Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
Metal Factory since 1999
Zu den aktuell erfolgreichsten, deutschen Mittelalter-Bands gehört unbestritten das Septett SALTATIO MORTIS. Frisch aus dem Studio präsentieren sie nun ihr neuestes Album «Finsterwacht».
Wie ist die Truppe um Jörg Roth (Alea der Bescheidene) wohl an die aktuelle Aufnahme heran gehen? Vier Nr. #1 Platten in Folge können nämlich ganz schön Druck erzeugen. Ich würde nach dem ersten Hördurchgang behaupten, dass die Jungs den goldenen Mittelweg gewählt und sich an allen Zutaten ihrer vier erfolgreichsten Vorgänger bedient und parallel dazu auch mal völlig neue Wege eingeschlagen haben. Heraus gekommen ist dabei ein erneutes musikalisches Festtags-Menü.
Ein Menü deshalb, weil mit dem Hauptgang die Sache noch nicht gegessen ist. Es warten noch Vorspeise und Dessert in Form des dazugehörigen Fantasy-Romans und Pen-and-Paper-Rollenspiels, das in Zusammenarbeit mit Das Schwarze Auge entwickelt wurde. So können Hardcore-Fans selbst in eine Rolle schlüpfen und bei der Verteidigung von Averturien und der «Finsterwacht» helfen. Den musikalischen Anfang macht der Titeltrack, der mit seinen einleitenden Spoken Words ein wahrlich episches Meisterwerk geworden ist.
Ob langsame Parts, schnelle rockige Riffs, mittelalterliche Sounds und jede Menge klassische Instrumente, an Genialität ist der Song fast nicht mehr zu übertrumpfen. Ist auch nicht nötig, denn Saltatio Mortis haben einen Weg gefunden, die restlichen Songs ebenbürtig zu gestalten. Sei es mit dem langsamen «Schwarzer Strand», zusammen mit ihren Freunden von Faun, das fröhliche Sauflied «Zu viel getrunken» mit Knasterbart oder der Rocker «We Might Be Giants» mit Payton Perrish und der Italienerin Cristina Scabbia von Lacuna Coil.
Jeder der zehn Songs, plus das Instrumental «Grumwulf (Interlude)», das den Prager Philharmonikern vorbehalten ist, kann durchwegs überzeugen und beweist, dass die Truppe in der Form ihres Lebens ist. Auch wenn viele neue Rhythmen und Ideen beim Schreiben eingeflossen sind, vergessen die Karlsruher nicht ihre musikalische Herkunft, als sie noch als Strassenmusiker unterwegs waren oder ausschliesslich auf Mittelalter-Märkten spielten.
Nun, «Finsterwacht» ist wieder zu einem grandiosen Album geworden, auch wenn meines Erachtens der Ernst zu hoch- und der Spass zu tief herunter geschraubt wurden. Texte mit Inhalt können auch was! Fraglich bei der ganzen Kiste bleibt für mich, ob der Deal, das Album nur als Boxset und Stream heraus zu hauen, so aufgeht. Soll auch nicht mein Problem sein. Schade ist aber, dass der ganze Spass bereits nach vierzig Minuten sein Ende findet. Da bleibt nichts anderes übrig, als nochmals Play zu drücken oder die Vorgänger-Alben nahtlos anzuhängen!
Oliver H.