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Neofolk und Heavy Metal unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht, aber ihre beispiellose emotionale Intensität und die Aussenseiter-Rolle verbinden die beiden Genres untrennbar. Das Aufkommen von Wardruna läutete eine kulturelle Explosion des nordischen Neofolk ein, und die Klänge von Heilung, Forndom und Gealdýr finden schon lange bei Metalheads auf der ganzen Welt grossen Anklang.
Auch Musik aus der Wikingerzeit ist in der Metal-Community ebenfalls sehr beliebt. Portugals THRAGEDIUM leben im unheimlichen Graben von Neofolk wie Metal und spielen einen Sound, der nicht weiter von den üblichen Viking-Vibrationen entfernt sein könnte. Schon auf dem Album-Cover von «Lisboa Depois De Morta» erkennt man sofort, dass vom Gefühl her etwas nicht stimmt, ein Gefühl, das anhält, wenn man durch Thragediums einzigartige Interpretation von Neofolk watet. Obwohl es auf «Lisboa Depois De Morta» bekannte musikalische Elemente zu hören gibt, greifen blosse Bezeichnungen wie Neofolk oder Metal zu tief.
Die Death Doom Riffs kanalisieren drakonische Düsternis bei «Trimarkisia» und manchmal, mit Hilfe des Gesangs, verrottende Christus-Lästerung wie bei «O Pacto» und «Nations Fall». Der wahre Herzschlag der Platte lebt aber in den akustischen Melodien, allgegenwärtig und täuschend einfach. Was die elf Songs so erfolgreich macht, ist die erhabene Anordnung der Instrumente. Volkstümliche Gitarren, donnernde Trommeln und kehlige Vocals strahlen eine oberflächliche Anziehungs-Kraft aus, aber wie Würmer unter der Erde, lauert darunter ein strukturiertes, atmosphärisches Album. Nichts in «Lisboa Depois De Morta» könnte für sich allein überleben, und alles ist Teil eines grösseren Ganzen.
Die Konstellation der Details schafft ein Album voller ritueller Mysterien, und selbst wenn die Musik völlig in den Death Doom übergeht, sorgen sorgfältig versteckte Holzbläser oder eine akustische Brücke dafür, dass das Neofolk-Herz kräftig schlägt. Das Album ist auch keine kurze Reise, denn es braucht über eine Stunde, um seine Wirkung und die Stärke seiner Atmosphäre zu entwickeln. «Lisboa Depois De Morta» ist ein herausforderndes Werk, das sich tendenziell stärker auf die Atmosphäre verlässt. Man braucht hier vielleicht ein oder zwei Runden, um die verborgene Majestät dieser Odyssee ans Licht zu bringen, aber Freunde dieses Genres werden sie mit Sicherheit zu Tage fördern.
Oliver H.