
Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
Metal Factory since 1999
Jesus, Maria und Joseph! Man kann von christlichem Metal halten, was man will (gleiches gilt für die Gegenseite), aber wenn die frohe Botschaft nicht süsslich-missionierend daherkommt, sondern wie in diesem Fall als musikalisch äusserst kompetent verpackte Metaphern und Allegorien, dann bin sogar ich dabei.
Die Briten Wytch Hazel (Vorsicht, nicht zu verwechseln mit Witch Hazel aus Pennsylvania, die sich allerdings mittlerweile in SpellBook umbenannt haben) sind mit ihrem dritten Wurf voll auf Kurs. Der Folk-Anteil der Vorgänger wurde noch einmal zugunsten satter Riffs und griffiger Hooks runtergeschraubt, produktionstechnisch befindet man sich auf dem genau richtigen Level, und über die kompositorischen Fähigkeiten von Allein-Songwriter Colin Hendra noch Worte zu verlieren, wäre schlicht müssig. Trotzdem klingt die Scheibe nicht wie ein „Colin Hendra featuring…“ – Projekt, sondern so, wie eben nur eine Band klingen kann, homogen, aber alles andere als eintönig und versehen mit einer eigenen musikalischen Identität, die sich nicht auf die charakteristische Stimme des Sängers beschränkt. Und diese Identität klingt für mich sehr britisch. Ein Bisschen Uriah Heep hier, ein Quentchen Jethro Tull da, dazu noch eine kleine Prise Canterbury-Prog dezent abgeschmeckt mit Wishbone Ash und Thin Lizzy, und schon haben wir ein Süppchen, das deutlich nach Wytch Hazel schmeckt, aber das ist selbstverständlich bloss eine Annäherung. Witzigerweise finden sich hin und wieder auch Elemente, bei denen ich ausgerechnet an die Satansbraten von Ghost denken musste. Das Intro von „Spirit And Fire“ klingt beispielsweise verdächtig nach deren Mini-Hit „Ritual“, und sollte er ihn mal hören, könnte sich Tobias Forge womöglich grün und blau darüber ärgern, dass der Übersong „Archangel“ nicht von ihm stammt. Aber angesichts der musikalisch gar nicht so unähnlichen Ausrichtung und der kompositorischen Genialität der beiden Hauptakteure überraschen mich diese punktuell auftretenden Ähnlichkeiten eigentlich nicht. Sollten Wytch Hazel auf künftigen Outputs dieses Niveau halten oder sogar noch steigern können, dann kann sich jeder Fan von Melodic Metal und folkig angehauchtem Hard Rock auf viel wirklich exquisite Musik freuen.
Mirko B.