist, hat ein Werk geschaffen, das ihren Sound sowohl ins Melodische als auch ins Extreme treibt. Dank der Produktion von Chris Harms (Lord Of The Lost) ist «Todschick» ausgefeilt, behält aber die für die Band typische düstere Note bei und sorgt so für ein einigermassen cooles Hörerlebnis. Im Grunde ist das Ganze ein Balance-Akt zwischen Schwere und Eindringlichkeit. Tracks wie «Von Hass Getrieben» und «Götterstille» zeigen eine symphonische Black Metal Grandezza, die schwungvolle Orchestrierungen über Blastbeats und kreischende Vocals legt. «Manchmal Kommen Sie Wieder» und «Todschick» lassen sich von den Synthwave-Einflüssen der 80er Jahre inspirieren und bringen tanzbare Rhythmen in die traditionell düstere Klangwelt von Nachtblut ein.
In «Mein ist die Hölle» geht es um antireligiöse Black Metal Ästhetik, während «Das Leben der Anderen» einen introspektiven Ansatz mit Spoken-Word-Versen verfolgt und das künstliche Glück beklagt, das oft in den sozialen Medien gezeigt wird. Thematisch spielt der Tod in «Todschick» eine grosse Rolle, von den Kriegsgeschichten in «Kinder des Zorns» bis zum ironisch-folkigen «Stirb Langsam», das die Sozialkritik hinter einer Trinker-Hymne versteckt. Das grosse Finale des Albums, «Schneller als der Tod», führt einen westlich inspirierten Sound ein und beweist, dass Nachtblut innerhalb ihrer düsteren Ästhetik keine Experimente scheuen. Instrumental ist «Todschick» sowohl diszipliniert als durchaus dynamisch. Askeroths Stimm-Umfang ist eine der grössten Stärken des Albums, wechselt er doch nahtlos zwischen Growls, Kreischen und melancholischem Klargesang.
Greifs Gitarren-Spiel ist ebenso komplex wie souverän und liefert messerscharfe Riffs, die sich durch die dichten Schichten der Orchestrierung schneiden. Skolls Schlagzeugspiel ist präzise und wechselt zwischen unerbittlichen Blastbeats und dramatischen Tempo-Wechseln, während Ablaz' Bass, wenn auch etwas unauffällig im Mix, ein solides Fundament bildet. Die Produktion ist geschmeidig und filmisch, dank Harms' Erfahrung in der Gestaltung dunkler, aber zugänglicher Klanglandschaften. Gastbeiträge von Eric Fish (Subway to Sally), Freki (Varg) und Frank Herzig (Schattenmann) bereichern die Klang-palette um neue Texturen und Perspektiven. Mit «Todschick» haben Nachtblut ihre Formel verfeinert und ebenso theatralische wie schwere Kost abgeliefert. Die typischen Gothic und Black Metal Elemente sind dabei enthalten, für die die Band ja bekannt ist.
Die Integration von Synthwave-, Folk- und Western-Einflüssen verhindert aber, dass es eintönig wird. Dieses Album, das sowohl für die Tanzfläche, als auch für die Festival-Bühne gemacht ist, fängt die schaurige Schönheit der Gothic-Subkultur ein und umarmt gleichzeitig die Intensität des extremen Metals. Für Fans von symphonischem Black Metal mit gothischen Untertönen ist «Todschick» ein Hör-mal-rein Tipp. Ob durch die Erhabenheit der Orchestrierung, die Aggressivität der Riffs oder die überraschenden Momente der Genre-Verschmelzung, «Todschick» festigt wohl Nachtbluts Platz im Pantheon der dunklen Musik. Für mich ist es ein bisschen wie der gute alte Frank Zander gemischt mit Lacrimosa, ohne je dessen Schönheit zu erreichen, und ich bin mir nicht sicher, ob ich mir diese Scheibe jemals wieder anhören werde, aber ich könnte mir vorstellen, dass es tatsächlich eine Fan-Gemeinde gibt, die genau nach solcher Musik mit deutschen Texten sucht.
Lukas R.